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 Bohrer

Ludwig IV.

männlich 893 - 911  (18 Jahre)


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  • Name , Ludwig 
    Suffix IV. 
    Spitzname das Kind 
    Geburt 893  Altötting [84503],Altötting,Bayern,Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    • Herbst
    Geschlecht männlich 
    Titel/Amt/Status 900-911  Ostfrankenreich Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    Ostfränkischer König 
    Tod Sep 911  Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    • 20./24.9.911
    Beerdigung Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    • St. Emmeram
    Personen-Kennung I1028  Mittelalter
    Zuletzt bearbeitet am 18 Dez 2015 

    Vater von Kärnten, Arnulf,   geb. um 850   gest. 899, Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 49 Jahre) 
    Mutter Oda,   geb. um 873   gest. 903 (Alter 30 Jahre) 
    Familien-Kennung F421  Familienblatt  |  Familientafel

  • Ereignis-Karte
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  • Notizen 
    • Ludwig IV. Ostfränkischer König (900-911)
      Herbst 893 (Alt-)Oetting - 20./24.9.911 Frankfurt Begraben: St. Emmeram, Regensburg

      Einziger Sohn des Kaisers ARNULF von Kärnten und der KONRADINERIN Oda

      Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2172

      Ludwig IV. das Kind, ostfränkischer König
      * wohl Sept./Okt. 893 Alt-Ötting, + 20. oder 24. September 911 Frankfurt Begraben: Regensburg, St. Emmeram

      Der einzige Sohn Kaiser ARNULFS von Kärnten aus gültiger Ehe wurde am 4. Februar 900 zu Forchheim zum König erhoben. Seine Krönung ist die erste gesicherte Königskrönung der ostfränkisch-deutschen Geschichte. Im März 900 nahm er die Huldigung der lothringischen Großen entgegen. Trotz seines kindlichen Alters blieb Ludwig das Kind der Mittelpunkt des staatlichen Lebens. In seinem Namen wurden die Reichsversammlungen von 901 (Regensburg), 903 (Forchheim) und 906 (Tribur) durchgeführt. Der Schwerpunkt seiner Herrschaft lag eindeutig in den südlichen Stammesherzogtümern, zunächst in Bayern, später in Franken. Eine eigenständige Regierung vermochte das stets kränkelnde Kind aber nicht zu verwirklichen. Die Herrschaft ging auf Adel und Episkopat über. Entscheidende Berater waren Erzbischof Hatto von Mainz und Bischof Salomo von Konstanz. Die Schwäche der Zentralgewalt begünstigte das Wiedererstarken der früheren Mittelgewalten der Herzogtümer, die sich als "jüngere" Stammesherzogtümer erneut als Kräfte des Verfassungslebens verfestigten. Dazu trug auch die äußere Bedrohung durch die Ungarn bei, zu deren Abwehr das Königtum außer der Niederlage auf dem Lechfeld 910 keinen nennenswerten Beitrag leistete. Mit dem glücklosen Ludwig IV. dem Kind erlosch die ostfränkische Linie der KAROLINGER.

      Literatur:
      ADB XIX, 451-455 - NDB XV, 329-331 - G. Tadde, Lex der dt. Gesch., 1977, 744 - Dümmler² III - P. Kehr, Die Kanzlei L.s d. K.es, 1940 - H.-W. Goetz, Dux und ducatus, 1977 - H. Beumann, Die Einheit des ostfrk. Reichs und der Ks.gedanke bei der Kg.serhebung L.s d. K.es (Adipl 23, 1977) 142-163 [Lit.] -

      Bosl’s Bayerische Biographie: Seite 494

      Ludwig IV., das Kind, ostfränkischer König
      * Herbst 893 Oettingen + 24.9.911 Regensburg Begraben: St. Emmeram, Regensburg

      900 in der Pfalz Forchheim zum König im O-Frankenreich gewählt, kurz darauf zum König von Lothringen.
      Die Regierung führten für ihn Hatto I., Erzbischof von Mainz und andere Bischöfe.
      In dieser Zeit konnte sich das jüngere Stammesherzogtum durchsetzen.
      Lothringen sagte sich nun vom Reich los und schloß sich 911 dem W-Frankenreich an.
      Hielt sich oft in Regensburg auf, wo er 12 von 72 Urkunden ausstellte.

      Literatur:
      ADB 19; BWB 2; S. Rösch, Caroli Magni Progenies, 1977; W. Giesebrecht, Gesch. d. dt. Kaiserzeit 1, 1888.

      Werner Karl Ferdinand: Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

      VI. Generation 25

      Zu Ludwig IV. jetzt grundlegend Schieffer (wie oben Anm. VI, 22) 75ff. Ludwigs Regierungsantritt in O-Franken läßt sich danach genau auf 900 II 4, der in Lothringen (wie Schieffer eindrucksvoll zeigt, ist er staatsrechtlich vom ersteren klar zu trennen) auf den März des Jahre 900.

      Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 433, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

      LUDWIG DAS KIND
      + 24.9.(?)911

      Necr. B 24.9. "Ludouuicus rex", König des Ostfränkischen Reiches 900-911

      Literatur:
      ADB 19 Seite 451ff.; BM² 1983d-2070b; Dümmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches 3 Seite 495ff.; Werner, Nachkommen Seite 460 Nr. 25 und Tafel VI/25; Die Klostergemeinschaft von Fulda 2,1 Seite 324 K 18; Biographisches Wörterbuch 2 Spalte 1715. Zum Todestag: Dümmler, ebd. 3; Seite 559 Anmerkung 3; BM² 2070b.

      Das Verhältnis Ludwigs, Sohn Kaiser ARNULFS von Kärnten, zum Kloster Reichenau, ist entscheidens durch den Reichenauer Abt und Mainzer Erzbischofs Hatto bestimmt worden. Hatto, der bereits unter ARNULF großen Einfluß auf dessen Regierungsangelegenheiten hatte und sogar Taufpate Ludwigs des Kindes war, übernahm nach dem Regierungsantritt des jungen Königs im Jahr 900 faktisch die Regierungsgeschäfte. Aus der kurzen Regierungszeit Ludwigs sind uns zwei Urkunden des Königs für das Inselkloster erhalten, in denen er unter anderem Immunität und freie Abtswahl bestätigte; vgl. D LdK 69; BM² 2059; Brandi, Urkundenfälschungen Seite 6 bzw. Seite 118 Nr. 48; vgl. auch ebd. Seite 6 bzw. Seite 117 Nr. 47 und Beyerle, Von der Gründung Seite 112/6. Über den Todestag Ludwigs gibt es verschiedene Angaben in den Necrologien, die teilweise aber auf Verwechslungen mit König Ludwig dem Jüngeren beruhen. Die in BM² 2070b versuchte paläographische Handklassifizierung des Reichenauer Necrologs hat sich als unzutreffend herausgestellt.

      Ludwig IV. war erst 6 Jahre alt, als er die Nachfolge seines Vaters antrat. Der ostfränkische Episkopat und weltliche Große erhoben ihn am 4.2.900 in Forchheim zum König. Die Regentschaft übernahm Erzbischof Hatto von Mainz und Bischof Salomo III. von Konstanz. Unter seiner Herrschaft erstarkten die im Abwehrkampf gegen die Ungarn mächtig gewordenen Stammesherzogtümer weiter.

      Mit Ludwig IV. starb die ostfränkische Linie der KAROLINGER aus.

      Jaeckel, Gerhard: Seite 40, "Die deutschen Kaiser. Die Lebensgeschichten sämtlicher Monarchen von Karl dem Großen bis Wilhelm II."

      LUDWIG IV. DAS KIND 899-911

      Vor seinem Tode hatte Kaiser ARNULF die geistlichen und weltlichen Großen auf seinen 893 in Altötting geborenen einzigen ehelichen Sohn von der Kaiserin Ota vereidigt. Zur Regentschaft bestimmte er Erzbischof Hatto von Mainz und Bischof Salomo von Konstanz, zum Erzieher den Bischof Albero von Würzburg. Weltlicher Vormund wurde Konrad von Hessen und Niederlahnstein, ein Verwandter Otas und wiederum mit deren Tochter Glismut, also einer Schwester des jungen Ludwig verheiratet. Am 4. Februar 900 wurde Ludwig das Kind in Forchheim feierlich gekrönt, gesalbt und mit einem Königsmantel bekleidet.
      Neben diesen mächtigen und ehrgeizigen Regenten spielte Ludwig nur als Symbol für die Einheit des O-Fränkischen Reiches eine Rolle. Und um diese Einheit war es schlecht bestellt. Schon seit den Bruderkämpfen der Söhne LUDWIGS DES FROMMEN war das karolingische Herrschaftsprinzip, nach dem Königslehen mit dem Erlöschen des damit verbundenen Amtes oder dem Tod des Lehensträgers an den König und das Reich zurückfielen, immer mehr aufgeweicht worden. Lehen wurden erblich und gingen in das Eigentum der Grafen über, aus Lehnsgrafen wurden feudale, dem Monarchen nur noch durch Treueid verpflichtete Grundherren. Die mächtigsten und vornehmsten Grafen schwangen sich zu Herzögen auf und die alten, von KARL DEM GROSSEN abgeschafften Stammesherzogtümer erstanden wieder, zuerst Sachsen und Thüringen. Gegen diese Entwicklung stemmtem sich dei Bischöfe, die für den Besitz der Kirchen und Klöster fürchteten. Ein geistlicher Chronist spricht von "Ludwig, unter dem alle Güter friedlos wurden". Ihrerseits benutzten die geistlichen Regenten Hatto von Mainz und Salomo von Konstanz ihre Stellung, um ihrer Verwandtschaft große erbliche Besitztümer auf Kosten des Reichsgutes zu verschaffen.
      Während an der SO-Grenze des Reichs die Ungarn zu einer gefährlichen Bedrohung wurden, führten Ludwigs Verwandte, die KONRADINER, vier Jahre lang eine blutige Privatfehde mit den am oberen Main begüterten POPPONEN, deren Stammburg auf dem Babemberg lag, dem späteren Domberg in Bamberg. Die "Babenberger Fehde" wurde erst 906 durch königliches Heeresaufgebot zugunsten der KONRADINER entschieden, der POPPONE Graf Adalbert hingerichtet.
      Im gleichen Jahr streiften die Ungarn bis nach Sachsen, ein Jahr darauf fiel Markgraf Luitpold von Kärnten im Kampf gegen die Eindringlinge, 909 drangen sie bis nach Schwaben vor. Die Abwehr blieb den betroffenen Stämmen überlassen, deren Große dadurch noch mächtiger und selbstbewußter wurden. Erst 910 kam endlich ein Reichsaufgebot zustande, das mit dem 17-jährigen König Ludwig IV. an der Spitze den Ungarn entgegentrat. Auf dem Lechfeld bei Augsburg wurde er vernichtend geschlagen.
      Nach dieser Schlacht gibt es nur noch wenige Nachrichten über den König. Im Oktober 910 erscheint sein Name auf einer Forchheimer Urkunde, im Juli 911 zum letztenmal auf einem Frankfurter Dokument. Er starb im Alter von nur 18 Jahren am 20. August 911 "siechen Körpers und einer frühzeitigen Auflösung erliegend" an unbekanntem Ort. In St. Emmeram bei Regensburg soll er angeblich neben seinem Vater Kaiser ARNULF beigesetzt worden sein. Er war als ostfränkischer König nach Ludwig III. dem Jüngeren, dem zweiten Sohn Ludwigs des Deutschen, der vierte dieses Namens, wurde jedoch nicht zum Kaiser gekrönt, so daß später Kaiser LUDWIG DER BAYER ebenfalls als LUDWIG IV. bezeichnet wurde
      [Richtig ist, daß LUDWIG DER BAYER als vierter seines Namens Römischer Kaiser wurde nach LUDWIG I. DEM FROMMEN, LUDWIG II. (+ 875) und LUDWIG III. DEM BLINDEN von Burgund.].

