Genealogische Datenbank
 Bohrer

von Franken, Karl II.

von Franken, Karl II.

männlich 823 - 877  (54 Jahre)

Generationen:      Standard    |    Kompakt    |    Vertikal    |    Nur Text    |    Registerformat    |    Tabellen    |    PDF

Generation: 1

  1. 1.  von Franken, Karl II.von Franken, Karl II. wurde geboren am 13 Jun 823 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; gestorben am 6 Okt 877 in Avrieux [73500],Savoie,Rhône-Alpes,Frankreich; wurde beigesetzt in Nantua [01130],Ain,Rhône-Alpes,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 25 Dez 875; römischer Kaiser
    • Titel/Amt/Status: 875-877, Italien; König von Italien
    • Titel/Amt/Status: 843-877; Westfränkischer König

    Notizen:

    Reich Karls des Kahlen nach dem Vertrag von Meerssen 870

    843-870 Europe



    Begraben:
    in Nantua beerdigt, später aber in die Kathedrale von Saint-Denis umgebettet.

    Karl heiratete von Orleans, Irmintrud am 13 Dez 842. Irmintrud (Tochter von von Orleans, Odo und von Fezensac, Ingeltrud) wurde geboren am 27 Sep 830; gestorben am 6 Okt 869 in Hasnon [59178],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 2. von Franken, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 3. von Franken, Judith  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 844; gestorben in 870.
    3. 4. von Frankreich, Ludwig II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 1 Nov 846; gestorben am 10 Apr 879 in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich.
    4. 5. von Aquitanien, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 847/848; gestorben am 29 Sep 866 in Buzancais [36500],Indre,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Bourges [18000],Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich.
    5. 6. von Franken, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 850; gestorben in 876.
    6. 7. von Franken, Lothar  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 850; gestorben am 14 Dez 865.

    Karl heiratete von der Provence, Richlinde am 12 Okt 869. Richlinde (Tochter von von Amiens, Balduin und von Arles, Richilde) wurde geboren um 850; gestorben am 22 Mrz 929. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 8. von Franken, Rothild  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 871; gestorben in 928/929.


Generation: 2

  1. 2.  von Franken, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Karl1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Hasnon [59178],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Äbtissin von Hasnon

    Notizen:

    Ermentrud Äbtissin von Hasnon
    Tochter des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 38
    Zu Ermentrud, Hildegard und Gisla bemerkt Brandenburg IV, 38-40, man kenne sie als Töchter erster Ehe, nur aus Witgers Genealogie SS 9, 302. Doch wissen wir von Ermentrud, daß sie Äbtissin der Abtei Hasnon im Ostrevant (bei Douai) war, vgl. schon Voigt (1917) 40 und jetzt Tessier nr. 436.


  2. 3.  von Franken, Judith Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Karl1) wurde geboren in 844; gestorben in 870.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Flandern,Belgien; Gräfin von Flandern
    • Titel/Amt/Status: Wessex,England; Königin von Wessex

    Notizen:

    Judith vom W-Frankenreich
    Königin von Wessex
    Gräfin von Flandern
    844 - 870
    Älteste Tochter des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 33
    Vgl. H. Sproemberg, Judith, Königin von England, Gräfin von Flandern, Rev. Belge d'Histoire et de Philologie 15 (1936).
    Judith vermählte sich nach dem Tode ihres 1. Gatten mit dessem Sohne. Die Geistlichkeit trennte jedoch bald das Paar und Judith lebte unter bischöflicher Aufsicht in Senlis, bis sie sich von Balduin von Flandern entführen ließ.

    Hlawitschka Eduard: Seite 226, "Lotharingien"

    Schon seine Prämisse, dass KARL DER KAHLE - gewarnt durch Lothars II. Beispiel - im eigenen Haus keinen ähnlichen Eheskandal herbeigeführt haben könne, erweist sich als nicht stichhaltig. Hat er doch gerade im Jahre 862, als Lothars II. Eheprozeß in vollstem Gange war, die dritte Ehe seiner Tochter Judith verhindern wollen, Judith sogar in heftiger Weise verfolgt und damit einen Skandal ausgelöst, nur da ihm ihr Erwählter, Graf Balduin von Flandern, nicht standesgemäß genug erschien. Dabei war diese Ehe, eingegangen von einer Witwe, die der väterlichen Zustimmung keineswegs mehr bedurfte, in keiner Weise anfechtbar. KARL wollte hier also gleichfalls eine andere Ehe, als die Tochter selbst wünschte, durchsetzen. Durch ihres Vaters Zorn und Hartnäckigkeit vertrieben, landeten Judith und Balduin bei Lothar II., schließlich bei Papst Nikolaus, der Ende 863 KARLS DES KAHLEN Zustimmung zu der Ehe zu erwirken wusste; eine Ausstattung Balduins zögerte KARL DER KAHLE jedoch noch über 866 hinaus.

    Konecny Silvia: Seite 154-155, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    In ähnlicher Weise verstimmt wie LOTHAR zeigte sich einige Jahre später KARL DER KAHLE als seine Tochter Judith von einem Adeligen seines Reiches entführt wurde, und das flüchtige Paar Aufnahme und Schutz bei Lothar II. fand. Daß auch sein Sohn Ludwig der Stammler von dieser Ehe gewußt hatte, mochte die Erregung des Herrschers noch gesteigert haben. Als schließlich sogar der Papst sich für den Entführer einsetzte, erkannte KARL DER KAHLE die Ehe seiner Tochter letztlich doch an. Sein Schwiegersohn Balduin aber war wenig später Graf von Flandern.
    KARL DER KAHLE verheiratete 856 als erster karolingischer Herrscher seine Tochter Judith mit einem ausländischen Fürsten, nämlich dem angelsächsischen König Aetehlwulf. Zu diesem Zeitpunkt setzten die Angriffe der Normannen an der westfränkischen Küste ein, denen Aetehlwulf in England 851 eine schwere Niederlage bereitet hatte. Die Ehe seiner Tochter Judith mit dem Normannenbesieger Aethelwulf könnte für KARL DEN KAHLEN einen Prestigegewinn bedeutet haben. Aethelwulf mag die Ehe angestrebt haben, weil die Verbindung mit einer KAROLINGERIN seinen universalen Anspruch gegenüber dem angelsächsischen Adel unterstützen konnte. Aethelwulf kehrte 856 von einer Pilgerfahrt nach Rom in sein Reich zurück. Seine Reise dürfte in enger Beziehung zu seiner Landespolitik gestanden sein. Aus Gründen, wie sie hier vorgelegen sein mögen, waren in der KAROLINGER-Zeit öfter Verlobungen mit Ausländern geschlossen worden, nie jedoch hatte man ein derartiges Projekt bisher realisiert. Auch KARL DER KAHLE dachte ursprünglich vielleicht nicht an die Verwirklichung des Eheprojektes, worauf der relativ lange Zeitraum, der zwischen der Verlobung und der Hochzeit Judiths und Aethelwulfs lag, hindeuten könnte. Anscheinend bestand jedoch der angelsächsische König auf der Ehe und traf Vorkehrungen für die Sicherheit Judiths im angelsächsischen Reich. Die Hochzeit fand am 1. Oktober 856 in Verberie statt. Während einer prächtigen Zeremonie wurde Judith gekrönt und zur Königin erhoben. Im angelsächsischen Reich wurde Judith zu Lebzeiten Aethelwulfs als Königin geachtet, was ja auch der Absicht dieses Eheschlusses entsprach. Darüberhinaus dürfte sich Judith auch an der Herrschaft Aethelwulfs sehr stark beteiligt haben, sodaß Aetehlbald, ein Sohn des Königs, nach dessen Tod die Einheirat bei der Stiefmutter für günstig hielt. Dies lief jedoch den Interssen vieler entgegen und stieß wohl vor allem auch bei der angelsächssichen Geistlichkeit, die die Ehe erst vermutlich gefördert hatte, auf Widerstand. Nach dem Tod ihres zweiten Gatten verließ Judith England. Sie lebte im Frankenreich zunächst neuerlich unter der Munt des Vaters und wurde schließlich von Balduin entführt..

    Ennen, Edith: Seite 60-63, "Frauen im Mittelalter"

    Noch in einen anderen, nicht ganz so bekannten Ehestreit hat Papst Nikolaus I. Partei ergriffen. Hier begegnet uns im schweren und glanzvollen Leben der karolingischen Prinzessin Judith, Königin von England und Gräfin von Flandern, ein Frauenschicksal, das die Realität der fränkischen Spätzeit spiegelt, den Widerstreit zwischen den Normen und den harten Forderungen der Politik, aber auch den Sieg treuer Gattenliebe und die Bedeutung ehelicher Verbindungen für die Stellung einer Dynastie und die kulturelle Entfaltung einer Landschaft. Wir verdanken Heinrich Sproemberg die wissenschaftliche Biographie der Judith.
    Sie war eine Tochter des westfränkischen Herrschers KARLS DES KAHLEN und wird erst anläßlich ihrer Verlobung erwähnt. Diese Verlobung mit Ethelwulf, Oberkönig der Angelsachsen, im Juli 856 war eine Haupt- und Staatsaktion. Ethelwulf war damals mindestens 50 Jahre alt, aber offensichtlich noch recht rüstig, er war Vater eines eben erst 6-jährigen Sohnes und besiegte die Normannen 851 in der Schlacht bei Ockley. Judith war 12 bis 13 Jahre alt, besaß damit gerade das kanonische Mindestalter für Frauen. Eine Erschwerung bei dem Ehebündnis war von Anfang an, daß Ethelwulf aus erster Ehe eine Schar von Söhnen besaß, deren ältester, Ethelbald, als sein Stellvertreter schon Regent in England war. Die zweite Heirat Ethelwulfs mit Judith hatte politische Hintergründe. KARL DEM KAHLEN gab die Freundschaft und verwandtschaftliche Verbindung mit dem angelsächsischen Oberkönig erwünschte Gelegenheit, sich gegenüber den fränkischen Nachbarkönigen und seinen eigenen Vasallen zu profilieren. Zwistigkeiten mit dem Bruder, Ludwig dem Deutschen, und der Ansturm der Normannen machten ihm zu schaffen. Seine Familie rücksichtslos seinen politischen Interessen dienstbar zu machen, war ihm selbstverständlich. Für Ethelwulf, der das vom Vater ererbte Oberkönigtum der Westsachsen gegenüber den Teilreichen behaupten mußte, bedeutete die eheliche Verbindung mit einer Urenkelin KARLS DES GROSSEN einen klaren Gewinn für sein Ansehen. Die Hochzeit wurde mit großer Pracht in Verberie an der Oise bei der Pfalz Senlis gefeiert unter Mitwirkung des Erzbischofs Hinkmar von Reims. Bei der Eheschließung wurde Judith nach fränkischem Brauch zur Königin der Westsachsen gekrönt. Die erhaltene lateinische Krönungspredigt Hinkmars belehrte Judith über ihre Pflichten als Frau und Herrscherin. Darauf folgte die Übergabe des Ringes, die besondere Formel zur Krönung und die Einsegnung der Königin. Dem glanzvollen Auftakt entsprach aber nicht der Empfang in England, wo sich Ethelwulf einer Verschwörung Ethelbalds mit den angelsächsischen Großen gegenübersah, der wohl die Sorge vor einer stärkeren Betonung der Königsgewalt nach karolingischem Muster zugrundelag. Es kam zu einer Reichsteilung. In seinem Testament sprach Ethelwulf seinem Sohn Ethelbald das Oberkönigtum und die Obergewalt über das ganze Reich zu. Judith, deren Königtum anerkannt wurde, kommt in diesem Testament nicht vor, sie war aber von ihrem Gatten mit bedeutendem Besitz in England bewidmet worden.
    Schon 855 starb Ethelwulf. Ethelbald ergriff die Regierung - und heiratete Judith. Diese Heirat zwischen Stiefmutter und Stiefsohn widersprach den kirchlichen Vorschriften und der weltlichen Gesetzgebung. Aber offenbar hat der westfränkische Hof aus politischen Gründen diese Ehe anerkannt, und die Kirche hat sie toleriert; älterer angelsächsischer Brauch hat sich dabei durchgesetzt. Die Initiative zur Eheschließung lag bei Ethelbald. Aber zweieinhalb Jahre nach der Hochzeit - 860 - starb auch er. Die kinderlose Witwe Judith kehrte nach Veräußerung ihres englischen Besitzes in Ehren nach Frankreich zurück. Sie wurde in der festen Stadt Senlis unter väterlichem und königlichen Schutz und Bewachung durch den Bischof samt ihrer Schatz verwahrt. Ihr blieb nur die Wahl, hier in strenger Haft zu leben oder einen Mann nach dem Befehl ihres Vaters anzunehmen.
    Nach zwei freudlosen Jahren nahte im Frühjahr 862 die Rettung: Es gelang ihr mit Ritter Balduin, der ihre Liebe gewonnen hatte, verkleidet in Nacht und Nebel aus Senlis zu entfliehen. Balduins Herkunft ist umstritten; so viel ist wohl sicher: Ein ebenbürtiger Partner für eine karolingische Prinzessin war er nicht. Allerdings war der Mangel an Königshäusern germanischen Geblüts schon immer eine Schwierigkeit für dei Verheiratung der karolingischen Prinzessinnen; deshalb hat man nicht unbedingt auf Ehepartnern aus der hohen Aristokratie bestanden. Aber diese Ehe Judiths paßte keineswegs in das politische Kalkül ihres Vaters. Vielleicht hatte Balduin im Gefolge von Judiths Bruder Ludwig den Zugang zu Judith gefunden; Ludwig stimmte der Heirat seiner Schwester mit Balduin zu. Die beiden jungen, aber schon mit dem Königstitel geschmückten Brüder Judiths, Ludwig der Stammler und Karl von Aquitanien, schlossen Ehe, die der Vater nicht anerkennen wollte. Die dritte Ehe Judiths besaß einen politischen Hintergrund: den Aufstand der Söhne und Großen gegen den autoritären KARL DEN KAHLEN. Diesmal aber hatte Judith aus Liebe geheiratet. Der wohl schon vorgewarnte königliche Vater sprengte durch seinen eiligen Marsch nach Senlis die Verschworenen auseinander, es gelang ihm aber nicht, das junge Paar zu ergreifen. Er berief ein Hofgericht, das Balduin wegen Frauenraubes - obwohl feststand, daß Judith ihm freiwillig gefolgt war - und Untreue verurteilte; Balduins Lehen wurden eingezogen. KARL rief auch die Kirche an; die am Hof weilenden Bischöfe exkommunizierten unter Anführung Hinkmars Balduin und Judith. Damit verfielen auch Judiths Ansprüche an das in Senlis deponierte englische Gold., Hinkmars unversöhnliche Feindseligkeit gegen das junge Paar entsprach seiner scharfen Verurteilung jeglichen Frauenraubes. Balduin und Judith flohen zunächst an den Hof des lothringischen Herrschers Lothar II., der die Schicksalsgenossen gerne aufnahm. Wahrscheinlich wurden sie hier getraut. KARL DER KAHLE forderte ihre Auslieferung. Balduin wußte, daß er mit seiner jungen Frau am Hof Lothars auf die Dauer nicht sicher war und tat einen kühnen Schachzug: Er floh mit Judith über die Alpen zur Kurie und appellierte an den Papst, "er vertraue mehr auf die Hilfe der Apostel Petrus und Paulus als auf den Schutz der Könige dieser Erde. Die Rechtslage war verwickelt. Die kirchenrechtliche Verurteilung Balduins setzte die gewaltsame Entführung voraus, von einer solchen war aber keine Rede. Nach fränkischem Recht unterstand Judith als Witwe nicht mehr der Muntgewalt des Vaters. Diese Frage war vom kirchlichen Standpunkt aus, der im Konsens der Brautleute den rechtskonstitutiven Akt der Ehe sah, nicht ausschlaggebend, wenn auch Judiths dritte Ehe keine dotierte Muntehe war. Aber Balduin hatte den Königsschutz gebrochen, unter dem Judith stand, und das Recht seines Lehsnherrn verletzt.
    Der Papst ging sehr vorsichtig vor. Politisch spielte seine Auseinandersetzung mit Hinkmar über die Grenzen der päpstlichen und erzbischöflichen Gewalt eine Rolle. Er nahm die Appellation Balduins an. Daß Judith sich vor ihm rückhaltlos für Balduin erklärte, hat sein Verhalten mitbestimmt. In einem Brief an KARL DEN KAHLEN betont er, daß Judith ihm mit eigenem Mund gesagt habe, daß sie Balduin über alles liebe und ihm freiwillig gefolgt sei. Er bat den König, Balduin zu verzeihen und ihn in Ganden wieder aufzunehmen, er fürchte, Balduin könne sich sonst mit den Normannen verbinden. Im Brief an die königliche Mutter Judiths betont er Balduins Schuld und reumütiges Bekenntnis. Er sieht sich als Vermittler in einem Familienkonflikt.
    Sene Rechtsauffassung geht aus einem Brief hervor, den er an KARL wegen der ebenfalls ohne väterliche Erlaubnis geschlossenen Heirat seines jüngeren Sohnes Karls von Aquitanien richtete. Er tadelte die Ehe wider den Willen des Vaters, lehnt es aber ausdrücklich ab, aus diesem Grund die Ehe aufzulösen. Der Fall Balduins lag ähnlich. Die Bischöfe bat er, beim König Fürsprache für Balduin einzulegen. Hinkmar willfahrte dieser Bitte nicht; ihm ist es zuzuschreiben, daß der König erst im Oktober 863 Judith vor sich kommen ließ, und zwar in Verbrie, wo ihre erste Hochzeit stattgefunden hatte. Balduin forderte unter Berufung auf den Papst sofortige Vornahme der offiziellen Eheschließung, die dann auch in Auxerre vorgenommen wurde. Aber noch drei Jahre nach der Hochzeit war Balduin vom König nicht ausgestattet worden. Der Papst mahnt den König, auch hierin das Seinige zu tun. Das Stichwort "dos" fällt zwar nicht, schließlich gehörte zur Verzeihung auch die Restituierung Balduins in seine Lehen, aber der Gedanke der Dosbestellung dürfte mit im Spiel gewesen sein. Der zähen Energie Balduins gelang es schließich, auch die Bewidmung mit Flandern zu erreichen.
    Über Judith hören wir nichts mehr. Sie hatte ihr Lebensglück gefunden. Ihre königliche Abkunft und ihre reiche Mitgift stärkten die Stellung ihres Gatten, dem auf diesem gefährdeten Außenüposten des westfränkischen Reiches in einem von Wasser und Wald beherrschten Gebiet, das der politischen Ordnung entbehrte, eine schwere Aufgabe gestellt war. Judiths enger Verbindung zum westfränkischen Hof war es auch zuzuschreiben, daß in diesem östlichsten Gebieten W-Frankens die karolingische Kultur eine dauernde und tiefe Wirkung gewann. Sie schenkte Balduin zwei Söhne, Balduin II., Nachfolger seines Vaters, und Rudolf, Graf von Cambrai. Bis 1127 blühte die flandrische Dynastie, deren Stammutter Judith war.

    1.10.856 1. oo Aethelwulf König von Wessex um 800 - 858
    858 2. oo Aethelbald, Sohn Aethelwulfs - 860
    862 3. oo Balduin I. Graf von Flandern - 879

    Kinder:
    3. Ehe
    - Balduin II. der Kahle 863-10.9.918
    - Rudolf Graf von Cambrai 865-17.6.896

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 396,478,484,505, 534,543 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 18 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 60-63,73,75,83,100,235,238 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 226,238 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 136,152,154,155 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Seite 272 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,235 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,159,224 -

    Judith heiratete von Wessex, Aethelwulf am 1 Okt 856. Aethelwulf wurde geboren um 800; gestorben in 858. [Familienblatt] [Familientafel]

    Judith heiratete von Wessex, Aethelbald in 858. Aethelbald gestorben in 860. [Familienblatt] [Familientafel]

    Judith heiratete von Flandern, Balduin I. in 862. Balduin gestorben in 879. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 9. von Flandern, Balduin II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 863; gestorben am 10 Sep 918.
    2. 10. von Flandern, Rudolf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 865; gestorben am 17 Jun 896.

  3. 4.  von Frankreich, Ludwig II.von Frankreich, Ludwig II. Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Karl1) wurde geboren am 1 Nov 846; gestorben am 10 Apr 879 in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 877-879, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig II. der Stammler
    König von Frankreich (877-879)
    1.11.846-10.4.879 Compiegne Begraben: Compiegne, S. Marien

    Ältester Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2172, Ludwig II. der Stammler, westfränkischer König

    * 1. November 846?, + 10. April 879 Compiegne Begraben: Compiegne, S. Marien
    Sohn KARLS DES KAHLEN

    856 mit einer Tochter Erispoes verlobt und in Neustrien, 867 nach dem Tod Karls des Kinds in Aquitanien als Unterkönig eingesetzt, wurde Ludwig II. der Stammler erst spät (Reimser Hoftag vermutlich 876) vom Vater als Erbe gefördert. Die 877 im Capitulare von Quierzy vor dem zweiten Italienzug KARLS festgelegten Regelungen einer Regierung Ludwigs II. gemeinsam mit dem Adel seiner Umgebung erwies sich bei KARLS Tod als wenig tragfähig. Erst energischer Widerstand der primores regni unter Führung der Äbte Gauzlin und Hugo gegen Ludwigs Vergabe von Grafschaften und Abteien und der Ausgleich mit RORGONIDEN und WELFEN ebneten den Weg für Ludwigs Krönung am 8. Dezember 877 in Compiegne durch Erzbischof Hinkmar von Reims. Das dabei errichtete Vertragsverhältnis (Kommendation des Adels, professio des Königs) und die Formen von Krönung und Weihe prägten die westfränkisch-französischen Herrschererhebung.
    Wegen wiederholter Krankheitsschübe kaum regierungsfähig, blieb Ludwig II. der Stammler auf den Konsens adliger Gruppen angewiesen. Papst Johannes VIII. erkannte Ludwigs mangelnde Idoneität für die Nachfolge im Kaisertum, sicherte aber die königliche Positiion durch eine Befestigungskrönung am 7. September 878 in Troyes; Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit von Ludwigs zweiter Ehe mit Adelheid verhinderten die Krönung der Königin. Im November 878 suchte Ludwig II. der Stammler den Ausgleich mit seinem ostfränkischen Vetter, Ludwig dem Jüngeren, über die Teilung Lotharingiens, Italiens und des burgundisch-provencalischen Raums (Treffen in Fouron); schwer erkrankt, designierte Ludwig II. der Stammler noch seinen Sohn Ludwig III. Die Entscheidung von Adel und Episkopat, die Legitimität der beiden Söhne aus erster Ehe mit Ansgard, Ludwigs III. und Karlmanns, anzuerkennen, erlaubte deren Herrschafstfolge und eine Reichsteilung, verstellte aber vorerst die Herrschaftsansprüche des als Postumus geborenen Karl aus zweiter Ehe.

    Quellen:
    Recueil des actes de L. II de Begue, Louis III et Carlomann II, rois de France, ed. R.-H. Bauthier u.a., 1978 -

    Literatur:
    P. E. Schramm, Der Kg. v. Frankreich, I, 1960², 53ff. - J. Fried, Boso von Vienne oder L.? Der Ks.kandidat Johannes VIII., DA 32, 1976, 193-208 - K.F. Werner, Hist. de France, I, 1984, 417f. - W. Kienast, Die frk. Vasallität, 1960, 414ff. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 34
    Brandenburg gibt das Geburtsjahr Ludwigs des Stammlers; wir kennen aber auch Tag und Monat aus einer Urkunde des Königs, HF 9,404, vgl. Eiten 178, Anm. 4. Zum Antritt des Königtums in Neustrien im Februar 856 vgl. Tessier nr. 182. Zur gleichzeitigen Verlobung mit der Tochter des Bretonen-Herzogs Erispoe und seiner Gattin Marmohec Tessier nr. 181.
    Vgl. zu Ludwig im übrigen Eiten 177-188, Werner, Untersuchungen 154ff. und die Ann. Bertin. Zu beachten ist die Krönung durch Papst Johannes VIII. auf dem Konzil von Troyes 878 IX 7, vgl. P. E. Schramm, Arch. f. Urk.forsch. 15 (1938), 16. Das bisher unbekannte Todesdatum der Ansgard überliefert ein zwischen 1400 und 1414 geschriebenes Necrologium aus ND de Reims, Vat. Ottob. lat. 2960, dort fol. 129 zu IV. Non. Nov. = XI 2: Ansgardis regina. (Aufschlußreich das regina, lange nach der Trennung ihrer Ehe mit Ludwig.
    Zur Familie der Ansgard Werner a.a.O.). Adelheid, die zweite Gattin, 901 XI 9 noch Intervenientin in einem D ihres Sohnes Karl III. (Lauer nr. 41), starb an einem 18. November. Auch dieses bisher unbekannte Datum fand ich in einer Handschrift der Vaticana, ein Nekrolog-Fragment Reg. lat. 863, fol. 32, dort zu XI 18 Adelaidis regina. Es ist sehr wohl möglich, daß schon der 18. November 901 der Todestag ist, denn die vorher recht häufigen Intervenienzen brechen plötzlich ab.
    Zum Datum der Ehe Adelheids vgl. C. Brühl, Hinkmariana, Deutsches Archiv 20 (1964), 55ff. und hier Exkurs 2, wo zugleich Adelheids Herkunft untersucht wird.
    Ludwig rebellierte mehrmals und erhielt 856 Neustrien (Soissons und Maine) und wurde von der Bretagne unterstützt. 866/67 zum König von Aquitanien erhoben, wurde er Exponent der aquitanischen Unabhängigkeitspartei. 877 in Compiegne zum König von Frankreich erhoben, mußte er der Kirche und den weltlichen Großen die Wahrung ihrer Rechte versprechen. Den weltlichen Großen gegenüber ohnmächtig, suchte er Anlehnung bei der Kirche, deren Einfluß immer größer wurde. Sein schneller Tod und der seiner Söhne, die außerdem minderjährig folgten, förderte entscheidend den Verfall der königlichen Macht, die Feudalisierungstendenz im ganzen Land und die Entwicklung zum Wahlkönigtum.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Der mit einem Sprachfehler behaftete älteste Sohn KARLS II. DES KAHLEN wurde 856 mit einer Tochter des Bretonen-Führers Erispoe verlobt und wurde mit einem Unterkönigtum im angrenzenden Neustrien ausgestattet. Im Jahre 862 ehelichte er unter dem Einfluß der aufständischen RORGONIDEN Ansgard, die Tochter des Grafen Harduin, wurde aber von Robert dem Tapferen bezwungen und von KARL DEM KAHLEN in die Grafschaft Meaux eingewiesen, doch hatte er zuvor auch noch eine wesentliche Rolle dabei gespielt, dass sich seine Schwester Judith, die bereits zwei kurze Ehen mit angelsächsischen Königen hinter sich hatte, durch den Grafen Balduin I. von Flandern entführen ließ, womit sich der Vater nur höchst widerwillig abfand. Im Jahre 867 vertraute ihm sein Vater das vakante aquitanische Regnum an. Im Mittelpunkt der Kapitulartien von Quierzy vom Juni 877 steht jedoch die Einsetzung Ludwigs des Stammlers zum Regenten unter Bedingungen, die von massivem "Mißtrauen des Vaters gegen den einzig möglichen Thronerben" (C. Brühl) diktiert scheinen. So wie KARL 872 den längst erwachsenen Sohn in seinem aquitanischen Regnum unter die Kuratel des Grafen Bernhard (Plantapilosa) von Autun, Sohn des einst hingerichteten Bernhard von Septimanien, ferner des gleichnamigen Grafen von Gothien sowie Bosos von Vienne gestellt hatte, unterwarf er auch jetzt Ludwigs Verfügungsgewalt und Bewegungsfreiheit allerhand einschränkenden Bestimmungen, hinter denen das Sicherheitsbedürfnis der tonangebenden Hofkreise um Hugo den Abt und den Erzkanzler Gauzlin zu erkennen. Dazu kam die Abneigung der Kaiserin Richilde, die nach zwei im Säuglingsalter verstorbenen Söhnen weiterhin KARL einen Erben und damit eine dynastische Alternative zu Ludwig hoffte schenken zu können. Falls die Darstellung des Chronisten Regino zutrifft, Ludwig sei von seinem Vater zur Lösung der (von diesem seit jeher mißbilligten) Ehe mit Ansgard und zur Neuvermählung mit jener Adelheid veranlaßt worden, die seit 878 an seiner Seite bezeugt ist, dürfte dies am ehesten um diese Zeit geschehen sein, da Adelheids Vater, der Pfalzgraf Adalhard, ein Urenkel LUDWIGS DES FROMMEN (über dessen Tochter Alpais), gerade in dem Interimsregiment von 877 an führender Stelle erscheint.
    Nach dem Tode seines Vaters in Italien führte zwar kein Weg an KARLS DES KAHLEN einzig überlebendem Sohn Ludwig dem Stammler vorbei, doch begegnete der 31-jährige Thronerbe wie zuletzt beim Vater, so auch in den führenden Hofkreisen um seine Stiefmutter Richilde, den Erzkanzler Gauzlin und den Pfalzgrafen Adalhard massiven Vorbehalten, die in seiner körperlichen Behinderung und mehr noch in seinem von Jugend an glücklosen politischen Agieren begründet waren. Den Versuch Ludwigs, sich im Herbst 877 durch rasche Neuvergabe großer Lehen einen zuverlässigem Anhang zu schaffen, wußten seine mächtigen Gegner sogleich zu vereiteln. Sie gedachten den künftigen König, wenn er denn unvermeidlich war, offenbar dauerhaft unter jener Kuratel zu halten, die KARL DER KAHLE im Sommer beim Abgang nach Italien verordnet hatte, und sahen dafür eine gute Gewähr in Ludwigs Ehe mit Adelheid, Adalhards Tochter, die spätestens jetzt, nach Trennung von der bisherigen Gattin Ansgard, geschlossen wurde und den heranwachsenden Söhnen Ludwig und Karlmann im nachhinein die Vollbürtigkeit nahm. Erst als Ergebnis längerer Verhandlungen kam es zur Übergabe der Insignien und am 8.12.877 zur Weihe und Krönung Ludwigs in Compiegne, die noch einmal Hinkmar vornahm. Aus diesem Anlaß entwickelte der Erzbischof das unter KARL DEM KAHLEN mehrfach erprobte, "Gottes Erbarmen und die Wahl des Volkes" betonende Zeremoniell derart fort, wie es dann für die gesamte weitere Geschichte des französischen Königtums verbindlich blieb, doch verfehlte er die gegebene Situation mit seiner gleichzeitigen Denkschrift an Ludwig, worin er ein kraftvolles Eingreifen gegen die Normannen bei tunlichster Schonung der Besitzungen von Kirche und Adel verlangte. In Wahrheit kam der neue König kaum zur Entfaltung, denn bereits auf einem Feldzug, den er im Frühsommer 878 im Schlepptau Hugos des Abtes gegen die Normannen an der unteren Loire und zugleich gegen Hugos Widersacher aus dem RORGONIDEN-Haus unternahm, erkrankte Ludwig lebensgefährlich und mußte es hinnehmen, dass sich Markgraf Bernhard von Gothien, ein enger Verwandter der Angegriffenen, mit weiter Resonanz im S gegen ihn erhob, während im N Unsicherheit über das Verhalten der ostfränkischen Vettern bestand.
    Dazu kam die gespannte Lage in Italien und die Erwartungen, die der Papst in seiner Bedrängnis durch Sarazenen, innerrömische Gegner sowie die Markgrafen Lambert von Spoleto und Adalbert von Tuszien trotz allem in den Erben KARLS DES KAHLEN setzte. Johannes VIII. floh im Mai 878 über See in die Provence, wo er von Graf Boso von Vienne, dem Schwiegersohn Kaiser LUDWIGS II. und Bruder der Königin Richilde, ehrenvoll empfangen wurde, und ließ sich von ihm weiter in die Francia geleiten mit dem Ziel, dort auf einer großen Synode unter Beteiligung aller KAROLINGER selber neuen Rückhalt zu gewinnen und die bedrohte Stabilität von Reich und Kirche zu festigen, doch erschienen auf der Versammlung, die im August und September in Troyes stattfand, nur die westfränkischen Bischöfe und deren eben wieder genesener König. Ludwig der Stammler erlangte vom Papst eine weitere, bestätigende Krönung, die freilich seiner zweiten Gattin Adelheid wegen des unkanonischen Charakters ihrer Ehe versagt blieb, setzte auch eine Verurteilung seiner politischen Gegner durch - neben Bernhards von Gothien und Hugos, des unglücklichen Friedelsohnes Lothars II. mit Waldrada, der nun in der Maasgegend von sich reden machte - blieb aber zurückhaltend gegenüber dem Angebot Johannes' VIII., das faktisch herrenlose Italien in Besitz zu nehmen und in Rom zur Kaiserwürde aufzusteigen. Anders als vordem Pippinund KARL DER GROSSE, deren Versprechungen an die römische Kirche der Papst beschwörend in Troyes verlesen ließ, war dieser späte Nachfahre unter dem Druck näherliegender Gefahren und familiärer Rivalen kaum mehr imstande, eine Politik großen Stils ins Auge zu fassen. Im Schutz Bosos, den Johannes VIII. adoptiert hatte, und der in Italien vielleicht eine ähnliche Platzhalterrolle wie 876 für KARL übernehmen sollte, trat der Papst die Heimreise an, auf der ihn Boso jedoch in Pavia wieder verließ.
    Sofern Ludwig der Stammler ernstlich eine Wiederaufnahme der Kaiserpolitik seines Vaters vorschwebte, hätte er einen Grund mehr gehabt, sich den Rücken frei zu halten durch eine Übereinkunft mit den O-Franken, bei denen Ludwig der Jüngere mittlerweile die anteiligen Rechte des schwer kranken Bruders Karlmann an der O-Hälfte Lotharingiens übernommen hatte. Er war daher der Partner, mit dem sich der westfränkische König am 1./2.11.879 in Fouron, im alten Kerngebiet zwischen Lüttich und Aachen, traf, um bei prinzipiellem Vorbehalt seiner Optionen in Italien gegenseitige Freundschaft und Hilfe zu vereinbaren, die Teilungsgrenze von Meersen (870) zu bekräftigen und gegebenenfalls die unbehinderte Sukzession der jeweiligen Söhne zuzusichern, nämlich auf ostfränkischer Seite eines erst im Vorjahr geborenen kleinen Ludwig, auf Seiten desStammlers ausdrücklich Ludwigs und Karlmanns, der Söhne der verstoßenen Ansgard, "und weiterer, die Gottes Güte schenken werde". Das hier anklingende Zukunftsproblem sollte schneller akut werden als gedacht, denn schon im folgenden Frühjahr erkrankte Ludwig der Stammler während einer Strafexpedition gegen Bernhard von Gothien erneut und starb am 10.4.879 in Compiegne, wohin er zurückgebracht worden war und wo er nun sein Grab fand.
    Der Tod des Königs, der seine Witwe Adelheid schwanger zurückließ, stürzte das W-Reich in eine tiefe Krise. Dass man die Niederkunft nicht abwartete, aber auch nicht im Sinne der jüngsten Abmachungen die Nachfolge der vorhandenen Söhne reibungslos vonstatten gehen ließ, lag an den Zerwürfnissen unter den Großen, die durch Ludwigs schwankende Haltung ihnen gegenüber genährt worden waren und jetzt zur Entladung kamen. Dem Erzkanzler Gauzlin, einem RORGONIDEN, der sich beim Thronwechsel von 877 zu seinen übrigen Abteien auch Saint-Denis verschafft und den König noch maßgeblich in Fouron beraten hatte, wurde Anfang 879 das Hofamt entzogen, als sein welfischer Gegenspieler, Hugo der Abt mit Machtbasis in Neustrien, bei Ludwig zu beherrschendem Einfluß gelangt war. Zusammen mit anderen Magnaten, darunter Boso von Vienne, war es Hugo, der den todkranken König dazu bestimmte, allein den ältesten Sohn Ansgards, den höchstens 16-jährigen Ludwig III., durch Zusendung der Insignien als nächsten König vorzusehen, was der tonangebenden Gruppe auch weiterhin eine ungeschmälerte Präponderanz sichern sollte.

    Konecny Silvia: Seite 142, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Auf eine Ehe Ludwigs des Stammlers reagierte KARL DER KAHLE weniger heftig als auf jene Karls von Aquitanien. Auch der älteste Sohn des Herrschers ging gegen den Willen des Vaters oder zumindest ohne dessen Zustimmung eine Ehe mit Ansgard ein.
    Diese entstammte dem Geschlecht der ROBERTINER, mit denen sich KARL DER KAHLE wohl arrangieren mußte. Erst Jahre später zog er den Sohn wieder ganz auf seine Seite, indem er dessen Ehe mit Adelheid veranlaßte, die wie Ermengard dem Geschlecht der ADALHARDE entstammte. Als deren Vorherrschaft im westfränkischen Reich von jener der BOSONEN abgelöst worden war, wurde die Legitimität aller Nachkommen Ludwigs des Stammlers mit dem Hinweis auf die Unrechtmäßigkeit seiner beiden Eheverbindungen bestriiten. Angriffe dieser Art trugen wohl dazu bei, daß der Krönungsordo der westfränkischen Königin gerade unter Ludwig dem Stammler volle Ausbildung fand. Ihm kam wohl eine propagandistische Funktion zu. Adelheid verstand es trotz der Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer königlichen Stellung glänzend, die Interessen ihres Sohnes, Karls des Einfältigen, zu wahren, an dessen Königserhebung im Jahre 893 sie wesentlichen Anteil hatte. Insofern ist Adelheid durchaus dem Typus der politisch aktiven Königswitwe zuzurechnen. Ihre Bemühungen für Karl den Einfältigen sind durchaus einer verwandtschaftlichen Regierung vergleichbar, zumindest was den Grad faktischer Machtausübung und diplomatischen Geschickes betrifft.

    862 1. oo Ansgard von Burgund, Tochter des Grafen Harduin - 2.11.879
    875 2. oo Adelheid, Tochter des Grafen Adalhard von Paris 855/60-9.11.901

    Kinder:
    1. Ehe
    - Ludwig III. 863/65-5.8.882
    - Karlmann 866-12.12.884
    - Gisela - 884
    oo Robert Graf von Troyes - 886
    - Hildegard

    2. Ehe
    - Karl III. der Einfältige 17.9.879-7.10.929
    - Ermentrud
    oo ? Reginar I. Langhals - 915

    Literatur:
    Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 358,359 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 48,66,67,104 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 392,402,428,464,470,479,480,483,507,597,758,797,825; Band II Seite 115,128,133,138,144-147,151-155, 162,182,199-201,206 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16f - Ehlers Joachim/ Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 16,19,23 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 61,255,287 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 54,68,70,92,116,138,146,154,168,171 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 20-23,27-29,32,34,61,85,89-91,121, 129,177,195,208,217,221-237,239,244 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,234,244,249,252,254,259,272,356 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,154,158,168,171-174,176,178,181,183,188,191,203, 212,224 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 426,442 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58,73,75, 78,80,85,95 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 443, 447 -

    Begraben:
    Compiegne, S. Marien

    Ludwig heiratete von Burgund, Ansgard in 862. Ansgard gestorben nach 879. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 11. von Frankreich, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben vor Nov 884.
    2. 12. von Frankreich, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 13. von Frankreich, Ludwig III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 863; gestorben am 5 Aug 882 in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.
    4. 14. von Frankreich, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 866; gestorben am 12 Dez 884; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Ludwig heiratete von Friaul, Adelheid in 875. Adelheid (Tochter von von Paris, Adalhard) wurde geboren um 855/860; gestorben am 9 Nov 901 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 15. von Frankreich, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 875.
    2. 16. von Frankreich, Karl III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 17 Sep 879; gestorben am 7 Okt 929 in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich.