      Hartmann Wilfried: Seite 90-94, „König Ludwig IV. das Kind“ in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, Hg. Karl Rudolf Schnith

      Die erstaunliche Tatsache, dass der erst gut 6-jährige Sohn ARNULFS knapp zwei Monate nach dem Tode seines Vaters einmütig zum König der O-Franken erhoben wurde, zeigt, dass die Regionen dieses Reiches in den Jahrzehnten seit 843 ein hohes Maß an Zusammengehörigkeitsgefühle entwickelt hatten. Die Schwäche des minderjährigen Königs sollte behoben werden durch seine Krönung, die wahrscheinlich Erzbischof Hatto von Mainz durchführte. Es war dies die erste Krönung eines ostfränkischen Königs; während Krönungen im W-Frankenreich und auch in Lotharingien bereits früher vorgenommen worden waren, um schwache Herrscher zu stützen.
      Der junge König konnte die Regierungsgeschäfte anfangs natürlich nicht selbständig führen, auch wenn diese Fiktion aufrechterhalten wurde; so hat Ludwig eigenhändig mit seiner Kinderhand den Vollzugsstrich in das Königsmonogramm der in seinem Namen ausgestellten Urkunden eingetragen. Die wirkliche Regierung lag in den Händen eines Regentschaftsrats; für eine vormundschaftliche Regierung besaß das Frühmittelalter keine anerkannten Rechtsregeln. Wenn keine ostfränkische Adelsgruppe daran dachte, einen auswärtigen KAROLINGER (etwa den W-Franken Karl den Einfältigen oder den Burgunder LUDWIG) einzuladen, die Herrschaft im O-Reich anzunehmen, so ist auch das ein Ausdruck des inzwischen gewachsenen Eigenbewußtseins dieses Reiches. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der ostfränkischen Stämme manifestiert sich auch darin, dass sich eine ganze Reihe von wichtigen Repräsentanten der Regionen am Hof Ludwigs einfand, um als Intervenienten seiner Urkunden und als Ratgeber an der Regierung des Landes mitzuwirken. In erster Linie sind hier neben Hatto von Mainz die Brüder Salomo III. von Konstanz und Waldo von Freising zu nennen; aber auch weltliche Große aus Franken, Bayern und Sachsen waren am Hof anzutreffen, so dass man sagen konnte, "sogar der unmündige und ohnmächtige König" habe sich "noch als Klammer der Großen in Nord und Süd" erwiesen (J. Fleckenstein).
      Der Hof scheint sich bis 907 bevorzugt in Bayern, besonders in Regensburg, der wichtigen Residenz Ludwigs des Deutschen und ARNULFS, aufgehalten zu haben. Dann - sporadisch bereits seit 905, dauernd seit 907 - tritt das Rhein-Main-Gebiet in den Vordergrund, wo Frankfurt, Tribur und Ingelheim als Aufenthaltsorte bezeugt sind. Einige Male ist der König auch in der Pfalz Bodman in Alemannien nachweisbar; hier war er in der Nähe von Bischof Salomo III. von Konstanz (890-919), der seit 909 die Kanzlei leitete.
      Das Maingebiet war in den Jahren bis 906 der Schauplatz heftiger Kämpfe, die von den mächtigen ostfränkischen Adelsfamilien der BABENBERGER und der KONRADINER vielleicht geführt wurden, um sich einen möglichst günstigen Ausgangspunkt für die Zeit nach Ludwig zu schaffen. Die BABENBERGER hatten unter Ludwig dem Jüngeren und KARL III. ihren wichtigsten Repräsentanten in Graf Heinrich, dessen kriegerische Tüchtigkeit sich in mehreren Schlachten gegen die Normannen bewährt hatte. Nachdem er im Sommer 886 vor Paris gefallen war, versuchten seine Söhne Adalbert, Adalhard und Heinrich II. die Position der Familie auszubauen. Ihre Hauptgegner waren die KONRADINER, die