  4. 5.  von Aquitanien, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Karl1) wurde geboren um 847/848; gestorben am 29 Sep 866 in Buzancais [36500],Indre,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Bourges [18000],Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Aquitanien,Frankreich; König von Aquitanien

    Notizen:

    Karl das Kind
    König von Aquitanien
    847/48-29.9.866 bei Buzancais (dep. Indre) durch Unfall
    Begraben: Bourges, St-Sulpice
    2. Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 969 Karl das Kind, KAROLINGER, König von Aquitanien

    * 847/48, + 29. September 866 bei Buzancais (dep. Indre)
    Begraben: Bourges, St-Sulpice
    Sohn KARLS DES KAHLEN und der Ermentrud

    Karl starb durch Krankheit (wohl Epilepsie) bei Buzancais (dep. Indre). Um der Sonderrolle Aquitaniens Rechnung zu tragen, ließ KARL DER KAHLE Karl Mitte Oktober 855 in Limoges zum aquitanischen König erheben; er blieb jedoch der Oberherrschaft seines Vaters unterworfen (keine eigene Kanzlei). Mit dessen Hilfe mußte er sich im Innern gegen Aufstände, vor allem gegen den 848 als aquitanischen König abgesetzten Pippin II., zur Wehr setzen. Als er 862 die Witwe des Grafen Humbert (von Bourges?) heiratete, fiel er beim Vater, der seine Zustimmung verweigerte, in Ungnade. Er wurde nach Compiegne gebracht und erst 865 auf Wunsch der aquitanischen Großen wiedereingesetzt.

    Literatur:
    DBF VIII, 543f. - G. Eiten, Das Unterkgtm. im Reich der Merovinger udn Karolinger, 1907, 165-176 - L. Auzias, L'Aquitaine carolingienne, 1937, 281ff. - J. Martindale, Charles the Bald and the Government of the Kingdom of Aquitaine (Charles the Bald: Court and Kingdom, hg. M. Gibson-J. Nelson 1981), 109, 114f. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 451, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 35
    Zu König Karl von Aquitanien ("Karl der Jüngere") siehe die, wie stets, ausgezeichnete Zusammenstellungen von Eiten, 165-176. Ebd. 176, Anm. 3 die Belege für Karolus minor.

    Kaum 15-jährig verband sich Karl mit der Witwe des Grafen Humbert, was der Vater als Rebellion betrachtete. Er marschierte daraufhin 863 in Aquitanien ein, setzte den Sohn ab und inhaftierte ihn Compiegne. 865 von seinem Vater erneut als König von Aquitanien eingesetzt, litt er bereits schwer an den Folgen eines Jagdunfalls, dem er 866 erlag.
    Konecny Silvia: Seite 142 "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Nur zwei von den Söhnen KARLS DES KAHLEN gingen Eheverbindungen ein, während zwei weitere männliche Nachkommen dieses Herrschers schon in früher Jugend zu einem geistlichen Leben bestimmt wurden. Der gleichnamige Sohn des Herrschers starb vier Jahre nach einem Eheschluß, hinter dem oppositionelle aquitanische Adelige standen. Karl wurde bald nach seiner Heirat von seiner Gattin getrennt und kehrte erst kurz vor seinem Tod wieder nach Aquitanien zurück. Mit dieser Heirat trat überdies erstmals seit der Generation der Söhne Pippins II. wieder eine Witwenheirat auf, die soviel wie die Einheirat in einen fremden Machtbereich bedeutete und damit eine Annäherung der königlichen Eheformen an jene des Adels ankündigte. Im 10. Jahrhundert wurde dieser Typus der Einheirat von den westfränkischen KAROLINGERN mehrmals verwirklicht, während KARL DER KAHLE gegen die Ehe seines Sohnes vehement auftrat.

    862 oo 2. Ansgard, Witwe des Grafen Humbert von Bourges

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 369,392,396,405, 480,483,505,507,543,547,559,588,758 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 61-62 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 213,231,237 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,158 - Schniith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 440 -

    Gestorben:
    Unfall

    Begraben:
    St-Sulpice

    Karl heiratete Ansgard in 862. [Familienblatt] [Familientafel]


  5. 6.  von Franken, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Karl1) wurde geboren um 850; gestorben in 876.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 22 Jan 866-873, Auxerre [89000],Yonne,Burgund,Frankreich; Abt von St. Germain d'Auxerre

    Notizen:

    Karlmann
    Abt von St. Germain d'Auxerre (22.1.866-873)
    um 850 - 876
    3. Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 36
    Den Tod Karlmanns datiert Brandenburg in seiner Anm. B. IV, 36 auf "bald nach" der Blendung von 873, auf der Tafel mit "874". Zum richtigen Todesjahr 876 vgl. Dümmler 2, 359, sowie oben IV, 23, Absatz 2.

    Um weitere Erbteilungen zu vermeiden, wurde Karlmann von seinem Vater als erster ehelich geborener KAROLINGER zum Eintritt ins Kloster gezwungen. Nach dem Tode seines Bruders Lothar (+ 14.12. 865) wurde Karlmann, Abt von S. Medard, von seinem Vater zu dessen Nachfolger als Abt von St. Germain d'Auxerre bestimmt. Der Vorrang seines Bruders Ludwig der Stammler scheint ab 870 den früh ins Kloster gegebenen und inzwischen mit mehreren Abteien ausgestatteten Königssohn Karlmann zum Aufstand getrieben zu haben, der jedoch trotz einiger hochmögender Mitverschworener KARL kaum ernstlich gefährden konnte und 873 mit Karlmanns Bestrafung durch Blendung sein düsteres Ende fand (+ 876).

    Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 334-336, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Viel schlimmer war es gleichzeitig dem westfränkischen Prinzen Karlmann ergangen, der gegen seinen Vater in offenem Aufruhr gestanden war. Als dieser seiner habhaft geworden war, verurteilte er ihn zu Senlis zu strenger Haft, während er dessen S Spießgesellen gegen Ableistung des Treueids begnadigte. Nach mehr als Jahresfrist ließ er, da bei der allgemeinen Unzufriedenheit dem gefangenen Prinzen noch immer die Sympathien vieler sich zuwandten, über ihn abermals zu Senlis Gericht halten. Er selbst überreichte der dort versammelten Synode eine Klageschrift gegen den eigenen Sohn. Wie er es verlangte, entsetzten die Bischöfe Karlmann seiner geistlichen Würde und gestanden ihm nur noch die Laienkommunion zu. Damit wurde Karlmann der Vorrechte des geistlichen Standes, welche ihn der weltlichen Strafgewalt entzogen, verlustig; der Degradierte konnte vor ein weltliches Gericht gestellt und an Leib und Leben gestraft, er konnte, wie sein Vater beabsichtigte, unschädlich gemacht werden. Ein Anlaß fand sich bald. Karlmann und seine Freunde folgerten aus seiner Absetzung, daß er, nunmehr wieder ganz Laie geworden, in sein volles Erbrecht eintrete und den königlichen Thron besteigen könne. Seine alten Anhänger sammelten sich, sie warben neue Genossen und planten, Karlmann aus dem Gefängnis zu befreien und, wie es hieß, auf den Thron zu erheben. Karlmann, der an dieser Bewegung nicht persönlich beteiligt sein konnte, da er immer in Haft geblieben war, wurde abermals vor Gericht gestellt. Sogar seine frühere Empörung wurde in die Anklage einbezogen. Unter Zustimmung aller Anwesenden erklärte man es als eine Staatsnotwendigkeit, daß der Prinz, der eigentlich der Todesstrafe verfallen sei, geblendet werde, "damit er Gelegenheit und Zeit zur Reue habe und ihm die Möglichkeit genommen werde, noch Ärgeres, wie er es sinne, anzurichten, damit die wahnwitzige Hoffnung der Friedensstörer auf ihn vereitelt werde und die Kirche Gottes und die Christenheit im Reich außer der Befeindung durch die Heiden nicht auch durch einen verruchten Aufstand in Verwirrung gebracht werden könne." In herzloser Grausamkeit ließ KARL DER KAHLE die Blendung an seinem Sohn vollziehen, dem er aus politischen Rücksichten den geistlichen Stand, ein verfehltes und verbittertes Leben aufgezwängt, den er damit selbst auf Abwege gedrängt hatte. Es ist ein scheußliches Bild, um so greulicher, wenn man ihm das Verhalten seines Bruders, des deutschen Königigs, gegen seine Söhne, die doch dasselbe verschuldet hatten, gegenüberstellt, der sich der höheren Pflicht bewußt blieb, auch unbotmäßigen Söhnen gegenüber Vater zu sein. Der geblendete Karlmann wurde in das Kloster Corbie in Gewahrsam gebracht. Unterstützt von Adalhard, dem Bruder seiner Mutter, gelang es ihm, auf deutschen Boden zu entfliehen. Der deutsche König nahm seinen unglücklichen Neffen auf. Er übergab ihn dem Erzbischof Liutbert und wies ihm das St. Albanskloster bei Mainz zum Aufenthalt an. Dann verlieh er ihm das Kloster Echternach und hier ist Karlmann, kein gutes Andenken hinterlassend, nach wenigen Jahren gestorben.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 588-590,718,723, 758-761,766,769,772,794-797; Band II Seite 691 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 27,228 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Band II Seite 334 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,159 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58,67,95 -


  6. 7.  von Franken, Lothar Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Karl1) wurde geboren in 850; gestorben am 14 Dez 865.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 22 Feb 863-865, Auxerre [89000],Yonne,Burgund,Frankreich; Abt von St. Germain d' Auxerre

    Notizen:

    Lothar Abt von St. Germain d' Auxerre (22.2.863-865)
    um 850-14.12.865
    Jüngerer Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 37
    Brandenburg nennt Lothar nur "Abt in St. Germain", weil die Ann. Bertin. 865 nur vom monasterium S. Germani sprechen. Es handelt sich nicht etwa um S.-Germain-des-Pres, sondern um Saint-Germain-d'Auxerre, vgl. Tessier nr. 288.

    Lothar galt wegen angeborener Gebrechen von vornherein für herrschaftsunfähig und wurde in jungen Jahren ins Kloster gegeben. Nach den über ihn erhaltenen Zeugnissen machte er verständlicherweise nicht den Eindruck eines tatkräftigen Abtes. Nacch den Mitteilungen des Hericus war Lothar als Kind in S. Germain in die Schule gegeben worden. 861 ließ KARL den Sohn in Reome zum Kleriker machen. 863 erscheint Lotharals Abt und Tauschpartner der Germanusmönche. Ein Jahr später erwirkte Lothar mit seiner Mutter die große Besitzbestätigung KARLS für S. Germain in Pitres. Noch vor seinem Tod erbat Lothar von seinem Vater eine Schenkung für die Abtei und sorgte dabei für sein Totengedächtnis vor. Die geistigen Interessen und Fähigkeiten des jungen Abtes Lothar sind jedoch von zuständiger Seite ins hellste Licht gestellt worden. Lothar sei "an Jahren ein Kind gewesen, dem Geist nach ein Liebender der Weisheit, durch seine eingeborene Veranlagung und das Schaffen seines Fleißes vor allen Sterblichen seines Alters kostbar.

    Riche Pierre: Seite 230,237, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Der vierte, Lothar, lahmte von Geburt an und war deswegen zum Eintritt in ein Kloster bestimmt.
    Als kurz nach einander seine beiden Söhne Lothar (+ 865) und Karl das Kind (+ 866) starben, war er tief betroffen.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 465 Anm. 72,590 Anm. 80,758,885 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,237 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,159 -


  7. 8.  von Franken, Rothild Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Karl1) wurde geboren in 871; gestorben in 928/929.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Chelles [77500],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; Äbtissin von Chelles
    • Titel/Amt/Status: Maine,Pays de la Loire,Frankreich; Gräfin von Maine

    Notizen:

    Rothild
    Gräfin von Maine
    Äbtissin von Chelles
    871-22.5.928/29
    Einzige Tochter des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 2. Ehe mit der Richilde, Tochter von Graf Buin

    Werner Karl Ferdinand: Seite 454, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"
    IV. Generation 42


    Die Lebensdaten der Rothild (verbunden mit dem Nachweis, daß es sich bei ihr um eine Tochter KARLS DES KAHLEN aus seiner zweiten Ehe mit Richildis handelt sowie um die "Stamm-Mutter" der späteren Grafen von Maine) behandelt Exkurs 1.
    V. Generation 39-40
    Zu diesen Kindern der Rothild, Tochter KARLS DES KAHLEN, vgl. Exkurs 1 und Werner; Unters. 279-283 ("Zur Geschichte der Grafen von Maine im 10. Jahrhundert").

    Rothild war bis 922 Äbtissin von Chelles und wurde von Karl III., ihrem Neffen abgesetzt, was die Rebellion der ROBERTINER bewirkte (Schwiegmutter Hugos des Großen).
    Karls Entschluß von 922, seiner eigenen Tante Rothild, einer Tochter Kaiser KARLS DES KAHLEN, die ehrwürdige karolingische Abtei Chelles wegzunehmen, um sie Hagano zu übertragen, kann nicht allein aus der bloßen Absicht zur Förderung des Vertrauten erklärt werden. Rothilds Tochter Judith war nämlich mit Hugo Magnus verheiratet, so dass Rothilds Verlust zum Verlust gegen die ROBERTINER wurde.

    Konecny Silvia: Seite 151, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Nur Ermengard, die Tochter LUDWIGS II., und Rothild, eine Tochter KARLS DES KAHLEN, sind sowohl als Äbtissinnen als auch als Ehefrauen fränkischer Großer bezeugt. Ermengard wurde von LUDWIG II. zur Nachfolgerin Angilbergas im Besitz der Abtei in Brescia bestimmt. 879 wurde neben Angilberga erstmals auch Ermengard als Äbtissin bezeichnet. Wann Rothild ihre Abtei erhielt, ist ungewiß. Vermutlich hat noch KARL DER KAHLE selbst die Abtei seiner Tochter übertragen.Ermengardwie Rothild heirateten erst nach dem Tode ihrer Väter, die Wahl der Gatten traf in beiden Fällen vermütlich die mütterliche Verwandtschaft. Die Äbtissinnenwürde dieser KAROLINGERINNEN könnte darauf hindeuten, daß ihre Ehen den Typus der sogenannten Erbtochterehe repräsentieren. Der umfangreiche Besitz an Abteien könnte die unabhängige Stellung dieser KAROLINGERINNEN als Ehefrauen sichergestellt haben. Im Fall Ermengard kann von einer Erbtochterehe auch insofern gesprochen werden, als die Kaisertochter für ihren Söhn auch Erbansprüche auf die Herrschaftsnachfolge nach LUDWIG II. erhob.

    Schwager, Helmut: Seite 70,132,133,235,246, "Graf Heribert II. von Soissons"

    Die Konfiskation des karolingischen Hausklosters Chelles bei Paris durch den westfränkischen König nach dem 21. April 922 (= Ostern), der die Abtei seiner Tante Rothilde (+ 928), der Schwiegermutter des ROBERTINERS Graf Hugo (+ 956) [Rothilde (+ 928) war die Tochter Kaiser KARLS DES KAHLEN (+ 877) und der Kaiserin Richilde (+ 910/14) sowie Gattin Graf Rotgers I. von Maine (+ vor 900), von dem sie die Tochter NN. (+ vor 926) hatte, welche Graf Hugo der Große ehelichte; genauer zu Rothilde: Konecny, Frauen, 151/153; Werner, Nachkommen, in: KdGr 4, Tafel (IV, 42) und 422-428 (Exkurs I) sowie Stammtafel 10 dieser Arbeit], nahm und sie an Graf Hagano übergab, löste erneut einen verheerenden Aufstand aus.
    Dabei war es um den Besitz der 928 verstorbenen KAROLINGERIN Rothilde [Das genaue Todesdatum Rothildes, der 22. Mai, ist aus den Obituaires de Saint-Germein-des-Pres, de Saint-Denis et d'Argenteuil, in: Obituaires de la province de Sens 1, ed. M Molinier, XX, 254,312 und 345 zu entnehmen, weswegen Kalckstein, Capetinger, 179 mit dem 22. März 929 falsch liegt! Lauer, Robert, 58 geht ebenso fälschlich vom 22. Mai des Jahres 925 aus, denn nach Flodoard, Ann., a 929, 43 ist die KAROLINGERIIN Rothilde erst kürzlich verstorben: ... nuper defunctae ..., was auf das Jahr 928 hinweisen würde und worauf auch meiner Meinung nach die Anfang 929 ausbrechenden militärischen Auseinandersetzungen um ihr Erbe hindeuten! Zu den Problemen um die KAROLINGERIN Rothilde (+ 928) siehe jedoch genauer den Exkurs I in: Werner, Nachkommen, in: KdGr 4, 422-428! Außerdem: Voigt, Klosterpolitik, 133 mit Anm. 2; Marlot, Reims 2 715; Colliette, Vermandois 1, 442; Kienast, Frankreich 1, 55; Ducange, Amiens, 84; Werner, Origines, 458; Werner, Westfranken, 743; Lemaire, Saint-Quentin, 279.], Äbtissin des Klosters Chelles, Tante König Karls III. und Schwiegermutter Markgraf Hugos, gegangen.
    Doch muß es in dieser Zeit zu heftigeren Streitigkeiten zwischen Graf Heribert II. und seinem robertinischen Schwiegervater gekommen sein, denn als kurz nach Ostern (= 21. April) 922 König Karl III. seiner Tante Rothilde (+ 928), der Schwiegermumutter des ROBERTINERS Graf Hugo der Große, das karolingische Hauskloster Chelles wegnahm, wahrscheinlich um die ROBERTINER zu disziplinieren, und diese, dies als "casus belli" betrachtend, daraufhin einen westfränkischen Fürstentag nach Fimes an der Vesle beriefen, der auch prompt den Sturz Graf Hagnos, dann die Absetzung des westfränkischen Königs beschloß, war Graf Heribert II. erstaunlicherweise nicht zugegen.
    Denn Anfang 929 entbrannte der Streit um den Besitz der bereits im Jahre 928 verstorbenen KAROLINGERIN Rothilde, der Tante Karls III. und ehemaligen Schwiegermutter Markgraf Hugos von Neustrien, die das alte und reiche Kloster Chelles als Äbtisssin besessen hatte. Bevor nun der ROBERTINER die Erbschaft antreten konnte, besetzte jedoch Graf Boso (+ 935) in geheimen Übereinkommen mit seinem Bruder König Rudolf Chelles und seine Domänen. In den aufflackernden Streit mischte sich jetzt auch Graf Heribert II. ein, und bald kam es zu heftigen Kämpfen. Schließlich erobert Markgraf Hugo das karolingische Hauskloster im April 929, während sich sein Schwager Graf Heribert II. sich an Bosos Hauptfestung Vitry-en-Perthois schadlos hielt.

    890 1. oo Rotger I.Graf von Maine -31.10.900
    2. oo Hugo Graf von Bourges

    Kinder:
    1. Ehe
    - Judith + vor 926
    914 oo 1. Hugo der Große Herzog von Franzien 895-16./17.6.9576
    - Hugo I. Graf von Maine 890/95- 939/955

    2. Ehe
    - Richilde
    oo Theobald der Ältere Graf von Tours-Chartes - 940

    Literatur:
    Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 22 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie v vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 151,152 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 203 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 9,70,132,133,235,246,281,407 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf, Seite 422-428, 454 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 482 -

    Rothild heiratete von Maine, Rotger I. in 890. Rotger gestorben am 31 Okt 900. [Familienblatt] [Familientafel]

    Rothild heiratete von Bourges, Hugo nach 900. [Familienblatt] [Familientafel]



Generation: 3

  1. 9.  von Flandern, Balduin II. Graphische Anzeige der Nachkommen (3.Judith2, 1.Karl1) wurde geboren in 863; gestorben am 10 Sep 918.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-918, Flandern,Belgien; Graf von Flandern

    Notizen:

    Balduin II. der Kahle Graf von Flandern (879-918)
    863-10.9.918
    Ältester Sohn des Grafen Balduin I. Eisenarm von Flandern und der Judith, Tochter von Kaiser KARL II. DEM KAHLEN

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. 20 c. BALDUIN II., Graf und Markgraf von Flandern
    * wohl ca. 865, + 918 vielleicht 10. IX..

    Gemahlin:
    884
    Elftrude, Tochter König Alfreds von England + 929 7. VII.
    Anmerkungen: Seite 115
    V. 20. Balduin II.
    Vanderkindere I, 285f. Vermählung 884, Chron. S. Bavonis de Smet 1, 497 [V c 31];
    Ergänzung: (Werner): Konk. N.N.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    BALDUIN II. "DER KAHLE" + 918
    Balduin II. der Kahle folgte 879 seinem Vater als Graf von Flandern und verfolgte zeitlebens eine rücksichtslose, eigennützige Territorialpolitik, wobei er mehrmals die Fronten wechselte. Er war zeitweise Parteigänger von König Zwentibold von Lothringen, zum anderen der ROBERTINER und auch der französischen KAROLINGER. Er gewann Boulogne und Arras, verlor 899 die Abtei St. Vlaast an den Erzbischof Fulko von Reims und ermordete ihn 900. Er ermordete auch seinen großen politischen Gegenspieler, den Grafen Heribert von Vermandois und befestigte Brügge, Ypern und St. Omer gegen die Normannen. Er konnte deren Eindringen in die Normandie nicht verhindern und wurde in der Folgezeit deren Hauptgegner. Unter seiner Regierung entwickelte sich Flandern zu einem starken, mehrere alte Grafschaften umfassenden Lehnsfürstentum, das sich dem schwachen französischen Königtum rücksichtslos entzog.

    oo 884 ELFTRUDE VON ENGLAND + 929
    Tochter des Königs Alfreds I. des Großen von Wessex

    Schwager Helmut: Seite 29-31, „Graf Heribert II. von Vermandois“
    Als ihnen König Zwentibold von Lothringen zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen. Denn gerade die Intervention der Lothringer spaltete das Lager Karls III. endgültig: Graf Balduin II. von Flandern (879-918) und sein Bruder Graf Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben Expansionspolitik auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte Kloster Saint-Quentin einbrachte. Währenddessen versuchten Graf Heribert I. und andere Aufständische eine Fühlungnahme mit König Odo, nachdem dieser dem HERIBERTINER die meisten Burgen abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf die Verhandlungen mit dem ROBERTINER torpedierte, unterwarfen sich die HERIBERTINER dem legitimen westfränkischen König Odo. Der KAROLINGER Karl der Einfältige war daraufhin gezwungen, nach Lothringen zu fliehen. Währenddessen rückte König Odo, unterstützt von Graf Heribert I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois eroberte und nebst Peronne an den wiedergetreuen HERIBERTINER gab. Der erboste Graf Rudolf fiel daraufhin plündern in die Besitzungen der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I. gestellt und in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde.
    Inzwischen tobten aber heftige Kämpfe im Nordosten um Peronne zwischen Graf Heribert I. und dem rachedürstenden Grafen Balduin II. von Flandern. Diese Auseinandersetzungen setzten sich auch im Jahre 898 fort, als der KAROLINGER Karl III. alleiniger König des Westfränkischen Reiches wurde. Er entriss dem Grafen Balduin II. die Abtei Saint-Vaast bei Arras und gab sie seinem Erzkanzler Erzbischof Fulco von Reims. Dieser jedoch tauschte sie bei Graf Alkmar von Artois (+ ca. 920) gegen die wichtige Abtei Saint-Medard bei Soissons ein. Die Folge war nun eine abgrundtiefe Feindschaft zwischen Erzbischof Fulco und Graf Heribert I. einerseits und Graf Balduin II. von Flandern andererseits. Als Ergebnis dieser Antipathie wurde Erzbischof Fulco von Reims am 17. Juni 900 durch Winemar und andere flämische Vasallen Balduins II. ermordet. Dies nützte aber Graf Heribert I. sofort aus und okkupierte die Abtei Saint-Medard bei Soissons, die nun bis 1048 seiner Familie gehören sollte. Allerdings erbte der HERIBERTINER auch die alte Todfeindschaft, die schließlich im Zeitraum von 900 bis 906 an einem unbekannten Zeitpunkt zur Ermordung Graf Heriberts I. durch Balduin und andere Vasallen Graf Balduins II. führte.
    Zum Prinzipat Flandern des 10. Jahrhunderts gehörten schließlich die Grafschaften Flandern (mit dem Waasland und den Gebieten um Gent, Kortrijk und Cassel), Therouanne, Boulogne-sur-Mer, Tournai und das Melentois sowie die Klöster Saint-Pierre und Saint-Bavon in Gent, Saint-Bertin, Saint-Amand bei Saint Omer und Saint-Vaast vor Arras.

    Offergeld Thilo: Seite 412,414,420,424,439,444,448, "Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter."

    Wie andere Abtrünnige vor ihnen, wandten sich auch Fulko und die Seinen nun nach O-Franken und hofften, König ARNOLF als Thronkandidaten gegen Odo gewinnen zu können. Obwohl sie offenbar zunächst Odo einen Treueid geleistet hatten, begaben sich die Anführer der Opposition, außer Fulko selbst vor allem Balduin von Flandern und dessen Verwandter, Abt Rudolf von Saint-Bertin und Saint-Vaast, im Mai/Juni 888 zu ARNOLF, trafen in Worms mit ihm zusammen und luden ihn vergeblich zur Herrschaftsübernahme ein.
    Schon vorher war freilich Balduin von Flandern aus Fulkos Partei ausgeschieden und hatte sich angesichts der sich abzeichnenden Überlegenheit Odos diesem wieder angeschlossen.
    Besonders in Aquitanien, wo die oben bereits erwähnte Verleihung des Poitou an den Königsbruder Robert gleich zwei konkurrierende Parteien brüskiert hatte, und in Flandern, wo Odo nach dem Tode Abt Rudolfs dessen Verwandtem Graf Balduin die Verleihung der Klöster Saint-Bertin und Saint-Vaast verweigerte, kam es zu offener Rebellion der betroffenen Adelsfamilien. Odo ging mit teilweiser brutaler Härte gegen die Empörer vor, doch konnte er seine Autorität dadurch nicht entscheidend festigen.
    Auch Graf Balduin von Flandern, über seine Mutter Judith ein Enkel KARLS DES KAHLEN, dürfte als erbitterter Feind Odos die Erhebung Karls wenigstens gebilligt, wenn nicht unterstützt haben [Zwar waren auch Balduins Beziehungen zu Fulko wegen dessen Abtsnachfolge in dem von Balduin beanspruchten Saint-Bertin sehr gespannt, doch hat Fulko immerhin die angedrohte Exkommunikation Balduins zweimal augeschoben, offensichtlich mit der Absicht, den mächtigen Grafen im Lager der Opposition nicht ganz zu entfremden.].
    Zwentibold belagerte daraufhin zusammen mit Karl dem Einfältigen das befestigte Laon, doch als der erhoffte schnelle Erfolg ausblieb, sahen führende Große aus Karls Partei ihre Interessen schon wieder gefährdet: Balduin von Flandern ging zusammen mit seinem Bruder Rudolf und dem Grafen Reginar zu Zwentibold über; es kursierten sogar Gerüchte, Karl solle ermordet werden.
    Zwar blieben die führenden Großen des Reiches mit Ausnahme Heriberts zunächst noch fern, doch Balduin versicherte durch Boten seine Ergebenheit, und nachdem Odos Bruder Robert dem neuen König gehuldigt hatte, erschienen auch Wilhelm der Fromme und Richard von Autun bei Karl und leisteten ihm den Treueid.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 464, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Graf Balduin II. von Flandern suchte im Jahr 900 um jeden Preis die wichtigsten Berater des jungen Königs Karl III. (des "Einfältigen") für sich zu gewinnen. Das waren nach wie vor Erzbischof Fulco von Reims und Graf Heribert, die gleichen Männer, die 893 für Karls Königswahl gesorgt hatten. Balduin ging es darum, vom König wieder als Laienabt von Saint-Vaast in Arras eingesetzt zu werden. Der Erzbischof und der Graf lehnten ab, weil es ihren eigenen Interessen in der Region zuwider lief. Balduins Abgesandter Winemar unternahm einen letzten Versuch direkt bei Fulco, blieb aber ebenfalls erfolglos. Daraufhin ließ der ergrimmte Flame den Erzbischof ermorden (17. Juni 900). Heribert, der seinerseits im Jahr 896 Balduins Bruder Rudolf im Kampf getötet hatte, wurde wenig später ebenfalls durch Leute des Grafen von Flandern umgebracht.

    Riche Pierre: Seite 276, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Im Norden W-Frankens war Flandern genauso den normannischen Angriffen ausgesetzt. Der Tod Graf Balduin I. Eisenarm 879 fiel zusammen mit einer skandinavischen Großoffensive. Sein Nachfolger, Balduin II., ließ deshalb in Saint-Omer, Brügge, Gent, Kortrijk Holzbefestigungen errichten, außerdem zog er Ländereien an sich, die von königlichen und kirchlichen Amtsträgern aufgegeben worden waren. Obwohl er ein Enkel KARLS DES KAHLEN war, erhob er 888 keinen Anspruch auf die Krone, verweigerte aber Odo die Anerkennung. Hauptziel war für ihn die Ausdehnung seiner Grafschaft nach Süden. Ihm gelang die Erwerbung des Artois und des reichen Klosters Saint-Vaast, das seit 879 der UNRUOCHINGER Rudolf besessen hatte, der Sohn des Markgrafen Eberhard von Friaul, und danach an Erzbischof Fulco von Reims gegeben wurde, den Balduin II. deswegen im Jahr 900 ermorden ließ. Am Oberlauf der Somme stieß er auf Graf Heribert I. von Vermandois, der ebenfalls von den KAROLINGERN abstammte: Der auf Befehl LUDWIGS DES FROMMEN geblendete König Bernhard von Italien hatte einen Sohn Pippin, der einige Grafschaften im Somme-Gebiet besaß. Bernhards Enkel Heribert I. verfügte über Saint-Quentin und Peronne. Balduin II. räumte dieses Hindernis aus dem Weg, indem er Heribert I. um 907 ermorden ließ. Schließlich zielte der Graf von Flandern auch noch auf den Erwerb des Unterlaufs der Canche, um so über See Beziehungen zu England anknüpfen zu können. Er begründete bereits das englisch-flandrische Bündnis durch seine Ehe mit einer Tochter König Alfreds der Großen von Wessex. Sein Sohn Arnulf I. erbte 918 eine bedeutende Grafschaft, der eine glänzende Geschichte bestimmt war.

    884 oo Aelfthryd von Wessex, Tochter des Königs Alfred um 870-7.6.929

    Kinder:
    - Arnulf I. 885/90-27.3.965
    - Adalolf Graf von Boulogne 890-13.11.933
    - Ealswid
    - Ermentrud

    Illegitim
    - Albert Bischof von Paris - 977

    Literatur:
    Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel 3,4 - Annalen von St. Vaast Seite 316,318,322,324,328-334 - Annalista Saxo: Reichschronik ad a.1002 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 320,322,382, 409,433,435,517 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 18 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 32 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 63 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 10-12 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 412,414,420,424,439,444,448,451,455,456,464 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 80 - Regino Chronik. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 Seite 182,312 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 276,289 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 199 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 29-31,357,364,385,395 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 464 -

    Balduin heiratete von Wessex, Aelfthryd in 884. Aelfthryd wurde geboren um 872; gestorben am 7 Jun 929. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 17. von Flandern, Arnulf I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 885/890; gestorben am 27 Mrz 965.
    2. 18. von Boulogne, Adalolf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 890; gestorben am 13 Nov 933.
    3. 19. von Flandern, Ealswid  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 20. von Flandern, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 21. von Flandern, Albert  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 977.

  2. 10.  von Flandern, Rudolf Graphische Anzeige der Nachkommen (3.Judith2, 1.Karl1) wurde geboren in 865; gestorben am 17 Jun 896.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Cambrai [59400],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Cambrai

    Notizen:

    Rudolf von Flandern Graf von Cambrai
    865-17.6.896
    Jüngerer Sohn des Grafen Balduin I. Eisenarm von Flandern und der Judith, Tochter von Kaiser KARL II. DEM KAHLEN

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. 21 c. RUDOLF, Graf von Cambray?
    * ..., + 896 17. VI.
    Gemahlin: N.
    Anmerkungen: Seite 115
    V. 21. Rudolf

    Bruder Balduins, Ann. Vedast. 895, S. S. 2, 207.
    Als Graf von Cambray wird er erst in späten Nachrichten bezeichnet (zuerst wohl S. S. 25, 769).
    Todestag Ann. Blandin., S. S. 5, 24.
    Er wird häufig verwechselt mit IV. 28. und mit Rudolf von Gouy, vgl. Vanderkindere, a.a.O. [Vc 32]

    Ergänzung: (Werner):
    * 865, Graf nach 892 im Besitz von Arras und St. Quentin
    Gemahlin: N.N.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993

    RUDOLF + 896 ermordet
    Graf von Cambrai

    Rudolf besetzte Peronne und St. Quentin während der französischen Thronkriege, huldigte dem König Zwentibold von Lothringen und wurde 896 von Vermandois verjagt. Er plünderte aus Wut die Abtei St. Quentin und wurde von Graf Heribert I. ermordet.
    Rudolf wird im französischen Feudalepos sehr verklärt.
    oo N.N.

    Schwager Helmut: Seite 29-31, „Graf Heribert II. von Vermandois“

    Als ihnen König Zwentibold von Lothringen zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen. Denn gerade die Intervention der Lothringer spaltete das Lager Karls III. endgültig: Graf Balduin II. von Flandern (879-918) nd sein Bruder Graf Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben Expansionspolitik auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte Kloster Saint-Quentin einbrachte. Währenddessen versuchten Graf Heribert I. und andere Aufständische eine Fühlungnahme mit König Odo, nachdem dieser dem HERIBERTINER die meisten Burgen abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf die Verhandlungen mit dem ROBERTINER torpedierte, unterwarfen sich die HERIBERTINER dem legitimen westfränkischen König Odo. Der KAROLINGER Karl der Einfältige war daraufhin gezwungen, nach Lothringen zu fliehen. Währenddessen rückte König Odo, unterstützt von Graf Heribert I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois eroberte und nebst Peronne an den wieder getreuen HERIBERTINER gab. Der erboste Graf Rudolf fiel daraufhin plündernd in die Besitzungen der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I. gestellt und in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde.

    oo N.N.
    Kinder:
    - Tochter
    oo Isaak Graf von Cambrai - 946/48

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,115 - Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 9-10 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 439-442,451,455 - Regino Chronik. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 29-31 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 -


  3. 11.  von Frankreich, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (4.Ludwig2, 1.Karl1) gestorben vor Nov 884.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Troyes [10000],Aube,Champagne-Ardenne,Frankreich; Gräfin von Troyes

    Notizen:

    Gisela Gräfin von Troyes
    - vor XI 884

    Tochter des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 36
    Brandenburg, Anmerkung zu V,24, meinte: "Eine weitere angebliche Tochter Gisela, die mit einem Grafen Robert von Troyes vermählt gewesen sein soll, ist zu streichen. Sie fehlt bei Witger (in dessen Genealogie SS 9,302) und der angebliche Graf Robert von Troyes hat nie existiert."
    Brandenburg beruft sich dazu auf das veraltete, wenn auch leider noch nicht ersetzte Werk von H. D'Arbois de Jubainville, Histoire des ducs et des comtes de Champagne, Bd. 1, Paris 1859.
    Nun ist aber ebenso die Existenz des Grafen Robert von Troyes wie die seiner karolingischen Gemahlin Gisla über jeden Zweifel erhaben. Robert intervenierte mehrfach in Urkunden König Karlmanns, des Bruders der Gisla, deren eine datiert ist, 882 XI 17, während duie anderen zwischen 880 III und 884 XII 12, dem Tode Karlmanns liegen. In einer dieser Urkunden genehmigt der König eine Schenkung aus dem Grafschaftsgut von Troyes auf Bitten des Grafen Robert ... pro eremittendis culpis Gislae sororis nostrae, eiusque (sc. Roberti) uxoris ... Es handelt sich bei diesen Urkunden um Auszüge aus dem verlorenen Chartular der Abtei Montieramey, östlich von Troyes, die von A. Duchesne kopiert, in der Collection Baluze, t. 39 (Biblioth. Nationale) überliefert sind und durch A. Giry, Etudes carolingiennes, in: Etudes d'hist. du Moyen Age, dediees a G. Monod, Paris 1896, ediert wurden. Ob aus der oben zitierten Stelle und aus den dort ebenfalls vorkommenden Worten ...illuster fidelis noster Rotbertus comes ... ut pro anima uxoris eius ... (Giry, nr. 17 = Coll.Baluze 39, fol. 237) geschlossen werden soll, daß Gisla zu diesem Zeitpunkt (880/84) schon verstorben war, ist nicht ohne weiteres klar. Es kommen solche Formulierungen auch bei noch lebenden Angehörigen vor, doch schließen die Stifter dann meist noch andere Verwandte und sich selbst ein. Die ausdrückliche Beziehung auf Gisla veranlaßt mich dazu, in der Urkunde einen Terminus ante für ihren Tod zu sehen. Graf Robert von Troyes begegnet zuerst in einem Diplomfragment KARLS DES KAHLEN von 876 vor X 25 (Tessier nr. 416). Zu dieser Zeit war noch Roberts älterer Bruder Odo Graf von Troyes, vgl. ebd. Tessier 2, 430, Anm. 1. Diese beiden Brüder, die Arbois irrig mit einem anderen Bruderpaar Odo-Robert, dem späteren König Odo und dem Herzog und dann Gegen-König Robert, identifizierte, sind in Wahrheit Söhne des Grafen Odo von Chateaudun, dann von Troyes, einem nahen Verwandten Roberts des Tapferen, des Vaters der beiden erwähnten Könige. (Vgl. Werner, Unters. 152ff., dort Anm. 35 sowqie Seite 111, Anm. 90) Graf Robert von Troyes ist endlich identisch mit dem Rotbertus Faretratus, über dessen Taten im Kampf gegen die Normannen Abbo von S.-Germain-des-Pres in seinem Bella Parisiacae urbia (ed. H. Waqet, Paris 1942, 48ff.) lib. I, Vers 441ff. berichtet. Er fiel im Februar 886. Da auf ihn in Troyes sein Neffe Adelhelm folgte und Gisla, wie wir sahen, früh verstarb, ist anzunehmen, daß die Ehe kinderlos blieb.

    Familie/Ehepartner: von Troyes, Robert. Robert gestorben in Feb 886. [Familienblatt] [Familientafel]


  4. 12.  von Frankreich, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (4.Ludwig2, 1.Karl1)

  5. 13.  von Frankreich, Ludwig III. Graphische Anzeige der Nachkommen (4.Ludwig2, 1.Karl1) wurde geboren um 863; gestorben am 5 Aug 882 in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-882, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig III. König von Frankreich (879-882)
    um 863-5.8.882 St. Denis Begraben: St-Denis

    Ältester Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2176

    Ludwig III., westfränkischer König 879-882
    + 5. August 882 St-Denis Begraben: St-Denis
    Sohn König Ludwigs II. und Ansgards

    Führende Adelsgruppen unter Hugo Abbas und Gauzlin ermöglichten nach dem Tod Ludwigs II. die Nachfolge der Söhne Ludwig III. und Karlmann. Der Weihe im September 879 durch Erzbischof Ansegis von Sens in Ferrieres folgten Verträge mit König Ludwig dem Jüngeren (Abtretung des westlichen Lotharingien, Ribemont) und im März 880 eine Reichsteilung in Amiens (Ludwig III. erhielt Franzien und Neustrien, Karlmann den Süden) zur Sicherung des durch Ansprüche Hugos und Bosos von Vienne gefährdeten Königtums. In seiner kurzen Regierung konnte Ludwig III. die Normanneneinfälle im Sieg von Saucourt (3. August 881) nur zeitweise abwehren.