unter ARNULF zahlreiche Vorteile erreichen konnten, weil ARNULFS Frau Oda aus dieser Familie kam. Nach ARNULFS Tod kam es zu Kämpfen, in deren Verlauf Heinrich II. fiel und Adalhard gefangengenommen wurde. Nachdem der KONRADINER Eberhard an seinen Wunden verstorben war, ließen die KONRADINER den gefangenen Adalhard enthaupten (902/03). Ein Urteil von Großen aus Franken, Schwaben, Bayern, Thüringen und Sachsen übertrug den Besitz der toten babenbergischen Brüder an den König, der ihn an den konradinischen Bischof Rudolf von Würzburg weitergab.
      Nachdem 906 Graf Konrad der Ältere in einer Schlacht gegen Adalbert gefallen war, konnte Adalbert auf einem neuen Kriegszug durch eine List gefangengenommen werden. Ein Adelsgericht verurteilte ihn zum Tode; das Urteil wurde auch auf Betreiben Konrads des Jüngeren, des späteren Königs KONRAD I., vollstreckt. Dieser hatte sich mit seinem Vorgehen den Weg zum Königtum erkämpft; die BABENBERGER waren jetzt trotz ihrer Verwandtschaft mit den KAROLINGERN und den sächsischen LIUDOLFINGERN ausgeschaltet.
      Die zentrifugalen Tendenzen, die sich immer stärker bemerkbar machten, wurden durch die äußere Bedrohung verstärkt, die ein rasches Handeln der Machthaber an den Grenzen des Reiches erforderte. Die größte Bedrohung ging von den Ungarn aus, die seit dem Jahr 900 immer wieder den deutschen SO verwüsteten. Nachdem sie 905/06 den alten Gegner des O-Fränkischen Reiches, das Großmährische Reich, zerschlagen hatten, drangen sie 906 bis nach Sachsen vor. Markgraf Liutpold von Bayern versuchte im kommenden Jahr, durch einen Präventivschlag die Ungarn zu treffen, nachdem die Bayern schon 903 ein gemeinsames Gastmahl mit den Ungarn zu einem Massaker an diesen ausgenützt hatten. Der Feldzug, den Liutpold nach O führte, endete bei Preßburg mit einer verheerenden Niederlage; nicht nur der Markgraf selbst, sondern auch eine ganze Reihe von geistlichen und weltlichen Großen Bayerns, darunter Erzbischof Theotmar von Salzburg, fielen im Kampf. Merkwürdigerweise bedeutete aber diese Niederlage nicht das Ende der Machtstellung der LIUTPOLDINGER in Bayern; vielmehr scheint Liutpolds Sohn Arnulf von Anfang an eine vom Königtum unabhängigere Stellung angestrebt und erreicht zu haben. Vielleicht gab es kurz nach 907 bereits Abmachungen der Bayern mit den Ungarn, die in den folgenden Jahren 909 und 910 vor allem Schwaben heimsuchten. Im Sommer 910 versuchte der junge König selbst, sich den Ungarn auf dem Lechfeld entgegenzustellen; er erlitt eine schwere Niederlage, die sein Königtum aufs äußerste gefährdete.
      Ein Jahr später ist der kränkelnde junge Mann gestorben. Die Tatsache, dass keine zeitgenössische Quelle den Sterbeort und die Grabstätte Ludwigs des Kindes verzeichnet, muß als Hinweis darauf gelten, dass er sich nicht in das Bewußtsein seiner Nachwelt eingeprägt hat.
      In St. Emmeram in Regensburg, wo er nach einer zuerst im 12. Jahrhundert greifbaren Tradition beigesetzt sein soll, ist sein Todestag völlig falsch überliefert (nämlich der 21.1., der Tag, an dem Ludwig der Jüngere starb). Dies ist ein ziemlich starkes Argument dagegen, dass Ludwig das Kind in St. Emmeram begraben ist, denn das Mittelalter pflegte sich den Tag des Todes genau zu merken, da dieses Datum als Geburtstag zum ewigen Leben als das wichtigste Datum im Leben eines Menschen angesehen wurde.

      Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

      In O-Franken war 899/900 nach dem Tode Kaiser ARNULFS eine Situation eingetreten, die man seit den späten MEROWINGERN nicht mehr gekannt hatte. Der junge König Ludwig war ein anfangs 6-jähriges Kind, offenbar von Natur kränklich und zu eigenständigem Handeln nicht imstande, auch wenn das hergebrachte Zeremoniell der Reichsversammlungen und Urkundenausstellung dies überspielte. Macht und Verantwortung mußten auf Jahre an die geistlichen und weltlichen Großen übergehen, die durchweg im Königtum weiterhin ihren legitimierenden Rückhalt sahen, aber von dort nicht länger in ihren Positionskämpfen gehemmt wurden, sondern eher versucht waren, die Königsautorität als Waffe gegeneinander zu machen. Sie fühlten sich im übrigen zur Bündelung und Anspannung aller verfügbaren Kräfte unter ihrer Führung vielfach auch dadurch herausgefordert, dass kurz nach dem Verschwinden der Normannengefahr die neue, unberechenbare Bedrohung durch die Ungarn über O-Franken hereinbrach, die fraglos einen tatkräftigeren König überfordert hätte. Auf den Spuren der Hunnen und der Awaren, mit denen sie in den lateinischen Quellen gern identifiziert werden, waren diese berittenen Nomaden aus dem Wolgaraum in die Donau/Theiß-Ebene des alten Pannonien vorgestoßen und machten sich von dort aus bald durch rasche, nach W gerichtete Beutezüge über weite Entfernungen bemerkbar. 899/900 fielen sie in großer Zahl plündernd in Oberitalien ein, nachdem König BERENGARS Abwehr in Friaul gescheitert war. Aber auch Bayern mit Karantanien und der Ostmark wurden seitdem von ihnen heimgesucht, das innerlich geschwächte Mährerreich wurde 906 zerschlagen. Hatte noch ARNULF 892 eine ungarische Reiterschar gegen Swatopluk zu Hilfe genommen, so standen 902 Bayern und Mährer in gemeinsamen Kampf gegen die Heiden.
      Bestimmend an Ludwigs Königshof blieben jene Kreise, die bereits in ARNULFS Gunst gestanden hatten. Unter den Vertretern des Episkopats tritt weniger der wieder amtierende Erzkapellan Theotmar von Salzburg als der von ARNULF eingesetzte Mainzer Erzbischof Hatto hervor, der in einem Schreiben nach Rom über den Thronwechsel von 900 berichtete, offenbar noch in der trügerischen Hoffnung, einen "ostfränkischen Anspruch auf die Kaiserwürde" (H. Beumann) retten zu können. Zur informellen Regentschaft ist gewiß auch Bischof Adalbero von Augsburg zu zählen, der als "Erzieher" des Königs genannt wird, sowie Bischof Salomon III. von Konstanz, seit 909 mit dem zuvor vakant gebliebenen Titel des Kanzlers. Im Kreise der großen Familien gaben nun erst recht die unter ARNULF aufgestiegenen KONRADINER den Ton an, die sich in Hessen, aber nicht in Thüringen gegen die sächsischen LIUDOLFINGER behaupteten und in Mainfranken seit 902 im Namen des Königs eine blutige Fehde mit den BABENBERGERN ausfochten; dass Graf Konrad der Ältere dabei 906 den Tod fand, zog alsbald die Gefangennahme und Hinrichtung des letzten BABENBERGERS Adalbert nach sich, womit der Weg frei war für den jüngeren KONRAD, den nachmaligen König, der fortan als dux in Rhein- und Mainfranken waltete. Einen weiteren Zugewinn hatte sein Haus schon etwa 902 zu verzeichnen gehabt, als Konrad des Älteren Bruder Gebhard zum Statthalter in Lotharingien mit der urkundlichen Bezeichnung als dux regni quod a multis Hlotharii dicitur eingesetzt worden war, neben dem freilich auch der einheimische Graf Reginar seine Position wahrte. Als "königsnaher" Magnat hat ferner Liutpold in Bayern zu gelten, der angesichts der bedrohten Grenzen zu vermehrten Machtmitteln und erhöhten Befugnissen gelangte und 903 als dux Boemanorum von der Königskanzlei tituliert wurde. Immerhin mehrfach am Hof bezeugt, freilich ohne Kennzeichnung als dux, ist der LIUDOLFINGER Otto der Erlauchte, der im angestammten Sachsen 906 einen ersten Einfall der Ungarn hinnehmen mußte, und schließlich fehlen in Ludwigs Umgebung auch nicht der thüringische Markgraf Burchard (908 mit dux-Titel) sowie ein weiterer Burchard, der als Markgraf in Rätien den ersten Rang bei den Alemannen beanspruchte, aber 911 der Wut seiner Gegner zum Opfer fiel. Die historische Forschung erkennt in diesen Männern die Repräsentanten der heraufziehenden nach-karolingischen Mittelgewalten, die in allmählicher Annäherung an ältere Stammes- und Rechtsgebiete als Herzogtümer zum tragenden Grund des OTTONEN-Reiches wurden. Eben in der Zeit des ostfränkischen Kinderkönigtums nehmen sie einen entscheidenden Entwicklungsfortschritt.
      Zum äußeren Wendepunkt der Regierungszeit Ludwigs des Kindes wurde der Sommer 907, als der Versuch offensiver Ungarnabwehr an der Donau scheiterte und ein stattliches bayerisches Aufgebot am 4.7. vor Preßburg eine verheerende Niederlage erlitt; Liutpold als Anführer kam ebenso ums Leben wie der Erzkapellan Theotmar von Salzburg und zwei weitere Bischöfe neben vielen anderen Großen. Das bayerische Ostland, einst von KARL DEM GROSSEN den Awaren abgerungen, war nach diesen Einbußen nicht mehr zu halten, und Bayern selbst geriet in eine exponierte Position, deren Stabilisierung nach dem Willen der Überlebenden Liutpolds Sohn Arnulf zufiel. Während er sich bald schon als dux Baioariorum et etiam adiacentium regionum nannte, ist Ludwigs Königshof seither nicht mehr im väterlichen Kernland Bayern nachzuweisen, sondern hielt sich im konradinischen Franken sowie in Schwaben auf. Ein ähnlich vernichtender Schlag durch die Ungarn traf übers Jahr Thüringen, wo der Markgraf Burchard wie auch Bischof Rudolf von Würzburg, der KONRADINER, bei der Abwehr fielen und fortan die sächsischen LIUDOLFINGER ihre Macht ausweiten konnten. 909 und abermals 910 suchten die Ungarn, Bayern durchquerend, mit Raub und Brand Alemannien heim, und dort am Lech geschah es zum einzigen Mal, dass ihnen König Ludwig selbst an der Spitze eines Heeres aus Schwaben, Franken und Bayern entgegentrat. Er wurde genauso geschlagen wie andere vor ihm und verlor auf dem Schlachtfeld wiederum einen wichtigen Helfer: den KONRADINER Gebhard, dux in Lotharingien. Da die erneute Besetzung seines Amtes von auswärts nicht zustande kam, rückte Reginar, der Enkel LOTHARS I. und Graf im Maasgau, bis Mitte 911 (wieder) in die Rolle des anerkannt führenden Magnaten im alten Lothar-Reich ein. Man sieht, wie mit dem Schwinden der Kraft von König und Hof zur Verteidigung nach außen ein Verfall ihrer personellen und integrierenden Wirksamkeit nach innen einherging.