    Quellen:
    Recueil des actes de Louis II le Begue, L. III et Carloman II, rois de France, ed. R.-H. Bauthier u. a., 1978 -

    Literatur:
    K. F. Werner, Gauzlin v. St. Denis und die westfrk. Reichsteilungen v. Amiens (März 88), DA 35, 1979, 395-462 - Ders., Hist. de France, I, 1984, 417-419 -
    Ludwig III. wurde auf Vorschlag Hugos des Abtes von seinem Vater entgegen dem fränkischen Teilungsprinzip als alleiniger König vorgesehen, wogegen die Gruppe um Gauzlin von Saint-Denis mit Hilfe des O-Franken-Königs Ludwigs des Jüngeren durchsetzen konnte, dass Ludwig gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann zum König erhoben wurde. Zur gleichen Zeit wurde in Burgund der Graf Boso von Vienne von den Großen zum König ausgerufen, was praktisch die Lostrennung dieses Gebietes bedeutete. Im Vertrag von Ribmont (880) mußte Ludwig auf den W-Teil Lothringens verzichten. Am 3.8.881 besiegte Ludwig III. die Normannen bei Sancourt (Pikardie).

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Gegen die von Hugo dem Abt beim König durchgesetzte alleinige Nachfolge Ludwigs III. gingen sogleich nach Eintreten des Erbfalls Gauzlin von Saint-Denis sowie der welfische Graf Konrad von Paris, ein Vetter Hugos des Abtes, mit weiteren Repräsentanten der Franci vor, indem sie Ludwig denn Jüngeren von O-Franken auf den Plan riefen und mit ihm in Verdun zusammentrafen. Ihr Angebot an den - nach Karlmanns Erkrankung - ältesten handlungsfähigen und vollbürtigen KAROLINGER, auch bei ihnen die Herrschaft zu übernehmen, stand in der Tradition solcher "Einladungen" seit den 850-er Jahren und bezweckte anstelle der angebahnten Sulzession konkret, "entweder eine gewaltsame andere Lösung zu erzwingen oder aber Hugo den Abt und seine Partei zum Nachgeben, zum Herausgeben eines der beiden Prinzen, zu bewegen" (K.F. Werner). Eine spezifische Loyalität gegenüber dem westfränkischen Zweig des Hauses oder legitimistische Vorbehalte gegenüber den Sprößlingen einer aufgelösten Ehe waren offenbar kein Thema.
    Der Schachzug zeitigte in der Tat Wirkung: Noch im Mai 879 ließ Hugo Ludwig dem Jüngeren, um ihn von weiterem Vormarsch abzuhalten, die Abtretung der in Meersen erworbenen W-Hälfte Lotharingiens und die Nachfolge beider westfränkisher Thronerben, also auch des 13-jährigen Karlmann, zusichern. Mit der Ausführung hatte er es nach Ludwigs Abzug weniger eilig, doch kam es im September immerhin zur Krönung der jungen Könige im Kloster Ferrieres durch Erzbischof Ansegis von Sens, kaum zufällig eben in den Tagen, da die Königin Adelheid am 17.9. den postumen Sohn des Stammlers zur Welt brachte, der nach dem kaiserlichen Großvater KARL genannt wurde. Dessen ungeachtet hielt Hugo der Abt weiter an seinem faktischen Regiment übber ein ungeteiltes W-Franken fest, provozierte den Bruch mit dem ehrgeizigen Boso von Vienne, der sich im Oktober selbst zum König der Rhonelande aufschwang (nun mit Hinweis auf die fehlende Legitimität der Ansgard-Söhne), und forderte schließlich doch noch den Einmarsch Ludwigs des Jüngeren heraus, dessen Heer, verstärkt um die Gefolgsleute Gauzlins, dem seinen im Januar 880 bei Saint-Quentin gegenüberstand. Erst durch diese Zuspitzung fand man zur verbindlichen Form der Einigung, nämlich dem Vertrag von Ribemont (Oise) im Februar, der ganz Lotharingien dem O-Frankenreich zuschlug und den Gegnern Hugos die Machtbeteiligung im W gewährte; seine Konsequenz war die im März in Amiens vollzogene Reichsteilung, bei der Ludwig III. (mit Gauzlin als restituiertem Erzkanzler) die Francia und Nesutrien erhielt, während Karlmann (mit Hugo dem Abt als "Beschützer" und Feldherrn) Burgund, Aquitanien und Gothien zufielen. Die Art, wie sich beide Parteien gegenseitig einen eigenen lenkbaren König abgenötigt hatten, unterschied sich kaum noch vom Umgang der fränkischen Großen des 7. Jahrhunderts mit den späten MEROWINGERN.
    Die Niederringung unerwünschter Konkurrenten im Inneren band jahrelang politische und militärische Energien, die den KAROLINGERN bei der Abwehr eines neuen, alles zuvor Dagewesene übertreffenden Ansturms der Normannen fehlten. Nach einem angelsächsischen Defensiverfolg durch Alfred den Großen (878) setzte die inzwischen zum "Großen Heer" vereinigte Hauptmasse der Feinde im Sommer 879 nach Flandern über, verwüstete den gesamten Schelderaum und richtete sich in Gent als festem Ausgangspunkt auch für winterliche Überfälle ein. Die Konfrontation der westlichen und der östlichen Franken bei Saint-Quentin im Februar 880 spielte sich daher gewissermaßen unter den Augen der Wikinger ab und schlug nach der Einigung augenblicklich um in einen gemeinsamen Aufmarsch gegen die Nordmänner, wodurch eine beutebeladene Gruppe auf dem Rückweg zu ihren Schiffen bei Thimeon in der Nähe von Charleroi gestellt und unter Führung Ludwigs des Jüngeren bezwungen werden konnten. Die Aktion blieb indes einmalig, denn durchweg gingen die Teilkönige und Teilreiche zur Bekämpfung der Eindringlinge weiterhin getrennte Wege. In W-Franken zogen es beide Könige im Sommer 880 vor, gegen Hugo und Boso einzuschreiten, und überließen dem Erzkanzler Gauzlin ein Kontingent zur Verteidigung des N, mit dem er jedoch an der Schelde scheiterte. Neue schwere Verheerungen bis weit ins ungeschützte Landesinnere waren die Folge und bewogen 881 König Ludwig III. zu einer eigenen Anstrengung: Bei Saucourt unweit der Somme-Mündung führte er Anfang August gegen ein größeres Normannenheer einen Überraschungsschlag, bei dem er sich auch durch persönliche Tapferkeit auszeichnete. Der Erfolg war alles andere als kriegsentscheidend, doch zeigt seine zeitgenössische Verherrlichung im volkssprachigen Ludwigslied was mit beherztem Vorgehen gegen die beutegierigen Heiden an königlichem Prestige zu gewinnen war.
    Am 5.8.882 kam der junge, unvermählte König infolge eines Unfalls, den er in Tours erlitt, wie berichtet wird, bei der scherzhaften Verfolgung einer Adelstochter zu Tode.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 66,67,75 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 15,20,61 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 23,25,86 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 262 - Fried Johannes: König Ludwig der Jüngere in seiner Zeit. Zum 1100. Todestag des Königs. Vortrag, gehalten in Lorsch am 18. November 1982 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 21,28,29,35,61,90-92,208,221-225,227,229,230-237 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 57 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,252,360 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 159,171,173-178,180,182,225 -


  6. 14.  von Frankreich, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (4.Ludwig2, 1.Karl1) wurde geboren in 866; gestorben am 12 Dez 884; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-884, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Karlmann König von Frankreich (879-884)
    866-12.12.884 Begraben: St-Denis

    Jüngerer Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 997

    Karlmann, westfränkischer König 879-884
    + 6./12. Dezember 884 Begraben: St-Denis

    Beim Tode Ludwigs des Stammlers stellte sich die Frage der legitimen Nachfolge: Gegen Ludwigs Söhne aus erster, auf Geheiß des Vaters später gelöster Ehe mit Ansgard, Ludwig und Karlmann, lud eine Partei um den Kanzler, Abt Gauzlin, den ostfränkischen König Ludwig den Jüngeren ein, die Herrschaft im Westen zu übernehmen, während Erzbischof Hinkmar von Reims und der Laien-Abt Hugo nach erfolgreichen Verhandlungen mit Ludwig in Verdun die Nachfolge der Königssöhne durchsetzen konnte, die im September 879 in Ferrieres von Erzbischof Ansegis von Sens gesalbt wurden. Ein zweiter Einfall Ludwigs des Jüngeren wurde mit dem Verzicht auf Lotharingien im Vertrag von Ribemont im Februar 880 abgewehrt. Auf Drängen Gauzlins teilten die Brüder im März 880 in Amiens das Reich: Der ältere Ludwig erhielt den Norden, Karlmann, der mit einer Tochter Bosos verlobt war, den Süden (Burgund, Aqitanien und Gotien). In der Folgezeit gab es aber immer wieder gemeinsame Aktionen. Nach der Abwehr der ostfränkischen Ansprüche war die Regierungszeit Ludwigs und Karlmanns durch zwei Gefahren bedroht: durch die Normannen im N-Teil sowie durch Usurpatoren, im Reich Karlmanns vor allen den Grafen Boso von der Provence, der sich am 15. Oktober 879 zum König krönen ließ und trotz mancher Bemühungen nicht bezwungen werden konnte. Nach dem Tode Ludwigs am 5. August 882 wurde Karlmann in einer förmlichen Erhebung am 9. September 882 in Quierzy König im gesamten W-Reich. Karlmanns letzte Regierungsjahre sind durch - letztlich erfolglose - Kämpfe gegen die in N-Frankreich wütenden Normannen geprägt, die er schließlich gegen Zahlung eines hohen Tributs, der vor allem die Kirchen belastete, zum Abzug überreden konnte, die nach seinem Tod jedoch zurückkehrten. Der durch einen Jagdunfall verursachte Tod des erst 18-jährigen Königs machte den Weg frei für die letzte Wiedervereinigung des gesamtfränkischen Reiches unter KARL III. Die kurze Regierungszeit des jugendlichen Königs fiel in eine für die Entwicklung des fränkischen Reiches symptomatischen Umbruchperiode.

    Urkunden:
    Recueil des actes de Louis II le Begue, Louis III et Carloman II, rois de France (877-884), ed. R.-H. Bautier u.a., 1978 -

    Literatur:
    Dümmler ²3, 88ff. u.ö. - K. F. Werner, Gauzlin v. St. Denis und die westfrk. Reichsteilung von Amiens (März 880), DA 35, 1979, 395-462. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 33-34

    Zur effektiven Aufteilung des W-Reichs zwischen den beiden Brüdern Ludwig III. und Karlmann zu Amiens im März 880 vgl. Werner, KdG 1,140. Zur Verlobung Karlmanns bietet Brandenburg nicht hier (B. V,23), wohl aber B VI,5 die richtigen Angaben.
    Zum Todesdatum vgl. Ann.Bert. 878, ed. Grat 228f. Neben Engelberga kann auch eine andere Tochter Bosos unbekannten Namens als Verlobte Karlmanns in Betracht kommen, siehe unten Anmerkung zu VI,10.

    Karlmann wurde durch die Intrigen einer Adelsgruppe zum Mitkönig seines Bruders Ludwigs III. erhoben. Nach dessen Tode am 5.8.882 vereinigte er das W-Reich in seiner Hand und trat am 9.9. in Quierzy die Herrschaft an. Er besaß gute Herrscheranlagen und wurde wie vorher sein Bruder vom berühmten Abt Hugo von Tours gelenkt. Er starb durch einen Jagdunfall. Nach Karlmanns Tode boten die Großen des Landes dem ostfränkischen König KARL III. DEM DICKEN auch die westfränkische Krone an.

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Gegner der erzwungenen Reichsteilung von 880 atmeten auf, darunter der alte Hinkmar von Reims, der für den neuen König sogleich seine Schrift über Hofordnung und Reichsverwaltung unter KARL DEM GROSSEN in Erinnerung an die Zeit "der Größe und der Einheit des Reiches" anfertigte. Die Gruppe um Gauzlin von Saint-Denis dagegen, die auf Ludwig III. gesetzt hatte und in der kurz zuvor an die Stelle des verstorbenen WELFEN Konrad als Graf von Paris Odo, der herangewachsene Sohn Roberts des Tapferen, getreten war, mußte einen merklichen Rückschlag im Wettstreit mit dem bei Karlmann dominierenden Hugo dem Abt hinnehmen, wußte sich aber doch insoweit zu behaupten, dass Gauzlin 884 zum Bischof von Paris aufstieg. Ohnehin verschaffte sich unter Karlmann die Normanneplage im Westen immer wieder den Vorrang vor den inneren Positionskämpfen, da nach der Übereinkunft mit KARL III. in Asselt bloß ein Teil des feindlichen Heeres unter Gottfried im Gebiet der Rheinmündung Fuß faßte, ein weiterer mit dem Anführer Siegfried jedoch vom Hennegau bis tief in die Champagne ausschwärmte und neben anderen auch Erzbischof Hinkmar zur Flucht aus Reims trieb, auf der er am 21./23.12.882 in Epernay gestorben ist. Gegen immer neue Plünderungen im gesamten Norden W-Frankens half schließlich 884 nach gemeinsamen Entschluß der Großen nur wieder ein horrender Tribut, den vornehmlich die Kirchen und ihre Schatzkammern aufzubringen hatten.
    Um den rundum in die Defensive geratenen, teilweise bereits schrumpfenden Reichsgefüge neue Thronkämpfe zu ersparen und wieder eine längerfristige Perspektive zu eröffnen, griffen die beiden regierenden KAROLINGER den schon früher von Hinkmar zur Sprache gebrachten Gedanken an eine feste Rechtsbeziehung zwischen der östlichen und der westlichen Linie ihres Hauses auf, indem zu einem unbekannten Zeitpunkt, wohl 883/84, der kinderlose KARL III. den vaterlosen Karlmann adoptierte, also zum künftigen Erben des Gesamtreiches einsetzte. Die damit verbundene Erwartung, der junge westfränkische König werde den 27 Jahre älteren, vielleicht bereits kränkelnden Kaiser überleben, erfüllte sich indes nicht, denn in abermaliger Steigerung des Verhängnisses kam Karlmann am 6.12.884 durch ein Unglück auf der Jagd zu Tode und mußte, 18-jährig bei seinem Bruder Ludwig III. in Saint-Denis begraben werden.

    Mühlbacher Engelbert: Seite 397, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Um das Maß voll zu machen, wurde der junge König noch durch einen frühzeitigen Tod hinweggerafft. König Karlmann wurde auf der Jagd schwer am Bein verwundet, wie es anfangs hieß, durch einen Eber, wie später verlautete, durch unseligen Zufall von einem Jagdgenossen, und erlag nach sechs Tagen, am 12. Dezember 884, kaum 18 Jahre alt, der Verletzung.

    11.9.878 oo 1. Engelberga, Tochter Herzog Bosos von Provence , 877- nach 1. 917

    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 229 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 90,115,122,128,133,144-147,182, 201,209-211,230-234 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16,20,61 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 17,23,25,86 - Fried Johannes: König Ludwig der Jüngere in seiner Zeit. Zum 1100. Todestag des Königs. Vortrag, gehalten in Lorsch am 18. November 1982 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seitze 162 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 21,28,29,35,61,85,90-92,95,208,221,223-225,227,229,230-237,244 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion Seite 397 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,252,254 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 159,171,173-178,180-183,185 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 68,69 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 78,80 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 444 -

    Karlmann heiratete von Provence, Engelberga am 11 Sep 878. Engelberga wurde geboren in 877; gestorben nach Jan 917. [Familienblatt] [Familientafel]


  7. 15.  von Frankreich, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (4.Ludwig2, 1.Karl1) wurde geboren um 875.

    Notizen:

    Ermentrud Gräfin von Hennegau
    um 875-
    Einzige Tochter des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid, Tochter von Graf Adalhard von Paris

    Werner Karl Ferdinand: Seite 457, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 37
    Mit Recht betont Brandenburg B V,25 die Authentizität der Nachrichten über Ermentrud, die Schwester Karls des Einfältigen, und ihre Nachkommen aus der Ehe mit einem uns unbekannten Gatten, siehe unten VI, 36; VII, 63.

    Hlawitschka Eduard: Seite 177,227, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Nun hat aber auch H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (1941) Seite 10f., ältere Vermutungen erhärtet, daß nämlich Reginar vor seiner Ehe mit Albrada, aus der Herzog Giselbert von Lothringen und sein Bruder Reginar II. stammten, mit Ermentrude, einer Tochter König Ludwigs des Stammlers und Schwester Karls des Einfältigen, verheiratet war. Zugkräftigstes Argument ist dabei die Wiederkehr der Namen Giselbert und Reginar bei den Enkeln und Urenkeln jener Ermentrude. Eine solche Nahehe am Ende des 9. Jahrhunderts wäre zwar nicht unvorstellbar, doch sie ist - innerhalb der für das 9. Jahrhundert so allgemein bekannten genealogischen Zusammenhänge - auch nicht gerade wahrscheinlich ist. Die Quellen, die Karl den Einfältigen und Reginar I. nebeneinander nennen, bezeichnen sie jedenfalls nicht als Schwäger. Man wird einen anderen Zusammenhang vermuten dürfen. Da nämlich Giselbert vom Maasgau selbst einen Bruder Reginar gehabt zu haben scheint (C. Knetsch, a.a.O. Seite 12), der von 864-870 als Graf und Laienabt von Echternach erscheint, könnte es ebensogut sein, daß Ermentrud mit einem Sohn dieses älteren Reginar verheiratet gewesen ist, daß also das auffällige Namengut durch jenen in die Nachkommenschaft Ermentruds vermittelt wurde. Karl der Einfältige und Reginar I. scheinen also nur im weiteren Sinne miteinander verschwägert gewesen zu sein.
    Daß die zweite Gemahlin, Adelheid, 879 zum ersten Mal schwanger war, was für eine noch nicht lange bestehende Ehe spreche, ist gewiß nicht zutreffend, da Karl der Einfältige, Ludwigs des Stammlers Sohn, gemäß dem Zeugnis des um 950 schreibenden Witger (MG SS IX Seite 393) noch eine Vollschwester (ex Adelheidis regina) namens Irmintrud hatte; und diese Irmintrud ist auch durch Genealogien, die die Abstammung der Kaiserin Kunigunde (Gemahlin HEINRICHS II.) von den KAROLINGERN nachweisen (MG SS II Seite 314) gesichert.

    oo ? Reginar I. Langhals - 915
    Kinder:
    - Kunigunde
    1. oo Wigerich Pfalzgraf von Lothringen - um 912
    um 920 2. oo Richwin Graf von Verdun -15.11.924 ermordet

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 69,70, 92,116,138,146 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 177,227 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 457 -

    Familie/Ehepartner: N.. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 22. von Verdun, Kunigunde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 890/895; gestorben nach 923.

  8. 16.  von Frankreich, Karl III.von Frankreich, Karl III. Graphische Anzeige der Nachkommen (4.Ludwig2, 1.Karl1) wurde geboren am 17 Sep 879; gestorben am 7 Okt 929 in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 893-929, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie Karl III.

    westfränkischer König, * 17.9.879, † 7.10.929 Péronne, ⚰ Péronne, Saint-Fursy.

    Der nach dem Tode des Vaters geborene Karolingersproß erhielt den Namen des kaiserlichen Großvaters Karl des Kahlen. Der damit bekundete Legitimitätsanspruch galt jedoch als zweifelhaft, denn Ludwig der Stammler hatte sich nach der Trennung von seiner|1. Gemahlin Ansgard (der Mutter Ludwigs III. u. Karlmanns) zu deren Lebzeiten mit Adelheid vermählt. Von eigener Regierungsfähigkeit ohnehin noch weit entfernt, wurde K. daher 879 und 884 bei der Regelung der westfränkischen Erbfolge übergangen. Auch nach dem Tode des Kaisers Karl III. (888), als die Nachfolge abermals offen war, verlautet nichts von Bemühungen um eine Erhebung K., vielmehr setzte sich, mit nachträglicher Anerkennung durch den ostfränkischen Karolinger Arnulf, der Robertiner Odo von Paris als westfränkischer König durch. Dieser betrieb eine robuste Ämter-, Besitz- und Familienpolitik, rief damit aber eine vielfältige Gegnerschaft auf den Plan, deren Programm die Rückkehr zur karolingischen Legitimität wurde. EB Fulko von Reims und Graf Heribert I. von Soissons ergriffen die Führung und riefen K. zum König aus; am 28.1.893 wurde er in Reims von Fulko gekrönt. Weitere Großvasallen schlossen sich ihm an, König Arnulf nahm K. durch Fulkos Vermittlung im Mai 894 in Worms auf und erkannte ihn durch Belehnung an, aber im Kampf mit Odo geriet K. bald in hoffnungslose Unterlegenheit, so daß er zeitweilig gar ein Bündnis mit den Normannen erwog. Nachdem Arnulf im Mai 895, wiederum in Worms, Odo empfangen hatte, bedeutete es nicht mehr viel, daß Arnulfs eben in Lotharingien eingesetzter Sohn Zwentibold im Sommer des gleichen Jahres für K. in einen Kampf um Laon eingriff; er mußte bald wieder abziehen. K. Anhänger wandten sich wieder Odo zu – auch Heribert, der 896 die Grafschaft Vermandois gewann († 900/07), schließlich auch Fulko von Reims – so daß K. nach Lotharingien ausweichen mußte, wo er sich, etwa im Februar 896 und wieder in Begleitung Fulkos, in dem Vogesenkloster Remiremont mit dem italischen Kaiser Lambert und dem burgundischen König Rudolf I. traf und dann wieder am 25.7.896 in Gondreville (bei Toul) urkundete. Offensichtlich abermals durch Fulkos Vermittlung kam 897 ein Ausgleich zustande, indem K. sich bei Odo einfand und ihn als König anerkannte; er wurde dafür mit „einem Teil des väterlichen regnum “ ausgestattet – hier ist an den Reimser Raum, etwa Laon zu denken, um das sich im 10. Jahrhundert der karolingische Besitz gruppierte – und von Odo, der keinen Sohn hatte, zum Nachfolger designiert.

    Nach dem Tode Odos (1.1.898) wurde K. in der Tat auf einer Reichsversammlung in Reims mit allgemeiner Zustimmung zum König erhoben. Die bis dahin, soweit sich nach dem Überlieferungsstande urteilen läßt, sehr spärliche Urkundenausstellung wird jetzt kontinuierlich, mit doppelter Zählung der Königsjahre: von 893 und, mit dem Vermerk redintegrante, von 898 an. Neben im ganzen 110 bekannten Diplomen K. sind 13 Deperdita ermittelt worden. K. Erzkanzler – wenn auch nur gelegentlich mit dem ausdrücklichen Titel archicancellarius – wurde zunächst EB Fulko von Reims, unter dem der aus dem Dienste Odos übernommene Notar Herivaeus das Urkundengeschäft besorgte. Dieser folgte 900 auf Fulko als Erzbischof, während die nominelle Leitung der Kanzlei dem Bischof Ascherik von Paris und erst nach dessen Tod (910) dem EB Herivaeus zufiel.

    Es verwundert, daß die Robertiner selber 897/98 die Hand zur erneuten karolingischen Restauration liehen, denn der söhnelose Odo hatte einen sehr aktiven Bruder Robert, den er mit seinen bisherigen Grafschaften ausgestattet und als marchio in Neustrien eingesetzt hatte. Man darf ihnen vielleicht die Berechnung unterstellen, daß die Abschirmung durch ein sozusagen neutrales Königtum den weiteren Ausbau ihrer Hausmacht in Rivalität mit den anderen Magnaten eher erleichtern würde. Jedenfalls nahm K. es hin, daß das bedeutende weltliche und geistliche Königsgut des Pariser Raumes nicht etwa ihm selber heimfiel, sondern an Robert überging. K. duldete und sanktionierte in solcher Weise die – vorerst freilich noch fluktuierende – Ausformung starker Mittelgewalten, der großen französischen Lehnsfürstentümer. Unmittelbare Hoheit über die Grafen und die Bischofskirchen behielt der karolingische König nur in der östlichen Francia zwischen Seine und Maas. Diese Schrumpfung der Königsgewalt war jedoch mit einer relativen Stabilisierung verbunden, durch die K. einen allmählich bedeutender werdenden Aktionsspielraum gewann. Seine besondere Aufmerksamkeit richtete sich sogleich auf Lotharingien. Schon 898 folgte er einer Aufforderung des Haspen- und Hennegaugrafen Reginar und anderer mit Zwentibold überworfener Großen: er drang über Aachen bis Nimwegen vor, traf in der Gegend von Prüm auf Zwentibold, zog aber ohne Kampf wieder ab. Eine Zusammenkunft in Sankt Goar, an der – in Abwesenheit Zwentibolds – auch Beauftragte K. teilnahmen, stellte 899 den Frieden wieder her, bereitete aber auch den Rückfall Lotharingiens an Ostfranken vor, der im Jahre darauf realisiert wurde; K. Griff nach der Stammheimat seiner Dynastie war mißlungen.

    Über das nächste Jahrzehnt sind wir im einzelnen wenig unterrichtet. Die Urkunden|weisen den König weiterhin im nördlichen Westfranken nach und vermitteln den Gesamteindruck relativer Stetigkeit. Die Geschicke des Westreiches blieben noch immer von der Wikingerfrage überschattet, doch sind als markante Ereignisse nur ein Überfall auf Tours (903) und ein Raubzug nach Burgund (910) bekannt. Mit der gebotenen Vorsicht darf aus dem Mangel an sonstigen Nachrichten und aus dem folgenden Geschehen auf eine gewisse Beruhigung, auf eine Konsolidierung der Abwehr geschlossen werden, aber ein persönlicher Anteil K. läßt sich dabei nicht ausmachen. Dann aber brachte das Jahr 911 einschneidende Wendungen. Ein großes Aufgebot westfränkischer Fürsten – von K. selber ist auch jetzt nicht die Rede – entsetzte die von den Seine-Normannen bedrängte Stadt Chartres und brachte ihnen schwere Verluste bei. Ihr Anführer Rollo fand sich nun bereit, die Taufe zu nehmen und seine Herrschaft mitsamt der normannischen Landnahme durch den Eintritt in den fränkischen Reichsverband legalisieren zu lassen. Mit K. ging er (ungesicherter, aber nicht schlechthin unglaubwürdiger späterer Tradition zufolge in Saint-Clair-sur-Epte) ein „Bündnis“ ein und übernahm als Graf von Rouen den Schutz der nördlichen Reichslande. Für Westfranken war damit das Zeitalter der Wikingereinfälle zu Ende, war der Grund gelegt zu einem neuen künftigen Lehnsfürstentum. Noch stärkere unmittelbare Tragweite kam dem Umschwung zu, der sich gleichzeitig in Lotharingien einspielte. Seit der Rückgliederung dieses Landes an Ostfranken (900) hatte hier ein leidliches Einvernehmen zwischen Reginar als dem mächtigsten einheimischen Magnaten und dem von der karolingischen Regierung Ludwigs des Kindes bestellten konradinischen Amtsherzog Gebhard vorgehalten. Dieser aber war 910 im Ungarnkampf gefallen, und Reginars Verhältnis zu dem weiterhin konradinisch beeinflußten ostfränkischen Königshof scheint sich dann sehr zugespitzt zu haben. Vielleicht schon im Sommer 911, jedenfalls aber als sich nach dem Tode Ludwigs des Kindes und dem Aussterben der östlichen Karolingerlinie (24.9.911) die Königswahl des Konradiners Konrad I. abzeichnete (die dann gegen den 10.11. in Forchheim erfolgte), wiederholte der lotharingische Adel, fraglos wieder unter der Führung Reginars, den Schritt von 898 und rief K. ins Land. Zum 1.11.911 läßt eine beiläufige annalistische Notiz die Herrschaft des westlichen – nunmehr einzigen – Karolingers in den Ländern um Maas und Mosel beginnen.

    Ob bei dieser Schwenkung Reginars und seiner Anhänger tatsächlich oder nur scheinbar ein karolingischer Legitimismus im Spiel war, steht dahin, K. selber aber berief sich mit Nachdruck auf sein Erbrecht an dem fränkisch-karolingischen Kernland um Metz und Aachen. Vom 20.12.911 an begegnet in seinen Urkunden als drittes Datierungselement die Zählung largiore hereditate indepta, und während die karolingischen Teilkönige sich seit langem mit der einfachen Bezeichnung rex begnügt hatten, griff K. nunmehr, wenn auch noch nicht regelmäßig, auf den alten vollen Titel rex Francorum zurück, den seine Nachfolger dann beibehalten haben. Dieser Kanzleistil hat auf seine Art dazu beigetragen, daß der Frankenname endgültig mit dem Westreich verbunden geblieben ist.

    Am 1.1.912 urkundete K. in Metz. In Lotharingien, vor allem in altkarolingischen Pfalzen wie Diedenhofen und Herstal, nahm er seither oft, sogar mit Vorzug, Residenz; er ist 912, 913, 915, 916, 919 jeweils für längere Zeit im Lande nachzuweisen. Für Konrad I. bedeutete der Verlust der Maas- und Mosellande über den politischen Rückschlag hinaus eine schwere Einbuße an Besitz- und Machtpositionen seiner Familie, aber nach 3 erfolglosen Vorstößen über den Rhein (912 u. 913) mußte er sich mit der veränderten Lage abfinden. Dem Grafen Reginar gewährte K. den Rang eines marchio und erkannte ihn somit als einen seiner großen Lehnsfürsten an. Aber auch Reginars Widersacher, EB Ratbod von Trier, zog er als Erzkapellan an sich und räumte ihm das Vorrecht ein, neben der weiterhin dem Reimser EB Herivaeus unterstehenden Königskanzlei als archicancellarius die lotharingische Sonderkanzlei fortzuführen, die bis in die Zeiten Zwentibolds zurückreichte und sich auch unter Ludwig dem Kinde behauptet hatte. Diese relative Harmonie und Stabilität hielt jedoch nicht vor. Unverkennbar gedachte K. Lotharingien zu jener Bastion direkter Königsherrschaft auszubauen, die ihm im Westreich fehlte, um sich stärker als bisher gegen die Lehnsfürsten durchzusetzen. Ratbod und Reginar starben 915. Der neue EB Ruotger von Trier behielt den Titel des summus concellarius, aber das Urkundengeschäft blieb, ohne Trierer Sonderkanzlei, auf die Königskanzlei konzentriert. Dem Sohn Reginars, Giselbert, verweigerte K. die Fortsetzung oder gar Ausweitung einer herzoglichen Gewalt. Statt dessen begegnet in K. Umgebung seit dieser Zeit ein lotharingischer fidelis namens Hagano, vielleicht ein Verwandter der Königin Frederun, aber nicht selber fürstlichen Ranges, dessen Erhebung zum Grafen, dessen steigender Einfluß als Berater des Königs den Zorn des lotharingischen und erst recht des westfränkischen Hochadels wachrief. Überdies verschoben sich die bisherigen Spannungen und Beziehungen 918/19 durch den Tod Konrads I. und den Übergang der ostfränkischen Königswürde an den sächsischen Liudolfinger Heinrich I., der, anders als die Konradiner, in keiner Weise mit der lotharingischen Aristokratie unter der Führung Giselberts verfeindet war.

    Der Gegensatz führte dazu, daß K. 919 durch einen Spruch des Hofgerichts die Abtei Maastricht Giselbert entzog und sie dem getreuen EB Ruotger von Trier übertrug, der seither allein als Erzkanzler K. genannt wird. Der Unmut über Hagano, dessen Entlassung K. auf einer Reichsversammlung in Soissons verweigerte, löste dann 920 einen allgemeinen Abfall von K. aus; Giselbert ließ sich von lotharingischen Anhängern bereits zum selbständigen princeps ausrufen. Doch ging die Krise vorüber, indem EB Herivaeus von Reims K. in seinen Schutz nahm und nach 7 Monaten einen Ausgleich zustande brachte. Auch bei einer Machtprobe um die Besetzung des Bistums Lüttich vermochte K. 920/21 seinen Kandidaten gegen die Pläne Giselberts durchzusetzen. Dieser Streit zog weite Kreise: Papst Johann X. erklärte in einem Schreiben (das dann, losgelöst vom Anlaß, als Ausdruck frühmittelalterlichen Rechtsdenkens Berühmtheit gewonnen hat), niemanden als dem König (das heißt nicht etwa einem Herzog) stehe die Vergabe eines Bistums zu. Dieses Schreiben war an den EB Hermann I. von Köln gerichtet, der auf Geheiß Heinrichs I. als Metropolit den Lütticher Kandidaten Giselberts geweiht hatte. Der neue ostfränkische König sächsischen Stammes hatte also im Zusammengehen mit Giselbert, in offenem Gegensatze zu K., in die lotharingischen Dinge eingegriffen – die Wiederherstellung des Ostfränkischen Reiches im alten Umfang zeichnet sich als sein politisches Ziel ab. K. dagegen, wieder fest im Sattel, wagte im September 920 einen Vorstoß in den Wormsgau, wohl in der Absicht, die linksrheinische Ausbuchtung Ostfrankens um Mainz in seine Herrschaft einzubeziehen, mußte aber ohne Erfolg wieder abziehen. Durch weitere Widerstände in Lotharingien behindert, vereinbarte er mit Heinrich I. einen Waffenstillstand bis zum Martinitag 921. Vor Ablauf dieser Frist trafen sich die beiden Könige auf einem Rheinschiff bei Bonn und schlossen am 7.11.921 einen (im Wortlaut erhaltenen) Vertrag, durch den der rex Francorum occidentalium und der rex Francorum orientalium mit stattlichem beiderseitigem Gefolge einander Anerkennung und Freundschaft zusagten. Auf weiteres Eingreifen in Lotharingien hatte Heinrich damit verzichtet.

    K. mochte glauben, nunmehr freie Hand zu haben. Er stattete Hagano mit dem karolingischen Hauskloster Chelles (bei Meaux) aus und entzog es seiner Tante Rothild, einer Tochter Karls des Kahlen. Hugo (der spätere Herzog von Francien), der Sohn Roberts von Neustrien und Schwiegersohn Rothilds, gab daraufhin das Signal zu einem allgemeinen Aufstand gegen K.; auch Giselbert beteiligte sich daran, doch hatte K. unter den Lotharienses noch die zuverlässigsten Getreuen. Robert wurde am 30.6.922 in Reims zum König erhoben und, wie vor Jahren sein Bruder Odo, vom EB Walter von Sens gekrönt. EB Herivaeus von Reims starb 3 Tage darauf. Es kam zu hin und her wogenden Kämpfen in Westfranken und Lotharingien. In einem Gefecht bei Soissons fand König Robert I. am 15.6.923 den Tod, aber K., der sich auch bei den Normannen und angeblich bei Heinrich um Hilfe bemüht hatte, wurde geschlagen. Seine Gegner riefen Rudolf von Burgund, den Sohn Richards und Schwiegersohn des gefallenen Robert, zum neuen König aus; er wurde am 23.7.923 in Soissons gekrönt, wiederum vom EB Walter von Sens. K., dessen letzte auf uns gekommene Urkunde vom 29.7.923 aus Compiègne datiert ist, wurde von dem Grafen Heribert II. von Vermandois zu Verhandlungen nach Saint-Quentin gelockt, gefangengenommen und nach Château-Thierry, im nächsten Jahre nach Péronne in Haft gegeben. Die Königin Eadgifu-Ogiva flüchtete mit ihrem Sohn Ludwig (IV.) nach England.

    Der Sturz K. beendete den letzten, ohnehin nur schwachen Anlauf zu karolingischer Hegemonialpolitik und machte den Weg frei für die Rückgliederung des gewissermaßen herrenlos gewordenen Lotharingien an Ostfranken, wie sie im Zusammenspiel Giselberts und Heinrichs I. 923/25 realisiert wurde und das Deutsche Reich des Mittelalters abgerundet hat. Auch als Stammvater einer neuen und letzten, nur noch westlichen Karolingerlinie steht K. an einer Wegscheide französischer und deutscher Geschichte, aber der nicht eben ruhmvolle Ausgang seiner Herrschaft und Regierung scheint sein Andenken in seltsamer Weise belastet zu haben. Der Fortsetzer Reginos (Adalbert, um 960) nennt ihn einen vir hebetis ingenii, bei Thietmar von Merseburg (um 1010) heißt er gar ab incolis Karl Sot id est stolidus ironice dictus, kurz vor 1000 liest man in den Miracula s. Apri aus Toul erstmals a suis cognominatus simplex, was seither häufig belegt ist, möglicherweise aber ursprünglich soviel wie „schlicht, gutmütig“ bedeuten sollte, zumal Richer, gleichfalls kurz vor 1000, sich in solchem Sinne ausdrückt (ingenio bono simplicique). Die Bezeichnung „Charles le Simple, K. der Einfältige“ ist üblich geworden, wird in der Wissenschaft jedoch nur mit Vorbehalt verwandt.

    Genealogie-Mittelalter Karl III. der Einfältige

    König von Frankreich (893-929)
    17.9.879-7.10.929 Peronne Begraben: Kirche St-Fursy/Peronne

    Einziger und nachgeborener Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid, Tochter von Graf Adalhard

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 966, Karl III. der Einfältige, westfränkischer König 893/98-923

    * 17. September 879, + 7. Oktober 929 Peronne Begraben: St-Fursy/Peronne

    Als Postumus nach Ludwigs II. Tode aus dessen in ihrer Legitimität angefochtenen zweiten Ehe wurde Karl der Einfältige bei den Nachfolgeregelungen im westfränkischen Reich 879-888 übergangen. Gegen den robertinischen König Odo wählte eine Adelspartei um Erzbischof Fulco von Reims und Graf Heribert I. Karl den Einfältigen am 28. Januar 893 (Todestag KARLS DES GROSSEN) in Reims zum König. Trotz zeitweiliger Anerkennung durch ARNULF von Kärnten konnte sich Karl III. erst nach Odos Tod 898 durchsetzen. Die Herrschaftskontinuität blieb durch Übernahme von Odos Kanzler Heriveus gewahrt, aber Karl der Einfältige mußte eine erhebliche Schmälerung königlicher Macht hinnehmen. Wichtige königliche Güter waren an Odos Bruder, Robert von Neustrien, gelangt; in den regna übte Karl der Einfältige nur noch über Stellvertreter, vornehme Adlige, die als marchiones über die Grafschaften traten (Neustrien, Burgund, Aquitanien, Lotharingien), Herrschaft aus. In dieses, das Reich stabilisierende Miteinander von König und Fürsten konnte 911 auch ein Normannenverband unter Rollo integriert werden.
    Einen Ersatz für den Machtverlust schien Karl der Einfältige in Lotharingien, der karolingischen Stammlandschaft, zu finden. Nach erstem Scheitern 898 gelang 911, beim Tod des letzten ostfränkischen KAROLINGERS, Ludwig IV., die Eroberung, gesichert durch enge Bindungen zum lothringischen Adel. Als jetzt einziger karolingischer König griff Karl III. der Einfältige gezielt auf die legitimierende Kraft fränkischer Tradition zurück. Seite dem Erwerb Lotharingiens nannte er sich wie die frühen KAROLINGER in den Urkunden 'rex Francorum' und 'vir illuster' und ahmte Monogramm und Siegel KARLS DES GROSSEN und KARLS DES KAHLEN nach. Der übersteigerte Anspruch auf Herrschaft über alle Franken, wenn auch real auf die Francia zwischen Rhein und Seine reduziert, und die ezielte Förderung des Lothringers Hagano auf Kosten des hohen Adels lösten das konsensuale Miteinander von König und Fürstenauf. Selbst ein im Vertrag von Bonn 921 erzielter Ausgleich mit dem ostfränkischen König HEINRICH I. vermochte Karl nicht mehr in Franzien zu stützen. Der seit 920 ausbrechende Widerstand führte zur Königswahl Roberts (I.) von Neustrien (20. Juni 922). Auch Roberts Tod in der Schlacht von Soissons (15. Juni 923) rettete Karl den Einfältigen nicht mehr; nach der Krönung von Roberts Schwager Rudolf von Burgund (13. Juli 923) geriet Karl der Einfältige in Gefangenschaft Heriberts II. von Vermandois, in der er starb. Nur die Flucht seiner zweiten Gattin Edgiva mit dem Sohn Ludwig IV. nach England sicherte den Fortbestand der karolingischen Familie. Das Scheitern fand seinen Reflex in (späteren) Benennungen 'simplex' oder 'stultus'. Gleichwohl muß Karl der Einfältige als Bewahrer fränkisch-karolingischer Tradition für das westfränkisch-französische Königtum gelten.

    Literatur:
    HEG I, 735-745 - A. Eckel, Charles le Simple, 1899 - Recueil des actes de Charles III le Simple ..., ed. P. Lauer, 1940-1949 [dazu J. de Font-Reaulx, Ann. Univ. Grenoble, sect. lettr.-droit 19, 1943, 29-43] - E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der dt. Gesch., 1968 - H. Wolfram, Intitulatio II, 1973, 115ff. - B. Schneidmüller, Die 'Einfältigkeit' K.s III. v. Westfranken als frühma. Herrschertugend SchZG 28, 1978, 62-66 - Ders., Karol. Tradition und frühes frz. Kgtm., 1979, 121-138 - J. Ehlers, Die Anfänge der frz. Gesch., HZ 240, 1985, 1-44 - E. Freise, Die 'Genealogia Arnulfi comitis' des Priesters Witger, FMASt 23, 1989, 203-243 - K. F. Werner, Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000, 1989, 475ff. - NDB XI, 184-188. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 457, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 38
    Zu den Regierungsjahren Karls III. in seinen verschiedenen Teilreichen vgl. die Ausgabe seiner Urkunden durch Ph. Lauer, Recueil des actes de Charles III le Simple, roi de France, Paris 1940-1949, S. LXXXIVff.
    Von Karls erster Gemahlin wußte schon Brandenburg V,26, daß sie die Schwester Bischof Bovos von Chalons war. Wir verdanken K.A. Eckhardt, Genealogische Funde zur allgemeinden Geschichte ²1963, den meines Erachtens schlüssigen Nachweis, daß Friderun eine Tochter des Grafen Theodericus/Dietrich und eine Schwester der Mathilde war, der zweiten Gattin HEINRICHS I (ebd. 24-29), eine Erkenntnis, die auch für das Verständnis der politischen Geschichte zu Beginn des 10. Jahrhunderts von großer Bedeutung ist. Das Todesdatum der Friderun zitiert Eckhardt nach dem alten genealogischen Werk des Pere Anselme (ebd. 27); es ist uns in den Diplomen ihres Gemahls, Karls III., vielfach bezeugt, vgl. nr. 87, 917 II 14 als Terminus ante, nr. 94 für den Todestag, II 10. Das Datum der Eheschließung ergibt sich aus nr. 56, 907 IV 19 unmittelbar nach der Hochzeit ausgestellt. In ihrer zehnjährigen Ehe schenkte Frederun dem Gemahl sechs Töchter (siehe unten VI,41-46), aber keinen Nachfolger. Karls Sohn Ludwig IV. stammt aus Karls zweiter Ehe mit der angelsächsischen Prinzessin Eadgifu/Ogiva, und ebendarum konnte dieser sich mit Gerberga, der Tochter HEINRICHS I. und der Mathilde, ohne verbotenen Verwandtschaftsgrad vermählen, denn er war mit der ersten Gattin seines Vaters, Frederun, nicht blutsverwandt. - Zur Wegnahme von ND de Laon und des Fiskus Attigny, den Ogiva innehatte, weil er dem abgesetzten Gatten, Karl III., von König Rudolf als Alterssitz verliehen worden war, durch ihren Sohn Ludwig IV., als Ogiva 951 den Grafen Heribert heiratete, siehe Flodoard, Ann 951, Lauer 132.

    Da Karl III. beim Tode seines Bruders Karlmann erst 5 Jahre alt war, wählte der westfränkische Adel erst KARL III. DEN DICKEN und später den Grafen Odo von Paris zum König. 893 wurde Karl von einer adligen Gegenpartei unter Führung des Erzbischofs Fulko von Reims und Heriberts II. von Vermandois, der später ein erbitterter Gegner wurde, zum Gegenkönig erhoben und gekrönt. Nach dem Tode Odos (+ 1.1.898) wurde er allgemein als König anerkannt. Während seiner Regierung wurde auch in den fränkischen Kerngebieten zwischen Loire und Maas, in "Francien", die Entwicklung eigener Lehnsfürstentümer erkennbar. 911 einigte sich Karl im Vertrag von Saint-Clair-sur-Epte mit Rollo, dem Anführer einer Normannenschar, die sich im Gebiet der Seinemündung fest angesiedelt hatte. Rollo trat zum Christentum über und erklärte sich bereit, Vasall des Königs zu werden. Dafür wurden ihm mehrere Grafschaften im Gebiet von Rouen zugestanden, die den Kern des Herzogtums Normandie bildeten. Wenn auch nach 911 die Überfälle normannischer Scharen nicht sofort aufhörten, so leitete die Einigung mit Rollo doch das Ende der langen Periode ständiger, weitreichender Plünderungszüge der Normannen ein. Einen außenpolitischen Erfolg erzielte König Karl, als im Jahre 911 im ostfränkischen Reich mit Ludwig dem Kinde der dortige Zweig der KAROLINGER ausstarb und die Großen Lothringens den westfränkischen KAROLINGER Karl anerkannten. Karl führte seit diesem Jahr den Titel "Rex Francorum" (König der Franken), während er sich bisher wie die anderen fränkischen Könige seit 843 einfach "Rex" genannt hatte. Offensichtlich wollte Karl, der jetzt der einzige König aus karolingischen Geschlecht war, mit diesem vollen Titel seinen Anspruch auf Lothringen untermauern und zugleich wohl auch einen Vorrang gegenüber den anderen Herrschern im Bereich des ehemaligen großfränkischen Reiches zum Ausdruck bringen. Doch bereits 925 ging Lothringen an den deutschen König HEINRICH I. verloren. Bedenklich für die Position des Königs war vor allem die Tatsache, dass nicht nur die Herzogtümer Aquitanien und Burgund sowie andere Randgebiete wie Flandern und die Normandie seiner Kontrolle entglitten, sondern auch im Kerngebiet der karolingischen Macht, im neustrischen Gebiet zwischen Loire und Seine, Robert die Wirksamkeit des Königtums einengte. Im Jahre 922 erhob sich unter Führung Roberts von Neustrien eine starke Adelsfraktion gegen den König. Der Erzbischof von Sens krönte in Reims Robert zum König. In der entscheidenden Schlacht zwischen den beiden Königen am 15.6.923 bei Soissons siegten zwar die Aufständischen, doch ihr Führer, der Gegenkönig Robert, wurde getötet. Die revoltierende Adelsfraktion erhob nun Herzog Rudolf von Burgund zum König. Der Graf Heribert von Vermandois lockte Karl kurz darauf in eine Falle und Karl blieb bis zu seinem Tode in der Gefangenschaft des Grafen, der seinen Gefangenen als Druckmittel gegen König Rudolf von Burgund benutzte und ihn nach 6-jähriger Gefangenschaft umbrachte.

    Schneidmüller, Bernd: Seite 23-35, "Karl III. der Einfältige"

    in Ehlers/Müller/Schneidmüller "Die französischen Könige des Mittelalters"

    KARL III. ("DER EINFÄLTIGE") 893/98-923/29
    Karl III.
    geb. 17.9.879; + 7.10.929 Peronne Bestattung in St-Fursy/Peronne

    Eltern: König Ludwig II. "der Stammler" (877-879) und Adelheid
    Halbbrüder: König Ludwig III. (879-882) und König Karlmann (879-884)

    Eheschließungen und Kinder:

    1.) 907 Frederun, sächsische Adlige (+ 10.2.916/17)
    6 Töchter

    2. ) 917-919 Eadgifu/Otgiva, Tochter König Edwards I. von Wessex (zuletzt erwähnt 951 bei 2. Eheschließung mit Graf Heribert III. von Vermandois)

    1 Sohn (König Ludwig IV., geb. 920/21, König 936-954)

    28.1.893 Königswahl, Salbung und Krönung in Reims
    Januar 898 Nach dem Tod König Odos allgemeine Anerkennung als König im westfränkischen Reich, erster (erfolgloser) Eroberungszug nach Lotharingien
    911 Vertrag und Landzuweisung an die Normannen unter Rollo; Erwerb Lotharingiens
    seit 920/21 Spannungen im Verhältnis mit dem westfränkischen Adel
    7.11.921 Vertrag mit König HEINRICH I. von O-Franken bei Bonn
    922 Kämpfe mit dem westfränkischen Adel
    29.6.922 Wahl Roberts I. (von Neustrien) in Reims zum König
    15.6.923 Schlacht bei Soissons, Niederlage Karls III., Tod König Roberts I.
    13.7.923 Wahl Rudolfs von Burgund zum König
    Ende 923 (?) Gefangennahme Karls III. durch Graf Heribert II. von Vermandois, Einkerkerung in
    Chateau-Thierry. Flucht der Gattin und des Sohnes nach England
    928 Zeitweilige Freilassung. Erneute Einkerkerung in Peronne.

    Karl III. ("der Einfältige") ist vielleicht der einzige mittelalterliche Herrscher, der sein Königtum mehrfach gewann und verlor. Seine Regierungsjahre können darum kaum eindeutig angegeben werden, Zeichen für eine Herrschaft in Wandel und Krise, eine Herrschaft, der zwar lange Dauer, jedoch keine Selbstverständlichkeit beschieden war. Im Zerfall überkommener Legitimations-, Denk- und Handlungsmuster trat die wenn auch von den Umständen erzwungene Konzentration politischen Handelns auf den Westen und die Mitte des ehemaligen fränkischen Großreichs ebenso zutage wie das Festhalten an karolingischen Traditionen. Dass die fränkisch-karolingische Prägung dem mittelalterlichen Frankreich überliefert wurde, ist zu einem guten Teil Karls Königtum und Herrschaftsverständnis zuzurechnen, das darum nicht allein aus seinem schließlichen Scheitern zu begreifen ist.
    Den Nachgeborenen galt Karl als simplex, als einfältig (französisch "Charles le Simple"), und das hat sein Bild in der Geschichte geprägt. Doch die Handlungsspielräume des Königtums an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert waren begrenzt: In seiner durchaus stringent angelegten Politik blieb der karolingische König in einen rapiden Wandel eingebunden, der die politischen Gewichte noch weiter zugunsten des Adels verschob und zur hierarchischen Gliederung der aristokratischen Gesellschaft wie zur Neuformierung von Reich und Herrschaft führte. Hinzu traten der endgültige Zerfall der überlebten Einheit der fränkischen Volkes und Reiches wie die anhaltende Bedrohung durch Normannen und Ungarn. Bei dem Versuch einer Würdigung von Leben und Handeln Karls sind besonders diese Rahmenbedingungen zu bedenken. Aus ihnen lassen sich nämlich das konsequente Legitimationsdenken und die Betonung der karolingischen Tradition erklären.
    Legitimation der Herkunft

    Zweimal wurde Karl bei der Thronfolge im westfränkischen Reich übergangen, zweimal wurde er zum Herrscher erhoben, zweimal wurde ihn aus den Reihen des Adels ein "Gegen"-König gewählt, mindestens zweimal wurde Karl eingekerkert. Diese Hinweise markieren Turbulenzen in einem Herrscherleben, das von Anfang an nicht gewöhnlich verlief.
    Karl wurde erst nach dem Tod des Vaters geboren (daher der Beiname postumus, der Nachgeborene). Dass wir Karls Geburtstag, den 17. September 879, aus einer Erwähnung in einer Königsurkunde (vom 28. Mai 917 für St-Denis) kennen, ist eher eine Ausnahme in jener Zeit, für die der Todestag den Eintritt in die Ewigkeit und damit die eigentliche "Geburt" des Christen markierte.
    Karls Vater, der KAROLINGER Ludwig II. ("der Stammler"), starb am 10. April 879 in Compiegne, seine Nachfolge war schwierig. Seit Jahrzehnten schon besaßen mächtige Adelsverbände Anteil an der Herrschaft im westfränkischen Reich und entschieden folglich auch bei den Nachfolgeregelungen im Königtum mit. Nach der zeitweiligen Ausschaltung der mächtigen ROBERTINER 866 ragten zwei Gruppierungen hervor, die westfränkischen WELFEN unter Hugo Abbas und die RORGONIDEN unter Gauzlin. Diese beiden adligen Herren vereinigten mehrere Grafschaften und geistliche Herrschaftsrechte über Klöster und Bischofskirchen in ihren Händen.
    KARL II. ("DER KAHLE", 843-877), der Vater Ludwigs II., hatte seinem durch Krankheitsschübe wiederholt in den Regierungsgeschäften behinderten Sohn bewußt adlige Begleiter an die Seite gestellt. Sie gewannen erheblichen Einfluß auf Ludwigs kurzes Königtum (877-879) und entschieden über die Nachfolge, die durch zwei Ehen des Königs kompliziert war.
    Zur Anwendung kam das seit Jahrhunderten praktizierte Thronfolgerecht der merowingischen und karolingischen Könige, deren Reich unter alle in legitimer Ehe gezeugten regierungsfähigen Söhne aufgeteilt wurde. Legitimität der Ehe und Regierungsfähigkeit (Idoneität) der Söhne wurden aber 879 kontrovers diskutiert.
    Ludwig hatte nämlich seine erste Gattin Ansgard, die ihm die beiden Söhen Ludwig und Karlmann geboren hatte, auf Geheiß des Vaters verstoßen und in den 70-er Jahren des 9. Jahrhunderts zu Lebzeiten der ersten Gemahlin Karls Mutter Adelheid geheiratet, deren Herkunft aus einer bedeutenden Familie des westfränkischen Reiches inzwischen wahrscheinlich gemacht werden konnte.
    Nach kirchlichem Eherecht ergaben sich darum Probleme, da nur eine Eheschließung gültig und allein die Nachkommenschaft aus dieser Verbindung legitim sein konnte. 869 erst hatte das konsequente Beharren der westfränkischen Bischöfe auf diesem Prinzip zum Ende des Königtums im lotharingischen Mittelreich geführt, als König Lothar II. die Legitimität einer "zweiten" Ehe zu Lebzeiten der 1. Gemahlin nicht plausibel zu machen vermochte. In W-Franken entschied man 10 Jahre später nicht konsequent nach kirchenrechtlichen Kriterien, sondern pragmatisch, wenn auch keineswegs einhellig. Gauzlin als Haupt der RORGONIDEN suchte den Kontakt mit den ostfränkischen KAROLINGERN, Hugo Abbas als Haupt der WELFEN setzte schließlich im September 879 die Nachfolge der Söhne Ludwigs II. aus seiner ersten Verbindung mit Ansgard durch. Eine Teilung des westfränkischen Reichs unter Ludwig III. (879-882) und Karlmann (879-884) im März 880 in Amiens eröffnete die Möglichkeit einer Scheidung der welfischen und rorgonidischen Einflußzonen.
    Die Niederkunft Königin Adelheids mit Karl, dem man den Namen der berühmten karolingischen Kaiser gab, gewann keine Bedeutung, schien doch durch die Krönung der älteren Söhne ohnehin die Gültigkeit der zweiten Verbindung in Zweifel zu stehen. Der über 5 Monate nach dem Tod seines Vaters geborene Karl ging darum 879 ebenso leer aus wie bei der Nachfolge seiner früh verstorbenen Halbbrüder Ludwig III. und Karlmann 882 und 884.
    Auf Karl setzte eine westfränkische Adelspartei erst viele Jahre später, Zeugnis für die Relativität von Rechtsansprüchen angesichts politischer Zwänge. Karls Gegner mochten ihm seine "illegitime" Geburt als "Bastard" vorwerfen; spätere Genealogen betonten seine Herkunft aus der Verbindung seines Vaters mit einer "Königin", während die älteren Halbbrüder mit einer sogenannten Königin oder gar einer Konkubine gezeugt worden seien. So entschied die Geschichte schließlich über die Rechtmäßigkeit königlicher Herkunft, die dem Kind im Jahr der Geburt wie auch 884/85 bestritten worden war. Damals lud der westfränkische Adel wegen des "Fehlens" eines eigenen Königskandidaten den ostfränkischen KAROLINGER KARL III. ("DEN DICKEN"), gestorben 888), zur Übernahme der Herrschaft im Westen ein.
    Das fränkische Großreich war so fast vollständig wieder unter einem Kaiser vereint. Seine Regierungszeit legte angesichts äußerer Gefahren und mangelnder Integrationsfähigkeit der zunehmend selbständig werdenden Teile freilich die Grenzen politischer Raumerfassung und effektiver Herrschaft schonungslos bloß. Das wiederholte Versagen des kranken Kaisers bei der Normannenabwehr machte den Zeitgenossen die Notwendigkeit einer Regionalisierung der Reichsverteidigung auf die Fürstentümer deutlich und prägte politische Legitimität um. Zum Königtum schien man nicht mehr allein durch bloße Geburt aus karolingischer Familie berechtigt zu sein, nötig war vielmehr effektives Regierungshandeln.
    Beim endgültigen Zerfall des fränkischen Großreichs 888, ausgelöst durch den "Staatsstreich" des illegitimen ostfränkischen KAROLINGERS ARNULF von Kärnten gegen seinen kaiserlichen Onkel KARL DEN DICKEN 887, erhoben adlige Herren der fränkischen Teilreiche mit Ausnahme O-Frankens Könige aus ihren Reichen, die ihre Tatkraft unter Beweis gestellt hatten und an Macht ihren Standesgenossen wenig überlegen waren. Wie schon 884/85 schien dem westfränkischen Adel der nunmahr 8-jährige Karl 887/88 den Herausforderungen des Königtums nicht gewachsen. Eine solche karolingische Kandidatur wurde ganz offensichtlich nicht diskutiert, wie überhaupt über Karls Schicksal in diesen Jahren der Kindheit nur Unsicheres bekannt ist. So setzte sich im ROBERTINER Odo (888-898) erstmals ein Nicht-KAROLINGER im westfränkischen Reich durch.
    Einen ernsthaften Gegner mochte Odo in Karl nicht erblickt haben, über dessen Verbleib wir 889 endlich sichere Kunde erhalten. Als Odo nämlich im Zuge der Festigung seines Königtums nach Aquitanien reiste, traf er dort Graf Ramnulf II. von Poitiers, an dessen Hof sich Karl aufhielt. Ramnulf schwor seinem neuen König Treue und sicherte ihm zu, dass er von dem Knaben nichts befürchten habe.

    Legitimation der Königswahl

    Das unglückliche Verhalten Odos bei der Normannabwehr, sein Versuch, auf Kosten adliger Interessen die königliche Stellung in Aquitanien auszuweiten, und die gezielte Beförderung seines Bruders Robert führten geistliche und adlige Herren zusammen, die dem robertinischen Königtum feindlich gegenüberstanden. Zu ihnen zählten neben Erzbischof Fulco von Reims die vor allem im NO der Francia begüterten Grafen Heribert und Pippin, selbst aus karolingischer Familie stammend, der ebensfalls mit dem karolingischen Haus verwandte Bischof Anskerik von Paris und die Söhne des Grafen Gauzlin von Maine. Auf einer Reimser Synode wählten sie am 28. Januar 893 den jetzt 13-jährigen Karl zum König. Die Situation war durchaus günstig, der Erhebungsakt sorgfältig inszeniert. Den jungen KAROLINGER setzte man auf den "väterlichen Thron", ein Akt, der Odos Königtum als Usurpation verwarf. Gezielt hatte man dafür den Todestag KARLS DES GROSSEN gewählt, den man fast überall im Frankenreich liturgisch feierte. Seinem gleichnamigen Ururgroßenkel sollte dieser Rückbezug legitimierende Kraft verleihen, und von daher gewinnt die wiederholt zu beobachtende Orientierung an karolingischen Vorbildern durch KARL III. bereits für den Erhebungsakt ihre Bedeutung. Durch Weihe und Krönung unterstrich Erzbischof Fulco von Reims zudem den Reimser Anspruch auf das 888 vom Erzbischof von Sens ausgeübte Recht, den westfränkischen König zu krönen.
    Ebenso rasch, wie der Reimser Oberhirte Anhänger für seinen Kandidaten zu gewinnen suchte, wollte die karolingische Partei die Entscheidung mit den Waffen erzwingen, doch vermochte sich Odo in Aquitanien zu behaupten und im Sommer sogar nach N vorzustossen. Da die kriegerischen Auseinandersetzungen nicht über die Rechtmäßigkeit des Königtums entschieden, propagierte Fulco mit diplomatischem Geschick das karolingische Erbrecht Karls in Briefen an Papst Formosus, an den ostfränkischen KAROLINGER König ARNULF und an den italienischen Kaiser WIDO.
    Odo und Karl erkannten durch wiederholte Hilfegesuche die Schiedsrichterrolle ARNULFS durchaus an und empfingen von ihm gerne bestätigende Zeichen ihrer Macht. Freilich ließ ARNULF, indem er zunächst Karl, dann Odo akzeptierte, letzte Konsequenz vermissen. Das wechselnde Kriegsglück begünstigte zwar Odo, ließ ihn aber nicht zum strahlenden Sieger werden. Die politische Ausweglosigkeit war jedenfalls nicht durch ostfränkische Parteinahmen zu überwinden, die allenfalls als zusätzliche Festigung der Ansprüche auf das Königtum seitens des KAROLINGERS oder des ROBERTINERS ins Feld geführt wurden. Deutlich tritt darum die zunehmende Autonomie des westfränkischen Reiches, seine endgültige Lösung aus dem fränkischen Großreichsverband zutage.
    Immerhin fand Karl in politisch auswegloser Lage Rückhalt im ehemaligen lotharingischen Mittelreich als der karolingischen Stammlandschaft schlechthin, demARNULF im Unterkönigtum seines Sohnes Zwentibolddie Eigenständigkeit bewahrt hatte. Damals kamen erste persönliche Bindungen zu Adelsverbänden zustande, die später für Karls Königtum bedeutsam werden sollten. Aus der Memorialüberlieferung des Klosters Remiremont wissen wir, dass sich dort im Februar 896 Karl III. und Fulco von Reims mit führende Herren anderer fränkischer Reiche trafen, darunter der italienische Kaiser LAMBERT von Spoleto und König Rudolf I. von Hochburgund.
    Doch solche Kontakte vermochten nicht zu vertuschen, dass Karl im westfränkischen Reich nicht über den nötigen Rückhalt verfügte, gegen Odo zunehmend in die Defensive geriet und seine letzten Anhänger mehr und mehr verlor. Um so erstaunlicher mutet ein Abkommen der beiden Rivalen über das Königtum von 897 an, in dem Odos Vorherrschaft zwar akzeptiert, Karl aber ein Landgebiet um Laon und vor allem die Aussicht auf die alleinige Königswürde nach Odos Tod zugewiesen wurde. Zu dieser Zeit besaß Odo keinen männlichen Nachkommen mehr, und sein Bruder, der marchio Robert von Neustrien, durfte sich anscheinend keine Hoffnung auf die Nachfolge im Königtum, wohl aber auf die Erbschaft der reichen robertinischen Güter und Rechte machen.
    Odo hielt sich an diese Abmachung und empfahl seinen Anhängern vor seinem Tod im Januar 898 Karl als König, der seinerseits die bestehende robertinische Macht im Reich akzeptierte. Der 5-jährige Streit um den westfränkischen Thron war damit zugunsten des Schwächeren entschieden, der den Erfolg sogleich zur Erweiterung der traditionsbezogenen Legitimität seiner Herrschaft nutzte.

    Legitimation der "Unordnung"

    Die Durchsetzung eines allgemein akzeptierten karolingischen Königtums in W-Franken konnte nicht über den tiefgreifenden Wandel königlicher Herrschaft hinwegtäuschen. Immer deutlicher trat im Laufe des 9. Jahrhunderts der adlige Anspruch auf Teilhabe an den Regierungsgeschäften hervor, immer klarer wurden die Möglichkeiten der Monarchie, auf alle Regionen des Reiches zuzugreifen, eingeschränkt. Karl III. hatte seine Königswahl einer Adelsgruppierung in N-Frankreich verdankt, und er erkaufte seine unangefochtene Herrschaft seit 898 schließlich mit der Anerkennung der Machtpositionen seines ärgsten Rivalen Robert vor allem in Neustrien, im Gebiet zwischen Seine und Loire. Schon König Odo hatte Roberts Stellung durch einen neuen Titel, den eines marchio (Markgrafen), zum Ausdruck gebracht, und Karl griff diese Würde in seinen Urkunden auf.
    Damit kam zum Ausdruck, dass in den einzelnen Landschaften des westfränkischen Reiches, in Neustrien zuerst, dann in Aquitanien und in Burgund, schließlich seit 911 in Lotharingien, Adlige über ihre gräfliche Standesgruppe hinaus - und in ein besonderes Verhältnis zum König eintraten. Der Herrscher wurde zwar im ganzen Reich von Flandern bis in den Pyrenäenraum formal als oberster Herr anerkannt, blieb aber in seiner wirklichen Herrschaft ganz auf sein Königsgut in der Francia, in N-Frankreich zwischen Loire oder Seine und der Reichsgrenze nach Osten, beschränkt. Den direkten Bezug sowohl zum größeren Teil seines Reiches als auch zur Masse des Adels in den verschiedenen regna des westfränkischen Reiches hatte der König verloren. Er herrschte nur noch in der Francia, nicht mehr in den anderen regna Burgund, Aquitanien, Gothien und Gascogne, zu denen noch die Bretagne, die Normandie und Flandern traten. Diese regna - der Begriff ist nur unvollkommen mit "Königreiche" zu übersetzen - bildeten bis ins hohe Mittelalter die Bausteine des westfränkischen Reiches und führten für Jahrzehnte, bisweilen für Jahrhunderte ein Eigenleben fern monarchischer Einflußnahme.
    Eine solche politische Realität an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert verleitete die ältere Geschichtsschreibung, die mit der Idee vom organisierten Lehnswesen mit festen Hierarchien und königlicher Spitze auf die staatliche Ordnung schaute, zur Feststellung einer "feudalen Anarchie", einer "Unordnung" im Staat auf Grund adliger Eigenexistenz. Wir wissen heute besser, dass gerade die Vielfalt adliger Herrschaft und ihre Akzeptanz durch den König wie auch die Schichtung der adligen Gesellschaft in marchiones (Markgrafen) und deren gräfliche Vasallen die öffentliche Ordnung bewahrten und stabilisierten. Freilich wurde diese Ordnung nicht von einer zentralen Königsgewalt, sondern nur vom Mit- und gelegentlich Gegeneinander königlicher und adliger Herrschaft gewährleistet.
    Karl akzeptierte die ohnehin eingetretene Über- und Unterordnung in der Adelsgesellschaft und brachte das in der Bezeichnung einzelner mächtiger Herrschaftsträger in den regna seines Reiches als marchiones zum Ausdruck, wobei der "Markgrafen"- noch lange mit dem Grafentitel(comes) konkurrierte (Robert von Neustrien, Wilhelm I. von Aquitanien, Richard von Burgund, nach 911 Reginar [Lotharingien]). Doch wird man sich hüten, hier sogleich ein grundlegend neues Verfassungssystem im Sinne eines Dualismus von König und marchiones zu erblicken; dafür sind unsere Quellen zu dürftig. Feststellen können wir allerdings das Bemühen von Königtum und Adel, dem eingetretenen Wandel der politischen Verhältnisse durch neue "Namen" und Verhaltensmuster Rechnung zu tragen.
    Der König hatte den größten Teil des älteren reichen karolingischen Krongutes eingebüßt und blieb auf bescheidene Ländereien in der Francia wie auch seine Herrschaftsrechte über Teile der Kirche beschänkt. Besonders häufig hielt sich Karl in Laon, Compiegne, Attigny, Verberie und Ponthion auf. Aber ihm verblieb sein monarchischer Anspruch als oberster Herr im Reich mit seinen regna und zunächst auch noch die Kraft, die vermeintliche "Unordnung" im Verfassungswandel mitzugestalten und damit zu legitimieren.
    Legitimation der Herrschaft

    Anfang 898 konnte Karl III. auf seinem Reimser Hoftag die allgemeine Anerkennung seines Königtums feiern. Von Odo hatte er dessen Kanzler Heriveus übernommen und damit die Kontinuität der Reichsverwaltung gewährleistet. In der Urkundenausstellung spiegelte sich in besonderem Maß das traditionsbezogene Selbstverständnis des karolingischen Herrschers, der sich in seinen Diplomen wiederholt auf berühmte karolingische Vorfahren wie Pippin, KARL DEM GROSSEN und LUDWIG DEN FROMMEN bezog. Sein Monogramm näherte sich dem KARLS DES GROSSEN und KARLS DES KAHLEN an, seine Regierungsjahre wurden seit 898 nicht nur von der Wahl von 893 an, sondern auch von der Wiedererlangung des allgemeinen Königtums im Januar 898 gezählt.
    Zur Durchsetzung im westfränkischen Reich trat sogleich der Versuch äußerer Expansion. Von seinem Verwandten, dem lotharingischen Grafen Reginar Langhals, gerufen, zog Karl 898 gegen König Zwentibold nach Aachen und Nimwegen, vermochte aber Lotharingien noch nicht unter seine Gewalt zu bringen. Dafür sicherte er seinen Einfluß auf den wichtigsten erzbischöflichen Sitz im westfränkischen Reich, als er nach der Ermordung Fulcos von Reims den Kanzler Heriveus als Nachfolger durchsetzen konnte, der ihm bis zum Tod (922) ergeben bieb. Die unter Heriveus' Vorsitz tagende Provinzialsynode in Trosly formulierte 909 nicht nur Reformideen in der Tradition der westfränkischen Synoden des 9. Jahrhundert, sondern forderte auch den Gehorsam gegenüber dem König, der wiederholt Herrschaftsrechte über Bischofskirchen geltend machte (zum Beispiel beim Streit um die Besetzung des Bistums Lüttich 920/21).
    Über Karls Herrschaft bis 911 ist wenig bekannt. Erst 907 heiratete der letzte westfränkische KAROLINGER-Sproß Frederun, eine Dame aus vornehmen sächsischen Adel (gestorben 10. Februar 916/17; verwandt mit der späteren ostfränkischen Königin Mathilde), die ihrem Mann 6 Töchter zur Welt brachte. Wie die Ereignisse im ostfränkischen Reich beim Tod des letzten KAROLINGERS Ludwig (dem Kind) 911 gezeigt hatten, bedeutete das Fehlen eines Thronfolgers eine ernste Bedrohung für Königtum und Familie; seit 911 war Karl schließlich der einzige verbliebene karolingischeHerrscher. Sprößlinge aus einer Verbindung mit einer Konkubine vermochten die Nachfolge im Königsamt nicht zu gewährleisten, und so mußte das königliche Haus alle Hoffnung auf die zwischen 917 und 919 geschlossene 2. Ehe des etwa 40-jährigen Königs mit der Angelsächsin Eadgifu/Otgiva setzen, der Tochter König Edwards I. von Wessex. Sie brachte 910/21 endlich den ersehnten Thronfolger Ludwig (IV). zur Welt, der seiner Familie nach allerlei Turbulenzen wenigstens noch für drei Generationen den westfränkischen Königsthron sicherte.
    In doppelter Hinsicht bildete das Jahr 911 den Höhepunkt von Karls Herrschaft, auch wenn sowohl die Chronologie als auch die Handlungsmotive der Beteiligten auf Grund der dürftigen Quellenüberlieferung vielfach im dunkeln blieben. Zum einen gelang Robert von Neustrien und Richard von Burgund im Bund mit dem Bischof von Chartres am 20. Juli 911 ein entscheidender Normannensieg, der von der späteren normannischen Tradition zum Wendepunkt der eigenen Volksgeschichte stilisiert wurde. Offenkundig überließ man damals einem normannischen Verband unter seinem Führer Rollo das Gebiet um Rouen und einige Gaue am rechten unteren Lauf der Seine in einem Vertrag auf Dauer, Basis für die Konsolidierung normannischer Siedlung, Christianisierung und Einbindung in den fränkischen Herrschaftsverband. Wie das Bündnis im einzelnen aussah, ob sich Karl mit Rollo traf, wo dies geschah (in St-Clair-sur-Epte?), ob Rollo vom ROBERTINER aus der Taufe gehoben wurde und dafür eine Königstochter als Belohnung erhielt, kann nicht der zeitgenössischen Überlieferung, sondern nur normannischen Traditionen des 11. Jahrhunderts entnommen werden und erfordern darum kritische Zurückhaltung. Unstrittig ist jedenfalls, dass die Abmachungen von 911 Aussichten auf die allmähliche Lösung der drückendsten Bedrohung des westfränkischen Reiches verhießen und dass der zunächst unbeteilgte König die Früchte dauerhafter Bemühungen vor allem seines robertinischen Lehnsmannes erntete.
    Wenig später fiel dem KAROLINGER ein zweites Geschenk zu, als sich ihm - wie schon 898 - Teile des lotharingischen Adels unter Graf Reginar Langhals zuwandten, um ihn als König ins Land zu rufen. Für die Beurteilung der Vorgänge wäre die genaue Kenntnis der Chronologie nötig, doch ist der Ablauf der Ereignisse leider nicht exakt zu rekonstruieren. Zu vermuten bleibe, dass die Adelsaktion zwar in Verbindung mit dem Tod des letzten ostfränkischen KAROLINGER-Königs Ludwig am 24. September 911 stehen könnte, jedoch schon vor der Königswahl des ersten Nicht-KAROLINGERS, KONRADS I., im November 911 in Forchheim stattfand. Der Entschluß wäre darum eher als "Königsverlassung" Ludwigs (des Kindes) denn als starre Orientierung an karolingischer Legitimität in der Opposition zu KONRAD I. zu bewerten, wie er in der älteren Forschung vielfach gesehen wurde; sie bescheinigte dem lotharingischen Adel unbedingte Treue zum karolingischen Haus.
    Karl jedenfalls trat seine lothringische Herrschaft dem Ausweis seiner eigenen Urkunden zufolge zwischen dem 10. Oktober und dem 27. November 911 an und begriff diese Erweiterung als Sieg des karolingischen Erbrechts. Schon in seiner ersten Urkunde für einen lotharingischen Empfänger vom 20. Dezember 911 äußerte sich das neuherrscherliche Selbstbewußtsein eindrucksvoll, wenn fortan zusätzlich zu den Herrschaftsjahren von der Wahl 893 und der Wiedererlangung 898 auch vom Antritt einer vergrößerten Erbschaft (larrgiore vero hereditate indepta) datiert wurde. Wie schon die ersten karolingischen Könige Pippin und KARL DER GROSSE führte Karl III. 911/12 zeitweise den altertümlichen Rangtitel vir inluster oder vir illustris. Traditionsbildend wurde der ebenfalls auf früh-karolingische Vorbilder zurückgehende Entschluß des Königs, sich den offiziellen Titel eines Königs der Franken, rex Francorum, zuzulegen. Obwohl in der Folge bisweilen noch der einfache Königstitel rex begegnet, bildet rex Francorum fortan den offiziellen Titel der westfränkisch-französischen Könige bis in die Neuzeit hinein, seit dem 13. Jahrhundert auch mit roi de France übersetzt. Damit sicherten sich der Westen des ehemaligen Großreichs und seine Herrscher den Anspruch auf die Fortführung und Bewahrung fränkischer Traditionen.
    Es ist umstritten, ob Karl seit Dezember 911 in seiner Intitulatio den Anspruch auf Herrschaft über alle Franken erhob oder ob der Titel Indiz für eine "Regionalisierung" der fränkischen Trdition auf den Raum zwischen Rhein und Loire ist. Für 911 scheint die erste Vermutung wahrscheinlicher, geschichtsmächtig wurde freilich später die Konzentration auf die Francia, jenes Landes zwischen Maas und Loire. Kaum in Lothringen angekommen (1. Januar 912 in Metz), suchte der KAROLINGER auch die Franken im Reich KONRADS I. unter seine Herrschaft zu bringen und in den Bahnen seiner karolingischen Vorfahren zu regieren. Damit hatte er freilich seine Kräfte überspannt und konnte die seit Jahrzehnten eingetretene Sonderung der fränkischen Reiche nicht ünberwinden. Immerhin gelang die Verteidigung der lotharingischen "Erbschaft" 912/13 gegen Feldzüge KONRADS I.
    Dem KAROLINGER war mit Lotharingien eine Landschaft zugefallen, die mit reichem Königsgut (vor allem die Pfalzen in Aachen, Diedenhofen und Herstal) ausgestattet war und fortan gleichberechtigt neben den Aktionsraum der Monarchie in der Francia trat. Die innere Konsolidierung gelang zunächst durch die Anerkennung einer Sonderrolle Reginars als marchio. Zudem griff Karl seit 913 auf die Tradition einer Sonderkanzlei unter Erzbischof Ratbod von Trier als Erzkanzler und Erzkaplan zurück, die zeitweise neben die westfränkische Kanzlei unter Erzbischof Heriveus von Reims trat. Als Reginar und Ratbod 915 starben, wurden Karls Pläne zur Integration seiner Herrschaftsgebiete in Franzien und Lotharingien deutlicher, indem die lotharingische mit der westfränkischen Kanzlei verschmolzen wurde. Beständigen Konfliktstoff gab fortan die Zurücksetzung von Reginars Sohn Giselbert, da dem König an einer Machtkonzentration in der Hand eines lotharingischen Adligen nicht gelegen sein konnte. 919 kam es zum offenen Bruch. Lotharingische Adlige wählten Giselbert zu ihrem Herrscher, ohne dass das regnum allerdings einen eigenständigen Weg zwischen O- und W-Franken gehen konnte. Später, nach Karls Sturz, sollte Giselbert den Anschluß Lotharingiens ans ostfränkische Reich HEINRICHS I. beteiben und dort endlich die Anerkennung als Herzog finden.
    Legitimation in der Krise