      Literatur:
      Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 15,22-25,29,46 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 133 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 15,18,19,26,28,33-37,39,60,78 Anm.190 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 54,75,132 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite11,19-21,27, 44,89,127 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 29-31,34, 57,147,171,204,268 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 77,133,181,203,206,211 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 262-364,372,374-376 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 362, 400,456,493-558,681 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 113,119,120 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 21,24 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 29,43,254,257 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 76,154 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 92,103,114,121, 156,170,180-182,185-199,201,210,214,235,239,241 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 18, 29,38-43,46-48,51,59,70,280 - Jaeckel, Gerhard: Die deutschen Kaiser. Die Lebensgeschichten sämtlicher Monarchen von Karl dem Großen bis Wilhelm II., Weltbild Verlag Augsburg, Seite 40 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963, Seite 191,194,206,236,242 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 181,300,390,407,423,433,443 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 292 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 190-192,194-198,200,227 - Schmid Alois: Das Bild des Bayernherzogs Arnulf (907-937) in der deutschen Geschichtsschreibung von seinen Zeitgenossen bis zu Wilhelm von Giesebrecht. Verlag Michael Lassleben Kallmünz 1976, Seite 20,26,44,68,84,87,98,102,103, 108,109,161,186,191,194,195,198,207,216,221,231,236 - Schulze, Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 116-119,131,1476,198 - Weinfurter Stefan: Die Salier und das Reich Band 1-3. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1991, Band I, Seite 222,375; Band II, Seite 49; Band III, Seite 10,486 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 463,477,479 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co.,Stuttgart 1981, Seite 19,53,61 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 29,33,41 - [1]
    • Neue Deutsche Biographie - Ludwig das Kind

      ostfränkischer König, * (wohl Sept./Oktober) 893 (Alt-)Ötting, † (wohl 24.9.) 911 (Frankfurt?), ⚰ wohl Regensburg, Sankt Emmeram.

      L. war Arnulfs einziger Sohn aus vollgültiger Ehe. Als seine Taufpaten sind EB →Hatto I. von Mainz (891–913) und der Bischof Adalbero von →Augsburg (887–909) bezeugt, Adalbero auch als Erzieher. Arnulf, der seinen Friedelsohn Zwentibold 895 zum König in|Lothringen eingesetzt hatte, ließ 897, einer freilich späten Nachricht zufolge, wohl im Mai auf der Wormser Reichsversammlung, sich selber und L. „von allen“ einen Treueid leisten. Der Sechsjährige wurde gemäß diesem Willen des Vaters zwei Monate nach dessen Tod am 4.2.900 in Forchheim zum König ausgerufen und gekrönt. Es ist in der ostfränk.-deutschen Geschichte die erste gesicherte, freilich nur summarische Nachricht von einer Krönung. Die Vermutung liegt nahe, daß EB Hatto als Coronator waltete, der damit die Kontinuität des aus Rhein- und Mainfranken, Schwaben, Bayern, Thüringen und Sachsen bestehenden Ostreiches sichern wollte. Jedenfalls war er es, der über diesen Thronwechsel alsbald dem Papst (Johann IX. oder Benedikt IV.) berichtete (GP IV 71 n. 54), anscheinend in der Absicht, dem Sohn Arnulfs auch den Weg zur Kaiserwürde offenzuhalten.