    Immerhin gelang bis 919/20 die Konsolidierung, vor allem durch die Abhaltung von Hoftagen, zu denen Karl die bedeutenden Adelsverbände zusammenrufen konnte. 920 machte sich die wachsenden Unzufriedenheit aber auf einem Hoftag in Soissons Luft, als man vom König die Trennung von seinem Vertrauten Hagano forderte. An Rang war er den Fürsten unterlegen, erfuhr aber gleichwohl die besondere Aufmerksamkeit und Förderung des KAROLINGERS. Dieses für die mittelalterliche Standesgesellschaft nicht untypische Ringen um Königsnähe, Einfluß bei Hof und Beachtung von Ritualen des öffentlichen Verkehrs sollte zum Anlaß von Karls Untergang werden. Freilich darf man diesen nicht aus dem bloßen Umgang mit einem "Günstling" deuten, sondern aus Verschiebungen im Miteinander von Königtum und Adel, aus der Behauptung adliger teilhabe an der Königsherrschaft einerseits und andererseits aus den offensiven Versuchen zur Schaffung einer autonomen monarchischen Sphäre bei Hof und im Reich, basierend auf den politischen Erfolgen Karls im zweiten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts.
    Äußere Ereignisse hielten die Entscheidung noch auf. Das Ende von KONRADS I. Königtum in O-Franken 918 und die Wahl des ersten nichtfränkischen Königs, des LIUDOLFINGERS HEINRICH I., 919 suchte Karl erneut für sein Konzept einer Herrschaft über alle Franken zu nutzen. Der Feldzug in den Wormsgau 920 mißlang allerdings vollkommen, eine bis zum 11. November 921 geschlossene Waffenruhe zwang zum Ausgleich mit dem neuen ostfränkischen König. Anfang November kamen die Könige mit illustrem Gefolge bei Bonn am Rhein zusammen, musterten sich von den Flußufern ausgiebig und trafen sich schließlich unter strenger Beachtung protokollarischer Gleichrangigkeit aam 7. November 921 auf einem Boot in der Flußmitte. Der dort ausgehandelte Freundschaftsbund, in einer westfränkischen Kanzleiausfertigung eher schlecht überliefert, gewährt uns wichtige Kunde von den Spielregeln politischer Öffentlichkeit, darüber hinaus aber auch, dass Karl III. das Königtum seines Amtskollegen als (fast?) gleichwertig anerkennen mußte. Dem Vertrag schlossen nämlich die Könige der W- und der O-Franken (rex Francorum orientalium und rex Francorum occidentalium), ein einmaliges Zeugnis dafür, dass der legitimationsbewußte KAROLINGER einen Sachsen an fränkischen Traditionen teilhaben lassen mußte.
    Immerhin hatte Karl im Bonner Vertrag seine O-Grenze gesichert und konnte nun ohne äußere Bedrohung den Kampf mit dem führenden Adel der Francia aufnehmen. Bis zum Sommer 921 hatte sich Robert von Neustrien als getreuer Gefolgsmann des Königs erwiesen, der den ROBERTINER wiederum förderte und schon 914 die geplante Erbfolge von Roberts Sohn Hugo (Magnus) im väterlichen Herrschaftsbereich sanktioniert hatte. Karls Entschluß von 922, seiner eigenen Tante Rothild, einer Tochter Kaiser KARLS DES KAHLEN, die ehrwürdige karolingische Abtei Chelles wegzunehmen, um sie Hagano zu übertragen, kann nicht allein aus der bloßen Absicht zur Förderung des Vertrauten erklärt werden. Rothilds Tochter Judith war nämlich mit Hugo Magnus verheiratet, so dass Rothilds Verlust zum Verlust gegen die ROBERTINER wurde.
    Hugo Magnus nahm im April 922 den Kampf auf und brachte zusammen mit seinem Vater Robert in der Folge einen ansehnlichen Adelsbund gegen den König zusammen, dem neben Roberts Schwiegersohn Rudolf von Burgund auch Graf Heribert II. von Vermandois beitrat. Am 29. Juni 922 erhob die robertinische Partei Robert in Reims zum König. Anfang 923 sicherte sich der neue Herrscher bei einer Zusammenkunft mit dem ostfränkischen König durch einen Freundschaftsbund nach außen, doch wahrte der LIUDOLFINGER in den folgenden Auseinandersetzungen zunächst strikte Neutralität.
    Mehrfach wich Karl der direkten Konfrontation nach Lotharingien aus, suchte schließlich aber am 15. Juni 923 bei Soissons die militärische Entscheidung. In dieser verlustreichen Schlacht kam Robert I. ums Leben, jedoch wurde Karl III. von Hugo Magnus und Heribert II. von Vermandois besiegt und flüchtete sich nach Lotharingien. Der westfränkische Adel wählte schon am 13. Juli 923 in Rudolf von Burgund, dem Schwiegersohn des gefallenen Herrschers, einen neuen König.
    Karls Schicksal war besiegelt, als er einer Einladung Heriberts II. von Vermandois nach St-Quentin zu vermeintlichen Bündnisverhandlungen folgte und, von seinem früheren Lehnsmann verräterisch in Haft genommen, in Chateau-Thierry eingekerkert wurde. Dass Heribert perfide handelte, betonen alle Quellen, doch nützt solche Sympathie dem gefangenen KAROLINGER ebenso wenig wie jene Urkunde fern seiner eigentlichen Stammlande in S-Frankreich, die die Gefangenschaft des Königs und den Verrat des Adels in den Datumszeilen erwähnen. Wenigstens konnte sich Karls Gemahlin Eadgifu mit dem kleinen Thronfolger Ludwig in den Wirren zu ihrer Familie nach Wessex retten, wo sie am Hof des Bruders, König Aethelstan (924-939), verblieb. Zunächst spielte der verbliebene junge KAROLINGER Ludwig bei den Verhandlungen über den Königsthron ebenso wie sein Vater Jahrzehnte zuvor keine Rolle.
    Wie tief Karl durch die Einkerkerung gesunken war, erwies sich in einer Episode 927/ 28, als Graf Heribert II. bei Auseinandersetzungen mit König Rudolf von Burgund den KAROLINGER kurzzeitig in Freiheit ließ, ihm huldigte, ein Bündnis mit den Normannen zustande brachte und den "König" nach Reims führte. Nachdem Heribert aber den karolingischen Hauptort Laon von Rudolf erlangt und sich mit dem König wieder ausgesöhnt hatte, wurde Karl III. ein zweites Mal in Peronne eingekerkert, dieses Mal endgültig. Am 7. Oktober 929 ist er gestorben und wurde dort in St-Fursy/Peronne bestattet.
    Nachgeborene bezeichneten Karl als "einfältig" (simplex), was sowohl positiv im Sinne der Lauterkeit (Richer von Reims) als auch negativ als Dummheit (Thietmar von Merseburg) gewertet werden konnte. Sein Herrschaft wird man freilich nicht allein aus dem Scheitern beurteilen dürfen. Sie offenbart den Versuch, bei gewandelten Verfassungsverhältnissen die Idee des karolingischen Königtums zu bewahren und sich die Exklusivität fränkischer Tradition zu sichern. Zumindest die Kontinuität des fränkisch-französischen Reichs- und Herrschaftsbewußtseins ist zu einem guten Teil der Herrschaft Karls III. zu danken, der seinen Amtsnachfolgern den offiziellen Königstitel rex Francorum, König der Franken und später der Franzosen, weitergab.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Nach dem Tode König Karlmanns griffen die Großen des W-Reiches nicht auf den kleinen Karl, Ludwigs des Stammlers Sohn von Adelheid zurück, der sich mit seiner Mutter damals oder wenig später in der Obhut des Grafen Ramnulf II. von Poitiers befand; gegen ihn sprach wohl nicht nur, dass man ihn nach der Anerkennung seiner verstorbenen Stiefbrüder als illegitim betrachten mußte, sondern auch, dass die Entscheidung für ein 5-jähriges Kind eine vormundschaftliche Regierung von solcher Dauer erfordert hätte, wie sie in der karolingischen Geschichte bis dahin stets vermieden worden war.
    Karl mit dem späteren, an sich positiv gemeinten Beinamen "der Einfältige" wurde auf Betreiben des Erzbischofs Fulco von Reims und des Grafen Heribert von Soissons und Meaux am 28.1.893, also am Jahrestag von KARLS DES GROSSEN Tod, in Reims feierlich gekrönt und fand als (Gegen-)König auf Anhieb starke Resonanz, die bis ins westfränkische Burgund und nach Aquitanien reichte, aber nicht von Dauer war. Er traf im Mai 894 in Worms mit König ARNULF zusammen, wo dieser den Vetter (zweiten Grades) als Lehnsmann annahm und seine politischen Ziele zu unterstützen versprach. Doch ließ er bald davon ab, als Karl nach seiner Rückkehr gegen den wieder erstarkenden Odo weiter rapide an Boden verlor und aus der Francia ins westliche Burgund ausweichen mußte. Darauf erneuerte ARNULF im Mai 895 in Worms das Bündnis mit Odo.
    Im Sommer 895 griff Zwentibold von Lothringen zu seinen Gunsten in W-Franken ein, so dass es 897 durch die tätige Vermittlung Fulcos von Reims zu einem Ausgleich zwischen Odo und Karl dem Einfältigen kam: Der siegreiche ROBERTINER, der ohne legitime Erben geblieben war, einigte sich mit dem unterlegenen KAROLINGER auf gegenseitige Anerkennung ihres Königtums, gestand ihm ein beschränktes Hoheitsgebiet (wohl um Laon) und nach seinem Tode die Anwartschaft auf das ganze W-Reich (vor dem eigenen Bruder Robert) zu, ließ sich dafür aber die beträchtlichen Machtpositionen seiner Familie von dem bisherigen Rivalen garantieren. Nach dem Tode König Odos am 1.1.898 folgte ihm Karl reibungslos.
    Im Unterschied zu Ludwig dem Kind war Karl der Einfältige, als er im Januar 898 nach Odos Tod auf einer Reichsversammlung in Reims sein unangefochtenes Königtum in W-Franken antrat, immerhin ein 18-jähriger und die folgenden zweieinhalb Jahrzehnte hindurch Herr seiner politischen Entschlüsse, aber auch er hatte sich von vornherein schweren Hypotheken zu beugen, die seine Entfaltung hemmten und an denen er trotz zeitweiliger Erfolge schließlich gescheitert ist. Robert, der Bruder des verstorbenen Königs, ließ ihm ja nur deshalb den Vortritt, weil er gemäß früherer Absprache darauf bauen durften, nicht bloß den Hausbesitz seiner Vorfahren, sondern auch die Gesamtheit der von Odo übertragenen Hoheitsrechte in Neustrien und im Pariser Becken und sogar die dortigen Pfalzen, Fiskalgüter und Reichsabteien zu behalten. Diese Mediatisierung aller königlichen Rechte in Neustrien, die Karl sogar Saint-Denis entzog, verschob die Gewichte zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN entscheidend. Sie fand ihren förmlichen Ausdruck in Roberts Bezeichnung als marchio und ging in der Sache weiter als die Machtkonzentration in den Händen des zeitgleichen duces in O-Franken, weil sie in etwa flächendeckenden Charakter annahm und neben den Grafschaften auch die Bischofssitze dem König entwand. Sie war zudem durchaus nichts Einmaliges, sondern holte nun auf fränkischem Boden nach, was sich schon länger im aquitanischen Süden abgezeichnet hatte.
    Selbst im engeren Bereich der östlichen Francia zwischen Seine und Maas, der dem wiederbelebten karolingischen Königtum allein noch verblieb, gab es fühlbare Konkurrenz durch die aufsteigende Macht des Grafen Balduin II. von Flandern (+ 918), der 900 ungestraft die Ermordung des Erzbischofs Fulco von Reims, Karls Erzkanzler, ins Werk setzte, und durch den Grafen Heribert I. von Vermandois, der in der Champagne seine Herrschaft ausbreitete, bis er vor 907 ebenfalls Balduins Nachstellungen zum Opfer fiel. Inmitten dieser regionalen Gebieter, die ihm alle durch formellen Lehnseid unterstellt, tatsächlich aber mit ihren Vasallenaufgeboten überlegen waren, blieb Karl nichts anderes übrig, als die großen Lehnsfürstentümer (Prinzipate) zu respektieren, behutsam ihre Rivalitäten zu steuern und sich selber wenigstens einen Kernbereich unmittelbarer Autorität im Raum um Reims und Laon zu erhalten, wobei die Erzbischöfe von Reims seine wichtigsten Partner wurden. An ein aktives Bemühen um Lotharingien, wo er gleich 898 auf Reginars Seite eingegriffen hatte, konnte Karl jahrelang nicht denken, doch dürfte seine 907 geschlossene Ehe mit der vornehmen Sächsin Frederun, vielleicht aus der Familie der späteren Königin Mathilde, ein fortwährendes Interesse am O-Reich und eine Aversion gegen die in Lotharingien damals waltenden KONRADINER anzeigen. Da Frederun bis 917 nacheinander sechs Töchter zur Welt brachte, war sie indes nicht imstande, Karls Getreuen neue Zuversicht in die herrschaftliche Zukunft der alten stirps regia zu vermitteln.
    Erst 911 kam Karls Politik in ein neues Fahrwasser. Im Verhältnis zu den Normannen, die in W-Franken nicht mehr mit der Wucht früherer Jahrzehnte, aber doch weiterhin Raubzüge unternahmen und dabei nun von den marchiones und sonstigen Magnaten, so gut es ging, in die Schranken gewiesen wurden, trat eine Wende zum besseren ein, als nach dem Scheitern ihrer Belagerung von Chartres eine starke Gruppe unter Führung Rollos dazu gebracht werden konnte, das Christentum anzunehmen und eine Niederlassung an der unteren Seine als Grafschaft Rouen zum Schutz des reiches legalisieren zu lassen. Karl der Einfältige, an den vorherigen, von Robert von Neustrien und Richard von Burgund angeführten Kämpfen offenbar unbeteiligt, trat in Erscheinung, als es etwa im September 911, vielleicht in Saint-Clair-sur-Epte, darum ging, diese Vereinbarung förmlich abzuschließen und Rollo mit dem Gebiet zu belehnen, aus dem die spätere Normandie hervorgegangen ist. Damals dürften bereits die Umwälzungen absehbar gewesen sein, die sich kurz darauf ergaben, denn noch vor dem Tod des ostfränkischen Königs Ludwig am 24.9., dem die Bestattung in Regensburg folgte, hatten sich "die Führer der Lotharingier", einer einzelnen, vielerörterten Annalennotiz zufolge, von dem glücklosen jungen Herrscher "getrennt". Ob diese Entscheidung, hinter der fraglos der 911 wieder in den Vordergrund getretene Reginar stand, unmittelbar die Hinwendung zum einzigen anderen KAROLINGER, dem westfränkischen König Karl, einschloß, weiß man nicht, aber jedenfalls bot sich ein solcher Schritt an, als nach dem Hinscheiden des erbenlosen, nur 18 Jahre alt gewordenen Ludwigfeststand, dass die ostfränkische Linie Ludwigs des Deutschen erloschen war, und die führenden Männer seiner Umgebung sich daran machten, ihr Regiment auch ohne einen KAROLINGER fortzuführen, indem sie den Mächtigsten der Ihren zum Nachfolger erkoren. Wenige Tage bevor in Forchheim KONRAD DER JÜNGERE, das Haupt der KONRADINER, von "Franken, Sachsen, Alemannen und Bayern" zum 1. nicht-karolingischen König O-Frankens gewählt und anschließend gesalbt worden ist, trat Karl der Einfältige am 1.11.911 die Herrschaft über die Heimat seiner frühesten Vorfahren an.
    Karl der Einfältige fühlte sich bereits am 20.12.911 in der ersten nach KONRADS Wahl ausgestellten Urkunde veranlaßt, neben der zusätzlichen Jahreszählung "seit dem Erwerb des vergrößerten Erbes" auch die Selbstbezeichnung rex Francorum anstelle des bis dahin gebräuchlichen Königstitels ohne Bereichsangabe einzuführen. Die betonte "Gleichsetzung von fränkisch und karolingisch" (J. Ehlers) sollte nach außen wie nach innen wirken und dem fortan alleinigen Herrscher aus KARLS Geblüt einiges wettzumachen helfen, was ihm an realen Machtmitteln abging. In der Tat gelang es ihm 912 und 913, dreimalige Vorstöße KONRADS I. zur Rückgewinnung des regnum Lotharii abzuweisen, ohne dass sich im Lande eine "konradinische Partei" geregt hätte. Karl nahm nun sogar bevorzugt in Metz und Diedenhofen, in Herstal und Aachen Aufenthalt, ließ seinen Verbündeten Reginar, reich mit Kirchenbesitz ausgestattet, wie die Gebieter über Neustrien, Aquitanien und Burgund als marchio gelten, faßte aber doch bald immer deutlicher ins Auge, Lotharingien zur Erweiterung seiner schmalen Machtbasis in W-Franken zu nutzen. So erlosch nach dem Tod Erzbischofs Radbods von Trier (915) allmählich die gesonderte lotharingische Königskanzlei, die auf Zwentibolds Zeit zurückging, und als im selben Jahr auch Reginar starb, verweigerte Karl dessen Sohn Giselbert die Vorrangstellung des Vaters. Exponent dieser neuen, selbstbewußten Politik scheint der seit 916 in der Umgebung des Königs zunehmend genannte Hagano gewesen zu sein, ein lotharingischer Getreuer von angeblich geringer Herkunft, dessen Aufstieg zum Grafen und zum maßgeblichen Berater Karls den Ärger der bis dahin führenden Kreise vornehmlich in W-Franken weckte.
    Karl der Einfältige mag sich 918/19 bereits auf dem Wege zu einer Hegemonie über die nicht-karolingischen Könige gesehen haben, zumal angesichts der schweren Krise, in die die ostfränkische Monarchie durch den fehlgeschlagenen Versuch KONRADS I. (+ 918) geraten war, sich in karolingischer Manier die Mittelgewalten botmäßig zu machen und zu halten. Gleichwohl agierte auch Karl jederzeit auf schwankendem Grund, nicht bloß weil er immer noch ohne Sohn war und darum Freund und Feind als der letzte KAROLINGER erscheinen mußte, nach dessen Ende auch im Westen über das Königtum neu zu verfügen sein würde. Er beeilte sich, nach dem Tod seiner sächsischen Gemahlin Frederun (917) eine neue Ehe einzugehen, wobei sich seine Wahl wiederum nicht am westfränkischen Hochadel orientierte, sondern erstmals in der karolingischen Familiengeschichte auf eine Ausländerin fiel: Eadgifu, die Tochter des angelsächsischen Königs Eduards des Älteren von Wessex. Im Verhältnis zu den eigenen marchiones und sonstigen Großvasallen, unter denen um 920 eine neue Generation nach vorne drängte, hatte Karl ohnehin die für sein politisches Überleben entscheidende Balance früherer Jahre verloren, wie schlagartig zutage trat, als 919 sein Aufruf zur Heerfolge gegen die bis nach W-Franken vorgedrungenen Ungarn nahezu ungehört verhallte. In Lotharingien wurde seine Lage dadurch erschwert, dass östlich des Rheins durch die Wahl des liudolfingischen Sachsen-Herzogs Heinrich, des Sohnes Ottos des Erlauchten, zum König der "Franken und Sachsen" im Mai 919 eine ganz neue Konstellation eingetreten war, die auf die Großen an Maas und Mosel einladender wirkte als das konradinische Regiment der Vergangenheit. Während sich Giselbert nun völlig mit Karl dem Einfältigen überwarf, traten, wie berichtet wird, "fast alle" Großen W-Frankens mit Robert von Neustrien an der Spitze Anfang 920 in Soissons ihrem König gegenüber, seinen Günstling Hagano zu entlassen, das heißt seine resolute Politik der letzten Jahre aufzugeben, und als er dies verweigerte, sagten sie ihm die Treue auf. Der drohenden Beugehaft seiner Magnaten entging Karl nur, indem er sich für 7 Monate in den Schutz des ihm noch ergebenen Erzbischofs Heriveus von Reims begab. Diese Zeit nutzte Giselbert, um sich von seinem lotharingischen Anhang "unter Abkehr von König Karl" zum princeps, also wohl einem Herrscher aus eigenem Recht, proklamieren zu lassen.
    Gegen die kaum verhüllte Absetzung hat sich Karl der Einfältige noch einmal energisch aufgebäumt. Als ihm die Unterhandlungen des Erzbischofs Heriveus zu erneuter Anerkennung oder besser Duldung verholfen hatte, wandte er sich zunächst gegen Giselbert, beendete dessen Sezession und setzte auch in der Machtprobe um die Neubesetzung des Lütticher Bischofsstuhls den eigenen Kandidaten gegen den von Giselbert bestimmten und bereits vom Kölner Erzbischof Hermann auf Druck König HEINRICHS I. geweihten Rivalen durch, wobei er sogar den Papst zu seinen Gunsten einschaltete. Um sich auch bei dem sächsischen König, dem augenscheinlichen Schutzherrn Giselberts, Geltung zu verschaffen, drang Karl im September 920 mit Heeresmacht in die Gegend von Worms vor, mußte aber vor der dortigen Gegenwehr zurückweichen. Mit HEINRICH I. konnte er 921 einen befristeten Waffenstillstand vereinbaren, und kurz vor dessen Ende traf er ihn am 7.11. bei Bonn, um auf einem mitten im Rhein verankerten Schiff einen Freundschaftsvertrag abzuschließen. Schon durch die Wahl des Ortes kam zum Ausdruck, dass Karl die Anerkennung der Rheingrenze, also der Zugehörigkeit Lotharingiens zu seiner Machtsphäre, erreichte, während HEINRICHS Erfolg in der expliziten Gleichrangigkeit der Partner bestand, also in der Respektierung seines erst zwei Jahre alten, noch keineswegs überalls im Reiche KONRADS I. durchgesetzten "fränkischen Königtums" durch den Erben des KAROLINGER-Geschlechts.
    Nach dieser vermeintlichen Sicherung des regnum Lotharii gedachte Karl der Einfältige, überdies gestärkt durch die Geburt des langersehnten Stammhalters (vor September 921), der nach dem Großvater Ludwig benannt wurde, 922 unbeirrt auch in W-Franken wieder die Zügel in die Hand zu bekommen. Über den Versuch, die Königsabtei Chelles seiner Tante Rothild zu entziehen, um sie Hagano geben zu können, kam es endgültig zum Eklat: Hugo, der Sohn Roberts von Neustrien, soll es gewesen sein, der die Truppen der erbosten Großvasallen, darunter nun auch des Erzbischofs von Reims, sammelte und Karl nach Lothringen abdrängte, so dass am 30.6.922 Robert, der Bruder Odos, in Reims zum (Gegen-)König erhoben werden konnte. Anders als 888 erfolgte der zweite Griff der ROBERTINERnach der Krone W-Frankens in offener Konfrontation mit einem KAROLINGER und ging unmittelbar in eine bewaffnete Auseinandersetzung von einjähriger Dauer über, bei der sich Karl der Einfältige hauptsächlich auf lotharingische Gefolgsleute stützte. Robert I. sicherte sich durch einen Freundschaftspakt, den HEINRICH I. Anfang 923 nahe der Ruhrmündung unbedenklich auch mit ihm nach dem Muster des Bonner Vertrages schloß. In der Schlacht der beiden westfränkischen Könige am 15.6.923 fand Robert den Tod, doch sein Sohn Hugo erstritt zusammen mit Graf Heribert II. von Vermandois den Sieg, indem er Karl und sein Heer in die Flucht schlug. Dennoch fiel das Königtum nicht ihm zu, dem Erben der ausgedehnten ROBERTINER-Macht (deren Übernahme ihm übrigens schon vor 914 von Karl zugesichert worden war), sondern in bewußter Abkehr vom Geblütsgedanken Rudolf, dem Sohn und Nachfolger Richards (+ 921) als marchio in Burgund, der zugleich Schwiegersohn des gefallenen Robert war. Er wurde in einem abermaligen Dynastiewechsel (zu den BOSONIDEN) am 13.7. in Soissons zum König gewählt und gesalbt. Zu neuen Kämpfen kam es nicht mehr, denn der geschlagene Karl der Einfältige ließ sich schon wenige Wochen später durch ein Täuschungsmanöver Heriberts von Vermandois überlisten und wurde dessen Gefangener, während die Königin Eadgifu mit ihrem kleinen Sohn zum Bruder Athelstan von Wessex in die englische Heimat floh.
    Heribert lieferte seine Beute nicht an den neuen König Rudolf aus, sondern hielt den gestürzten KAROLINGER, für den sich in den Quellen der Zeit kaum Mitleid regt, zunächst in Chateau-Thierry, dann in Peronne in eigenem Gewahrsam, um ihn als politisches Faustpfand zu gebrauchen. 925 erzwang er die Wahl seines 5-jährigen Sohnes Hugo zum Erzbischof von Reims und seine eigene Einsetzung zum Verwalter des Reimser Kirchenbesitzes, und als ihm 927 Rudolf die wertvolle Grafschaft Laon zu verweigern wagte, holte Heribert Karl den Einfältigen aus der Haft hervor und erkannte ihn im Bunde mit den Normannen unter Rollos Sohn Wilhelm I. als rechtmäßigen König an, ohne ihm indes seine Bewegungsfreiheit zurückzugeben. Es soll sogar zu einer Begegnung beider Könige in Reims gekommen sein, bei der Karl die Pfalz Arttigny als eine Art Abfindung zugestanden wurde, doch nachdem Heribert 929 seinen Willen auch in Laon bekommen hatte, scheint davon keine Rede mehr gewesen zu sein. Jedenfalls ist klar bezeugt, dass Karl am 7.10.919 in Peronne, am Ort seiner Gefangenschaft, gestorben und dort auch bestattet ist. Das triste Ende markiert bis zur äußersten Konsequenz die Vergeblichkeit des Versuchs, allein mit dem karolingischen Namen noch einmal eine wirksame Zentralgewalt gegen die Großen zu etablieren, darf aber nicht darüber täuschen, dass Karl der Einfältige gerade im Wechselspiel mit den Gegenkräften, deren er nicht mehr Herr wurde, den geschichtlichen Weg des werdenden Frankreich wesentlich bestimmt hat.



    Schwager Helmut: Seite 67-96, „Graf Heribert II. von Soissons.“

    a) Der Karolinger König Karl III. der Einfältige (893/98-923)

    Die Beziehungen Heriberts II. zu dem westfränkischen König, der in der ersten Hälfte der heribertinischen Herrschaft, das heißt den mindestens 15 Jahren von 900/06 bis 921, das Reich regierte, nämlich dem KAROLINGER Karl III. dem Einfältigen, sind für diese Zeit bis heute weitgehend im Dunkel der Geschichte geschrieben! Der schon mehrfach beklagte bedauerliche Mangel an erzählenden Quellen sowie Urkunden aus dieser Zeit läßt uns praktisch nur Raum für Spekulationen! Als frühestes Zeugnis sowohl der Existenz Graf Heriberts II. als auch seiner Erwähnung im Zusammenhang mit dem westfränkischen König kann erst die Urkunde Karls III. vom 6. November 907 angesehen werden, in der der KAROLINGER die Schenkung eines gewissen Odilo aus Brugny in der Grafschaft Omois für das Kloster Saint-Medard bei Soissons bestätigte. Dabei wurde ein "comes Heribertus" als Abt von Saint-Medard genannt, wobei es sich hier - betrachtet man die Jahreszahl - meines Erachtens eindeutig um Graf Heribert II. handeln muß, der die Abtei von seinem ermordeten Vater Graf Heribert I. geerbt hatte. Jedoch dürfte dies kaum etwas konkret über die heribertinisch-karolingischen Beziehungen aussagen, da der HERIBERTINER in dieser Urkunde anscheinend lediglich als zuständiger Graf von Omois und Laien-Abt von Saint-Medard erwähnt wurde. Viel wichtiger erscheint mir, dass um diese Zeit, ca. 907/10, Graf Heribert II. die ROBERTINERIN NN (+ nach 931), eine Tochter Markgraf Roberts von Neustrien, heiratete. Diese Ehe des HERIBERTINERS bedeutete aber eine politische Option für die ROBERTINER, die schon damals wiederholt mit dem karolingischen König zerstritten waren. Daher erstaunt es nicht, wenn von freundschaftlichen Kontakten zwischen dem König und dem HERIBERTINER in den folgenden Jahren nicht die Rede ist. Zwar erschien Graf Heribert II. in einer Urkunde König Karls III. vom 14. März 918 für die Abtei Saint-Germain-des-Pres, die auf Veranlassung Markgraf Roberts von Neustrien ausgestellt wurde. Doch figurierten Roberts heribertinischer Schwiegersohn und Bischof Abbo von Soissons (+ 937) hierbei als Zeugen in der Grafschaft des ROBERTINERS!
    Als schließlich Anfang des Jahres 920 der langerwartete Krieg zwischen König Karl III. und der westfränkischen Aristokratie, die sich an der überragenden Stellung des lothringischen Emporkömmlings Hagano ( + nach 922) bei Hofe stieß, losbrach, befand sich Graf Heribert II. natürlich im Lager des westfränkischen Hochadels an der Seite Markgraf Roberts! Der bedrängte westfränkische König geriet kurzfristig sogar in Gefangenschaft seiner Großen, aus der ihn nur der Einsatz des Erzbischofs Heriveus von Reims (+ 922) rettete, der ihn 7 Monate lang in seiner Bischofsstadt Reims beherbergte. Währenddessen tobten in der engeren Francia die Kämpfe beider Parteien, wobei angeblich Graf Heribert II. das Kloster Corbie geplündert haben soll; erst nach langen Verhandlungen führte der Reimser Erzbischof ein "Versöhnung" beider Gruppen herbei, die jedoch brüchig blieb.
    Dies zeigte sich bereits im Jahr 922, als der westfränkische Adel, nachdem König Karl III. am 17. März 922 den königlichen Kanzler Gauzlin (+ 962) zum Bischof von Tours gemacht und das vakante Kanzleramt an den lothringischen Kleriker Hagano, wahrscheinlich einen Verwandten seines Günstlings Hagano, gegeben hatte, erneut unruhig wurde.
    Die Konfiskation des karolingischen Hausklosters Chelles bei Paris durch den westfränkischen König nach dem 21. April 922 ( = Ostern), der die Abtei seiner Tante Rothilde (+ 928) [Rothilde war die Tochter Kaiser KARLS II. DES KAHLEN und der Kaiserin Richilde (+ 910/14) sowie Gattin Graf Rotgers I. von Maine (+ vor 900), von dem sie die Tochter NN (+ vor 926) hatte, welche Graf Hugo der Große ehelichte.], der Schwiegermutter des ROBERTINERS Graf Hugo, nahm und sie an Graf Hagano übergab, löste erneut einen verheerenden Aufstand aus!
    Die Großen Franziens verschworen sich mit den ROBERTINERN an der Spitze, wobei sie den Sturz Graf Haganos verlangten. An diesem gefährlichen Aufstand beteiligten sich neben den ROBERTINERN auch Roberts Schwiegersohn Herzog Rudolf von Burgund und dessen Bruder Graf Hugo der Schwarze von Varais (+ 952), ja offensichtlich selbst der bereits damals todkranke Erzbischof Herveus von Reims, wie später die feindselige Reaktion des KAROLINGERS gegen Reimser Kirchengut zeigen sollte. Eigenartigerweise ist hierbei von Roberts zweitem Schwiegersohn Graf Heribert II. nirgends die Rede. Stattdessen meldet der Reimser Geschichtsschreiber Flodoard (+ 966) überraschenderweise, dass sich der HERIBERTINER mit König Karl III. und dessen Günstling Hagano in Laon an der Aisne befunden hätte, von wo aus aus sie im April 922 beim Anmarsch der aufständischen Großen gemeinsam über die Maas nach Lothringen geflohen wären, um dort neue Truppen auszuheben. Dieses Verhalten Graf Heriberts II. widerspricht nun aber meines Erachtens vollständig seiner Politik sowohl vor dem Jahre 922 als auch danach, und so könnte man Zweifel an dieser Nachricht hegen, noch dazu, nachdem Flodoard die einzige Quelle hierfür ist! Andererseits ist der Reimser Kleriker die zuverlässigste Quelle für die Geschichte des W-Fränkischen Reiches im 10. Jahrhundert, und zudem spricht das Verhalten König Karls III. im Jahre 923, als sich der KAROLINGER bedenkenlos zu einer Unterredung mit Graf Heribert II., der ihm einen Seitenwechsel angedeutet hatte, bereitfand, dafür, dass vorher zumindest zeitweise schon bessere Beziehungen zwischen beiden Fürsten bestanden haben müssen! So ist anzunehmen, dass der HERIBERTINER die Auseinandersetzung nach dem Osterfest 922 entweder für eine rein karolingisch-robertinische "Familien"-Angelegenheit gehalten hat, in die er sich zunächst nicht einmischte, oder wahrscheinlicher, dass ein heribertinisch-robertinischer Zwist aus Rivalitätsgründen den Grafen kurzfristig an die Seite des Königs gebracht hat. Jedenfalls fielen der KAROLINGER und seine Anhänger - darunter Graf Heribert II. und Graf Theoderich I. von Holland (+ ca. 940) - mit einem neuen lothringischen Heer in die Güter der Reimser Kirche ein und brannten sie nieder; schließlich eroberten sie die Burg Omont südlich von Mezieres. Plünderungen und Brandschatzungen beider Seiten verwüsteten nun das Remois, Laonnais und Soissonnais. Kurz nach dem 31. Mai 922 tauchten die Lothringer schließlich an der Marne auf, wobei Epernay von den Leuten Graf Haganos geplündert wurde. Das königliche Heer lagerte nahe der Stadt Tours-sur-Marne, oberhalb von Epernay, während die aufständischen Großen unter Führung Markgraf Roberts von Neustrien und Herzog Rudolfs von Burgund drei Meilen vom königlichen Lager entfernt unterhalb von Epernay ihr Lager augschlugen. Eine Woche lang wurde dann in Abwesenheit des Königs und Graf Hagano verhandelt. Auf Seiten des KAROLINGERS standen damals noch sein gewesener Schwager Bischof Bovo II. von Chalons-sur-Marne (+ 947), der Erzkanzler Erzbischof Rotger von Trier, Bischof Stephan von Cambrai (+ 934), Bischof Balderich von Utrecht (+ 977); unter den weltlichen Großen dürften sich noch Graf Heribert II., Graf Theoderich I. von Holland, Graf Erchanger von Boulogne, Graf Walcher von Friesland, Graf Isaak von Cambrai (+ 947), Graf Adalhelm von Artois (+ 932) und der brabantische Graf Rudolf von Gouy (+ 926) befunden haben.
    Nach dem Scheitern der Verhandlungen griff König Karl III. am 9. Juni 922, einem Pfingstsonntag, die Stadt Reims an, wurde aber zurückgeschlagen.
    Da traf die Nachricht vom Verlust der wichtigen karolingischen Feste Laon ein - Graf Hagano verlor dabei seinen Bruder und seine Schätze -, worauf beide Parteien ihre Heere dorthin verlagerten. Hier begann aber ein Teil der Lothringer den KAROLINGER zu verlassen, so dass sich König Karl III. immer weiter vor den nachstoßenden westfränkischen Großen zurückziehen mußte. Beim Flüßchen Ailette in der Grafschaft Laon wechselten Mitte Juni 922 erneut viele Große, darunter anscheinend auch Graf Heribert II., ins Lager Markgraf Roberts. So blieb dem westfränkischen König zuletzt nichts anderes übrig, als mit seinem getreuen Grafen Hagano zum zweitenmal über die Maas zu ziehen, wahrscheinlich zu seinem Anhänger, dem MATFRIDINGER Bischof Richer von Lüttich (920-945); jedenfalls hielt er sich am 15. Juni im holländischen Bladel auf. Diese Abwesenheit des KAROLINGERS in Lothringen benutzten nun die westfränkischen Aristokraten zum entscheidenden Schlag gegen ihn: Am 29./30. Juni 922 wählten die Großen der Francia und der Burgundia, darunter auch Graf Heribert II., den ROBERTINER Markgraf Robert von Neustrien im Kloster Saint-Remi bei Reims zum westfränkischen König, was eine Herrscherverlassung gegenüber dem KAROLINGER bedeutete. Drei Tage später, am 2. Juli 922, starb der schwerkranke Erzbischof Heriveus von Reims, dessen Nachfolger Seulf (+ 925) durch König Robert I. (922/23) bestimmt wurde, wodurch nun auch das Erzbistum Reims dem KAROLINGER endgültig verlorenging. Ende des 922 zeichnete sich somit bereits ein deutliches Übergewicht der aufständischen westfränkischen Adligen ab, zu denne der skrupellose Pragmatiker Graf Heribert II. noch rechtzeitig gefunden hatte.
    Doch Anfang des Jahres 923 stellte der abgesetzte KAROLINGER in Lothringen ein neues Heer auf, worunter sich erneut Graf Theoderich I. von Holland befand. Unter Bruch eines bestehenden Waffenstillstandes fiel König Karl III., von Lüttich durch den Haspengau eilend und die Maas überschreitend, in die Francia ein und marschierte über Attigny gegen Soissons, wo sich Graf Heribert II. und König Robert I. aufhielten. Am 15. Juni 923, einen Sonntag, überschritten die Lothringer die Aisne und griffen die W-Franken überraschend an, woraus sich in der Nähe des heribertinischen Klosters Saint-Medard bei Soissons die Entscheidungsschlacht entwickelte. Nach schweren Verlusten auf beiden Seiten fiel König Robert I., angeblich durch den Standardenträger des KAROLINGERS Graf Fulbert getötet. Ein Sieg König Karls III. schien damit erstmalig möglich, als ein Entsatzheer der westfränkischen Aufrührer unter dem Kommando Graf Heriberts II. und Graf Hugos des Großen, Sohn des getöteten Königs Robert I., auftauchte und die Lothringer in die Flucht schlug! Damit war der KAROLINGER von seinen westfränkischen Vasallen besiegt worden; trotz des Todes König Roberts I. blieben sie nämlich im Aufstand, und Versuche des nun truppenlosen Karls III., sie wiederzugewinnen, so vor allem Graf Heribert II. und Erzbischof Seulf von Reims, schlugen fehl. Daraufhin rief der verzweifelte KAROLINGER die Normannen zu Hilfe; doch blieben Graf Rollo von Rouen und seine Seine-Normannen neutral, lediglich die Loire-Normannen unter ihrem Seekönig Rögnwald/Ragnold (+ 925/30) waren sofort bereit zu kämpfen. Als jedoch die westfränkischen Kronvasallen die Oise blockierten, mußte sich der total isolierte König Karl III. zum drittenmal hinter die Maas nach Lothringen zurückziehen. Diese Abwesenheit benützten aber wiederum die westfränkischen Großen, um sich unter Mitwirkung Graf Heriberts II. und Markgraf Hugos von Neustrien am 13. Juli 923 in Saint-Medard zu Soissons in dem BOSONIDEN Herzog Rudolf von Burgund (923-936) einen neuen König zu geben. Allerdings war seine Wahl offensichtlich das Werk einer Minderheit, was an der Tatsache erkennbar ist, daß in der Francia die Herzogtümer Normandie und Bretagne, in der Aquitania das Herzogtum Aquitanien, die Grafschaft Poitou und die Spanische Mark König Karl III. treu blieben, doch ohne ihn tatsächlich mit Waffengewalt zu unterstützen. Überhaupt führte diese politische Situation des Jahres 923 zu einer wachsenden Autonomie der westfränkischen Aristokraten, die sich ihre Parteinahme von beiden Königen teuer bezahen ließen. Dennoch war es von beiden der truppenlose König Karl III., der im August 923 praktisch am Ende war, vor allem nachdem sein verzweifelter Versuch, vom ostfränkisch-deutschen König HEINRICH I. (919-936) Hilfe zu erhalten, nur mit nichtssagenden Freundlichkeiten beantwortet worden war. Der KAROLINGER war im Innern wie nach außen total isoliert, als, wie aus heiterem Himmel, sich sein heribertinischer Blutsverwandter Graf Heribert II. mit einem Verhandlungsangebot an ihn wandte - nach K. F. Werner ein abgesprochenes Täuschungsmanöver zwischen König Rudolf und dem HERIBERTINER [Diese Theorie äußert Werner, Westfranken, 741, ohne dafür konkrete Belege oder einen zwingenden Gedankengang vorweisen zu können! Die Gefangennahme des KAROLINGERS sollte nämlich die Lage König Rudolfs keineswegs entscheidend verbessern, befand er sich doch von nun an im erpresserischen Griff seines Schwagers Graf Heribert II.] -, und König Karl III. "der Einfältige" begierig nach dem trügerischen Strohhalm griff. Denn Graf Heribert II. hielt selbst nach der totalen Entmachtung des KAROLINGERS sein politisches Ziel, nämlich den Aufstieg seines Hauses zu einer der Mittelgewalten/regna des W-Fränkischen Reiches zu bewerkstelligen, zwar für nähergerückt, aber noch lange nicht erreicht, weswegen er sich neuen Ufern zuwandte - unter anderem den Reimser Kirchengütern - wobei er glaubte, den für ihn nun ungefährlichen Karl III. als politisches Faustpfand gegen seine Schwäger König Rudolf und Markgraf Hugo von Neustrien benützen zu können. Jedenfalls sandte Graf Heribert II. seinen nichtsahnenden Vetter Graf Bernhard von Senlis (+ nach 945) mit einer Verhandlungsdelegation zu König Karl III. und deutete seine Bereitschaft zum Parteiwechsel an. Der KAROLINGER, völlig am Ende mit seinen politischen Möglichkeiten, kam nach einem Sicherheitseide Graf Bernhards ohne große Eskorte, weswegen man ihn dennoch nicht pauschal "den Einfältigen" nennen sollte. Denn erstens war Graf Heribert II. ein früherer Verbündeter, dazu karolingischer Abkunft und mit anderen Interessen als König Rudolf versehen. So betrachtete war ein Absprung des HERIBERTINERS durchaus möglich, und, wie schon gesagt, die Handlungsweise Karls III. keineswegs a priori töricht. Jedenfalls traf sich der KAROLINGER Anfang August 923, zusammen mit Graf Bernhard von Senlis und der Gesandtschaft reisend, in Saint-Quentin mit Graf Heribert II., der ihn sofort von seiner Leibgarde trennte, ihn gefangennehmen und unter Bewachung im Turm seiner Festung Chateau-Thierry inhaftieren ließ. Die Begleitung wurde anschließend einfach weggeschickt. Karls III. Gattin Eadgyfu (+ nach 951) dagegen gelang mit ihrem Sohn Ludwig IV. (+ 954) gerade noch die Flucht nach England zu ihrem Vater, dem angelsächsischen König Edward dem Älteren (+ 924). Dieses hinterhältige Verhalten Graf Heriberts II. gegen seinen legitimen Oberlehnsherrn hinterließ ein starkes Echo in zahlreichen abendländischen Quellen. Zwar übten viele Chronisten Kritik an diesem Akt treuloser Hinterlist, doch keiner der westfränkischen Adligen war wirklich bereit, für den KAROLINGER einzustehen, den viele von ihnen ja schließlich selbst abgesetzt hatten! Schon die Zeitgenossen verglichen das Schicksal König Karls III. mit dem seines Ahnen KaiserLUDWIGS I. DES FROMMEN, der ähnliche Demütigungen erdulden mußte.
    Jedenfalls war der abgesetzte König Karl III. seit 923 in der Festung Chateau-Thierry inhaftiert und zwar nicht im Kerker, wie mancherorts übertreibend berichtet wird, sondern sicherlich in akzeptabler Umgebung, denn Garf Heribert wollte den KAROLINGERja nicht umbringen oder verschwinden lassen; der HERIBERTINER brauchte stattdessen einen lebenden Karl III., um mit dessen bloßer Existenz politischen Druck ausüben zu können.
    Der vorerst zufriedene HERIBERTINER behielt daher Karl III. weiter in Gefangenschaft, verlegte ihn aber nach einem Brand der Festung Chateau-Thierry im Sommer des jahres 924 in die neue heribertinische Hauptfestung Peronne, wo der KAROLINGER die nächsten Jahre verbrachte.
    Wichtiger wurde für Karl III. dagegen der sich abzeichnende Bruch zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf infolge des Streitfalles um die Grafschaft Laon. Ende des Jahres 926 war nämlich Graf Rotger I. von Laon, ein getreuer Anhänger des BOSONIDEN, gestorben. Als König Rudolf Rotger II. (926-942), den königstreuen Sohn Rotgers I., zum Grafen einsetzte, brach Graf Heribert II. mit ihm und griff zu den Waffen. Zum äußersten entschlossen, griff Graf Heribert II. in dieser Situation auf den seit 4 Jahren inhaftierten KAROLINGER zurück. Er ließ Karl III. von der Burg Peronne nach Saint-Quentin bringen und dort erneut zum westfränkischen König proklamieren. Während König Rudolf vorerst im Herzogtum Burgund und in der Aquitania seine Positionen festigte, warb Graf Heribert II. in der Francia für den wiedereingesetzten KAROLINGER und griff erneut Laon an, wurde aber von den Söhnen des verstorbenen Grafen Rotger im Verein mit der energischen Königin Emma (+ 934) zurückgeschlagen. In dieser Situation wandte sich Graf Heribert II. an die letzten Verbündeten Karls III. in der Francia, die Normannen. Diese sahen sofort ihre Chance, kündigten ihren Frieden mit König Rudolf und eroberten das 925 verlorengegangene Eu zurück. Dort trafen sich schließlich Ende des Jaheres 927 Graf Rollo von Rouen (+ 928/31) und sein Sohn Wilhelm I. Langschwert (+ 942) mit Graf Heribert II. und dem KAROLINGER-König Karl III., wobei die Normannen dem KAROLINGER den Lehnseid leisteten und ein Bündnis mit Graf Heribert II. schlossen.
    Anfang des Jahres 928 kam es unter Vermittlung Markgraf Hugos zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf an der Oise zu einer Unterredung, bei der ein Arrangement ausgehandelt wurde. Danach stellte der HERIBERTINER Geiseln und versprach auf einem königlichen Hoftag vor Ostern 928 zu erscheinen. Der BOSONIDE brachte dagegen bereits damals die Möglichkeit ins Spiel, Graf Heribert II. den Besitz von Laon für ein Fallenlassen Karls III. zu konzidieren. Doch wurde eine Entscheidung vorerst vertagt. Jedenfalls begab sich der HERIBERTINER mit Karl III. nach Reims, von wo aus er einen Brief an Papst Johannes X. (+ 928) richtete, der ihn schon seit Jahren bedrängte, den rechtmäßigen westfränkischen König freizuassen Graf Heribert II. stellte sich in diesem Schriftstück zynisch als den alleinigen Verteidiger des wahren westfränkischen Königs hin, den er nun wieder eingesetzt habe. Doch kam es in der Fastenzeit, das heißt im März/April des jahres 928, dann tatsächlich zu der verabredeten Begegnung zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf. Der HERIBERTINER durfte anschließend Laon in Besitz nehmen, einen Erfolg, den er wiederum nur der städigen Drohung mit Karl III. verdankte. Doch Graf Heribert pokerte noch viel höher, indem er mit Markgraf Hugo von Neustrien zu Graf Rollo nach Rouen zog, wo es zu einem großen Fürsten-Treffen mit anderen westfränkischen Grafen und Bischöfen kam, deren Namen aber unbekannt geblieben sind. Die versammelten Großen der Francia erkannten den mitgeführten KAROLINGER Karl III. erneut als ihren legitimen westfränkischen König an und schlossen ein Bündnis. Der Normannen-Fürst Wilhelm I., Rollos Sohn, leistete dabei dem KAROLINGER wiederum als erster westfränkischer Aristokrat den Lehnseid. Damit stand Graf Heribert II. auf dem Höhepunkt seiner Macht; er übte die eindeutige Hegemonie über die Francia aus! Doch bald schon sollte sich dei Lage ändern. Noch im Jahre 928 kam es nämlich im Herzogtum Lothringen zu einem bedrohlichen Aufstand Graf Bosos (+ 935), eines Bruders König Rudolfs, und anderer Unzufriedener gegen die ostfränkisch-deutsche Herrschaft. Verhandlungen König HEINRICHS I. mit Graf Boso bewirkten schließlich eine Beruhigung der Situation und eine allgemeine Versöhnung, die aber für Graf Heribert II. negative Konsequenzen haben sollte. Denn als der HERIBERTINER mit seinem robertinischen Schwager Markgraf Hugo nach Maastricht kam, um bei König HEINRICH I. zugunsten König Karls III. zu intervenieren, lehnte dieser überraschenderweise ab.
    Daher nahm Graf Heribert II. als Pragmatiker einen politischen Kurswechsel vor, der ihn noch Ende des Jahres 928 wieder an König Rudolf heranbrachte. Gegen eine erneute Treueidleistung des HERIBERTINERS bestätigte ihm der BOSONIDE den Besitz von Laon und machte ihm Aussichten auf Apanagen für seine Söhne. Das Opfer dieses Friedens war natürlich der KAROLINGER Karl III., der nun in Reims tatsächlich erneut inhaftiert wurde. Nach einem Provence-Feldzug noch im Jahre 928 begaben sich sodann Graf Heribert II. und König Rudolf ebenfalls nach Reims, wo sich der BOSONIDE mit seinem ehemaligen obersten Lehsnherrn traf und dem KAROLINGER dabei für dessen Lebensunterhalt die königlichen Fisci Attigny und vielleicht auch Ponthion-sur-l'Ornain zuwies. Karl III. akzeptierte die "Geschenke" des nunmehrigen westfränkischen Königs, womit er faktisch stillschweigend und ohne Formalitäten abdankte. Für König Rudolf erbrachte dieser Akt politischer Klugheit die Anerkennung auch durch weitere aktive Anhänger des KAROLINGERS! König Karl III. allerdings hatte von diesem allgemeinen Friedensschluß persönlich wenig; es ist zwar unbekannt, welchen Status der KAROLINGER im Jahre 929 bei Graf Heribert II. genoß, doch dürfte der HERIBERTINER König Rudolfs Tat ignoriert und den KAROLINGER wieder in Peronne inhaftiert haben. Jedenfalls starb Karl III. "der Einfältige" nach 6-jähriger Gefangenschaft am 7. Oktober 929 auf der Burg Peronne in der Gewalt Graf Heriberts II. und wurde in der Kirche Saint-Fursy zu Peronne begraben.

    Konecny Silvia: Seite 145, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Deutlicher noch als bei ARNULF, hinter dessen Ehen eine heftig umstrittene Bündnispolitik des Adels stand, trat die Annäherung des königlichen Eheverhaltens an das des Adels im westfränkischen Reich zutage. Die Ehen Karls des Einfältigen unterschieden sich von denen ARNULFS allerdings insofern, als der westfränkische KAROLINGER auf eine Gesamtherrschaft in seinem Reich faktisch völlig verzichtete und eine feste Position in Lothringen anstrebte. Damit war eine Annäherung an die übrigen westfränkischen Principes gegeben. Karl der Einfältige wurde bei der Wahl seiner Ehepartnerinnen zumindest teilweise von dieser Politik bestimmt.
    Karl wurde als Vierzehnjähriger zum König gekrönt. Eine erste Verbindung ging er wohl unter der Ägide der FULCONEN ein, die seinen Herrschaftsanspruch vor allem unterstützt hatten. Auf Grund der politischen Entwicklung verlor jedoch die erste nicht näher bekannte Verbindung Karls des Einfältigen an Bedeutung, und jene Söhne, die ihr entstammten, blieben als Konkubinsöhne von einem Herrschaftsanspruch ausgeschaltet. Auch die FULCONEN förderten sie nicht, sondern unterstützten Ludwig den Überseeischen. Dieser hatte im Frankenreich keine mütterliche Verwandtschaft und eignete sich deshalb wohl besser zu einem Schattenkönig als selbst ein Kandidat aus den eigenen Reihen. Die Verbindung Karls des Einfältigen mit Friderun, die einem elsässischen Geschlecht entstammte (Richtig wohl eher sächsisches Geschlecht [IMMEDINGER]), sollte Karls Versuche unterstützen, sich im lothringischen Gebiet einen eigenen Herrschaftsbereich aufzubauen. Wie wichtig die Ehe mit Friderun war, wird an deren zahlreichen Anniversarien deutlich, die bezeugen, daß Karl die Bindungen zur Sippe seiner Gemahlin auch nach deren Tod pflegte. Friderun aber gebar keinen Sohn, und daher hatte Karl keine Möglichkeit, eine Fortsetzung seiner elsässischen Politik anzubahnen.
    Nach Frideruns Tod heiratete Karl die angelsächsische Prinzessin Eadgivu. Es handelt sich um eine der wenigen Ausländerehen in karolingischer Zeit. Die Verbindung sollte wohl ein Bündnis gegen die Normannen darstellen. Nach dem Tod ihres Gatten kehrte Eadgivu gemeinsam mit ihrem Sohn, Ludwig dem Überseeischen, nach England zurück. Ludwig wurde schließlich von den ROBERTINERN zurückberufen und zum König erhoben. Die Legitimitätsfrage stand bei seiner Herrschaftsübernahme nicht im Vordergrund. Zwar wird eine Krönung Eadgivus nicht erwähnt, der Krönungsbrauch ist jedoch bei den letzten westfränkischen KAROLINGERN so häufig bezeugt, daß diese durchaus anzunehmen ist. Überdies wurde Eadgivu auch Königin genannt. Möglicherweise dotierte Karl der Einfältige seine angelsächsische Gemahlin noch zusätzlich, wie dies im Falle Frideruns deutlich bezeugt ist. Von einer Sonderform der Ausländerehe, die sich rechtlich von der Vollehe unterschied, kann hier jedenfalls nicht mehr die Rede sein.

    13.4.907 1. oo Frederuna von Hamaland, Tochter des Grafen Dietrich, um 887 -10.2.917
    919 2. oo 1. Aethgiva (Eadgifu) von Wessex, Tochter des Königs Eduard I., 905-26.12.956
    ( 951 2. oo Heribert III. der Alte Graf von Soissons 910/15-29.1.993 )

    Kinder:
    1. Ehe
    - Irmintrud 908/09-
    oo Gottfried Pfalzgraf von Lothringen - 950
    - Frederuna
    - Adelheid
    - Gisela - 919
    912 oo Robert I. Herzog von der Normandie - 931
    - Rotrud
    - Hildegard

    2. Ehe
    - Ludwig IV. der Überseeische 10.9.920/21-10.9.954

    Illegitim
    - Arnulf
    - Drogo
    - Roriko Bischof von Laon (948-976) -20.12.976
    - Alpais

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite15,47-51,90 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 20,23,24-26,28,37,39 Anm. 1, 40,43,48,49,51,54 Anm. 61, 56,57 Anm.78,61,63,69,72,74 Anm.170,82,86,93,96, 118,169,170 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/ Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 175,283 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 11,20,27,35-39,42,49,54 - Black-Veldtrup Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995, Seite 103,104 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 105, 119,183,204,209,331,334,354,357,360,365,374,402 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 66,104,105,107,108,110-112,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 123,235,317,382-386,405,433-435,467-469,569-571,576,590,672 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16,19-24,45, - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 8,13,19, 22-35,36-43,45,48,52,54,58 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 289,292,315 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 20,24,29,35,187,259, 271,273 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 68-70,75-102,145,155, 166 - Hlawitschka, Eduard: Herzog Giselbert von Lothringen und das Kloster Remiremont, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 377- 421 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 22,28,48,66,82,103-105,115-122,124,127-142,146-155,161-163,169,171-181,183,189,194-205, 212,214,216,218,227,231,235,240,247 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite16,19,43,48-51,59,74-77,96,108,110 - Illig Heribert: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 61,140, 264,334,344,366 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 145-146 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,254, 271,279,288-294,299,348,375,407,414 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 174,179,183,188,191,193-195,198-207,209,211,220 - Schmid Karl: Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Gerd Tellenabch zum 80. Geburtstag. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1985, Seite 4-5,7,12-13,55 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 72,74,79 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 80,85,92,95,105,115 - Schulze, Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 117,121,141,148-154,153 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 5-408 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996, Seite 54,58, 60,62,65 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 447,464-468,470,473,475-484,488,492,501,521 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 73,77,81 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 48,54,122,124 -



    Name:
    (der Einfältige im Sinne von: der Geradlinige)

    Begraben:
    Kirche St-Fursy

    Karl heiratete Frederuna am 13 Apr 907. Frederuna wurde geboren um 887; gestorben am 10 Feb 917. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 23. von Frankreich, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 908/909.
    2. 24. von Frankreich, Frederuna  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 25. von Frankreich, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 26. von Frankreich, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 919.
    5. 27. von Frankreich, Rotrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    6. 28. von Frankreich, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen

    Karl heiratete von Wessex, Aethgiva in 919. Aethgiva wurde geboren in 905; gestorben am 26 Dez 956. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 29. von Frankreich, Ludwig IV.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 920/921; gestorben am 10 Sep 954 in Sens [89100],Yonne,Burgund,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 30. Roriko  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 920; gestorben am 20 Dez 976; wurde beigesetzt in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.
    2. 31. Arnulf  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 32. Drogo  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 33. Alpais  Graphische Anzeige der Nachkommen


Generation: 4

  1. 17.  von Flandern, Arnulf I. Graphische Anzeige der Nachkommen (9.Balduin3, 3.Judith2, 1.Karl1) wurde geboren in 885/890; gestorben am 27 Mrz 965.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Boulogne-sur-Mer [62200],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Ostervant (Grafschaft),Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Amiens [80000],Somme,Picardie,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Thérouanne [62129],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Artois (Provinz),Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Artois, Boulogne(-sur-Mer), Ostrevant, Amiens und Therouanne
    • Titel/Amt/Status: Laienabt der Klöster Saint-Omer, Saint-Amand zu Elnone und Saint-Vaast zu Arras
    • Titel/Amt/Status: 918-965, Flandern,Belgien; Graf von Flandern

    Notizen:

    Arnulf I. der Große
    885/90-27.3.965
    Graf von Flandern (918-965)
    Graf von Artois, Boulogne(-sur-Mer), Ostrevant, Amiens und Therouanne
    Laienabt der Klöster Saint-Omer, Saint-Amand zu Elnone und Saint-Vaast zu Arras

    Ältester Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred dem Großen

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1017

    Arnulf I. der Große, Graf von Flandern
    * um 900, + 27. März 965

    Arnulf I. erbte 918 den nördlichen Teil der Grafschaft Flandern. Gegen den in Ostrevant vordringenden Heribert II. von Vermandois eroberte Arnulf 930 und 931 die Festungen Douai und Mortagne, während er sich nach dem Tod des Grafen Adalhelm (932) des Artois und der befestigten Abtei St-Vaast in Arras bemächtigte. Nach dem Tod seines Bruders Adalolf (933) gliederte er im Westen das Gebiet um Therouanne und Boulogne seiner Grafschaft ein. Durch die Eroberung von Montreuil an der Mündung der Canche (948) kam der größte Teil der Grafschaft Ponthieu in seine Hände, wodurch Flandern unmittelbar an die Normandie grenzte. Wenig später zog er auch die Herrschaft über Amiens an sich, so dass sich seine Macht von der Schelde bis über die Somme ausdehnte.
    Die Sicherung seiner Ostgrenze hatte Arnulf inzwischen durch eine systematische Ehepolitik erreicht, indem er alle seine Töchter mit lothringischen oder deutschen Fürsten verheiratete.
    Nach dem frühen Tod seines einzigen Sohnes Balduin III. (+ 1. Januar 962) erhoben sich die Söhne seines verstorbenen Bruders Adalolf gegen ihren Onkel. Arnulf blieb keine andere Lösung, die Grafschaft zu retten, als sie bis zur Volljährigkeit seines Enkels Arnulfs II. dem König von Frankreich, Lothar zu übergeben. Lothar verpflichtete sich, Arnulf II. als Nachfolger von Arnulf in Flandern anzuerkennen und erhielt dafür selbst die Gebiete, die Arnulf während seiner Herrschaft erobert hatte (Ostrevant, Artois, Ponthieu und Amiens). Als Laienabt der großen Abteien seiner Grafschaft führte Arnulf mit Hilfe Gerhards von Brogne, der sie regulierten Äbten unterstellte, eine Klosterreform durch.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 20. ARNULF I., Graf von Flandern 918
    * ca. 890, + 964 27. III.
    Gemahlinnen:
    a) ? ....
    b)
    Adela von Vermandois, Tochter Heriberts II. (siehe VII. 2.) + 958/60

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 21. Arnulf I. (der Große)

    Daten siehe Vanderkindere I, 289.
    Die Geburtszeit ist nur ungefähr zu schätzen. Ob er vorher schon mit einer anderen Frau vermählt war, wie die späte Zeit der Heirat vermuten lassen könnte. wissen wir nicht [VIa 30]
    Ergänzung: (Werner): Gemahlin: 934 Adela von Vermandois, + 960, siehe VII 2.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460 "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 30
    Auch F.-L. Ganshof, La Flandre sous les premiers comtes, Bruxelles 1949, hält Arnulfs Ehe mit Adela 934 für seine zweite Ehe.
    Zu Adelas Todesjahr, das sich gegenüber "958-960" auf 960 präzisieren läßt, siehe VII, 3.

    Althoff Gerd: Seite 394, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 32
    Lü: 27.3. Ernaldus com + 964/65 Graf von Flandern

    Durch die 961 geschlossene Ehe zwischen Mathilde (G 52), der Tochter Hermann Billungs, und dem Grafen Balduin von Flandern waren die BILLUNGER mit dem flandrischen Grafenhaus verwandt. Dies ist der Grund für die Eintragung mehrerer Angehöriger dieses Grafenhauses im Lüneburger Necrolog. Neben Arnulf, dem Schwiegervater Mathildes, finden sich: ihr Enkel Balduin (G 55) mit seiner Gemahlin Geva (G 17), sowie die Frau ihres Sohnes Susanna regina (K 48).
    Die Identifizierung des Ernaldus com vom 27.3. mit dem Schwiegervater Mathildes ist dadurch leicht unsicher, dass ihr gleichnamiger Sohn am 30.3.987 starb. Der Unterschied in den Todesdaten gibt jedoch den Ausschlag für den älteren Arnulf (vgl. Köpke-Dümmler, Otto der Große, S. 395), dessen Todesjahr in den Quellen unterschiedlich belegt ist. Arnulf I., in dessen Regierungszeit die Verbindung der Familien zustande kam, erscheint als Gefolgsmann König OTTOS DES GROSSEN in den Auseinandersetzungen mit dem französischen Königtum.
    Vgl. dazu Köpke-Dümmler, Otto der Große, passim (Register S. 596) und Vanderkindere, La Formation territoriale, S. 54 ff.
    Zum Selbstverständnis der flandrischen Grafenfamilie von der besonders Witgers Genealogia Arnulfi comitis (MGH SS 9, S. 302 f.) Auskunft gibt, vgl. Patze, Adel und Stifterchronik, S. 15-21.
    Belege des Todesdatums bei Vanderkindere, S. 289.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ARNULF I. "DER GROSSE"
    * um 888, + 964

    Arnulf I. der Große war der mächtigste französische Feudalbaron seiner Zeit; er hatte keine Untervasallen, die seine Macht schmälern konnten und verhinderte das Aufkommen solcher Kräfte. Er nannte sich oft "Markgraf", um seine starke Stellung zu unterstreichen. Er wurde Schirmvogt der geistlichen Herrschaften seines Raumes, die dadurch auch nicht zu Konkurrenten heranwachsen konnten. Er blieb formal französischer Vasall, lehnte sich an die kaiserlichen OTTONEN an und geriet besonders gegen Hugo von Franzien und gegen die Normannen, da deren Expansionspolitik begann. Er ermordete 942 den Herzog Wilhelm von der Normandie, den er wegen Grenzstreitigkeiten zu einer Zusammenkunft nach Picquigny an der Somme eingeladen hatte. Er hielt alle Hoheitsansprüche der Herzöge von Lothringen von Flandern fern, gewann mit seiner Frau den größten Teil von Artois dazu und förderte die kirchliche Reformbewegung.

    oo ADELE VON VERMANDOIS + 960
    Tochter des Grafen Heribert II.

    Ehlers Joachim: Seite 45, "Die Kapetinger"

    Seit der Zeit KARLS DES KAHLEN gab es im Norden ein Machtzentrum um Brügge, das Graf Balduin I. (+ 879) als Schwiegersohn des Königs aufgebaut hatte. Seine Nachfolger konnten durch regionale Erfolge bei der Normannenabwehr und geschicktes Ausnutzen der Kämpfe zwischen ROBERTINERN, KAROLINGERN, den Grafen von Vermandois und dem Erzbischof von Reims, ihr Gebiet nach Süden bis Therouanne und Boulogne, nach Norden bis zur Schelde vergrößern und schließlich mit Arnulf I. (918-965) vom König den marchio-Titel erhalten.


    1. oo N.N.
    -
    933 2. oo Adela von Vermandois, Tochter des Grafen Heribert II. 910/15- 960


    Kinder:

    - Hildegard 934 - 971/72
    oo Dietrich II. Graf von Holland - 1.4.988
    - Egbert - vor 10.7.953
    - Balduin III. 940-1.1.962
    - Elftrude
    oo Siegfried Herr von Guines - 965
    - Liutgard 935-18.10.962
    950 oo Wichmann Graf von Hamaland - 14.12.973

    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 58,83,394 G 32 - Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel 3-7- Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,118 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 45 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 51,54,64 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 23,49 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 63 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 34 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 120,125,128-132,223 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Seite 77,87,119,128,129,142,144,151,153,175,283,298,306,395,582,583 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 12-13 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 80,91,164 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 277,299,307,309 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 214,225 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 6-403 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Uhlirz, Karl: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. Verlag Duncker & Humblot Berlin 1967 Band I Seite 450-452,454 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 496 - Zimmermann, Harald: Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1976 -

    Arnulf heiratete von Vermandois, Adela in 933. Adela (Tochter von von Vermandois, Heribert II. und von Neustrien, Adele) wurde geboren in 910/915; gestorben in 960. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 18.  von Boulogne, Adalolf Graphische Anzeige der Nachkommen (9.Balduin3, 3.Judith2, 1.Karl1) wurde geboren in 890; gestorben am 13 Nov 933.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Saint-Omer [62765],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Abt von Saint-Bertin
    • Titel/Amt/Status: 918-933, Boulogne-sur-Mer [62200],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Boulogne
    • Titel/Amt/Status: 918-933, Ternois,Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Ternois

    Notizen:

    Adalolf
    Graf von Boulogne und Ternois (918-933)
    Abt von St.Bertin
    890-13.11.933

    Jüngerer Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred dem Großen

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 21. ADOLF (ETHELWOLF), Graf von Boulogne und Ternois
    * ..., + 933 13. XI.

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 21. ADOLF/ADALOLF
    Vanderkindere I, 286; Folcvin, S. S. 13, 627.
    Ergänzung: (Werner):
    * ca. 890, + 13. XI. 933, 918 Graf von Boulogne und Ternois, Abt von St. Bertin
    Gemahlin: Konk. NN [VI a 31]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 31.
    Adalolf übernahm seine beiden Grafschaften Boulogne (Boulonnais) und Terouanne (Ternois) 918 beim Tode seines Vaters. Nach Adalolfs Tod brachte sein älterer Bruder Arnulf diese Grafschaften ohne Berücksichtigung der Nachkommen Adalolfs an sich (Ganshof 21).
    Man beachte, daß der Name Adalolf dem angelsächischen Aethelwulf entspricht, und ihm durch seine Mutter, die englische Königs-Tochter Aelftrud, zukam.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ADOLF
    Graf von Boulogne-sur-Mer 918, ebenso Graf von Therouenne

    oo N.N.

    Leo Heinrich Dr.: Seite 12,13, "Zwölf Bücher niederländischer Geschichten."

    Der jüngere, Adalulf, erhielt, natürlich der Markgrafschaft untergeordnet, jene Grafschaft, welche die Gebiete von Boulogne, St. Pol, Guines, Therouenne und des Klosters des heiligen Bertin umfaßte, oder den pagus Arkensis.
    Doch wurde der Teil Flanderns, welchen vorher Adalulf erhalten hatte, und welcher nach dessen Tode wohl von Arnulf nicht wieder verliehen worden war, mit Ausnahme der Grafschaft Guines, von dem Könige Lothar an einen französischen Grafen (comes Pontacensis) Wilhelm gegeben; auch machten bei dieser Gelegenheit die Mönche des heiligen Bertins ihr Recht auf Calais geltend; doch blieb diese Seestadt wegen ihrer militärischen Wichtigkeit in weltlichen Händen und wurde nebst der Grafschaft Guines einem anderen Lehnsmanne von Frankreich, Adolph, Sigfrids Sohne, erteilt. Die Grafen von Boulogne und Guines blieben dabei wegen dieser Besitzungen Vasallen von Flandern [3 Später erbte der ganze pagus Arkensis, mit Ausnahme der an Kirchen gekommenen Territorien und der Grafschaft St. Pol, wieder zusammen, indem die Familien Wilhelms von Boulogne und Adolphs von Guines durch eine Heirat verbunden wurde. (...)





    oo N.N.


    Kinder:

    - Arnulf Graf von Boulogne um 910-31.1.972
    - Balduin (Balzo) - Vormund für Arnulf II. um 915- 973
    - ? Erniculus Graf von Boulogne



    Literatur:
    Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel Kapitel 4 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,118 - Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 12 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 -

    Name:
    Adolf


  3. 19.  von Flandern, Ealswid Graphische Anzeige der Nachkommen (9.Balduin3, 3.Judith2, 1.Karl1)

    Notizen:

    Ealswid von Flandern

    Tochter des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 22. EALSWID

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 22-23 Ealswid und Irmtrud
    Vanderkindere I, 286. [VIa 32/33]


  4. 20.  von Flandern, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (9.Balduin3, 3.Judith2, 1.Karl1)

  5. 21.  von Flandern, Albert Graphische Anzeige der Nachkommen (9.Balduin3, 3.Judith2, 1.Karl1) gestorben in 977.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 950/977, Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Bischof von Paris
    • Titel/Amt/Status: 951-977, Drongen [9031],Flandern,Belgien; Propst in Trouchiennes

    Notizen:

    Albert von Flandern
    Bischof von Paris
    - 977
    Illegitimer Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 24. unehelich ALBERT, Bischof von Paris, ca. 950, Propst in Trouchiennes 951-977

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 24. Albert
    Vanderkindere I, 286f. Seine Existenz ist nicht völlig gesichert. [VIb 34]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VI. Generation 34

    Den Adalbert/Albert (ein UNRUOCHINGER-Namen), der ins flandrische Grafenhaus aus dem Geschlecht, das in diesem Raum der flandrischen Macht vorausgegangen war, vgl. Grierson, einging, ebenso wie der Name Rudolf, der, wenngleich welfisch, über die UNRUOCHINGER an das Haus FLANDERN kam) läßt Brandenburg VI, 24 um 990 Bischof von Pariss ein. Nun gab es um diese Zeit, lau Ausweis der Pariser Bischofslisten (vgl. Duchesne, Fastes 2, 465 und 468) einen Bischof Albericus, der zeitlich auf den 941 VI 5 verstorbenen Walter folgte und dem etwa 954 VI 8 nachweisbaren Constantius voraufging (vgl. P. B. Gams, Series episcoporum ecclesiae catholice, 1873, 596). Der einheitlich überlieferte Name Albericus, der im flandrischen Hause nicht begegnet, erlaubt es nicht, diesen Bischof mit dem Probst Albert zu identifizieren.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ALBERT (unehelich)
    + 977
    Albert wurde 950 Bischof von Paris und Probst von Tronchienne.

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 -


  6. 22.  von Verdun, Kunigunde Graphische Anzeige der Nachkommen (15.Ermentrud3, 4.Ludwig2, 1.Karl1) wurde geboren in 890/895; gestorben nach 923.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; Gräfin von Verdun

    Notizen:

    Kunigunde Gräfin von Verdun
    890/95-2.10. nach 923

    Eventuell Tochter Reginars I. Langhals von Hennegau und der Ermentrude, Tochter von König Ludwig II. der Stammler
    Nach E. Brandenburg als Tochter der Irmtrud Enkelin des westfränkischen König Ludwigs des Stammlers

    Althoff, Gerd: Seite 419, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 143
    Me: 2.10. Cunice com Großmutter der Kaiserin Kunigunde

    Die gleiche Person ist zum gleichen Tag auch ins jüngere Necrolog von St. Maximin in Trier eingetragen worden. Angesichts der Tatsache, daß mehrere Verwandte der Kaiserin Kunigunde im Merseburger Necrolog begegnen (vgl. G 145a, G 176, K 16, G 173) und angesichts der engen Beziehungen ihrer Familie zu St. Maximin in Trier, wo ihre Eltern begraben wurden (vgl. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, Seite 64f.), liegt es zwingend nahe, in der Cunice (Kunigunde)die Großmutter der Kaiserin zu sehen (zu ihr vgl. Renn, Seite 2ff.; anders Eckhardt, Genealogische Funde, Seite 54ff.).
    Bei der Neustiftung des Gedenkens in Merseburg hat die Kaiserin Kunigunde offensichtlich dafür gesorgt, daß ihre Vorfahren in das Gedenken aufgenommen wurden, siehe dazu ausführlich oben Seite 198f.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 26. KUNIGUNDE

    * ca. 890, + ...
    Gemahl:
    a) vor 910
    Wigerich, Graf im Trier- und Ardennergau 902, Pfalzgraf von Aachen 916 19.I. + vor 919
    b) (ca. 920)
    Richwin, Graf von Verdun + 923

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 26. Kunigunde
    Über die Frage, ob Kunigunde, die Mutter des Grafen Siegfried von Luxemburg, identisch sei mit Kunigund, Gemahlin des Pfalzgrafen Wigerich und des Grafen Richwin, besteht eine ausgedehnte Literatur, von deren Aufzählung ich hier Abstand nehme, indem ich allgemein auf Parisot, Origines Seite 278f., verweise. Ich führe hier nur die Quellenzeugnisse an, welche mir dieser Identität als ausreichend gesichert erscheinen lassen. Zunächst steht fest, daß Graf Siegfrieds Mutter Kunigunde eine Tochter von Ludwigs des Stammlers Tochter Irmtrud war, Tabula genealogica S. S. 2, 314 und 9, 303; ihr Vater ist nicht bekannt. Ferner ist sicher, daß Bischof Adalbero von Metz, ein Sohn jener Kunigunde, die mit Wigerich und Richwin verheiratet war, aus ihrer ersten Ehe, urkundlich von König Karl dem Einfältigen als nepos bezeichnet wird, Cartul. de St. Lambert 1, n. 11. Sind beide Kunigunden dieselbe Person, so war er tatsächlich König Karls Großneffe (Enkel seiner Schwester Irmtrud). Sind sie nicht identisch, so müßte, da von einer Verwandtschaft Wigerichs mit den KAROLINGERN gar keine Spur vorhanden ist, die zweite Kunigunde ebenfalls eine sehr nahe Verwandte König Karls gewesen sein, was sehr wenig wahrscheinlich ist, da wir die Familienverhältnisse der französischen KAROLINGER ziemlich genau kennen und hier für die Anknüpfung einer solchen Verwandtschaft kaum eine Möglichkeit zu bestehen scheint. Es erscheint mit hyperkritisch, die einfache Lösung, die durch die Annahme der Identität beider Kunigunden geboten wird, von der Hand zu weisen.
    Sind sie aber identisch, so muß des Grafen Siegfried Vater, über den keine Überlieferung vorhanden ist, entweder Pfalzgraf Wigerich oder Graf Richwin gewesen sein, falls man nicht zu der ganz unwillkürlichen Annahme greifen will, daß Kunigunde noch einen dritten unbekannten Gatten gehabt habe. Die Kinder Wigerichs und Kunigundens, von denen wir sechs kennen (siehe Teil II, Gen. VII 57-62) müssen also seine Geschwister oder Stiefgeschwister gewesen sein. Kinder aus Kunigundens zweiter Ehe sind nicht bekannt; denn die Vermutung Schenks zu Schweinsberg (Geneal. Beiträge zur Reichsgesch. S. 8 f.), daß der 959 verstorbene Herzog Gottfried von Lothringen dieser Ehe entsprossen sei, muß wegen unzureichender Begründung abgelehnt werden. Nun wird aber Graf Siegfried in den Briefen des Erzbischofs Gerbert (ed. Havet lettres n. 51, 52) als patruus des Grafen Gottfried von Verdun bezeichnet, der ein Sohn Gozelos, Sohnes des Pfalzgrafen Wigerich war (s. Teil II, Gen. VIII 72), was wieder nur zutrifft, wenn er Gozelos Bruder oder Stiefbruder war. Diese Argumente erscheinen mir als völlig durchschlagend; es müssen aber noch einige Umstände erwogen werden, die gegen diese Annahmen zu sprechen scheinen. Hier ist zunächst die Frage zu stellen, ob nicht die Altersverhältnisse der Kunigunde dagegen sprechen. (So namentlich Vanderkindere 2, 329 f.) Da ihre Mutter Irmtrud etwa um 870 geboren sein kann (siehe oben V 25), so kann Kunigunde um 890 (sogar etwas früher) zur Welt gekommen sein; sie hat Wigerich vor 910 geheiratet und ihm, der zwischen 916 und 919 starb, mindestens fünf Kinder geboren war also zur Zeit ihrer zweiten Vermählung um 920 etwa 30 Jahre alt. Hier liegt also nicht die geringste wirkliche Schwierigkeit vor. Ferner wird geltend gemacht, Graf Siegfried, der erst 963 zum ersten Mal vorkommt und 998 starb, könne nicht wohl der Sohn dieser Kunigunde sein, weil man seine Geburt um 940 ansetzen müsse. Es liegt aber gar kein Grund vor, warum Siegfried nicht älter gewesen sein könnte. Daß wir zufällig keine Nachricht von ihm vor 963 haben, kann in dieser nachrichtenarmen Zeit nicht auffallen; jedenfalls war er damals schon verheiratet; sein ältester Sohn Heinrich kommt schon 964 vor (Mittelrhein. U.B. I, n. 220); der Sohn, welcher am längsten lebt, Erzbischof Albero von Trier, ist zwar erst 1055 gestorben, kann aber sehr wohl um 975 geboren sein, wenn des Vaters Geburt um 920 fällt. Allerdings sprechen die chronologischen Erwägungen stark dafür, daß Graf Siegfried aus Kunigundens zweiter um 920 geschlossener Ehe stammte und etwa 922 oder 923 (in welchem Jahr Graf Richwin starb) geboren war; er würde dann selbst etwa 78 Jahre alt geworden sein. Ich sehe demnach auch in diesen Erwägungen keinen stichhaltigen Gegengrund. Für Richwins Vaterschaft scheint mir noch zu sprechen, daß 963 18. V. neben Siegfried in einer Urkunde der Gräfin Uta, des oben erwähnten Bruders oder Stiefbruders Gozelo Witwe, als Zeuge ein sonst unbekannter Graf Richwin erscheint, dessen Name die Vermutung nahelegt, daß er ein rechter Bruder Siegfrieds gewesen sei. Endlich ist noch ein Punkt zu erwähnen. In Gerberts Briefen (ed. Havel n. 51) erscheint ein gleichnamiger Sohn des Grafen Siegfried. Da nun, soviel wir wissen, unter seinen Söhnen keiner dieses Namens war, könnte daraus geschlossen werden, daß es sich hier um einen ganz anderen Grafen Siegfried handle, wodurch das oben angeführte Zeugnis für die Verwandtschaft Siegfrieds mit den Söhnen Wigerichs seine Beweiskraft verlieren würde. Bei der Seltenheit des Namens Siegfried ist das sehr wenig wahrscheinlich. Auch kann entweder Graf Siegfried einen gleichnamigen jung verstorbenen Sohn gehabt haben, über den keine anderen Nachrichten erhalten geblieben sind, oder es kann ein Fehler des Abschreibers in der Adresse des betreffenden Briefes vorliegen, nämlich Sigifrido filio anstatt Sigefridi comitis filio, in welchem Fall der Name des Sohnes gar nicht genannt wäre. Jedenfalls bietet die Sachlage weder einen Grund, den Grafen Siegfried (c. 922 bis 998) in zwei Personen, Vater und Sohn, zu zerspalten, wie es Parisot tut, noch kann die Beweiskraft der früher angeführten Argumente ernstlich erschüttern. Die Annahme wird auch stark unterstützt durch die Tatsache, daß unter den Nachkommen des ARDENNER-Hauses und Siegfrieds die gleichen Namen gebräuchlich sind und durch den Güterbesitz, s. Witte, Lothr. Jb. 5,2, 46 f. Ganz sicher ist nur die karolingische Abstammung ihres Sohnes Siegfried. Ich bringe daher die Kinder erster Ehe, obwohl ich sie für recht gesichert halte, im Teil II. [VI 36]

    Werner Karl Ferdinand: Band IV Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. 36.
    Zu den Nachkommen Kunigunds eingehend H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, 963-1136, Bonn 1941, 2dd. Wir besitzen nicht nur eine Genealogie des 11. Jahrhunderts, die die Generationenfolge Ludwigs des Stammlers - Ermentrud (die Schwester Karls III.) - Kunigund - Sigfrid - Kunigund (die Kaiserin, Gattin HEINRICHS II.) verzeichnet, sondern auch den urkundlichen Beweis der karolingischen Abkunft im Diplom König Karls III. von 911/15 (ed. Lauer nr. 65), in dem eine Pekarie bestätigt wird für den comes Widricus und auf Lebzeiten seiner Gattin und eines ihrer Söhne ... uxoris eius, nomine Cunegundis, et unius filiorum ipsorum, videlicet nostri nepotis (!) Adelberonis (der spätere Bischof Adalbero von Metz hier ausdrücklich als Sohn von Karls Base Kunigund bezeugt). In der umstrittenen Frage, welche der zahlreichen Kinder Kunigunds aus ihrer ersten Ehe mit Wigerich/Widericus und welche aus der zweiten Ehe mit Richwin von Verdun stammen, kommt Renn zu dem Ergebnis, alle uns bekannten Kinder der ersten Ehe zuzusprechen. Brandenburg neigte dazu, den Sohn Siegfried (unten VII, 68) der zweiten Ehe zuzuschreiben. Dem stehen die Leitnamen eindeutig entgegen. Der Bruder des Kunigund-Gemahls Wigerich hieß Friedrich, wie wir aus der Vita Johanns von Gorze c. 55 und 74 wissen. Eben der Name Friedrich begegnet aber bei einem der Söhne Siegfrieds: Er hat ihn aus der Familie seines Vaters Wigerich. Das gleiche gilt für einen anderen Sohn Siegfrieds, Adalbero, denn gerade für den Bruder Siegfrieds, der auch Adalbero hieß, sahen wir eben, daß er als Sohn des Wigerich/Widericus und der Kunigund gesichert ist. Siegfried ist demnach den Söhnen Kunigunds aus der ersten Ehe zuzuschreiben. Brandenburg beging aber unabhängig von der Entscheidung in dieser Frage einen kaum verständlichen Fehler. Am Ende seiner Anmerkung VI, 26 bemerkt er: "Ganz sicher ist nur die karolingische Abstammung ihres Sohnes Siegfried. Ich bringe daher die Kinder aus erster Ehe, obwohl ich auch sie für recht gut gesichert halte, im Teil 2." Hier übersieht er, daß Trägerin der karolingischen Abkunft ja die Mutter Kunigund ist - die Abkunft all dieser Söhne und Töchter von ihr aber nie bezweifelt wurde und bezweifelt werden konnte; er übersieht, daß ja gerade für einen gesicherten Sohn der Kunigunde aus der ersten Ehe, Adalbero, die karolingische Verwandtschaft bezeugt ist! Es sind also sämtliche Nachkommen der besonders wichtigen, in Lothringen einflußreichen Kunigund-Kinder von der Tabelle der "wahrscheinlichen Nachkommen" (bei Brandenburg VII, 57-62; VIII, 71-78; IX, 81-90; X, 113-126,209-214; XII, 327-330; XIII, 571-573; XIV, 856-858) zu streichen und den KARLS-Nachkommen zuzurechnen. Zu Richwin ist dem von Brandenburg angegebenen Todesjahr noch hinzuzufügen, daß er 895 VII 14 im D 3 Zwentibolds (ed. Schieffer 21) als Graf von Verdun auftritt und im D 27 (ebd. 66) 899 I 23 zusammen mit Graf Widricus/Wigerich für die Kirche von Trier interveniert.