      Fast gleichzeitig brach in Lothringen ein Aufstand gegen Zwentibold aus. L. wurde ins Land gerufen, nahm im März 900 zu Diedenhofen die Huldigung der lothring. Großen entgegen, begab sich im April nach Aachen und erschien im selben Jahr nochmals im Westen, wo der Tod Zwentibolds (13.8.900) den Wirren ein Ende setzte. Somit war, ohne ernstliche Krise, das Ostfränk. Reich wieder in dem Umfang vereinigt, der seit 879 bestandenhatte.

      Daß der König ein Kind war, wurde im einfachen Rechtsdenken der Zeit schlichtweg ignoriert. Eine Regentschaft im rechtlichen Sinne gab es nicht, L. galt als selber regierend, die Reichsversammlungen – Regensburg 901, Forchheim 903, Tribur 906 – galten als von ihm einberufen und geleitet. Person und Hof selbst dieses schwachen Königs stellten immer noch den Angelpunkt der politischen Ordnung dar. Die Urkunden wurden auf seinen Namen ausgestellt und von ihm selber mit dem Vollziehungsstrich versehen. Es sind 78 in der Substanz echte (freilich nicht immer im Text vollständige) Diplome erhalten (dazu 7 spätere Fälschungen und 10 mit hinreichender Sicherheit erschließbare Deperdita). Die Empfänger verteilen sich auf alle Länder von Bayern bis Sachsen und Lothringen, freilich ungleichmäßig, mit besonderen (aber vielleicht nur zufälligen) Schwerpunkten bei Eichstätt und St. Gallen. Die Kanzlei Arnulfs unter der nominellen Aufsicht des Salzburger Erzbischofs als des archicappellanus (Theotmar, † 907, dann Pilgrim) blieb weiter tätig, von Anfang 909 an geleitet von dem Bischof Salomon III. von Konstanz (890–919) als cancellarius. Die Diplome für lothring. Empfänger wurden dagegen, wie in Zwentibolds Jahren, weiterhin auf den Namen des EB Ratbod von Trier als des archicancellarius beglaubigt und meist auch in dessen – ebenfalls fortbestehender – Trierer Sonderkanzlei ausgefertigt. Lothringen behielt im übrigen auch politisch eine Sonderstellung. L. nahm nach 900 nur noch dreimal – 902, 906, 908 – jeweils sehr kurzen Aufenthalt in diesem Lande (Metz, Aachen), dessen Große allem Anscheine nach auch ihrerseits nicht an den ostfränkischen Reichsversammlungen teilnahmen. Der Königshof residierte im übrigen nur im Süden, bis 907 besonders in Bayern (Regensburg), dann mit Vorzug in Franken (Frankfurt, Tribur, Ingelheim, Forchheim).

      Von eigener Regierungstätigkeit, an der sich biographische Züge ablesen ließen, kann bei dem jungen, offenbar stets kränkelnden L. keine Rede sein. Den Bischöfen Hatto, Adalbero und Salomon wuchs eine Autorität zu, die einer faktischen Regentschaft oft nahekam, aber neben ihnen und weiteren Bischöfen begegnen am Hofe L.s – nach Ausweis der Urkunden nicht selten in großer Zahl – auch weltliche Große, so daß im ganzen eher von einem Adelsregiment als von einer Regentschaft gesprochen werden muß. Zu dieser Schwäche der Zentralregierung kam eine neue, sprunghaft ansteigende Bedrohung von außen. Die Ungarn suchten seit 899/900 Italien heim, worin wohl auch ein Grund dafür zu sehen ist, daß Kaiserpläne L.s, wenn sie bestanden, vollends unrealisierbar wurden; statt seiner wurde Anfang 901 Ludwig von Niederburgund von Benedikt IV. gekrönt. Die Ungarn beunruhigten seit 900 auch den bayer.-slaw. Südosten. Die Zerschlagung des Großmähr. Reiches (905/06) öffnete ihnen den Weg in die Reichsländer; 906 erschienen ihre berittenen Pfeilschützen erstmals in Sachsen.

      Das Machtvakuum im Innern und die zu rascher militärischer Reaktion zwingende äu-ßere Gefährdung förderten in steter Wechselwirkung den längst (und allenthalben im Frankenreich) im Gang befindlichen Aufstieg landschaftlicher Mittelgewalten, in denen sich die Herzogtümer des deutschen Mittelalters anbahnten. Der Aufstieg der schon von Arnulf geförderten rheinfränk. Konradiner schritt unter L. voran. Sie setzten sich in Hessen durch und standen in Mainfranken den Popponen-Babenbergern gegenüber. In Lothringen wurde der Konradiner Gebhard als Amtsherzog eingesetzt, doch behauptete hier auch der Henne- und Haspengaugraf Reginar|eine starke Stellung. Mit den Babenbergern aber trugen die Konradiner, gestützt auf die Reichsgewalt, von 902 an eine blutige Fehde aus, die 906 zum Tode des älteren Konrad (bei Fritzlar) führte, dann jedoch in Theres am Main mit der Gefangennahme und Hinrichtung des letzten Babenbergers Adalbert endete. Seitdem nahm der jüngere Konrad (L.s Nachfolger als König) in Rhein- und Mainfranken die Vormachtstellung eines dux ein. Am Widerstande innerschwäb. Gegner, aber ohne erkennbare Beteiligung des Königshofes, scheiterte 911 mit dem gewaltsamen Ende des hunfriding. Mgf. Burchard und seines Bruders Adalbert der erste Ansatz zu einer schwäb. Herzogsmacht. In steter Fühlung mit dem Hofe L.s stand dagegen der gleichfalls schon bei Arnulf sehr angesehene bayer. Magnat Liutpold, der mehrere Grenzgrafschaften befehligte und sogar als dux Boemannorum bezeichnet wird. Sein Versuch, der Ungarngefahr offensiv zu begegnen, endete am 5.7.907 bei Preßburg mit einer Katastrophe des bayer. Heerbanns; Liutpold selber und der Erzkaplan Theotmar von Salzburg waren unter den Toten; die karoling. Ostmark an der Donau, für die eben noch (903/06) die Raffelstettener Zollordnung erlassen worden war, brach zusammen. Im gefährdeten Bayern aber festigte und verselbständigte sich eben jetzt die Herzogsgewalt: Mit dem Willen des Stammesadels und sichtlich ohne Beziehung zum Hofe L.s (der seitdem nicht mehr mit Sicherheit in Bayern nachweisbar ist) folgte Liutpolds Sohn Arnulf als faktisch autonomer Herzog. Im Ungarnkampfe fiel am 3.8.908 auch der noch von Arnulf eingesetzte und dem Hofe L.s verbundene thür. Mgf. Burchard. Thüringen kam in den Einflußbereich der Liudolfinger – Ottos und seines Sohnes Heinrich – deren Vorrang in Sachsen längst gefestigt und vom König anerkannt war.

      Die Ungarnwelle erreichte nach diesen Schlägen einen ersten Höhepunkt. Sie ergoß sich 909 nach Schwaben. Trotz eines Abwehrsieges des Hzg. Arnulf an der Rott stießen ihre Raubscharen im nächsten Jahre durch Bayern vor. Wohl im Sommer (12.6.?, 9.8.?) 910 trat ihnen der König an der Spitze eines schwäb.-fränk.-bayer. Heerbanns auf dem Lechfeld bei Augsburg entgegen, aber diese einzige größere eigene Tat L.s führte zu einer neuen schweren Niederlage, bei der mit dem Tode des Konradiners Gebhard das lothring. Amtsherzogtum endete. Offenbar erkannte der Königshof die führende Stellung Reginars jetzt auch formell an: Er konnte am 1.6.911 als comes et missus dominicus urkunden.

      Nach einer glücklosen Regierung erlosch mit L. die ostfränk. Linie der karoling. Dynastie. Die politische Zukunft und damit der Zusammenhalt des Reiches war offen, aber im Jahrzehnt L.s waren wesentliche Vorentscheidungen für die politische Struktur des mittelalterlichen Deutschland gefallen. – Wenige Wochen nach L.s Tod erhoben die ostfränk. Großen den Hzg. Konrad zum König, während sich die Lothringer dem Westreich Karls III. anschlossen.

      Literatur
      ADB 19; Regg. Imp. I; Chronik d. Abtes Regino v. Prüm (-906) mit Continuatio [Adalbert], hrsg. v. F. Kurze, = MGH SS rer. Germ., 1890, auch (ohne Continuatio) mit Übersetzung in: R. Rau (Hrsg.), Qu. z. karoling. Reichsgesch. III, 1960; MGH DD Karol. Germ. IV; Capit. II 249-252 (Zollordnung), dazu Löwe Anm. 16 u. Schieffer § 6 Anm. 14 (Literatur); MGH Poetae IV 298-306 (Klagelied Salomons von Konstanz über d. Zustand d. Reiches). - Dümmler III, Parisot, Werner, Löwe § 47, Schieffer § 80 a (s. bei Ludwig d. Deutsch); P. Kehr, Die Kanzlei L.s d. K., 1940; Th. Schieffer, Die lothring. Kanzlei um 900, in: DA 14, 1958; E. Hlawitschka, Lotharingien u. d. Reich an d. Schwelle d. dt. Gesch., 1968, S. 185-94; H. Beumann, Die Einheit d. ostfränk. Reichs u. d. Kaisergedanke bei d. Königserhebung L.s d. K., in: Archiv f. Diplomatik 23, 1977 (Literatur). Die erst seit d. 11. Jahrhundert belegte, aber unwidersprochen gebliebene Nachricht zum Regensburger Grab Ludwigs wird von A. Schmid in: DA 32, 1976, S. 351-58 bezweifelt, kaum zu Recht. - Zu den Anfängen d. Herzogtümer kontrovers: H. Stingl, Die Entstehung d. dt. Stammesherzogtümer am Anfang d. 10. Jh., 1974. u. H. W. Goetz, „Dux“ u. „ducatus“, 1977; zu beiden K. Reindel, in: DA 35, 1979, S. 288-90.

      [2]

  • Quellen 
    1. [S3] Karl-Heinz Schreiber, Genealogie-Mittelalter.de, .

    2. [S21] Neue Deutsche Biographie Onlinefassung, Schieffer, Theodor, "Ludwig das Kind" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 329-331 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd118729462.html.