    Vielleicht hat sich Kunigunde nach dem Tode ihres zweiten Gatten in ein Kloster zurückgezogen, denn sie tritt nicht mehr öffentlich in Erscheinung.

    Renn, Heinz: Seite 2,10-11, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Wie alle übereinstimmend berichten, heißt Sigfrids Mutter Kunigunde. Eine genealogische Tafel des 11. Jahrhunderts vermittelt uns diesen Namen in der Ahnenreihe der Kaiserin Kunigunde, der Tochter Sigfrids von Luxemburg. Diese Stammtafel der Gemahlin Kaiser HEINRICHS II. zeigt folgendes Bild:
    Ludwig der Stammler - Ermentrudis - Kunigundis - Sigfridus - Kunigundis, Kaiserin
    Sigfrid ist also durch seine Mutter Kunigunde und seine Großmutter Ermentrude der Urenkel des westfränkischen Königs Ludwigs des Stammlers. Wer der Gemahl Kunigundens gewesen ist, darüber schweigen die Quellen; keine teilt uns den Namen des Vaters unseres Grafen Sigfrid mit.
    Die Ahnen der Gemahlin Wigerichs mütterlicherseits haben wir festgestellt. Wer aber Kunigundens Vater ist, darüber wissen wir nichts Sicheres. Sigfrid Hirsch nimmt als solchen Reginar Langhals an, allerdings ohne Angabe von Belegen [40 Jahrbücher unter Heinrich II., I Seite 531; dieser Vermutung gibt auch Helene Stresow, Seite 48, Ausdruck, siehe Seite 15.]. Manches spricht in der Tat dafür. Schon bei oberflächlicher Überlegung fallen die gleichen Namensbezeichnungen auf. Einer der Söhne Wigerichs heißt Giselbert, während wir unter seinen Enkeln einen Reginar antreffen [41 Sohn Gozlins, siehe unten, Seite 32, 38.]. Gerade diese beiden Namen kehren im Geschlechte Reginar Langhals' ständig wieder.
    Territorialgeschichtlich wird unsere Vermutung durchaus gestützt. Die Nachkommen Kunigundens haben zum Teil große Liegenschaften an Maas und Schelde. Da Wigerich und Richwin dort vor ihrer Ehe nicht nachzuweisen sind, muß ihre Gemahlin diese Besitzungen mitgebracht haben. Gerade in diesen Gegenden hat Reginar bekanntlich das Hauptzentrum seiner Macht. Er konnte also seiner Tochter eine reiche Mitgift zur Verfügung stellen. Außerdem wird Ermentrude als Tochter und Schwester der westfränkischen Könige sicherlich nur einen der bedeutendsten Großen des Reiches geheiratet haben. Auch eine Reihe persönlicher Beziehungen Reginar Langhals' zum Königshaus im Westreich lassen diese Verbindung durchaus als glaubwürdig erscheinen. Die Ehe Reginars mit Ermentrude wäre um 890 oder noche inige Jahre vorher anzusetzen. Anschließend hätte Reginar dann Albrada geheiratet, die Mutter seiner Söhne Giselbert und Reginar.

    Barth Rüdiger E.: Seite 84,86 Anm. 16, "Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert"

    Rikwin war zweiter Gemahl der Gräfin Kunegonde [5 Vita Joannis Gorziensis, SS IV, Seite 367; siehe auch ebd., c. 40, Seite 348.], die in erster Ehe mit Graf Wigerich verehelicht war [6 Wigerich (Widricus) nachweisbar als comes in Pago Bedinse und als comes palatii.]. Graf Wigerich und Graf Rikwin waren bedeutende Persönlichkeiten des südlotharingischen Raums. Otto von Verdun war Stiefsohn der in zweiter Ehe mit Graf Rikwin verehelichten Gräfin Kunegonde und Stiefbruder Friedrichs I. von Ober-Lothringen. Rikwin, Laienabt des Klosters St.-Pierre-aux-Nonnains in Metz wurde 923 von Graf Boso ermordet. Ottos Stiefmutter war Enkelin des westfränkischen Königs Ludwigs II. des Stammlers. Daß Otto ein gemeinsamer leiblicher Nachkomme Graf Rikwins und dessen wenigstens zweiter Gemahlin Kunegonde gewesen ist, ist auszuschließen. Rikwin heiratete Gräfin Kunegonde, Witwe des zwischen 916 und 919 verstorbenen Grafen Wigerich, wahrscheinlich zwischen 916 und 919.
    Neben Graf Friedrich I., seit 959 sogenannter Herzog von Ober-Lothringen, war der einflußreiche Bischof Adalbero von Metz (929-962) ein weiterer Stiefbruder Ottos [16 SS IV, Seite 348, c. 40: Ipse Adalbero ... cum esset regii quidem paterna simul a materna stirpe ... sanguinis (Adalbero war übrigens Gegner der zweiten Heirat seiner Mutter Kunegonde mit Graf Rikwin); siehe auch Ahnentafel IV-V in K.d.G., Band 4 (siehe Anmerkung 1).].

    Hlawitschka Eduard: Seite 195, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Und darüber hinaus hatte Karl der Einfältige auch noch andere Verwandte in Lotharingien, die einer solchen Herrschaftsregelung von vornherein geneigt sein mochten: Der Graf Wigerich vom Bidgau hatte Kunigunde, eine Enkelin Ludwigs des Stammlers und somit Nichte Karls des Einfältigen, zur Frau [37 Ausführliche Nachweise bei H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (1941) Seite 31ff. - Bezeichnend ist vor allem, daß Karl der Einfältige einen Sohn Wigerichs und Kunigundes, Adalbero (später Bischof von Metz), als seinen nepos hervorhebt; Recueil des actes de Charles III le Simple Seite 146ff. nr. 65.]

    Twellenkamp, Markus: Seite 478, "Das Haus der Luxemburger" in: Die Salier und das Reich

    Graf Siegfried, der die später namengebende Burg erwarb, stand in engen familiären Bindungen zu den beiden Königssippen jener Zeit, den KAROLINGERN und den OTTONEN. Von seiner Mutter Kunigunde [17 Renn, Luxemburger (wie Anmerkung 1), Seite 2-10. Eine genealogische Tafel des 11. Jahrhunderts überliefert folgenden Ahnenreihe: Ludwig der Stammler - Ermentrude - Kunigunde - Siegfried - Kunigunde (Gemahlin Kaiser HEINRICHS II.); vgl. Regum Francorum genealogiae, MGH SS 2, Seite 314. Nach der Chronik der Grafen von Flandern stammte Ermentrude aus der zweiten Ehe Ludwigs mit Adelheid; vgl. Genealogieae comitum Flandriae, MGH SS 9, Seite 303, Zeile 10f.] her war er ein Urenkel König Ludwigs des Stammlers.

    Hlawitschka Eduard: Seite 61-64, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert."

    So wissen wir, daß die Ehe Kunigundes mit Wigerich kurz vor 910, vielleicht 907, zustandegekommen ist und daß Wigerich zwischen 916 und 919 verstarb. Aus dieser Ehe Kunigundes sind 6 Kinder hervorgegangen [56 Vgl. oben Anmerkung 32. - E. Kimpen, Zur Genealogie der bayerischen Herzöge von 908-1070, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 13 (1953) Seite 74ff., versucht, Siegfried von Luxemburg gänzlich aus der Zahl der Kinder Wigerichs und Kunigundes zu eliminieren. Seine Argumente und seine Herleitung Siegfrieds aus der Hamaländer Grafenfamilie vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Vgl. außerdem E. Kimpen, Zur Herkunft Siegfrieds von Luxemburg, in: Eifelkalender 1955 Seite 111-114. Die Thesen von Kimpen wurden bereits von M. Uhlirz, Die ersten Grafen von Luxemburg, in: DFA 12 (1956) Seite 36 ff. mit großer Skepsis behandelt.].

    910 1. oo Wigerich Pfalzgraf von Lothringen - 919
    920 2. oo Richwin Graf von Verdun - 923

    Kinder:
    - Adalbero I. Bischof von Metz (929-962) 910-26.4.962
    - Gozelo um 914-19.10.942
    - Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen 912-17.6.978
    - Giselbert Graf im Ardennengau 915-17.4.963
    - Liutgard 915-8.4.960
    1. oo Adalbert (MATFRIEDE) - 944
    2. oo Eberhard Graf von Egisheim - 972/73

    Siegfried Graf im Moselgau 915/17-26.10.997

    Literatur:
    Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 419 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990 Seite 84,86 Anm. 16,185 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 3, 119-120 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 186,478 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 54,61-64,68,70,74, 107,109-112,116,118-120,125,130,132,136,138,146,179 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 195 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 2-12 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf VI. 36. Seite 460 -

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 34. von Luxemburg, Siegfried I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915/917; gestorben am 26 Okt 997; wurde beigesetzt in Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Kunigunde heiratete von Lothringen, Wigerich um 910. Wigerich wurde geboren um 870; gestorben um 919; wurde beigesetzt in Hastière [5540],Namur,Wallonien,Belgien. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 35. von Lothringen, Adalbero I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 910; gestorben am 26 Apr 962.
    2. 36. von Oberlothringen, Friedrich I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 912; gestorben am 17 Jun 978.
    3. 37. von Lothringen, Gozelo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 914; gestorben am 19 Okt 942.
    4. 38. von Lothringen-Verdun, Liutgard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915; gestorben am 8 Apr 960.
    5. 39. von Lothringen, Giselbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915; gestorben am 17 Apr 963.

    Kunigunde heiratete von Verdun, Richwin um 920. Richwin gestorben am 15 Nov 923. [Familienblatt] [Familientafel]


  7. 23.  von Frankreich, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1) wurde geboren in 908/909.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Jülich [52428],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; Gräfin von Jülich

    Notizen:

    Ermentrud von Frankreich
    Gräfin von Jülich
    908/09-

    Älteste Tochter des Königs Karl der Einfältige von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Frederuna von Hamaland, Tochter von Graf Dietrich

    925/30 oo Gottfried Graf im Jülichgau um 905-1.6. nach 949

    Kinder:

    - Gottfried Herzog von Nieder-Lothringen 925/35- Sommer 964
    - Gerberga ca 925/35- vor 24.5.996
    oo Meginoz 920- 998/99
    - Gebhard Ahnherr großer Franken 925/35-
    - Adalhard Ahnherr großer Franken
    - Gerhard II. Graf von Metz 925/35-

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 57,61-66,68,70,72-77,79,96,127,138,145,146 -

    Ermentrud heiratete von Jülich, Gottfried um 925/930. Gottfried (Sohn von von Metz, Gerhard I. und von Sachsen, Oda) wurde geboren in 905; gestorben nach 949. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 40. von Niederlothringen, Gottfried  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 925/935; gestorben in 964 in Rom [00100],Latium,Italien.
    2. 41. im Jülichgau, Gerberga  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 925/935; gestorben vor 24 Mai 996.
    3. 42. von Metz, Gebhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 935/935.
    4. 43. von Metz, Adalhard  Graphische Anzeige der Nachkommen
    5. 44. von Metz, Gerhard II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 925/935.

  8. 24.  von Frankreich, Frederuna Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1)

  9. 25.  von Frankreich, Adelheid Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1)

  10. 26.  von Frankreich, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1) gestorben in 919.

    Gisela heiratete von der Normandie, Rollo I. in 912. Rollo wurde geboren in 846; gestorben in 931/932; wurde beigesetzt in Rouen [76000],Seine-Maritime,Haute-Normandie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]


  11. 27.  von Frankreich, Rotrud Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1)

  12. 28.  von Frankreich, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1)

  13. 29.  von Frankreich, Ludwig IV.von Frankreich, Ludwig IV. Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1) wurde geboren in 920/921; gestorben am 10 Sep 954 in Sens [89100],Yonne,Burgund,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 936-954, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig IV. der Überseeische
    König von Frankreich (936-954)
    10.9.920/21-10.9.954 Sens Begraben: Reims St-Remi
    Einziger Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Aethgivu von Wessex, Tochter von König Eduard I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2176, Ludwig IV. (Transmarinus, d’Outre-Mer), westfränkischer König 936-954

    + 10. Oktober 954 Reims Begraben: Reims St-Remi
    Sohn König Karls III. des Einfältigen
    oo 939 Gerberga, Schwester OTTOS I.

    Die Kämpfe mit dem Haus VERMANDOIS um die Francia ließen 936 Hugo den Großen die Restitution des karolingischen Hauses und die Rückholung Ludwigs IV. aus seinem englischen Exil betreiben. Am 19. Juni 936 in Laon gekrönt, mußte Ludwig IV. dafür Hugos Sonderstellung anerkennen, konnte aber seit 937 selbständige Politik betreiben und 939 in den ostfränkischen Aufstand gegen OTTO I. eingreifen. Der Erwerb Lotharingiens scheiterte, und 940 sah sich Ludwig IV. bei Feldzug OTTOS I. nach W einer Koalition des westfränkischen Adels gegenüber (Huldigung Hugos und Heriberts II. an OTTO I. in Attigny). Ein 942 gefundener Ausgleich stand schon 945 wieder in Frage, als Ludwig IV. in Rouen gefangenommen und an Hugo ausgeliefert wurde, der für die Freilassung des Königs dessen Hauptort Laon erhielt. Nur durch massives Eingreifen OTTOS I. wurde das karolingische Königtum gerettet: Der Streit um das für Ludwig wichtige Erzbistum Rems konnte auf einer gemeinsamen mit OTTO I. in Ingelheim durchgeführten Synode (Juni 948) zugunsten des königlichen Kandidaten entschieden werden, 949 gelang doe Rückeroberung Laons. Der 950 vom lothringischen Herzog Konrad vermittelte Friede sicherte dem Reich vorübergehende Ruhe, dem karolingischen Königtum seine bescheidenen Ressourcen vor allem um Laon und Reims, erwies aber auch die machtvolle Entscheidungsgewalt OTTOS I. im Sinne einer 'Familienpolitik'. Obwohl es Hinweise für eine versuchte Reichsteilung unter Ludwigs Söhnen Lothar und Karl 953 in der Tradition fränkischer Sukzession gibt (Brühl), sicherte Lothars Sohnesfolge 954 das in O-Franken schon 936 beachtete Prinzip der Unteilbarkeit des Reichs auch für W-Franken/Frankreich.
    Quellen:
    Recueil des actes de L. IV roi de France, ed. P. Lauer, 1914
    Literatur:
    P. Lauer, Le regne de L. IV d'O.-M., 1900 - W. Kienast, Dtl. und Frankreich in der Ks.zeit (900-1270); I, 1974², 59ff.; III, 1975², 663ff. - HEG, I, 745ff. - B. Schneidmüller, Karol. Tradition und frühes frz. Kgtm., 1979, 1476ff. - K. F. Werner, Hist. de France, I, 1984, 463ff. [dt. 1989] - Ders. Dtl.-Frankreich. Die Geburt zweier Völker, 1990, 461ff. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 461, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 47
    Die genaue Geburtszeit König Ludwigs, zwischen 920 IX 10 und 921 IX 10, schon bei Brandenburg, nur so nicht auf der Tafel. Der Antritt der Königs-Würde, bei Brandenburg 936, kann präzisiert werden auf 936 VI 19, vgl. die Ausgabe von Ludwigs Urkunden durch Ph. Lauer, Recueil des actes de Louis IV, Paris 1914, LXXXIV.
    Zu Ludwigs Gemahlin Gerberga, der Schwester König HEINRICHS I. (Richtig ist: Tochter König HEINRICHS I. und Schwester OTTOS I.), ist zu bemerken, daß sie 951 von ihrem Gatten die Abtei ND de Laon erhielt, die er seiner Mutter Ogiva anläßlich deren Ehe mit Graf Heribert weggenommen hatte, und daß sie 959 als Äbtissin von ND de Soissons begegnet, vgl. Voigt 41 und HF 9,665.
    Nach der Gefangennahme seines Vaters floh seine Mutter mit ihm nach England, weshalb er später "der Überseeische" genannt wurde. Die Rivalität zwischen dem ROBERTINER Hugo von Franzien und Heribert von Vermandois ermöglichte nach dem Tode König Rudolfs die Thronbesteigung Ludwigs IV., der am 19.6.936 in Laon gekrönt wurde. Seine Regierungszeit war erfüllt von ständigen Auseinandersetzungen mit dem mächtigen Herzog Hugo von Franzien. 945 geriet der KAROLINGER in die Gefangenschaft seines mächtigen Gegners, der ihn unter dem Druck OTTOS I. und des angelsächsischen Königs im folgenden Jahr wieder freigeben mußte, wobei der König seine letzte größere befestigte Stadt, Laon, Hugo überlassen mußte. Im Bunde mit OTTO I. konnte der König nach 946 seine Position etwas festigen; er brachte das Erzbistum Reims unter seine Kontrolle und gewann 949 Laon zurück. Nachdem Ludwig IV. in der Champagne und in der Normandie eine Niederlage erlitten hatte, mußte er die Vermittlung des Papstes Agapet II. 948 in Anspruch nehmen, um einen Teil seiner Länder zurückzubekommen. Als Ludwig infolge eines Sturzes vom Pferd starb, folgte sein Sohn Lothar ohne Schwierigkeiten, aber mit einem schwierigen Erbe.

    Brühl Carlrichard: Seite 47-59, "Ludwig IV. der Überseeische" in: Ehlers/Müller/Schneidmüller: "Die französischen Könige des Mittelalters"

    LUDWIG IV. ("DER ÜBERSEEISCHE") 936-954
    Ludwig IV.
    * ca. 921, + 10.9.954 Reims Begraben: Abtei St-Remi/Reims
    Eltern: Karl III. "der Einfältige" von W-Franken (+ 929) und Eadgyfu, Tochter des Angelsachsen-Königs Edward I. (+ 926) und Schwester des Angelsachsen-Königs Athelstaan (+ 940)

    923 flieht Eadgyfu nach der Gefangennahme Karls III. mit dem jungen Ludwig zu ihrem Vater nach England
    Anfang Juni 936 landet Ludwig IV. mit Zustimmung Athelstans bei Bologne-sur-Mer und empfängt die Huldigung der dort anwesenden Großen, an der Spitze Hugos "des Großen"
    19.6.936 Krönung und Salbung Ludwigs IV. in Laon von der Hand Erzbischof Artolds von Reims.
    Im Herbst 939 heiratet Ludwig IV. die ca. sieben Jahre ältere Gerberga, Schwester König OTTOS von O-Franken und Witwe des Herzogs Giselbert von Lothringen

    Kinder aus dieser Ehe:
    1. der Thronfolger Lothar (* 941)
    2. eine Tochter Gerberga (* 940 oder 942), die Graf Albert von Vermandois heiratete (vor 954)
    3. eine Tochter Mathilde (* 943), die künftige Königin von Burgund (verheiratet seit ca. 965/66 mit König Konrad von Burgund
    4. ein Sohn Karl (* 945), der bald nach seiner Geburt den Normannen als Geisel übergeben wurde und in normannischer Gefangenschaft verstarb
    5. ein Sohn Ludwig (* 948, + 954), der kurz vor dem Vater in Laon verstarb
    6. die Zwillingen Heinrich und Karl (* 953). Heinrich stirbt bald, Karl ist der künftige Herzog von Nieder-Lothringen und Rivale Hugos Capet
    Sommer 940 W-Frankenfeldzug OTTOS I. von O-Franken im Bunde mit Herzog Hugo Magnus. Artold von Reims war schon zuvor zur Abdankung gezwungen worden
    Sommer 941 schwere Niederlage Ludwigs in der Schlacht in den Ardennen gegen Hugo Magnus und Heribert II. von Vermandois
    November 942 Treffen Ludwigs IV. mit OTTO I. in Vise-sur-Meuse
    im Sommer 943 besiegt Ludwig IV. die zum Heidentum abgefallenen Normannen unter ihren Führern Turnold und Setrik, die in der Schlacht fallen
    im Sommer 944 bemächtigt sich Ludwig IV. der Normandie
    im Juli 945 wird Ludwig IV. in Rouen von normannischen Großen gefangen gesetzt und später an Hugo Magnus ausgeliefert
    im Frühjahr 946 muß Ludwig IV. Laon an Hugo übergeben und wird daraufhin freigelassen
    im Frühherbst 946 zieht OTTO DER GROSSE im Bunde mit Ludwig IV. vor Reims, das ohne Kampf eingenommen wird; Artold wieder Erzbischof von Reims, sein Gegenspieler Hugo flieht, dankt aber nicht ab
    946-948 erbitterter Streit um das Erzbistum Reims: Synoden von Verdun (Herbst 947) und Mouzon (Januar 948); Papst Agapet mit Reimser Streit befaßt
    im Juni 948 Synode in Ingelheim unter Vorsitz des päpstlichen egaten Marinus und beider Franken-Könige: Hugo wird exkommuniziert und Artold ist erneut rechtmäßiger Erzbischof
    im Sommer 949 bemächtigt sich Ludwig IV. überraschend der Stadt Laon mit Ausnahme des großen Turms, der von der Besatzung Hugos gehalten wird
    Herbst 949 Ludwig IV. in Burgund
    im Frühjahr 950 treffen sich Ludwig IV. und Hugo Magnus unter Vermittlung Herzog Konrads von Lothringen an der Marne; Hugo erneuert den Lehnseid und überlaßt Ludwig den Turm von Laon
    13.3.953 Gerichtstag in Soissons: endgültige Aussöhnung zwischen Ludwig und Hugo Magnus
    Am 10.9.954 stirbt Ludwig IV., nur 33 Jahre alt, in Reims an den Folgen eines Jagdunfalls; Beisetzung in der Abtei St-Remi/Reims.

    An einem unbekannten Tag in der 1. Junihälfte des Jahres 936 warf ein angelsäschsisches Schiff vor Boulogne Anker. Es hatte den neuen westfränkischen König an Bord, Ludwig, den Sohn des unglücklichen Karl III. von W-Franken, der seine letzten Lebensjahre in der Gefangenschaft seiner Feinde hatte verbringen müssen. Karls Gemahlin Eadgyfu war daher im Herbst 923 mit ihrem ca. 2-jährigen Sohn Ludwig an den Hof ihres Vaters, des Angelsachsen-Königs Edwards I. geflohen: ihre Schwester Eadhild hatte etwa zur gleichen Zeit den princeps Hugo Magnus, den gefährlichsten RivalenKarls III., geheiratet; ihre jüngere Schwester Eadgyd (Edith) wird 929 den künftigen O-Franken-König OTTO I. heiraten. Ludwig verbrachte somit seine ganze Kindheit und Jugend in England. Als König Rudolf von W-Franken am 14. oder 15. Januar 936 in Auxerre starb, konnten sich die Großen des Reiches nicht auf einen Nachfolger aus ihren Reihen einigen. So entschloß sich Hugo Magnus, der für seine Person die Königswürde offenbar nicht angestrebt hatte, die Krone dem in angelsäschsischem Exil lebenden jungen Ludwig anzubieten. König Aethelstan stimmte erst nach förmlichen Sicherheitsgarantien für seinen Neffen der Rückkehr ins W-Frankenreich zu, hielt seine Schwester Eadgyfu aber zunächst noch an seinem Hofe zurück. Die Rückkehr des jungen Herrschers ins W-Frankenreich trug ihm wohl seinen schon von den Zeitgenossen gebrauchten Beinamen Trans- oder Ultramarinus, der "Überseeische", ein ("Louis d'Outremer"). Ludwig wurde am Strand von Boulogne von Hugo Magnus und anderen westfränkischen Großen begrüßt, die dem neuen Herrn sogleich huldigten. Die Großen geleiteten Ludwig nach Laon, wo Erzbischof Artold von Reims am 19. Juni 936 Salbung und Krönung des jungen Herrschers vollzog.
    Ludwig wußte sehr wohl, wem er die Krone zu verdanken hatte. Schon in der ältesten von ihm überlieferten Königsurkunde bezeichnet er Hugo als "herausragenden Herzog der Franken" (dux Francorum egregius), und in einer am Weihnachtstag des Jahres 936 in Compiegne gegebenen Urkunde betont Ludwig sogar, dass Hugo Zweiter in allen Königreichen sei (in omnibus regnis nostris a nobis). Die Bedeutung des Titels dux Francorum ist in der Forschung seit über einem Jahrhundert umstritten; es ist hier nicht der Ort, die Frage im einzelnen zu erörtern. Sicher erscheint nur, dass der Rang Hugos über den seiner Mitfürsten herausgehoben werden sollte, auch wenn ich nicht an ein förmliches Vizekönigtum glaube, das man wohl unter dem Eindruck des Verhaltens Hugos in der Folgezeit hat annehmen wollen. Das Verhältnis Ludwigs zu seinem Protektor Hugo war zunächst reibungslos. Ludwig begleitete Hugo auf dessen Feldzug gegen Hugo "den Schwarzen" (das heißt den Schwarzbärtigen), den Bruder des verstorbenen W-Franken-Königs Rudolf, der dem übermächtigen dux Francorum den N Burgunds, insbesondere die wichtige Grafschaft Sens abtreten mußte, die einst Richard "le Justicier", der Vater Hugos des Schwarzen, für Burgund erworben hatte. Anschließend begleitete Ludwig Hugo sogar nach Paris. Der Friede, den Hugo Magnus mit Hugo dem Schwarzen schloß, nutzte allein dem dux Francorum und öffnete Ludwig die Augen über die ihm von Hugo zugedachte Rolle. Aber auch die übrigen Großen des W-Frankenreichs konnten sich kaum Ilusionen machen über die Machtstellung Hugos, die mit der eines fränkischen Hausmeiers des 8. Jahrhunderts vergleichbar schien. Sie waren daher geneigt, die Position des Königs zu stärken, um ein Gegengewicht gegen die erdrückende Übermacht Hugos zu schaffen. Ludwig feierte das Weihnachtsfest 936 bereits in der königlichen Pfalz Compiegne, zog von dort nach Laon, wo er seine Mutter traf, die aus England nach W-Franken gekommen war. In Laon ernannte er auch einen neuen Kanzler in Gestalt des Erzbischofs Artold von Reims, der damit zugleich zu Ludwigs wichtigstem Berater aufstieg. Die Reaktion Hugos ließ nicht lange auf sich warten: er schloß Frieden mit seinem Erzfeind, dem Grafen Heribert II. von Vermandois, während Ludwig den gerade von Hugo gedemütigten Hugo von Burgund zum Markgrafen (marchio) erhob und zum Bundesgenossen gewann. Die Fronten waren nun abgesteckt: die Feindschaft zwischen Hugo Magnus und Ludwig war fortan - von ganz kurzen Intervallen abgesehen - der einzige sichere Faktor im politischen Ränkespiel W-Frankens während der Regierungszeit Ludwigs IV. Es ist nicht meine Absicht, die Kämpfe und Intrigen der Folgejahre hier im einzelnen darzustellen; selbst der Fachmann würe rasch die Übersicht verlieren.
    Unerläßlich scheint mir dagegen eine knappe Darstellung der an den Kämpfen um die Vorherrschaft in W-Franken beteiligten inner- und außerfränkischen Mächte. Den Fürsten des S (Aquitanien, Spanische Mark, Auvergne, Gascogne) kam im inneren Kräftespiel keine hohe Bedeutung zu; weder griffen sie aktiv in das Geschehen nördlich der Loire ein, noch hatten sie Angriffe von dort zu befürchten. Die Fürsten des S galten allgemein als treue Anhänger der KAROLINGER, was formal fraglos richtig ist. Ich sehe in der Anhänglichkeit an die angestammte Dynastie jedoch weniger Treue zum Königshaus als bewußte Distanz zu den ROBERTINERN: mit diesen hatte man gemeinsame Grenzen, mit der Krondomäne des Königs nicht. Immerhin bestanden 941,944 und 953 lose Kontakte zum westfränkischen König.
    Die Beziehungen Ludwigs zu den Fürstentümern im N (Bretagne, Normandie und Flandern) waren freundlich. Von der Normandie wird noch mehrfach zu sprechen sein; die Bretagne erkannte - ein Novum seit den Tagen KARLS DES KAHLEN - die formelle Oberhoheit des westfränkischen Königs an. Der Graf und marchio von Flandern, ein natürlicher Feind der Herren von Vermandois, gehörte zu den zuverlässigsten Verbündeten Ludwigs. Zu den geschworenen Feinden Ludwigs zählte Heribert II. von Vermandois, ein direkter Nachkomme KARLS DES GROSSEN über dessen Sohn Pippin von Italien; er besaß unter anderem die Grafschaften Amiens, Meaux und Vermandois mit St-Quentin, Grafschaften im Raum Soissons mit der bedeutenden Abtei St-Medard, deren Laienabt er war. Das Verhältnis Ludwigs zu Hugo dem Schwarzen von Burgund war zwiespältig wie zu so vielen großen Herren der Zeit: Er war mehrere Jahre mit ihm verbündet (938-942), zerwarf sich mit ihm und blieb bis zu Hugos Tod (17. Dezember 952) auf Distanz zu dem Burgunder. Der mit weitem Abstand mächtigste Fürst im W-Frankenreich war aber fraglos Hugo "der Große", wobei "Magnus" allerdings zunächst nur "der Ältere" meinte im Gegensatz zu Hugos gleichnamigen Sohn (dem "Capet").Hugo war der unbestrittene Herr Neustriens und führte schon vor seiner förmlichen Erhebung zum dux den Titel eines marchio; Hugos Machtbereich (Flodoard von Reims: terra Hugonis) umfaßte rund 20 Grafschaften, von denen 10, darunter die Grafschaften Angers, Blois, Chartres, Orleans, Paris Sens und Tours, dem ROBERTINER direkt unterstanden; darüber hinaus war er auch noch Laienabt des neben St-Denis reichsten fränkischen Klosters St-Martin in Tours, weshalb er in Urkunden gelegentlich den Titel eines Abt-Grafen (abbas comes) führte. Wie ärmlich nahm sich daneben die Krondomäne des Königs aus! Er besaß noch einige der alten Pfalzen wie Attigny (seit 951), Compiegne, Corbeny, Douzy, Ponthion und andere, die Grafschaft Laon und insbesondere das feste Laon selbst, wo er sich jedoch erst 938 in den Besitz der Zitadelle setzen konnte, die Laon beherrschte und 928/31 von Heribert II. von Vermandois errichtet worden war. Die Grafschaft Reims hatte Ludwig schon 940 dem Erzbischof übertragen, der damit der erste der sechs Bischöfe (Reims, Chalons-sur-Marne, Beauvais, Nyoyn und Langres) ist, die im W-Frankenreich auch Inhaber der gräflichen Gewalt waren, wie dies in O-Franken im 10. Jahrhundert die Regel wurde. Nicht zufällig stiegen gerade diese Bischöfe im 13. Jahrhundert zu "Pairs de France" auf.
    Das Verhältnis Ludwigs zu den fränkischen Reichen in O-Franken und Burgund wurde früher in Forschung und Literatur unter der Rubrik "Auswärtige Beziehungen" abgehandelt, wovon noch ausführlich zu sprechen sein wird. "Auswärtige Beziehungen" eigener Art unterhielt Ludwig mit den Ungarn und den Sarazenen, die sich seit ca. 900 im Raum von La Garde-Freinet (im heutigen Department Var) verschanzt hatten und von dort aus die Umgebung heimsuchten; sie waren jedoch nur ein Problem für die Fürsten des S, Ludwig IV. sah sich niemals direkt mit ihnen konfrontiert. Sehr viel gefährlicher waren die Raubzüge der Ungarn, die das W-Frankenreich mehrfach heimsuchten, insbesondere in den Jahren 937 und 954; beide Male waren vor allem die Diözese Reims und Burgund betroffen. Während diese Züge jeweils über Lothringen geführt hatten, fiel ein ungarischer Raubtrupp des Jahre 951 aus Italien über die Alpen in den S ein und kehrte auf demselben Weg nach Italien zurück. In allen Fällen konnte Ludwig es nicht wagen, den Ungarn mit Heeresmacht entgegenzutreten: ein unglücklicher Ausgang des Kampfes hätte mit Sicherheit das Ende seiner Regierung bedeutet und Hugo den Weg zur Herrschaft geebnet; aus demselben Grund waren aber auch Hugo Magnus die Hände gebunden. Die Rivalität zwischen Ludwig und Hugo, die den Ungarn natürlich nicht verborgen geblieben war, verhinderte so - ganz im Gegensatz zu O-Franken - die Verteidigung des Landes gegen den gemeinsamen Feind.
    Das Verhältnis Ludwigs - und Hugos! - zu O-Franken, konkret: zu OTTO DEM GROSSEN, ist die zentrale Frage der westfränkischen Politik in den Jahren 939-950 und bedarf daher gesonderter Behandlung. Ich bemerkte bereits, dass die Beziehungen zwischen den genannten Fürsten in der älteren Literatur durchgängig als solche zwischen "Deutschland" und "Frankreich" dargestellt wurden, was einer ganz und gar unhistorischen Betrachtungsweise entspricht, deren Konsequenz hier an einigen instruktiven Beispielen zu erläutern sein werden. Der Regierungsstil des neuen ostfränkischen Königs OTTO I. nahm stäker karolingische, die Sonderstellung des Königtums hervorhebende Formen der Herrschaft auf als die eher die "kollegiale" Gemeinsamkeit des Fürstenstandes betonende Politik des Vaters. Dies hatte zu einer schweren Krise des Königtums in O-Franken geführt, in der mehrere Fürsten, an der Spitze die Herzöge Eberhard von Franken und Giselbert von Lothringen, gemeinsam mit dem jüngeren Bruder des Königs, Heinrich, die Absetzung OTTOS anstrebten, wobei sie auch die Tötung des Königs in Kauf zu nehmen gewillt waren. In dieser Situation hatte Giselbert Ludwig IV. die Huldigung für Lothringen angeboten, was Ludwig zunächst abgelehnt, im Frühsommer 939 angesichts der scheinbaren Übermacht der Koalition gegen OTTO aber schließlich doch angenommen hatte. Daraufhin verbündete sich OTTO mit Hugo Magnus, Heribert II. von Vermandois, Arnulf von Flandern und Wilhelm "Langschwert" von der Normandie, doch in O-Franken schien nach dem Rheinübergang Giselberts und Eberhards bei Andernach OTTOS Niederlage besiegelt. Ein gelungener Überfall zweier fränkischer, mit OTTO verbündeter Grafen am 2. Oktober 939 änderte ohne direktes Zutun OTTOS mit einem Schlag die politische Großwetterlage: Eberhard von Franken fiel im Kampf, Giselbert ertrank auf der Flucht in den Fluten des Rheins, die Opposition gegen OTTO brach zusammen. Ludwig war im Augenblick von Giselberts Tod vielleicht bereits auf dem Zug nach Lothringen gewesen, jedenfalls heiratete er dort sogleich die um etwa 7 Jahre ältere Witwe Giselberts Gerberga, eine Schwester König OTTOS. Noch im selben Jahr 939 wurde sie von Erzbischof Artold in Laon gesalbt und gekrönt. Damit war auch Ludwig - zunächst gegen den Willen OTTOS - zum Schwager des ostfränkischen Königs geworden, was Hugo Magnus bereits 937 durch die Heirat mit Hathui (Hedwig) erreicht hatte.
    Die neue indirekte Verwandtschaft mit Ludwig hinderte Hugo allerdings nicht, sich noch 939 gemeinsam mit Heribert II. von Vermandois zu OTTO nach Lothringen begeben, was Ludwig mit einer Annäherung an den Normannenfürsten Wilhelm beantwortete, der ihm huldigte und erneut mit den einst von Karl III. von W-Franken an Rollo vergebenen Territorien belehnt wurde. Doch diese Annäherung war nur vorübergehend: Schon im Frühsommer 940 belagerte Wilhelm im Bunde mit Hugo Magnus und Heribert II. die Stadt Reims, wohl aus Zorn darüber, dass Ludwig Erzbischof Artold gerade die Grafschaft Reims verliehen hatte. Artold konnte Reims nicht verteidigen und wurde in das Kloster St-Remi verbannt, während der schon 925 als Fünfjähriger zum Erzbischof von Reims bestellte Hugo, ein Sohn Heriberts II., nun erneut als Erzbischof eingesetzt und der zum Rücktritt gezwungene - von einem Verzichtseid spricht nur Richer - Artold mit den Abteien Avenay und St-Bale abgefunden wurde. Der Kampf um das Erzbistum Reims, der in den folgenden Jahren im Mittelpunkt der westfränkischen Politik steht, erweist sich so als der auf die Kirchenpolitik übertragene Kampf zwischen ROBERTINERN und KAROLINGERN um die Macht im W-Frankenreich.
    OTTO war inzwischen von Lothringen aus nach W-Franken vorgestoßen; in Attigny huldigten ihm Hugo Magnus und Heribert, doch von einem Angebot der westfränkischen Krone, wie dies einst 858 in Ponthion geschehen war, ist nicht mehr die Rede. Ludwig zog sich vor der Übermacht nach Burgund zurück, doch auch Hugo der Schwarze wurde zum Nachgeben gezwungen. Hochzufrieden mit dem Erfolg des Feldzuges kehrte OTTO im Spätsommer nach O-Franken zurück, doch Ludwig kämpfte mit dem Mut der Verzweiflung und unternahm einen Einfall nach Lothringen noch im Herbst 940, aber es kam nicht zur Schlacht. Ein Waffenstillstand beendete das lothringische Abenteuer Ludwigs.
    Hugo Magnus und Heribert II. beriefen zu Ostern 941 eine Synode nach Soissons, die erwartungsgemäß Artold für abgesetzt erklärte, der seinerseits mit der Exkommunikation der Teilnehmer der Synode reagierte: Hugo, Heriberts Sohn, wurde zum neuen Erzbischof gewählt und in Reims feierlich inthronisiert. Als Ludwig die Belagerung seiner Residenz Laon durch Hugo Magnus und Heribert mit einer eilig zusammengerafften Armee durchbrechen wollte, kam es in den Ardennen zur offenen Feldschlacht, die mit einer vernichtenden Niederlage für Ludwig endete, der nur knapp dem Schlachtentod entrann. Dennoch gelang es den Verbündeten nicht, Laon einzunehmen, wo die Königin Gerberga gerade in diesen Tagen einem Sohn Lothar das Leben schenkte, der dazu berufen war, die Nachfolge des Vaters anzutreten.
    Die Niederlage des Jahre 941 lastete freilich immer schwer auf dem König. Ihm wurde unerwartet Hilfe von seiten Papst Stephans VII. zuteil, der eigens einen Legaten nach Westfranken entsandte, um die Großen W-Frankens und Burgunds zur Anerkennung Ludwigs zu ermahnen. Die Intervention des Papstes blieb nicht ohne Wirkung, insbesondere auf die Bischöfe der Reimser Kirchenprovinz, obwohl der Papst dem neu eingesetzten Erzbischof Hugo das Pallium nicht verweigerte und damit ihr Verhalten auf der Synode von Soissons nachträglich billigte.
    Auf der Suche nach einem Verbündeten wandte sich Ludwig zunächst an den marchio der Normandie, Wilhelm Langschwert, der den König sogleich nach Rouen einlud. Als Ludwig mit neuen Truppen gegen Hugo und Heribert bis zur Oise vorstieß, wurde eine erneute Schlacht vermieden und ein zweimonatiger Waffenstillstand geschlossen. Diese Zeit nutzte Ludwig zu einem Treffen mit OTTO I. in Vise-sur-Meuse im Lüttichgau, das heißt auf lothringischem Gebiet. Auf der Seite OTTOS nahmen die Erzbischöfe Friedrich von Mainz und Brun von Köln, OTTOS Bruder, teil. Die Anwesenheit Hugos, Heriberts II. und Wilhelms Langschwert ist dagegen mehr als fraglich. Schon die Wahl des Treffpunkts in Lothringen implizierte Ludwigs Verzicht auf alle lothringischen Ansprüche, und wahrscheinlich hat er damals auch auf seine Interessen im Viennois verzichtet, wo Konrad von Burgund seit 942 anerkannt war.
    OTTOS Gegenleistung bestand in der formellen Versöhnung Ludwigs mit Hugo und Heribert, die sich erneut unterwarfen. Für Ludwig war das Treffen von Vise, das wohl nicht ohne das energische Eintreten Gerbergas bei OTTO zustandegekommen wäre, von entscheidender Bedeutung, denn fortan stand OTTO eher auf seiner Seite denn auf der Hugos. Nicht weniger als siebenmal haben sich OTTO und Ludwig zwischen 942 und 950 getroffen, zweimal haben sie bei dieser Gelegenheit das Osterfest in Aachen gefeiert, ein weiteres Mal besuchte Gerberga ihren Bruder in Aachen ohne die Begleitung Ludwigs. Ohne die Beziehungen zu Hugo Magnus je abzubrechen, mit dem er nach Bedarf gleichfalls zusammentraf, neigte OTTO fortan doch deutlich Ludwig zu, dessen Position gegenüber Hugo gestärkt war. Doch lag es nicht im Interesse OTTOS, einen der beiden Kontrahenten eine eindeutige Dominanz zu verschaffen.
    Nachdem so das Jahr 942 mit einem akzeptablen "modus vivendi" zwischen Ludwig und Hugo Magnus zu Ende ging, war der Grundstein für künftige schwere Auseinandersetzungen schon wieder gelegt: Noch im Dezember fiel Wilhelm Langschwert, der marchio der Normandie und Sohn Rollos, einem von Arnulf von Flandern vorbereiteten Mordanschlag zum Opfer. Ludwig zog sofort nach Rouen, um dort Richard, den noch minderjährigen Sohn Wilhelms, mit dem Territorium zu belehnen, über das einst sein Vater geherrscht hatte. Aber das war nicht alles: Kurze Zeit später starb Heribert II. von Vermandois, der künftigen Generationen als der Inbegriff des Verräters erschien, da er Karl III. von W-Franken, Ludwigs Vater, lange Jahre gefangengehalten hatte. Eine von Hugo Magnus vermittelte Aussöhnung zwischen den fünf Söhnen Heriberts - darunter Erzbischof Hugo von Reims - mit dem König blieb nicht von langer Dauer, doch galt das Interesse Ludwigs zunächst der Normandie, wo neu aus Skandinavien eingetroffene Krieger die heidnischen Kulte wiederbelebten und das gesamte Christianisierungswerk der letzten Jahrzehnte in Frage stellten. Der in offener Feldschlacht errungene Sieg Ludwigs über die beiden Anführer der heidnischen Partei, die in der Schlacht fielen, setzte der Gefahr ein Ende und stärkte den Einfluß Ludwigs, der den jungen Richard wahrscheinlich an seinem Hof behielt. Das gute Verhältnis zwischen Hugo Magnus und Ludwig hielt an; neben der - vorübergehenden - Aussöhnung mit den Söhnen Heriberts II. vermittelte Hugo auch diejenige mit Arnulf von Flandern, die in der Normandie naturgemäß auf wenig Gegenliebe stieß. Unter dem Eindruck dieser Beweise guten Willens seitens Hugos entschloß sich Ludwig, Hugo erneut den ducatus Franciae (Flodoard) und darüber hinaus auch Burgund zu verleihen, was den Bruch mit Hugo dem Schwarzen, seinem alten Verbündeten, bedeutete. Gleichzeitig verschlechterten sich die Beziehungen Ludwigs zu OTTO drastisch infolge einer unglücklich verlaufenen Gesandtschaft an dessen Hof.
    Innere Streitigkeiten in der Bretagne hatten es den Normannen - in Abwesenheit ihres noch unmündigen marchio Richard und des Königs - erlaubt, auf eigene Faust in der Bretagne einzugreifen, die Bretonen in drei blutigen Schlachten zu besiegen und alle Bretonen aus der Normandie zu vertreiben, an deren Stelle Neuankömmlinge aus Skandinavien traten, deren religiöse wie politsche Optionen zumindest unsicher erschienen. Ludwig sammelte ein Heer und begab sich nach N. Zu seiner eigenen Überraschung zog er ohne Schwertstreich in Rouen ein, während viele ihm feindlich gesonnene Normannen das Land ohne Kampf verließen. Ludwig hatte Hugo aufgefordert, das angebliche Bollwerk des Heidentums, Bayeux, zu belagern, was dieser auch tat. Nach seinem leichten Erfolg in Rouen befahl Ludwig jedoch, dass Hugo die Belagerung aufgeben solle, wohl weil er diesem den Gewinn von Bayeux nicht gönnte. Kurz darauf hielt Ludwig selbst seinen Einzug in der Stadt, auch hier ohne Kampf und Belagerung. Der König schien auf dem Höhepunkt seiner Macht!
    Das seit 942 gute Verhältnis zu Hugo Magnus, auf das jedoch schon im Vorjahr einige Schatten gefallen waren, wurde hierdurch auf das Schwerste belastet. Die im Frühjahr 945 begonnene Belagerung von Reims mit dem Ziel, den seit 943 am Hofe des KAROLINGERS weilenden ehemaligen Erzbischof Artold wieder in seine alte Würde einzusetzen, scheiterte letzlich an der drohenden Haltung Hugos.
    Ludwig kehrte in die Normandie zurück, wo er scheinbar allgemein anerkannt war, doch fiel er am 13. Juli 945 zwischen Rouen und Bayeux in einen Hinterhalt, sein Gefolge wurde niedergemetzelt. Ludwig konnte zwar zunächst nach Rouen entkommen, wurde dort jedoch gefangengesetzt und nach längeren Verhandlungen an Hugo Magnus ausgeliefert. Die Normannen hatten die Gestellung des ältesten Sohnes Ludwigs, des damals 4-jährigen Lothar, als Geisel gefordert, was Königin Gerberga strikt abgelehnt hatte. Sie mußten sich mit dem Letztgeborenen Karl begnügen, der wahrscheinlich in normannischer Gefangenschaft starb.
    Damit schien Ludwig dassselbe Schicksal beschieden wie seinem Vater; in wenigen Monaten war dem Höhepunkt der Macht der tiefste Sturz gefolgt. Hugo Magnus begab sich sogleich nach Lothringen, um die zu erwartenden Demarchen Gerbergas bei ihrem Bruder zu neutralisieren, doch OTTO entzog sich der gewünschten Unterredung und entsandte Herzog Konrad von Lothringen. Es konnte nicht in OTTOS Interesse liegen, Hugo als den unumstrittenen Herrscher W-Frankens, gewissermaßen als König ohne Krone, anzuerkennen. So zog Hugo unverrichteter Dinge in die Francia zurück. Es scheint unwahrscheinlich, dass er ernsthaft die Absetzung des Königs betrieben hat - er datiert seine Urkunden unverändert nach den Regierungsjahren Ludwigs -, doch der Preis für die Freilassung war hoch: die königliche Residenz Laon, die festeste Stadt W-Frankens, mußte Hugo übergeben werden.
    Der freigekommene Ludwig verbündete sich sogleich mit OTTO, der an der Spitze eines großen Heeres nach W-Franken zog, dem sich der KAROLINGER und Arnulf von Flandern anschlossen. Die Einnahme von Laon erwies sich als unmöglich, eine Belagerung als zeitraubend, so dass sich das Interesse OTTOS auf Reims konzentrierte. Erzbischof Hugo erkannte die Aussichtslosigkeit des Widerstands: Die Belagerer billigten ihm freien Abzug zu, und er zog sich nach Mouzon zurück, ohne formell als Erzbischof abgedankt zu haben. Nach dem Einzug der Könige in Reims wurde Artold feierlich in sein altes Amt eingesetzt.
    Das Heer zog noch bis in die Nähe von Paris, doch konnte von einer Belagerung keine Rede sein, zumal Hugo selbst sich nach Orleans zurückgezogen hatte und von dort den Gang der Dinge beobachtete. In der Tat sah OTTO sich bald zun Rückzug gezwungen: Der etwa dreimonatige Feldzug hatte als einziges greifbares Resultat die Wiedereinsetzung Artolds gebracht, und der Kampf um das Erzbistum Reims sollte in den Folgejahren im Vordergrund stehen.
    Während Ludwig das Osterfest 947 bei OTTO in Aachen verbrachte, belagerte Hugo Reims. Doch dieses Mal kapitulierte Artold nicht. Im Sommer 947 trafen OTTO und Ludwig erneut am Chiers zusammen, um über die Reimser Frage zu beraten. Die anwesenden Bischöfe bestanden auf einer Synode, die schließlich unter dem Vorsitz Erzbischof Roberts von Trier in Verdun zusammentrat; dort erschien Hugo, obwohl geladen, jedoch nicht. Die Synode erklärte sich einstimmig für Artold als rechtmäßigen Erzbischof, ließ Hugo jedoch eine Einspruchsfrist bis zum 13. Januar 948. Zu diesem Datum trat abermals eine Synode unter Vorsitz des Trierer Erzbischofs zusammen, dieses Mal jedoch in der Peterskirche direkt vor den Mauern von Mouzon, wohin Erzbischof Hugo sich geflüchtet hatte. Dieser begab sich zwar zu einem Gespräch mit Erzbischof Robert vor die Peterskirche, weigerte sich aber, vor der Synode zu erscheinen, die ihn prompt exkommunizierte und Artold erneut als rechtmäßigen Amtsinhaber bestätigte. Die schriftliche Mitteiling an Hugo sandte dieser sofort an Robert zurück mit dem Bemerken, dass er sich in keiner Weise an den Beschluß der Synode gebunden fühle. Artold wandte sich nunmehr direkt an Papst Agapet II. (946-955), um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Der Papst entsandte in der Tat eigens einen Legaten, den Bischof Marinus von Bomarzo, Bibliothekar der römischen Kirche, zu OTTO. Das Konzil wurde zum 7. Juni 948 in die Pfalz Ingelheim bei Mainz einberufen, wo die heilige und Generalsynode (sancta er generalis synodus) unter dem Vorsitz des Kardinallegaten in der dortigen Remigius-Kirche zusammentrat. Die päpstliche Kanzlei hatte eigene Einladungsschreiben an bestimmte Bischöfe der Gallia und und der Germania versandt, darunter selbstverständlich auch an Erzbischof Hugo und dessen Onkel Hugo Magnus, die jedoch beide nicht erschienen, womit der Ausgang des Konzils weitgehend präjudiziert war.
    Es verstand sich fast von selbst, dass die Bischöfe aus dem Machtbereich Herzog Hugos an dem Konzil nicht teilnahmen; aber auch Arnulf von Flandern sorgte für die Abwesenheit der Bischöfe von Arras, Therouanne und Tournai. Mit Ausnahme des Erzbischofs Artold und des aus seinem Sitz vertriebenen Bischofs Rudolf von Laon unterstanden alle übrigen der insgesamt 32 teilnehmenden Bischöfe dem ostfränkischen König. Ludwig war persönlich in Ingelheim erschienen, um die Sache Artolds, die ja auch die seine war, vor dem Legaten und König OTTO zu vertreten, den somit eine Schiedsrichterrolle zufiel.
    Die Verhandlungen verliefen im Sinne Ludwigs und Artolds. Schon am 8. Juni fällt das Konzil sein Urteil: Hugo wurde exkommuniziert; die Bischöfe, die ihn ordiniert hatten (Wido von Soissons und Wido von Auxerre), der von Hugo geweihte Theobald von Amiens und alle übrigen, die von Hugo Weihen empfangen hatten, wurden mit der Exkommunikation bedroht, falls sie nicht bis zur nächsten in Trier angesagten Synode (8. September) Abbitte leisteten. Damit war die "Reimser Frage" endgültig im Sinne Artolds und Ludwigs entschieden; darüber hinaus stellte OTTO seinem Schwager ein lothringisches Heer unter Führung Herzog Konrads zur Verfügung. Dieses Heer belagerte zunächst Mouzon, doch glückte es Hugo von Vermandois - Bischof war er nun nicht mehr - zu entkommen. Das Heer belagerte schließlich erfolgreich Montaigu und zog vor das nahe Laon, dessen Einnahme jedoch nicht gelang.
    Kurz darauf begab sich Erzbischof Artold mit drei seiner Suffragane zu der auf den 8. September einberufenen Synode von Trier, die sich als direkte Fortsetzung des Ingelheimer Konzils verstand. Einschließlich des Kardinallegaten waren nur 6 Bischöfe anwesend. Nach einigen Zögern - die Macht Hugos Magnus war ungebrochen - entschloß sich die Synode am 10. September schließlich doch zum letzten Schritt: der Exkommunikation Hugos. Die Synode vermied dabei sorgsam eine politische Begründung wie etwa eine Unterstützung Hugos von Vermandois im Kampf um das Erzbistum Reims. Die Exkommunikation Hugos wurde allein mit den Missetaten begründet, die dieser gegen die Besitzungen der Reimser Kirche begangen hatte.
    Spätestens hier ist es an der Zeit, den chronologischen Gang der Darstellung für einige Überlegungen grundsätzlicher Natur zu unterbrechen. Es muß auffallen, dass die Entscheidung im Reimser Bistumsstreit im Reiche OTTOS und im wesentlichen von Bischöfen aus dessen Reich gefällt wurde; auch zögerte König Ludwig nicht, selbst in Ingelheim zu erscheinen, um dort seine Sache zu vertreten. Nach dem Sprachgebrauch der Historiker des 19. Jahrhunders hieße dies nichts anderes, als dass der Streit um das vornehmste "französische" Erzbistum in "Deutschland" und von "deutschen Bischöfen" entschieden wurde, wobei der "französische" König sich nicht scheute, nach "Deutschland" zu reisen, um dort die Sache des "französischen" Bistums Reims zu vertreten - und all dies ohne die leiseste Kritik einer zeitgenössischen Quelle; insbesondere die direkten Gegenspieler Ludwigs, Hugo Magnus und Hugo von Vermandois, um dessen Bistum es ja schließlich ging, kamen offenbar zu keinem Zeitpunkt auf den doch eigentlich naheliegenden Gedanken, die Autorität des Ingelheimer Konzils mit dem Argument zu bestreiten, dass über Angelegenheiten der "französischen" Kirche nicht in "Deutschland" und von "deutschen" Bischöfen entschieden werden dürfe. Hugo Magnus wäre zu einem solchen Einwand am wenigsten berufen gewesen, war er es doch, der 940 OTTO I. in Attigny gehuldigt hatte. Dieser Akt des "Hochverrats" hat die französische Historiographie des vergangenen Jahrhunderts stark beschäftigt und zu gewundenen Erklärungen geführt, obwohl der historische Sachverhalt doch eigentlich sehr einfach und eindeutig ist: Alle diese Vorgänge bezeugen lediglich die Tatsache, dass "Deutschland" und "Frankreich" im 10. Jahrhundert noch keine historische Realität sind, sondern das fränkische Großreich, wenn auch geteilt in ein ost- und westfränkisches Reich, noch immer das Denken der Zeit beherrscht. Von "Deutschland" und "Frankreich" wird man erst viel später sprechen können.
    Die Jahre 949-953 standen für Hugo Magnus unter dem Motto "Schadensbegrenzung". Die Exkommunikation verfehlte ihre Wirkung nicht, zumal sie im Beisein und unter dem Vorsitz des päpstlichen Legaten ausgesprochen worden war. Eine Exkommunikation durch den Papst selbst mußte daher unter allen Umstännden verhindert werden. Ein Wiederaufrollen der Reimser Frage stand nicht zur Diskussion. Die Entscheidung Roms war unwiderruflich, doch Hugos Machtposition hatte sich darum nicht entscheidend verschlechtert, auch wenn Laon Anfang 949 bis auf seinen großen Turm überraschend in die Hände Ludwigs fiel. Alle Versuche Hugos, Laon zurückgewinnen, blieben ergebnislos.
    Zu allem Überfluß bestätigte eine römische Synode unter Vorsitz von Papst Agapet II. die Entscheidungen von Ingelheim und Trier: Hugo Magnus und Hugo von Vermandois blieben somit förmlich exkommuniziert, was seinen Eindruck auf den westfränkischen Episkopat nicht verfehlte. Nachdem Gerberga schon das Osterfest 949 bei OTTO in Aachen verbracht hatte, suchte Ludwig OTTO nun seinerseits Anfang 950 in Lothringen auf, um Friedensverhandlungen mit Hugo vorzuschlagen. Unter Vermittlung Herzog Konrads von Lothringen kam es im Frühjahr 950 zu einem Grenztreffen Ludwigs mit Hugo an der Marne, an dem auch die Herzöge Konrad von Lothringen und Hugo der Schwarze von Burgund teilnahmen. Hugo erneuerte seinen Lehnseid und gab dem König den Turm von Laon zurück. Als jedoch Ludwig im Frühsommer 950 in Laon krank darniederlag, nutzte Hugo dies sofort zu seinen Gunsten, um sich Aminens' zu bemächtigen, was den gerade erst geschlossenen Frieden sogleich wieder brüchig machte. 951 verbrachte Hugo schließlich das Osterfest bei OTTO in Aachen; damit signalisierte OTTO, dass ihm die Position Ludwigs hinreichend gefestigt, die Hugos verbesserungswürdig erschien, um das Gleichgewicht der Kräfte im Westen zu sichern. Die Beziehungen zu Ludwig litten darunter nicht.
    Es war kein geringer Schock für Ludwig, als seine Mutter Eadgyfu, die in den Jahren ihres Aufenthalts in W-Franken stets im Schatten der Gerberga gestanden und keinen erkennbaren Einfluß auf die Politik ihres Sohnes gewonnen hatte, ausgerechnet den gleichnamigen Sohn des einstigen Kerkermeisters Karls III. von W-Franken heiratete, der erheblich jünger gewesen sein muß als sie. Eadgyfu floh aus Laon und brach mit ihrem Sohn, der ihr sofort das Wittum Attigny und die Abtei Notre-Dame in Laon entzog und letztere sogleich seiner Gemahlin Gerberga übertrug. Es war dann auch Gerberga, die nach einer persönlichen Zusammenkunft mit Hugo die erneute Aussöhnung zwischen diesem und ihrem Gemahl einleitete. Am 13. März 953 wurde der Friede in Soissons besiegelt, der zu Lebzeiten Ludwigs nicht mehr gebrochen wurde.
    Im Sommer oder Herbst des Jahres gebar Gerberga Zwillinge, die auf die Namen ihrer Großväter Heinrich und Karl getauft wurden. Während Heinrich kurz nach der Taufe starb, war Karl dazu berufen, den Endkampf der karolingischen Dynastie gegen die ROBERTINER zu führen. Noch im Jahre 953 hatte ihm der Vater Burgund mit dem Königstitel als Ausstattung zugedacht. Die Zeit ist darüber hinweggegangen. Während im Osten OTTO mit der Niederwerfung des Aufstandes Herzog Konrads von Lothringen beschäftigt war und in diesem Zusammenhang seinen Bruder Brun zunächst zum Erzbischof von Köln, bald darauf auch zum Herzog von Lothringen machte, ergossen sich von Konrad herbeigerufene Scharen der Ungarn im Frühjahr nach Lothringen und W-Franken. Ludwig scheint das Risiko einer Schlacht gescheut zu haben, jedenfalls ist von kriegerischen Aktivitäten gegen die Ungarn nichts bekannt. Im Sommer verlor Ludwig seinen gleichnamigen, erst fünf Jahre alten Sohn, der offenbar in Laon beigesetzt wurde. Auf dem Weg von Laon nach Reims verfolgte Ludwig einen Wolf; er stürzte vom Pferd und zog sich innere Verletzungen zu. Am 10. September 954 starb er in Reims, wo er im Remigiuskloster (St-Remi) bestattet wurde. Die Beisetzungsfeierlichkeit wird wohl sein alter Kampfgefährte Artold geleitet haben.
    Es ist schwer, ein Urteil über einen Herrscher zu fällen, der in der Blüte des Lebens, nur 33 Jahre alt, gestorben ist. Ludwigs persönlicher Mut und Tatkraft stehen außer Zweifel. Große politische Konzeptionen sind von einem Herrscher, der praktisch sein Leben lang nur um das politische Überleben kämpfte, kaum zu erwarten: Das Ringen mit Hugo Magnus hatte 18 Jahre hindurch seine ganze Kraft in Anspruch genommen. Unter dynastischen Aspekt war es fraglos eine große Tat Ludwigs, die westfränkische Linie des karolingischen Hauses politisch überhaupt wieder zu einem mitbestimmenden Faktor westfränkischer Politik gemacht zu haben, was 923 schon endgültig ad acta gelegt schien. Einen entscheidenden Sieg über die viel mächtigeren ROBERTINER konnte er nicht erringen, und so hat man ihm denn auch eher vorgeworfen, ihnen auf dem Weg zur Königsherrschaft nur im Wege gestanden und den inneren Machtkampf in Westfranken verlängert zu haben. Eine solche Sicht der Dinge verkennt allerdings, dass sich Hugo Magnus und später Hugo Capet gar nicht ernsthaft um den Erwerb der Königswürde bemühten. Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob sich Ludwig bei längerer Herrschaft vielleicht doch gegen Hugo Magnus durchgesetzt haben würde. Wahrscheinlich ist das nicht; sicher ist nur, dass er bis zum letzten Atemzug um seine Königswürde gekämpft hätte.

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Jedenfalls erschien der am Hofe von Wessex aufgewachsene, deshalb der "Überseeische" genannte, Sohn Karls des Einfältigen kaum aus eigenem Antrieb am Strand von Boulougne, wo ihn Hugo "und die übrigen Großen der Franken" huldigend in Empfang nahmen, sondern begann in der fremden Umwelt sein Königtum, zu dem er am 19.6.936 von Artold von Reims in Laon gekrönt wurde, eher wie eine Schachfigur in den Händen Mächtiger und hatte zeitlebens mit dieser mißlichen Rolle zu kämpfen. Zunächst und vor allem war es Hugo, der sich die königliche Autorität lieh, um mit dem Titel eines dux Francorum seinen angestammten Vorrang im nördlichen Kerngebiet des Reiches, in "Franzien", aber auch vor den anderen Großvasallen des gesamten W-Franken formalisieren zu lassen, und der zudem den Versuch machte, Ludwig ständig an seine Umgebung zu binden. Als sich der junge König 937 dieser "Vormundschaft" entwand, fiel es dem ROBERTINER offenbar nicht schwer, ihn zu isolieren, indem er sich rasch mit seinem bisherigen Gegner Heribert von Vermandois verständigte und noch vor Ludwig IV. Verbindung zu König OTTO I. aufnahm, dem Sohn und Nachfolger HEINRICHS I. jenseits der Maas, der sich im Vorjahr demonstrativ in Aachen hatte krönen lassen und dessen Schwester Hadwig Hugo der Große nun ehelichte.
    Vor diesem Hintergrund mußte es Ludwig als verlockender Wink des Schicksals erscheinen, dass sich Herzog Giselbert von Lothringen 939 im Aufstand gegen OTTO zusammen mit anderen Großen des regnum Lotharii ihm als König unterstellte. Um für den Fall des Erfolgs der verbreiteten Erhebung seine Ansprüche auf das noch vom Vater innegehabte karolingische Stammland zu sichern, nahm Ludwig alle Kräfte zusammen und rückte über Verdun bis in das Elsaß vor, doch fiel die Entscheidung weiter nördlich bei Andernach, wo Giselbert am 2.10.939 auf der Flucht im Rhein ertrank, nachdem der ihm verbündete Herzog Eberhard von Franken im Kampf gefallen war. Die Aussicht auf eine Rückgewinnung Lothringens hatte sich so schnell zerschlagen wie sie aufgetaucht war, aber da Ludwig Giselberts Witwe Gerberga, die Tochter König HEINRICHS I., beim Rückzug mit sich nahm und bald darauf heiratete, scheint er doch nicht jede Hoffnung aufgegeben zu haben und tat es im übrigen Hugo dem Großen gleich, der sich ja vorher schon mit OTTO I. verschwägert hatte. Vorerst freilich gab der Fehlschlag seinen inneren Gegnern neuen Auftrieb: Hugo von Franzien und Heribert von Vermandois nahmen 940 gemeinsam die Stadt Reims ein, wo sie Erzbischof Artold, Ludwigs Coronator, wieder zugunsten von Heriberts Sohn Hugo verdrängten, und gegen Jahresende trafen sie in der einstigen KAROLINGER-Pfalz Attigny OTTO I., der mit einem Heereszug nach W-Franken auf das vorjährige Verhalten Ludwigs IV. reagierte und nun die Huldigung von dessen wichtigsten Vasallen entgegennahm. Da es der liudolfingische König indes bei einer Demonstration seiner Überlegenheit beließ, konnte er zwei Jahre später nach erneutem Aufflammen der inneren Fehden von beiden Lagern in W-Franken als schlichtender Vermittler angerufen werden. In Vise an der Maas, also nicht an der Grenze, sondern auf lothringischem Boden, empfing er im November 942 seine beiden Schwäger, König Ludwig und Herzog Hugo, samt deren gewichtigsten Parteigängern zu einer allgemeinen Versöhnung, die für den bedrängten KAROLINGER eine Stabilisierung seines Königtums bei abermaligem Verzicht auf Lothringen bedeutete.
    Die ersten Jahre lehrten Ludwig IV., dass er nicht daran denken konnte, von seiner begrenzten Krondomäne um Reims und Laon sowie den Oise-Pfalzen aus der großen Lehnsfürsten insgesamt Herr zu werden; vielmehr mußte er bemüht sein, durch Bündnisse und Konzessionen zwischen ihnen zu lavieren, um sich in den wechselvollen Positionskämpfen zu behaupten, und dabei stets die Möglichkeit ottonischen Eingreifens in Betracht ziehen, das meist darauf abzielte, keinen Machthaber in W-Franken allzu dominant werden zu lassen. In diesem Sinne wandte sich Ludwig bereits 937 auf der Suche nach einem Gegengewicht zu Hugo von Franzien dem burgundischen marchio Hugo dem Schwarzen zu, dem Bruder des verstorbenen Königs Rudolf, bis dieser 940 durch einen Vorstoß OTTOS I. nach Burgund gezwungen wurde, von der Feindschaft gegen die ROBERTINER abzulassen. 942 verschaffte sich Ludwig neuen Rückhalt bei Wilhelm III. Werghaupt von Poitou (+ 963), den er als marchio von Aquitanien anerkannte, und überdies in Rouen bei Wilhelm I. Langschwert von der Normandie sowie den dort erschienenen Fürsten der Bretonen, bevor sich gegen Jahresende in Vise durch OTTO I. wieder ein Modus vivendi mit Hugo dem Großen und dessen Anhang einstellte. Das karolingische Königtum stand damals schon nicht mehr auf zwei Augen dank der Geburt eines Stammhalters Lothar, den Gerberga Ende 941 zur Welt gebracht hatte, und gewann sogar unerwarteten Spielraum, als Wilhelm von der Normandie Ende 942 durch Leute des Grafen von Flandern ermordet wurde und Anfang 943 auch Heribert II. von Vermandois starb. Während Heriberts erwachsene Söhne im Erbstreit unter sich blieben und als Machtfaktor vorerst ausfielen, rief die Situation bei den Normannen, wo der Nachfolger Richard I. noch unmündig und keineswegs überall anerkannt war, den königlichen Oberlehnsherrn auf den Plan. Ludwig IV. schlug sich von Rouen aus energisch gegen normannische Teilfürsten und wiedererstehendes Heidentum, geriet aber 945 in einen Hinterhalt seiner Gegner, die ihn festsetzten und an Hugo von Franzien auslieferten. Der dux Francorum überließ seinem Grafen Tedbald von Blois und Chartres die Bewachung und verlangte die Abtretung von Laon als Bedingung der Freilassung.
    Dem Los seines Vaters Karl entging Ludwig IV. nicht aus eigener Kraft oder durch den Mut seiner Getreuen, sondern dank auswärtiger Intervention gegen eine derartige Demütigung des gesalbten Königs. Zwar mußte Gerberga Laon preisgeben, aber sie rief König Edmund von Wessex, Ludwigs Oheim, ferner ihren eigenen Bruder König OTTO I. sowie den Papst zu Hilfe und erreichte, dass ihr Gatte im Sommer 946 wieder freikam und OTTO - genau umgekehrt wie 940 - zugunsten seines karolingischen Schwagers und gegen den robertinischen einen Feldzug nach W-Franken anführte. Sein Heer richtete im Verein mit demjenigen Ludwigs vor Laon, Senlis, Paris und Rouen wenig aus, errang jedoch einen wichtigen Erfolg durch die Erstürmung von Reims, wo daraufhin Artold wieder den erzbischöflichen Platz seines Rivalen Hugo von Vermandois einnehmen konnte. Ludwigs Lage blieb gleichwohl prekär und legte ihm weiter enges Zusammenwirken mit OTTO nahe, das dann am 7.6.948 in der gemeinsamen Synode von 32 Bischöfen beider Reiche unter dem Vorsitz eines päpstlichen Abgesandten in Ingelheim gipfelte. Die Versammlung im Beisein sowohl OTTOS wie Ludwigs (in formeller Gleichrangigkeit) war in ihrer Art einmalig im 10. Jahrhundert; sie gemahnte nicht bloß äußerlich an die vergangenen Zeiten des großfränkischen Reiches, sondern griff auch sachlich die karolingische Tradition auf, indem sie ihr ganzes moralisches Gewicht für die Königsgewalt in die Waagschale warf und demgemäß Hugo den Großen als "Angreifer und Räuber von Ludwigs Königtum" ebenso strikt verurteilte wie den "Schein-Bischof" Hugo, der in Reims Artold von seinem rechtmäßigen Sitz vertrieben habe. Dem synodalen Bannfluch folgte alsbald ein neuer, vom lothringischen Herzog Konrad dem Roten befehligter Feldzug nach W-Franken, der "sich nicht als Krieg, sondern als Exekution... gab" (H.Fuhrmann), aber kaum etwas bewirkte.
    Die Rückgewinnung von Laon, längst die wichtigste Bastion für die KAROLINGER, glückte Ludwig erst 949 durch nächtliche Überrumpelung, bei der freilich die Zitadelle der Stadt unbezwungen blieb. Zu den Folgen gehörte eine neue Verständigung mit dem Hause VERMANDOIS: Albert, der sich unter den Söhnen Heriberts II. als Erbe der eigentlichen Grafschaft durchgesetzt hatte, huldigte dem König und bekam bald darauf Gerbergas gleichnamige Tochter aus deren erster Ehe mit Giselbert von Lothringen zur Frau, während sein Bruder Heribert III., Laienabt von Saint-Medard in Soissons, 951 die Königin-Mutter Eadgifu heiratete. Endgültig fallengelassen wurde dabei der weitere Bruder Hugo, der in Ingelheim verurteilte Erzbischof, der jahrelang Reims den KAROLINGERN vorenthalten hatte. Auch der ROBERTINER Hugo, dessen Kirchenbann 949 sogar Papst Agapit II. (946-955) in Rom bestätigte, fand sich Ende 950 bei einem von Herzog Konrad dem Roten vermittelten Treffen an der Marne zum Ausgleich mit König Ludwig bereit und überließ ihm nun auch wieder die Laoner Zitadelle; nach neuen Verwicklungen wurde der Friede zwischen dem rex Francorum und dem dux Francorum am 20.3.953 in Soissons feierlich bekräftigt. Ludwig kam in die Lage, sich auch wieder dem S seines Reiches zu widmen, sah sich 951 und 954 durch Ungarneinfälle bis nach Aquitanien herausgefordert und hielt vor allem weiter ständig Fühlung mit Adelskreisen beiderseits der östlichen Grenze zu Lothringen. Anders als 939 hütete er sich, in den neuen Aufstand gegen OTTO I. einzugreifen, bei dem Herzog Konrad der Rote, sein bisheriger Beschützer, 953 auf die Seite der Gegner des Königs trat, und er erlebte, dass OTTO das regnum Lothariense - und damit die Wahrung seiner politischen Interessen nach W hin - nicht dem gegen Konrad aufgetretenen Neffen Giselberts, dem Grafen Reginar III. von Hennegau, sondern seinem eigenen Bruder Brun übertrug, der seit 953 als Erzbischof von Köln geistliche und weltliche Vollmachten miteinander zu verbinden hatte.
    In seiner Familie war Ludwig IV. seit der Geburt Lothars, seines Ältesten, von manchem Unglück betroffen worden. Sein zweiter Sohn namens Karl, der 945 nach und vor je einer Schwester zur Welt gekommen war, mußte während der Gefangenschaft des Vaters (946) den Normannen als Geisel gestellt werden und kam in deren Gewahrsanm zu Tode. Auch ein dritter Sohn Ludwig, den Gerberga 948 gebar, starb im Kindesalter noch vor dem Vater. Als die Königin 953 in Laon mit Zwillingen niederkam, erhielten sie die Namen ihrer königlichen Großväter, Karls des Einfältigen und HEINRICHS I., doch nur der Erstgenannte überlebte. Er scheint, wenn zwei vereinzelte Urkunden nicht täuschen, beim Vater sogar Erwägungen über eine künftige Reichsteilung ausgelöst zu haben, bei der ihm insbesondere Burgund zugefallen wäre, wo 952 mit dem marchio Hugo dem Schwarzen die bosonidische Linie ausgestorben war. Doch lange bevor derartige Pläne ausreifen konnten, traf das KAROLINGER-Haus wiederum die Ungunst des Schicksals: Ludwig IV., der nach schwierigem Beginn und argen Rückschlägen eben erst seine königliche Stellung einigermaßen gefestigt zu haben schien, verunglückte durch einen Sturz vom Pferd und starb an den Folgen im Alter von 33 Jahren am 10.9.954 in Reims, wo er in Saint-Remi begraben liegt.

    939 oo 2. Gerberga von Sachsen, Tochter des Königs HEINRICH I., 913-5.5.969

    Kinder:
    - Lothar III. Ende 941-2.3.986
    - ? Gerberga 940 oder 942-
    954 oo Albert I. Graf von Vermandois um 915-9.8.987
    - Karl 945- 953
    - Mathilde Ende 943-26.11. nach 981
    964 oo 2. Konrad König von Burgund um 923-19.10.993
    - Ludwig 948-10.11.954 Laon
    - Karl Herzog von Nieder-Lothringen Sommer 953- nach 991 Laon
    - Heinrich Sommer 953- 953 Laon

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 89-92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 88 Anm. 31.100,101 Anm. 106,106 Anm. 11,123,126 Anm. 94,127 Anm. 94,153,161 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 53,57,60,63-65,84 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 13,28 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 245 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 23,27,42,45 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 23,30,34,44,47-59,61,64 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 294,297,318 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 24,28,33,37,41,65,127,169,187,193, 271,283,287 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 68,105 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 189 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite110,120,123-132,138,162 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 294, 299-302,306-309,311,320,344,407 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 203-214,224 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 95,122,127-130,135 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 5-405 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 489,492-495, 497,512,515 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 101,141,155,157, 165,167 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 71,104,112,114,123,126,193,238 -

    Geburt:
    10.9.

    Name:
    Transmarinus, d’Outre-Mer

    Begraben:
    St-Remi

    Ludwig heiratete von Sachsen, Gerberga in 939. Gerberga (Tochter von von Sachsen, Heinrich I. und von Ringelheim, Mathilde) wurde geboren in 913; gestorben am 5 Mai 969 in Nordhausen [99734],Nordhausen,Thüringen,Deutschland; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 45. von Frankreich, Lothar  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Ende 941; gestorben am 2 Mrz 986 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.
    2. 46. von Frankreich, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Jan 945; gestorben in 953.
    3. 47. von Frankreich, Mathilde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 943; gestorben nach 981.
    4. 48. von Frankreich, Ludwig  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Dez 948; gestorben am 10 Nov 954 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.
    5. 49. von Niederlothringen, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben am 22 Jun 992; wurde beigesetzt in Maastricht,Limburg,Niederlande,Niederlande.
    6. 50. von Frankreich, Heinrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben in 953.

  14. 30.  Roriko Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1) wurde geboren um 920; gestorben am 20 Dez 976; wurde beigesetzt in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Beruf: 948-976, Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; Bischof von Laon

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich

    Begraben:
    Abtei Saint-Vincent in Laon


  15. 31.  Arnulf Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1)

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich


  16. 32.  Drogo Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1)

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich


  17. 33.  Alpais Graphische Anzeige der Nachkommen (16.Karl3, 4.Ludwig2, 1.Karl1)

    Notizen:

    Illegitime Tochter des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich