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 Bohrer

von Frankreich, Robert II.

von Frankreich, Robert II.

männlich 972 - 1031  (59 Jahre)

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Generation: 1

  1. 1.  von Frankreich, Robert II.von Frankreich, Robert II. wurde geboren am 20 Jul 972 in Orléans [45000],Loiret,Centre-Val de Loire,Frankreich (Sohn von von Frankreich, Hugo Capet und von Poitou, Adelheid); gestorben am 20 Jul 1031 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Robert II. le Pieux ("der Fromme")
    König von Frankreich (996-1031)
    20.7.972 Orleans - 20.7.1031 Melun Begraben: St-Denis
    Einziger Sohn des Königs Hugo Capet von Frankreich und der Adelheid von Poitou, Tochter von Herzog Wilhelm III.

    Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 884

    Robert II. der Fromme, König von Frankreich 987/96-1031
    + 20. Juli 1031 Melun Begraben: St-Denis

    Robert II. der Fromme erhielt an der Reimser Kathedralschule unter Gerbert von Aurillac eine profunde Ausbildung, die ihn an den geistig-geistlichen Auseinandersetzungen der Zeit teilhaben ließ. Nach seiner Königswahl betrieb Roberts Vater Hugo Capet gegen adligen du klerikalen Widerstand, angeblich mit Hinweis auf einen bevorstehenden Spanienfeldzug, die Erhebung Roberts des Frommen zum Mitkönig und damit die Sicherung der dynastischen Sukzession (Dezember 987 in Orleans, Weihe durch Erzbischof Adalbero von Reims). Wie sein Vater regierte Robert in der Kontinuität der karolingischen Amtsvorgänger, auch wenn vielfältige Legitimationsformeln in den Urkunden den Versuch der Neuorientierung verraten. Roberts Eheschließungen verknüpften wichtige Adeslverbände mit der Monarchie, führten aber auch zu heftig widerstreitenden Einflußnahmen bei Hof: Nach dem offenbar nicht ernsthaft verfolgten Projekt einer Ehe mit einer byzantinischen Prinzessin heiratete Robert II. der Fromme 988 Rozala-Susanna (Tochter König Berengars II. von Italien, Witwe Graf Arnulfs von Flandern) und band (bis Trennung 992) damit den Grafen von Flandern an sich. 996 folgte mit einer 2. Ehe mit Bertha von Burgund, der Witwe Graf Odos I. von Blois, die Zuwendung zum Haus BLOIS; wegen enger Verwandtschaft führte die Verbindung zu scharfen Reaktioen der Kirche und 1003/04 zur zeitweisen Trennung. Aus der 1004/05 mit Konstanze von Arles geschlossenen 3. Ehe, die den kapetingischen Hof südfranzösischen Einflüssen öffnete, gingen mehrere Kinder hervor.
    Schon vor Hugos Tod (24. Oktober 996) an der Politik beteiligt und in engem Kontakt zum cluniazensischen Reformmönchtum, sorgte Robert II. der Fromme als alleiniger Herrscher 997 für eine Beilegung des Reimser Schismas. Die vom König angestrebte Konsolidierung (Einsetzung von praepositi) und Erweiterung der Krondomäne glückte nur unvollkommen. Zwar konnte das 1002 durch den Tod von Roberts II. Oheim Odo-Heinrich ledig gewordene Herzogtum Burgund nach langen Auseinandersetzungen mit Graf Ott-Wilhelm von Burgund und Bischof Bruno von Langres schließlich 1016 für die Herrscherfamilie erworben und, nach Anerkennung der Eigenständigkeit des burgundischen Adels, an Roberts II. 2. Sohn Heinrich verliehen werden. Doch vermochte der König den Mannfall in den Grafschaften Troyes, Meaux und Provins nicht für sich zu nutzen und mußte 1023 die umfassende Herrschaftsbildung des Grafen Odo II. von Blois-Champagne akzeptieren. Auch ein Treffen Roberts II. mit Kaiser HEINRICH II. im August 1023 bei Ivois-sur-Chiers/Mouzon vermochte Odos Aufstieg vorläufig nicht zu bremsen, führte aber zur Verabredung einer Synode in Pavia: Sie kam zwar wegen HEINRICHS Tod 1024 nicht mehr zustande, unterstrich aber die führende und gleichberechtigte Rolle von Kaisertum und französischem Königtum in ihrem Selbstverständnis als Säulen der Christenheit. Den dynastischen Wechsel im Imperium 1024 nutzte Robert II. der Fromme trotz des Angebots der italiensichen Königskrone nicht für sich oder seinen Sohn aus, Indiz für den Dekompositionsprozeß der fränkischen regna.
    Trotz machtpolitischer Beschränkungen sorgte Robert II. der Fromme für die dynastische Konsolidierung der kapetingischen Königsfamilie, nicht allein wegen seiner langen Regierungszeit, sondern auch durch die im Bund mit dem Adel betriebene Erhebung seiner Söhne Hugo (+ 1025) und Heinrich zu Mit-Königen. Roberts II. letzte Jahre blieben durch Auseinandersetzungen innerhalb der Familie geprägt. Die von seinem Biographen Helgaud von Fleury gemeldete und persönlicher Frömmigkeit (Beiname pius) entsprungene Fahigkeit Roberts II., durch Handauflegen und Kreuzschlagen Wunden zu heilen, sollte späteren Geneartionen zum traditionsbildenden Ausgangspunkt für göttlich inspirierte Heilungskräfte kapetingischer Könige werden.

    Brandenburg Erich: Tafel 33 Seite 67, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    X. 137. Robert II., König von Frankreich 996
    * 970, + 1031 20. VII.
    Gemahlinnen: a) Rozela (Susanne), Tochter König Berengars II. von Italien (siehe VII 41)
    oIo 929
    b) 997 Bertha, Tochter König Konrads von Burgund, Witwe Odos I. von Champagen (siehe VIII 60)
    oIo a. 1000
    c) ca. 1002 Constanze, Tochter des Grafen Wilhelm von Provence
    + 1032 25. VII.
    d) N., Konkubine

    Glocker Winfried: Seite 308, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VI. Generation 40 Robert II.
    * c 970, + 1031 VII 20
    987 XII 25 Mitkönig, 996 König von Frankreich

    1. oo 988 Anfang Rozela (Susanne), Tochter König Berengars II. von Italien,
    Witwe Graf Arnulfs II. von Flandern, * c 950/60, + 1003 (II 7 oder XII 13), Ehe 991/92 aufgelöst;

    2. oo 997 Anfang Bertha, Tochter König Konrads von Burgund,
    Witwe Graf Odos von Blois, * 967/68, + nach 1010, Ehe nach 1004 IV wegen zu naher Verwandtschaft aufgelöst;

    3. oo c. 1005/06 Constanze, Tochter Graf Wilhelms von Arles, + 1032 VII 26;

    Die Filiation König Roberts II. von Frankreich ist unter anderem bei Richer IV c. 13, S. 166, und in Helgauds Vita regis Roberti c. 2, S. 58, bezeugt.
    Sein Geburtsjahr ergibt sich aus der Angabe bei Richer IV, c. 87, S. 286, Robert sei zu der Zeit des Verstoßens seiner ersten Gemahlin Susanne 19 Jahre alt gewesen, sowie aus der Nachricht in Helgauds Vita c. 29, S. 134, Robert habe ein Alter von ungefähr 60 Lebensjahren erreicht. Die jeweiligen Quellenbelege für die Erhebung Roberts zum Mit-König findet man bei BU. 998d, die für seine Königserhebung bei Pfister S. 146 ff., und diejenigen für Roberts Sterbetag und - jahr bei Bresslau, Jbb. Konrad II. Bd. 2, S. 75, zusammengestellt.
    Die Heirat König Roberts mit Susanne bezeugt uns Richer IV c. 87, S. 286/88; weitere Belegstellen sind gesammelt bei Köpke-Dümmler s. 380, Anm. 2, und von Werner VII, 52.
    Zu Bertha vgl. oben unter VI, 23.
    Die Herkunft von Roberts dritter Gemahlin Constanze hat Lot, Derniers S. 361-368, festgestellt; der genauere Zeitpunkt dieser Eheschließung ist von Ghondt, Femmes S. 48, Anm. 34, aus den Geburtsdaten der Kinder des Paares ermittelt worden.
    Robert sollte 988 mit Theodora, Tochter des byzantinischen Kaisers Konstantinos VIII., vermählt werden; das Heiratsprojekt scheiterte jedoch. Vgl. dazu BU. 998e, Lot, Hugues Capet S 4, Anm. 2, und Vasiliev, Hugh Capet passim.

    Robert II. der Fromme hatte eine sorgfältige Erziehung genossen und war frühzeitig mit der königlichen Amtsführung vertraut gemacht worden, da ihn sein Vater Weihnachten 987 in Orleans zum Mit-König hatte krönen lassen. Er erwies sich als ein kluger Monarch. Er vergrößerte die Krondomäne durch die Eroberung des Kreises Dreux westlich von Paris. 1002 vermochte Robert das Herzogtum Burgund nach dem Tode seines Onkels Odo Heinrich nach hartnäckigen Kämpfen gegen andere Bewerber behaupten, mußte es aber 1015 seinem zweiten Sohn Heinrich übergeben. Robert war eine Persönlichkeit voll überströmender Vitalität. Er sang gerne und begleitete sich dazu auf der Laute. Zugleich war er ein leidenschaftlicher Jäger und furchtloser Kämpfer. Die Regierungszeit Roberts II. hätte ohne die ehelichen Probleme des Königs friedlich verlaufen können. Nachdem Robert seine erste Frau Susanne, welche die Tochter des italienischen Königs und wesentlich älter war als er, verstoßen hatte, verband er sich in zweiter Ehe mit seiner Cousine Bertha von Burgund. Die zu nahe Verwandtschaft veranlaßte den Papst Gregor V. die Trennung der beiden Ehegatten 998 zu verlangen. 1001 kam der König dem Befehl nach und heiratete ein Jahr später Konstanze von Arles, deren Härte und Geiz bald am Hofe bekannt war. Mit ihrer intriganten, zänkischen Art verwickelte sie den König in viele dynastische Probleme am Ende seiner Regierungszeit. Sie wiegelte die Erben gegeneinander und gegen den Vater auf. Obwohl er den Beinamen "der Fromme" trug, war er doch den weltlichen Interessen seines Thrones gegenüber sehr aufgeschlossen. Wenn er die Gottesfriedensbewegung förderte, so deshalb, weil er darin einen aussichtsreichen Versuch der Kirche sah, die endlosen Kriege zwischen den Großen zu beenden und sich damit ihrer Macht zu widersetzen. Zugleich setzte sich Robert persönlich ein, um der Unordnung, die die Feudalherren gestiftet hatten, Herr zu werden. Auf seiner eigenen Domäne ließ er ohne Zögern die Schlösser, die die Klostergemeinschaften bedrohten, dem Erdboden gleichmachen. Außerhalb seines Gebietes trafen seine Interventionen auf größere Schwierigkeiten. Unter seiner Regierung bildete sich der Widerstand der Lehnsherren heraus, der der kapetingischen Monarchie so verhängnisvoll werden sollte. Eine besondere Bedrohung ging von Odo II. von Blois und Chartres aus. Der König konnte ihn nicht daran hindern, die Champagne zu annektieren und damit die königliche Domäne zu umklammern.
    (...)

    1.4.988 1. oo 2. Susanna von Italien, Tochter des Königs Berengar II., - 991/92 950/60-7.2.1003

    997 2. oo 2. Bertha von Burgund, Tochter des Königs Konrad, - 1002 967/68- nach 1010

    1002 3. oo Konstanze von Arles, Tochter des Grafen Wilhelm I. und der Adelheid von Anjou - 25.7.1032

    Kinder:
    3. Ehe
    - Hugo Kronprinz 1007-17.9.1025
    - Heinrich I. 1008-4.8.1060
    - Robert I. der Alte Herzog von Burgund 1011-21.3.1076
    - Odo
    - Adelheid (Adele) 1014-8.1.1079
    Zur Gräfin von Contenance erhoben, stiftete sie das Kloster Messines bei Ypern.
    1027 1. oo Richard III. Herzog von der Normandie - 6.8.1027
    1028 2. oo Balduin V. Insulanus Graf von Flandern, um 1012-1.9.1067
    - Hadwig Gräfin von Auxerre - nach 1063
    Sie stiftete die Klöster La-Ferte-sur-Issenoc und Crisenon.
    um 1016 oo Rainald I. Graf von Nevers - 1040

    Illegitim
    - Rudolf Erzbischof von Bourges (1030-1060)

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 168,173,186,214,227 - Althoff, Gerd, Otto III., Primus Verlag, Darmstadt 1997, Seite 77,94,123 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 34,42,45,67 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 33 Seite 67 - Bresslau, Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II. 3 Bände Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1879 Band 2 Seite 75 - Brunhofer, Ursula: Arduin von Ivrea. Untersuchungen zum letzten italienischen Königtum des Mittelalters. Arethousa Verlag Augsburg 1999 Seite 121,178,211,344 - Calmette, Joseph: Die großen Herzöge von Burgund. Eugen Diederichs Verlag München 1996 Seite 17 - Douglas David C: Wilhelm der Eroberer Herzog der Normandie. Diederichs Verlag München 1994 Seite 82,258,449 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 19-23,45 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 56,59-63,65,68,71-73,75,77,81,87,104 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 75,80-85,87-98,99,102,107,111,116,120 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 307, 312,314,319,321,412,416,417,426,434 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 14,65,71,160 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 25-28,40,57,201,319 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 VI,40 Seite 196,300,308,319,327 - Görich Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 211,216-219,222,227 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 298,303-305,323,336,357,364,397,400,417,434,435 - Le Goff Jacques: Ludwig der Heilige, Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 20,24,246,248-249,343-344,411-413,415,468,527,565,627-628,729,742-743,782, 875 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 134-143 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 222,226 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 90,93 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 334,342 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 21,71,98 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 71,87,183,220-226,233,270 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf VII. 52 - Wolfram, Herwig: Konrad II. 990-1039. Kaiser dreier Reiche. C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung München 2000 Seite 27,82,92,115,123,261,313 -



    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 87-98, "Die französischen Könige des Mittelalters"
    Hans-Henning Kortüm


    ROBERT II., König von Frankreich 996-1031
    * zwischen 970 und 974 Orleans, + 20.7.1031 Melun Begraben: St-Denis
    Vater:
    Hugo Capet, König von Franreich
    Mutter:
    Adelheid, Tochter des Herzogs Wilhelm Werghaupt von Aquitanien
    Stiefbruder (?):
    Gauzlinus, Erzbischof von Bourges (1012-1030) [+ 8.3.1030]
    Schwester:
    Hadwig (* 975/80, + nach 1013), verheiratet um 1000 mit Reginar IV. von Hennegau

    Salbung und Krönung 987 in der Kathedrale Ste-Croix in Orleans
    seit dem Tode seines Vaters am 24. Oktober 996 Alleinherrscher
    1006 Erstes Treffen König Roberts II. mit König HEINRICH II. an der Maas
    um 1015 Übertragung des Herzogtums Burgund an Roberts zweitältesten Sohn Heinrich
    1017 Salbung und Krönung von Roberts ältestem Sohn Hugo zum Mit-König
    1023 Zweites Treffen von Robert II. und HEINRICH II. am Chiers
    1027 Salbung und Krönung von Roberts zweitältestem Sohn Heinrich nach dem Tod des erstgeborenen Sohnes Hugo
    1029-1031 Ausbruch von Auseinandersetzungen zwischen Robert II. ud seinen Söhnen

    1. oo 1.4.988 ROZALA/SUSANNA VON ITALIEN * 950/60, + 7.2.1003
    Tochter des Königs Berengar II. von Italien und Witwe des Grafen Arnulf II. von Flandern

    2. oo 996 BERTHA VON BURGUND * 967/68, + nach 1010
    Tochter des Königs Konrad von Burgund und Witwe des Grafen Odo I. vo Blois

    3. oo 1002 CONSTANZE VON ARLES + 25.7.1032
    Tochter des Grafen Wilhelm von der Provence und Adelheids von Anjou

    Kinder:
    - Hugo, Kronprinz (* 1007, + 17.9.1025)
    - Heinrich I., König von Frankreich (* 1008, + 4.8.1060)
    - Robert, Herzog von Burgund (* 1011, + 21.3.1076)
    - Odo
    - Hadwig (+ nach 1063), verheiratet mit Graf Reginald I. von Nevers
    - Adela (* 1014, + 8.1.1079), verheiratet mit Graf Balduin V. von Flandern


    I. Einleitung

    Man hat - völlig zu Recht - von der "Porträtlosigkeit" namentlich des frühen Mittelalters gesprochen. Für diesen Zeitraum sieht sich der moderne Historiker auf eine relativ geringe Zahl von biographisch verwertbaren Zeugnisse verwiesen. Es fehlen in aller Regel solche Quellen, die einen unmittelbaren Blick auch in das Innere einer Person ermöglichen könnten. Freilich stellt sich im Falle Roberts II. die Situation als nicht ganz hoffnungslos dar, wie es zunächst scheinen möchte. Denn im Vergleich zu Hugo Capet (+ 996), seinem Vater und Vorgänger auf dem Königsthron, erscheint die Überlieferungslage ungleich günstiger. So besitzen wir eine Vita Roberts II. aus der Feder eines Zeitgenossen namens Helgaud, der als Mönch und Priester dem König eng verbunden war und ihn persönlich kannte. Freilich hat dieser Umstand auch dafür gesorgt, dass wir es bei dieser Vita nicht mit einem abgewogenen Bericht über das Leben Roberts zu tun haben. Es handelt sich vielmehr um eine einseitige Parteinahme zugunsten des Königs, die von einem ausgesprochenen Anhänger der kapetingischen Dynastie verfaßt wurde. Jedenfalls erweisen sich übertriebene Hoffnungen, was den unmittelbaren Quellenwert von Helgaud für die Geschichte Roberts II. angeht, als unbegründet.
    Um die Besonderheit Roberts, um die Konturen seiner Persönlichkeit deutlicher hervortreten zu lassen, wird es zunächst notwendig sein, in einem ersten Teil die äußeren Rahmenbedingungen zu skizzieren, an die das Königtum Roberts II. gebunden war. Denn erst, wenn wir in etwa den Spielraum kennen, der dem KAPETINGER zur Verfügung stand, die politischen, wirtschaftlichen und geistigen Strukturen, in die sein Königtum eingebunden war, können wir die Leistung und Bedeutung dieses Königs einschätzten. Wir werden dann in einem zweiten Teil versuchen, uns, soweit es die Quellen zulassen, der Person Roberts chronologisch-biographisch zu nähern. Abschließend werden wir uns den wichtigsten Tätigkeitsfeldern Roberts II. zuwenden.

    II. Äußere Rahmenbedingungen

    Der Tod seines Vaters hatte Robert II. nach neun Jahren der Mitregentschaft 996 zum Alleinherrscher gemacht. Sein Reich stellte ein äußerst komplexes Gebilde dar, das sich schon allein in seinem geographischen Erscheinungsbild grundlegend von dem unterschied, was wir heute unter "Frankreich" verstehen. Seine östliche Grenze verlief damals ungleich weiter westlich und orientierte sich gegenüber seinen beiden Nachbarn, dem deutschen und dem burgundischen Königreich, an den großen Flüssen Schelde, Maas, Saone und Rhone. Mehrfache Versuche der westfränkischen Herrscher, die Grenze weiter nach Osten zu verschieben und insbesondere das alte Stammland der KAROLINGER, Lotharingien, für sich zu reklamieren, waren - zuletzt am Ende des 10. Jahrhunderts - gescheitert. Die KAPETINGER verzichteten für die Dauer von über zwei Jahrhunderten auf eine Grenzkorrektur und erkannten statt dessen die Zugehörigkeit des lotharingischen zum deutschen Reich an. Die Akzeptanz dieser Grenze in der Zeit Roberts II. bezeugen nicht zuletzt die an der Maas und am Chiers stattfindenden Herrscherbegegnungen der Jahre 1006 und 1023. Freilich wäre es verkehrt, moderne Vorstellungen einer nationalstaatlichen Grenze auf mittelalterliche Verhältnisse zumal des 11. Jahrhunderts übertragen zu wollen. Vielmehr ist für diesen Zeitraum von einem Grenzsaum oder Grenzgebiet auszugehen, von Einflußzonen, die jeweils höchst unterschiedlichen Interessen lokaler und regionaler Gewalten ausgesetzt waren. Die Situation an der südwestlichen "Grenze" Frankreichs war dadurch gekennzeichnet, dass sich das ehemals karolingische Einflußgebiet der Spanischen Mark, aus der sich das spätere Katalonien entwickeln sollte, zunehmend dem kapetingischen Einfluß entzog. Aber auch für die anderen Gebiete im Süden und Westen Frankreichs hat man für die Zeit Roberts II. von einer großen "Königsferne" auszugehen. Diese Territorien, die man unter dem Sammelbegriff 'Aquitanien' subsumierte, umfaßten sich stark voneinander unterscheidende Regionen und Landschaften. Sie wurden vom König nicht aufgesucht. Ein einziges Mal in seiner langen Regierungszeit hat sich Robert II. in den S seines Königreichs aufgemacht und in Form einer Pilgerreise zahlreiche heilige Stätten besucht. Wann genau diese Reise stattfand, wissen wir nicht. Sein Biograph Helgaud hat sie als Ausdruck persönlicher Frömmigkeit Roberts II. gewertet, der sein Ende kommen sah.
    Auch die damals sehr schwierigen Verkehrsverhältnisse trugen nicht dazu bei, die so unterschiedlich struktuierten Reichsteile enger miteinander zu verbinden. Namentlich das Reisen war aufgrund des schlechten Wegenetzes mit großen Gefahren verbunden. Eines der schwierigsten Probleme stellte immer wieder die Überquerung von Gewässern dar. So wäre Helgaud, wie er berichtet, mitsamt seinen Begleitern fast in der Seine ertrunken, als er diese überqueren wollte. Einzig dem Gebet des frommen Robert hat Helgaud seine Rettung zugeschrieben.
    Als besonders fatal erwies sich auch die starke Abhängigkeit der Nahrungsmittelproduktion von der Laune der Natur. So berichtet der zeitgenössische Historiograph Rodulfus Glaber von einer Hungersnot, die man in die Jahre 1005 bis 1006 datiert und die besonders die einfache Bevölkerung traf: "Damals ernährte man sich nicht nur vom Fleisch unreiner Tiere und Reptilien", sondern, wollen wir dem Chronisten Glauben schenken, die Hungersnot nahm ein solches Ausmaß an, dass sogar "erwachsene Söhne ihre Mütter, die Mütter ihrer Kinder aufzuessen begannen". Auch wenn moderne Historiker diesem Bericht mit einiger Skepsis gegenüberstehen, so kann doch an der nach wie vor stark schwankenden Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und der entsprechend schwierigen Versorgung keine Zweifel bestehen. Freilich zeichnete sich für die Zeit Roberts II. ein Wandel zum Besseren ab. Dies kann ein Vergleich der 46-jährigen Herrschaftszeit KARLS DES GROSSEN zwischen 768 und 814 mit der ebenso langen Regentschaft von Hugo Capet und Roberts II. zwischen 987 und 1031 zeigen. Die Zahl sinkt von acht auf drei Hungerkrisen. Dahinter standen vermutlich Verbesserungen der Agragtechnik und die Erschließung neuer Anbauflächen, die für und jedoch nur sehr schwer greifbar sind. Ebenfalls spekulativ bleiben im Grunde unsere Kenntnisse auch über jene Gruppe, die zeitgenössische Gesellschaftstraktate als laboratores, als die "arbeitenden Menschen" beschrieben. Dieser Umstand ist um so unbefriedigender, als sie die Hauptmasse der Bevölkerung umfaßte, die damals, zumindestens im agrarisch geprägten nord- und mittelfranzösischen Raum, auf dem Lande lebte. Dass wir immer wieder an die Grenzen unseres Wissens stoßen, hängt unter anderem damit zusammen, dass authentische Selbstzeugnisse der laboratores fehlen. Statt dessen sind wir auf die Berichte der "Beter" (oratores) angewiesen. Diese prozentual sehr kleine Gruppe der Weltkleriker und Mönche begegnete der Masse der Bevölkerung mit intellektueller Arroganz, sofern man sie überhaupt zur Kenntnis nahm. Wenn wir den Aussagen führender französischer Sozialhistoriker Glauben schenken dürfen, dann muß die Lage der Bevölkerung und speziell der Bauern zur Zeit Roberts II. ausgesprochen pessimistisch beurteilt werden. Ihnen gelang es nicht, das auf ihnen lastende Joch der Knechtschaft abzuschütteln. Vielmehr nahm der Grad ihrer Unfreiheit eher zu. Bislang noch "freie" Bauern gerieten gegen Ende der Regierungszeit Roberts II. in weiter zunehmende Abhängigkeit.

    III. Biographisches

    "Er war von herausragender Gestalt; sein glattes Haar war wohlfrisiert; die Augen schauten demütig; die Nase war breit und groß; sein süßer Mund eignete sich sehr gut, den heiligen Friedenskuß zu geben; sein Bart sah gepflegt aus; die Schultern waren gerade; die Krone, die er auf dem Kopf trug, machte deutlich, dass er aus einem alten und ehrwürdigen Geschlecht stammte; wenn er auf seinem königlichen Pferde saß, dann berührten - es klingt merkwürdig - die Zehen fast seine Fußsohlen, was bei den Zeitgenossen, wenn sie ihn so sehen konnten, als ein Wunder empfunden wurde." Dieses Porträt Roberts II., das Helgaud und in seiner Vita gibt, enttäuscht in seiner Dürftigkeit den modernen Leser, der gerne mehr und genaueres über das äußere Erscheinungsbild des Königs gewußt hätte. Doch lag es gar nicht in der Absicht des Autors, eine realistische Schilderung der königlichen Person zu versuchen. Er konzentrierte sich statt dessen auf wichtige Einzelheiten, die, so wird man mit einigem Recht folgern dürfen, nicht nur für ihn, sondern auch für seine Zeitgenossen bedeutsam waren. Sie stellten mehr als reine Äußerlichkeiten dar. Sie waren immer auch Symbole, Zeichen. So deutete die hervorstechende Größe Roberts auf seinen Adel; mit der Betonung von Haar und Bart verband sich immer auch die Vorstellung von Numinosem und Heilsmäßigem, von königlicher Würde. Nicht ohne Grund hat Helgaud die Demut des königlichen Blickes erwähnt, denn nach mittelalterlicher Vorstellung galten gerade die Augen als ein Spiegel der Seele. Wichtig auch der Umgang Helgauds mit einem körperlichen Defekt Roberts, seiner extremen Zehenverkrümmung. Sie entstellt nicht. Sie ist vielmehr Signum einer besonderen Nähe zu Gott. "Das ständige Gebet zu Gott, das häufige Beugen der Knie, vielfältige Arbeit und Mühsal machten ihn, der an der Spitze des Staates stand, zu einem Vorbild. An ihm konnten die Menschen lernen, wie sie miteinander umzugehen hatten. In der Ratsversammlung wollte Robert am liebsten immer der einfache Mann aus dem Volk sein; er liebte es, sich mit jedermann zu unterhalten; es aß auch nicht allein und mischte sich gerne unter die Leute." Diese Stilisierung zum Populären und Einfachen dient Helgaud als Nachweis herrscherlicher Demut eines heiligen Königs.
    Folgen wir Helgauds Bericht, so ist Robert bei dem berühmtesten Gelehrten seiner Zeit, Gerbert von Aurillac, 'zur Schule gegangen'. Seit 972 lehrte dieser mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung zwischen 982 und 984 an der Reimser Domschule. Wenn wir, was am wahrscheinlichsten ist, die Geburt Roberts in das Jahr 973 oder 974 setzen, dann war der junge Robert vielleicht 10 oder 11 Jahre alt, als er auf Drängen seiner Mutter Adelheid den Unterricht Gerberts besuchte. Jedenfalls konnte Robert schon lesen, und seine erste Lektüre war, wie damals üblich, der Psalter gewesen. Er verfügte also schon über die elementaren Kulturtechniken des Lesens und Schreibens, als er zu Gerbert kam. Was er bei ihm lernen konnte, war ungleich anspruchsvoller. Die Domschulen bildeten im 10. und 11. Jahrhundert, als es die Universitäten noch nicht gab, die intellektuellen Eliten aus. Auf dem Programm der Reimser Kathedralenschule stand eine gründliche Einführung in die sogenannten "Sieben Freien Künste" (Artes liberales). Wir besitzen recht detaillierte Informationen über den Lehrplan Gerberts. Der Schwerpunkt lag vor allem auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern des Quadriviums (Musik, Geometrie, Arithmetik und Astronomie). Aber auch die philosophischen Disziplinen des Triviums (Grammatik, Rhetorik und Dialektik) wurden intensiv gelehrt. Daher erscheint eine gewisse Skepsis angebracht, inwieweit Robert II. dieses hohe geistige Anforderungen stellende Studienprogramm auch tatsächlich zur Gänze absolvierte, wie man bisweilen mit allzu großem Optimismus angenommen hat. Sicher ist aber, dass Robert, gemessen am Maßstab seiner Zeit, auch "wissenschaftlich" interessiert war. Das zeigt sich an der Reaktion auf ein außergewöhnliches Naturphänomen, das sich etwa um das Jahr 1022 im Süden seines Königreiches an der Atlantikküste ereignet hatte. Dort war es drei Tage vor dem Fest von Johannes dem Täufer zu einem "Blutregen" gekommen. Graf Wilhelm von Aquitanien informierte Robert II., der rasch reagierte. Der König setzte eine Kommission ein, die sich aus den führenden Wissenschaftlern der Zeit wie beispielweise Fulbert von Chartres zusammensetzte und den Ursachen dieses so beunruhigenden Ereignisses nachgehen sollte. Was am Verhalten Roberts II. besonders auffällt, sind zwei Dinge. Einmal wurde das Naturschauspiel in seiner konkreten Manifestation überaus exakt beschrieben, und zum anderen machte der König präzise Lösungsvorschläge, wie man dieses Phänomen "wissenschaftlich" deuten könne. So empfahl er dem Erzbischof Gauzlinus von Bourges, mit Hilfe von Geschichtswerken nach historischen Analogiefällen zu fahnden, wobei er auch eine genaue Quellenangabe der von Gauzlinus herangezogenen Werke erwartete. Robert II. wird sich über den Bericht seiner Untersuchungskommission nicht sonderlich gefreut haben. Denn schon damals trat das ein, was auch heute noch immer wieder geschieht: die Experten kamen zu höchst widersprüchlichen Ergebnissen und Schlußfolgerungen.
    Im März oder April 985, also rund zwei Jahre vor der kapetingischen Machtübernahme, ist Robert für uns zum ersten Mal als politische Größe greifbar. Er war damals ungefähr 12 oder 13 Jahre alt. Er befand sich damit nach mittelalterlicher Vorstellung am Ende seiner Kindheit und an der Schwelle der Mündigkeit. Der Eintritt in die Welt der Erwachsenen stand unmittelbar bevor. Sein Vater konnte mit ihm als einer wichtigen Figur auf dem politischen Schachbrett seiner Zeit operieren. So offerierte Hugo Capet sich und seinen Sohn den OTTONEN als ideale Bündnispartner. Spätestens das Epochejahr 987 sollte die immense Bedeutung Roberts für die Konstituierung der kapetingischen Königsdynastie erweisen. Denn in dieses Jahr fiel nicht nur die Wahl und Krönung Hugo Capets, sondern es gelang dem Vater auch, die Krönung seines Sohnes Robert zum rex Francorum noch zu Weihnachten durchzusetzen. Zum Zeitpunkt seiner Krönung dürfte Robert etwa 15 oder 16 Jahre alt gewesen sein. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass er einen eigenständigen Part in den Ereignissen dieser Zeit spielte. Nach wie vor ist er nur Objekt und nicht Subjekt des politischen Handelns. Dies gilt auch für die weiteren Maßnahmen Hugo Capets, mit denen er versuchte, sein Geschlecht auf dem Königsthron zu etablieren. Ein wichtiger Trumpf in diesem Spiel war sein nunmehr heiratsfähiger Sohn Robert, der eine byzantinische Prinzessin heiraten sollte. Das Vorbild, an dem sich Hugo Capet orientierte, liegt auf der Hand: die Ehe zwischen OTTO II. und der aus Byzanz stammenden Theophanu. Die geplante Verbindung kam nicht zustande, weil sie doch wohl die Möglichkeiten der KAPETINGER überstieg. Diese sahen sich zudem mit dem Vorwurf der Usurpation konfrontiert. Man wußte auch nicht, ob es sich bei Hugo und Robert nicht doch nur um "Zwischenkönige" (interreges) handeln würde, wie feindselig eingestellte Zeitgenossen meinten. Als der Graf von Flandern im März 988 starb und eine Frau und einen Sohn hinterließ, handelte Hugo. Er verheiratete seinen Sohn Robert mit der Witwe Rozala/Susanna. Auf eventuelle Gefühle seines damals wahrscheinlich 16-jährigen Sohnes - immerhin war Rozala fast doppelt so alt - nahm der Vater keine Rücksicht. Es handelte sich um eine strategische Allianz. Dies gilt auch für die beiden folgenden Ehen, die Robertin seinem weiteren Leben noch eingehen sollte. Seine zweite Frau Bertha, wie Rozala ebenfalls von königlichem Geblüt und gleichfalls Witwe, war mit dem Grafen Odo I. von Blois verheiratet gewesen. Eine romantische und psychologisierende Geschichtsschreibung hat diese zweite Ehe Roberts (vermutlich April 997) als einen Akt jugendlicher Befreiung gegenüber einem übermächtigen Vater gedeutet. Doch steht dem die Tatsache entgegen, dass sich spätestens 991 Robert von Rozala trennte, "weil sie zu alt war". Diese Aussage eines zeitgenössischen Chronisten erklärt viel besser, warum die Trennung Roberts II. von Rozala unbedingt erforderlich war: Sie hatte ihm - und das mußte auch in den Augen Hugo Capets ein entscheidendes Manko sein - keine Kinder gebären können. Damit aber war die königliche Dynastie in ihrem Fortbestand existenziell bedroht. Alles hing davon ab, dass Söhne als potentielle Thronfolger zur Verfügung standen. Aber auch die zweite Ehefrau erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen nicht, zumal der päpstliche Stuhl Anstoß an dem allzu nahen Verwandtschaftsgrad der beiden Ehepartner genommen hatte. Erst die dritte Gemahlin, Constanze, die Tochter des Grafen Wilhelm von Arles, die Robert 1004 heiratete, schenkte ihrem Gatten die ersehnten männlichen Nachkommen: Hugo, Heinrich, Robert, Odo und darüber hinaus noch zwei Töchter, Hadwig und Adela.
    Die Namenswahl ist ein starkes Indiz dafür, dass Roberts ältester Sohn die Nachfolge antreten sollte: Er hieß gleich seinem Großvater Hugo und wurde 1017 zum Mitkönig gekrönt. Auch der Name des zweitältesten Sohnes war Ausdruck eines politischen Programms: Er wurde nach seinem Großonkel väterlicherseits Heinrich benannt, dessen burgundische Herzogswürde er fortführen sollte. Der unerwartete Tod von Roberts II. ältesten Sohn Hugo im Jahr 1025 bedeutete lediglich eine nominelle Modifizierung, aber keine inhaltliche Änderung der Erbfolgeregelung. Nunmehr rückte der zweitälteste Sohn Roberts II., Heinrich, an die Stelle seines verstorbenen Bruders. Er wurde im Mai 1027 zum Mitkönig gekrönt, während umgekehrt sein jüngerer Bruder Robert zwischen 1027 und 1030 zum Erben des burgundischen Herzogtums bestimmt wurde. Die jüngere Forschung hat deutlich machen können, dass Robert II. einem damals im Hochadel üblichen Modell der Erb- und Nachfolgeregelung verpflichtet war, dessen Bedeutung sich bereits Mitte des 10. Jahrhunderts abgezeichnet hatte, als Hugo der Große, also der Großvater Roberts II., eine analoge Maßnahme getroffen hatte. Das Vorgehen Roberts II. bedeutete eine weitere Belastung des ohnehin schon reichlich gespannten Verhältnisses zwischen den beiden Ehegatten. Im Gegensatz zu ihrem Mann hatte Constanze nach dem Tode ihres ältesten Sohnes Hugo eine Krönung von Robert, dem späteren burgundischen Herzog, befürwortet. Sie konnte sich aber nicht durchsetzen, da Odo II. von Blois im Verein mit Wilhelm V. von Aquitanien nach anfänglichem Zögern den königlichen Nachfolgeplan unterstützte. Es war nicht das erste Mal, dass der Hof in zwei Parteien zerfiel. Helgauds Biographie läßt noch etwas von der haßerfüllten Atmosphäre erkennen, die damals am Hofe geherrscht haben muß. Er hat uns Constanze als eine ausgesprochen zänkische, ruhmsüchtige und geldversessene Ehefrau beschrieben, die ihrem Namen "die Beständige" wenig Ehre machte. Freilich hatte die Königin auch allen Grund, mit ihrem Mann 'unzufrieden' zu sein. Denn dieser war - zusammen mit seiner Exfrau Bertha - vermutlich um das Jahr 1010 nach Rom gereist. Vielleicht machte er sich Hoffnungen auf einen päpstlichen Dispens. Dieser hätte es ihm dann ermöglicht, nach einer Scheidung von Constanze wieder rechtmäßig mit Bertha zusammenzuleben. Da seine zweite Ehefrau aber, wie bereits angedeutet, sehr eng, das heißt im 3. kanonischen Grad mit ihm verwandt war, was nach kirchlicher Auffassung eine Ehe ausschloß, muß Roberts Plan als illusionär bezeichnet werden. Gleichzeitig war es aber auch gefährlich, hätte Robert II. doch die Thronfolge seines damals schon geborenen Sohnes Hugo in Frage gestellt. In dieser schwierigen Situation griff ein Heiliger ein: Sankt Savinianus, der erste Erzbischof von Sens, schlug sich auf die Seite der Königin. Constanze hatte schon befürchtet, "aus dem königlichen Bett vertrieben zu werden". Doch der König kehrte mit leeren Händen aus Rom zurück. "Seit dieser Zeit begann er, seine Frau Constanze zu lieben", meinte wenigstens ein zeitgenössischer Chronist.

    IV. Königliche Aktionsfelder

    Robert II. hatte auch sonst wenig Glück mit dem päpstlichen Stuhl. Die vermutlich im Jahre 1010 unternommene Romreise bildete den Endpunkt seiner erfolglosen Bemühungen um eine Anerkennung seiner Ehe mit Bertha, die er, entgegen allen Warnungen, 996 geheiratet hatte. Papst Gregor V. (996-999) reagierte empört. Auf zwei Synoden (Pavia 997 und Rom 998) wurden die französischen Bischöfe, die der Ehe ihres Herrschers zugestimmt hatten, exkommuniziert. Robert selbst wurde das Anathem, die ewige Verfluchung, angedroht. Vermittlungsbemühungen des mit den KAPETINGERN befreundeten Abbo von Fleury, eines der bedeutendsten Repräsentanten des westfränkischen Mönchtums, scheiterten, und das enge Verhältnis zwischen Abt und König begann brüchig zu werden. Erst nachdem Roberts ehemaliger Lehrer Gerbert auf Betreiben Kaiser OTTOS III. als Silvester II. (999-1003) den päpstlichen Stuhl bestiegen hatte, kam es zu einer gewissen Klimaverbesserung.
    Auch andere königliche Aktionen, wie der langjährige, seit 1005 erbittert geführte Krieg zwischen Robert II. und dem burgundischen Grafen Otto-Wilhelm um das Herzogtum Burgund, belasteten das Verhältnis zwischen König und Mönchtum. Abt Odilo von Cluny (994-1049) machte Robert II. schwere Vorwürfe, als der König bei einem seiner Feldzüge auch vor einer Zerstörung der Germanus-Kirche in Auxerre nicht zurückschreckte. Ebenfalls zu einem schweren Zwischenfall muß es zwischen den berühmten Reformabt Wilhelm von Volpiano, dem wir die prächtige Ausgestaltung von St-Benigne in Dijon verdanken, und dem Königspaar gekommen sein. Constanze und Robert bezichtigten Wilhelm der Kollaboration mit dem burgundischen Widerstand. Doch der Abt wußte sich zu revanchieren. Als die Eltern den Tod ihres ältesten Sohnes Hugo beklagten, empfahl er ihnen mit unverhohlener Kühle, sich doch lieber zu freuen anstatt weiter zu trauern: "Wißt ihr denn nicht, was die Heilige Schrift (2 Sam. 23, 13) sagt, dass man unter 30 Königen kaum drei gute findet?"
    Schon eher monastisch geprägten Reformerwartungen entsprach Robert II. mit seinem entschiedenen Auftreten in der Ketzerfrage von Orleans (1022): "Als der König und alle Anwesenden sahen, dass man die Häretiker nicht von ihrem Irrglauben abbringen konnte, befahl er, in der Nähe von Orleans ein großes Feuer anzuzünden." Die zeitgenössischen Berichte sind sich uneinig darüber, wieviele "Ketzer" tatsächlich den Tod fanden. Dennoch kommt Robert II. das traurige Verdienst zu, als erster mittelalterlicher Herrscher eine Ketzerverbrennung angeordnet zu haben. So paradox es klingen mag, und so sehr es einem modernen Verständnis christlicher Frömmigkeit widerspricht: Mit seinem entschlossenen Auftreten wahrte Robert seinen Ruf als "Allerchristster König". Denn bereits Abbo hatte in seinem Liber apologeticus die entschiedene Ketzerbekämpfung als eine königliche Kardinaltugend definiert. Die harte Reaktion erklärt sich aber vielleicht auch durch den Umstand, dass die als "Manichäer" bezeichneten Ketzer nicht Leute einfacher Herkunft waren. Vielmehr handelte es sich um Intellektuelle, die ausgerechnet in Orleans, in der 'Hauptstadt' Roberts, kirchliche Führungspositionen innehatten. Sogar der Beichtvater der Königin war als Häretiker überführt worden. Constanze war daher genötigt, in einem spektakulären Akt sich demonstrativ von ihrem geistlichen Vertrauten zu distanzieren: Als er am Morgen zur Richtstätte geführt wurde, schlug sie ihm mit ihrem Stock ein Auge aus. Dass die Affäre von Orleans eine Niederlage für die Königin bedeutete, kann man auch daran erkennen, dass mittlerweile Odalrich, der Kandidat ihres Intimfeindes Odo II. von Blois, als Bischof von Orleans amtierte, während sich Constanzes Favorit Theoderich (1013-1021) aus seinem Bischofsamt hatte zurückziehen müssen. Theoderich hatte anfänglich durchaus auch die Unterstützung Roberts II. genossen. Doch der König konnte es sich zu den damaligen Zeitpunkt längst nicht mehr leisten, mit seinem mächtigsten Vasallen, Odo II., zu brechen, da dieser im Begriff stand, die Herrschaft auch in der Champagne anzutreten, was durchaus nicht im königlichen Interesse liegen konnte. Denn auf diese Weise wurden die Gebiete königlichen Einflusses durch die ausgedehnten Besitzungen Odos, die sich von der Bretagne im Westen bis an die Grenze Lothringens im Osten erstreckten, gleichsam eingeschnürt und Möglichkeiten königlicher Einflußnahme außerhalb der Krondomänen weiter zurückgedrängt. Bereits die Zeitgenossen haben die prekäre Lage Roberts II. gesehen, dem Odo II. "vieles bald mit Gewalt, bald mit Gerissenheit abgenötigt hatte". Aber auch Odo II. hatte gefährliche Gegner. Besonders mit dem Grafen Fulco III. Nerra von Anjou (987-1040) hatte er zu rechnen. Da Constanze mit dem Hause ANJOU, Bertha hingegen, von der sich Robert II. immer noch nicht endgültig zu trennen vermochte, mit dem Hause BLOIS verwandt war, wurde selbst der königliche Hof zum Schauplatz der Auseinandersetzungen der beiden miteinander rivalisierenden Parteien. Weil Hugo von Beauvais, Pfalzgraf und Vertrauter des Königs, zu Bertha hielt, wurde er auf Anstiften Constanzes und ihres Cousins Fulco Nerra ermordet. Die Attentäter konnten es sich leisten, Hugo vor den Augen eines offensichtlich hilflosen Königs umzubringen.
    Auch die Außenpolitik bot wenig Raum für königliche Machtentfaltung. So nimmt man an, dass das zweite Treffen Roberts mit Kaiser HEINRICH II. im Jahre 1023 nicht nur der Vorbereitung gemeinsamer kirchenreformerischer Maßnahmen diente, wie Rodulfus Glaber zu wissen glaubte. Die Begegnung fand bei Ivois und Mouzon am Chiers statt. Das diplomatische Zeremoniell betonte die Gleichrangigkeit beider Herrscher, die sich am französischen und am deutschen Flußufer trafen und einander Geschenke überbrachten. Bei ihren Gesprächen dürfte es auch darum gegangen sein, wer im Königreich Burgund das Erbe des söhnelosen Rudolf III. (993-1032) antreten sollte. Dieses Problem begann sich damals bereits abzuzeichnen, obwohl der Burgunder sowohl seinen französischen wie seinen deutschen "Kollegen" überleben sollte. Odo II., der als Enkel König Konrads von Burgund (937-993) Thronansprüche erhob, war als unsichtbarer Dritter am Verhandlungstisch immer präsent. So liegt die Vermutung nahe, Robert II. hätte sich in einer Koalition mit HEINRICH II. gegen den Grafen, ihren gemeinsamen Gegner, zusammengefunden. Denn auch der deutsche König fühlte sich als der legitime Erbe des Burgunderreiches. Das gute Verhältnis zum deutschen Nachbarn erfuhr freilich bald eine gewisse Belastung. Robert II. unterstützte die Aspirationen Wilhelms V. von Aquitanien auf die italienische Königskrone und übte deshalb politischen und militärischen Druck auf Lothringen aus. Aufgrund einer fälschlicherweise vermuteten innenpolitischen Instabilität Deutschlands glaubte Robert, einen außenpolitischen Handlungsspielraum zu haben, zumal er mit seinem Hauptwidersacher, Odo II., einen Burgfrieden geschlossen hatte. Doch der neue König KONRAD II. (1024-1039) konnte sich als Nachfolger HEINRICHS II. unerwartet rasch durchsetzen; der aquitanische Herzog verzichtete für sich und seinen Sohn auf die italienische Krone, Robert II. selbst war infolge des unerwarteten Todes seines ältesten Sohnes im Jahre 1025 gezwungen, die Thronfolge neu zu ordnen. Daher endete die in der älteren Forschung dramatisierte Krise ebenso schnell, wie sie begonnen hatte.
    Wenigsten innenpolitisch konnte Robert II. die Gunst der Stunde nutzen. Er öffnete sich der großen Reformbewegung des Gottesfriedens, als diese aus dem aquitanischen Süden kommend auch in den mittel- und nordfranzösischen Diözesen Einzug hielt. Speziell für das in langwierigen Feldzügen zwischen 1003 und 1015 eroberte Herzogtum Burgund. das so lange und so hartnäckig Widerstand geleistet hatte, bot die Gottesfriedensbewegung die Chance, beschädigtes königliches Ansehen wieder aufzupolieren. Denn dem König war in besonderer Weise der Schutz der Armen, der Witwen und Waisen aufgetragen. Man wird im Fall Roberts gleichwohl die praktische Bedeutung dieser Bewegung, die aus wirtschaftlichen Motiven von den Fürsten unterstützt wurde, nicht überschätzen dürfen. Für das politische Prestige des Königs ist vielleicht bereits bei den Zeitgenossen, ganz sicher aber bei der Nachwelt ein anderer Umstand ungleich wichtiger geworden, der Robert auch das Etikett eines "Frommen" eintragen sollte. Er erkannte, gezwungen durch seine politische Schwäche, die Chancen, die in der Sakralität seines Königtums lagen: "Die göttliche Kraft verlieh dem vollkommenen Robert auch die überaus große Gnade, Menschen von schmerzhaften Krankheiten heilen zu können. Dazu berührte die so heilige königliche Hand die Wunde und machte über den Kranken das Kreuzzeichen." Spätestens mit seiner Erwähnung königlicher Wunderheilung machte Helgaud unmißverständlich klar, dass es sich bei Robert II. wirklich um einen Heiligen handelte. Dessen - geglückte - Wunderheilungen waren Bestätigungen und unwiderlegbarer Beweis der schon früher vom Chronisten behaupteten königlichen Heiligkeit. Wie bereits vor ihm der "heilige" Abbo nahm sich auch Robert in der Nachfolge Christi in besonderer Weise der Aussätzigen an. Und wie der Abt aus Fleury bediente sich der kapetingische König kontakt-magischer Formen. Durch körperliche Berührung übertrug er göttliche Heilkraft auf den Kranken. Die Konzeption des "roi thaumaturge", des wundertätigen Königs, ist von späteren KAPETINGERN, beginnend mit Roberts Enkel Philipp I. (1060-1108), ausgebaut und verfeinert worden. Dieser Umstand erweist die politische Zugkraft einer Herrschaftsideologie, die auf "Heiligkeit" setzte. Dass Robert II. aus der strukturellen Not seines Königtums eine politische Tugend persönlicher Frömmigkeit zu machen verstand, sichert ihm zu Recht das Gedenken der Nachwelt.



    Robert der Fromme

    Robert 2Frr



    Robert der Fromme in einer Darstellung von Jean Fouquet aus den Grandes Chroniques de France. (15. Jahrhundert, Bibliothèque nationale de Paris)

    Robert le Pieux - Grandes Chroniques de France - BNF Fr2609 f144v



    Krönung von Robert II., König von Frankreich. (Bibliothèque nationale de France, Français 2615, fol. 149)
    Coronation of Robert II, king of France.

    Sacre Robert II de France 1



    Diplôme du roi de France, Robert II le Pieux, par lequel il restitue à l’abbaye de Saint-Germain-des-Prés des biens jusqu’ici détenus injustement par le comte Dreu, son avoué. Poissy, 1030.

    Diplôme du roi de France, Robert II le Pieux, par lequel il restitue à l’abbaye de Saint-Germain-des-Prés des biens jusqu’ici détenus injustement par le comte Dreu - Archives Nationales - AE-II-96



    Name:
    (der Fromme)

    Robert heiratete von Italien, Rozala in 988. Rozala wurde geboren um 950; gestorben in 1003. [Familienblatt] [Familientafel]

    Robert heiratete von Burgund, Berta in 996. Berta (Tochter von von Burgund, Konrad und von Frankreich, Mathilde) wurde geboren in 964/965; gestorben nach 1010. [Familienblatt] [Familientafel]

    Robert heiratete von Arles, Constanze in 1002. Constanze wurde geboren um 985/990; gestorben am 25 Jul 1032 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Notizen:

    Grab von Robert II. und Konstanze

    Grab von Robert II. und Konstanze

    Kinder:
    1. von Frankreich, Hugo wurde geboren in 1007; gestorben am 17 Sep 1025; wurde beigesetzt in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich.
    2. von Frankreich, Heinrich I. wurde geboren in 1007/1008; gestorben am 4 Aug 1060 in Vitry-aux-Loges [45530],Loiret,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.
    3. von Frankreich, Robert I. wurde geboren um 1011; gestorben am 21 Mrz 1076 in Fleury-sur-Ouche [21410],Côte-d'Or,Bourgogne,Frankreich.
    4. von Frankreich, Odo wurde geboren um 1015; gestorben nach 1056.
    5. von Frankreich, Hadwig gestorben nach 1063.
    6. von Frankreich, Adela wurde geboren in 1014; gestorben am 8 Jan 1079; wurde beigesetzt in Mesen [8957],Flandern,Belgien.

Generation: 2

  1. 2.  von Frankreich, Hugo Capetvon Frankreich, Hugo Capet wurde geboren um 940 in Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich (Sohn von von Franzien, Hugo und von Sachsen, Hadwig); gestorben am 24 Okt 996 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris
    • Titel/Amt/Status: 956-996, Franzien,Frankreich; Herzog von Franzien
    • Titel/Amt/Status: 987-996, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Hugo Capet als König

    Hugues Ier Capet



    Hugo Capet
    König von Frankreich (987-996)
    Herzog von Franzien (956-996)
    Graf von Paris
    um 940 Paris - 24.10.996 Melun Begraben: St-Denis
    Ältester Sohn des Herzogs Hugo der Große von Franzien aus seiner 3. Ehe mit der Hadwig von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 157

    Hugo Capet (Hugues Capet), Herzog von Franzien, seit 987 König von Frankreich aus der Familie der ROBERTINER
    * 939/41, + 24. Oktober 996 Begraben: St-Denis
    Sohn Herzog Hugos des Großen und Hadwigs, Schwester Kaiser OTTOS I.

    oo Adelheid, Tochter Herzog Wilhelms (Werghaupt) von Aquitanien

    Den verschieden gedeuteten Beinamen ‚Capet‘ erhielt Hugo erst im 12. Jh. Der beim Tode seines Vaters (956) noch minderjährige Hugo trat 960 dessen Nachfolge im Herzogtum Franzien an; sein Bruder Otto wurde Herzog von Burgund. Als mächtigster Mann im W-Frankrenreich, der im Konflikt König Lothars mit den OTTONEN zunächst, nach einer Entfremdung 980/81, auf seiten des KAROLINGERS blieb, jedoch eine eigenständige Politik zwischen König, Kaiser und eigenem Herzogtum bertrieb und schon vor dem Tod Ludwigs V. eine gegen den König gerichtete Koalition mit dem Erzbischof Adalbero von Reims einging, war Hugo Capet nach dem Tod des kinderlosen Ludwig der aussichtsreichste Anwärter auf den Königsthron. Ende Mai 987 wurde er in Senlis mit Hilfe Adalberos und der robertinischen Vasallen zum König gewählt, am 3. Juli in Noyon durch Adalbero geweiht. Hugo Capet mußte sein Königtum dann allerdings jahrelang gegen die Thronansprüche des vom Reimser Erzbischof zurückgewiesenen Karl von Nieder-Lothringen, des Bruders Lothars, durchsetzen, der sich vor allem auf die Grafen von Troyes, Blois, Vermandois und den Erzbischof von Sens stützen konnte. 991 konnte er Karl in seinen Gewahrsam bringen, wo dieser im folgenden Jahr verstarb. Ein neues Bündnis zugunsten von Karls Sohn Otto 993 unter der Führung Odos von Blois blieb erfolglos. Als Folge dieser Kämpfe blieben die Auseinandersetzungen um das Erzbistum Reims, wo Karl 989 seinen Neffen Arnulf eingesetzt hatte. Ihm stellte die Synode von Verzy (St-Basle) Gerbert entgegen, der aber auf cluniazensischen und päpstlichen Widerstand stieß und 995 auf der Synode von Mouzon suspendiert wurde. - Hugo Capet, der bereits am 30. Dezember 987 seinen Sohn Robert zum Mitkönig erheben ließ und die Dynastie der KAPETINGER begründete, knüpfte doch bewußt an die karolingische Tradition an (Schneidmüller). Der Dynastiewechsel bedeutete daher keine tiefe Zäsur, fiel jedoch in eine Zeit großer struktureller Veränderungen und stabilisierte mit der Beendigung des langwierigen Machtkampfes zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN die Monrchie, während der königliche Machtbereich auf Fürstentum (vor allem um Orleans und Paris) und Krondomäne (vor allem im Oise-Aine-Gebiet) beschränkt blieb; Hugo Capet war von einem starken Herzog zu einem schwachen König geworden (Werner), der seine Stellung aber vor allem mit diplomatischen Mitteln zu sichern wußte (Hallam). Die Schwäche seiner Regierung (Lot) müssen zudem im Lichte der widrigen Zeitverhältnisse gesehen werden (Sassier).

    Literatur:
    RHF 10 [Urkk.; Neued. in Vorber.] – W. Kienast, Der Hzg.stitel in Dtl. und Frankreich, 1968 – HEG I, 1976, 752ff [K. F. Werner] – B. Schneidmüller, Karolingische Tradition und frühes französisches Königtum (Frankfurter Historische Abhandlung 22, 1979) -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 10-15

    Die Kinder Hugos des Großenfehlen bei Brandenburg, da er die Historizität von RobertsEhe mit Beatrix aus dem Hause der HERIBERTINER (siehe oben IV, 4) nicht erkannt hat. Aus ihr ging Hugo der Große und über ihn die kapetingische Königsdynastie hervor. Für die Daten Hugo Capets und seiner Geschwister verweise ich, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt wird, auf die beiden Werke von F. Lot, Les Derniers Carolingiens, Paria 1891, und Etudes sur le regne de Hugues Capet, Paris 1903 (vgl. dort im Register zu den einzelnen Namen).
    Zu Beatrix und ihrer politischen Tätigkeit in Ober-Lothringen, das sie nach dem Tode des Gemahls regierte, vgl. auch Uhlirz (Register). 987 zuletzt erwähnt, starb sie an einem 23. September. Das entnehme ich dem Nekrolog von S.-Denis, HF Obituaires I, 1, 327, wo zu den 9. Kal. des Oktober steht: Beatrix, soror Hugonitor (sic). Der Kopist hat hier die Abkürzung für regis Francorum offenbar nicht mehr verstanden. Hugos Schwester Emma heiratete 960, wie wir durch Flodoard wissen, Herzog Richard I. von Normandie und wird zuletzte in dessen Urkunde von 968 III 18 (ed. Marie Fauroux, Recueil des actes des ducs de Normandie, Caen 1961, nr. 3) erwähnt. Die Ehe blieb jedoch kinderlos; die späteren Herzöge stammen aus Richards zweiter Ehe mit der Dänin Gunnor.
    Zu Brandenburgs Heribert von Auxerre, einem unehelichen Sohn Hugos des Großen, der wie Beatrixeinen HERIBERTINER-Namen erhielt, vgl. Gams 502: Er wurde 971 I 8 Bischof und starb 996 VIII 23.

    Glocker Winfried: Seite 288, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    V. 26 Hugo Capet
    * c 940, + 996 X 24;

    960 dux Francorum, 987 VII 3 König von Frankreich,

    1. oo 970 Adelheid, Tochter Graf Wilhelms I. von Poitou, + c. 1004;

    2. oo NNw

    Hugo Capet ist als Sohn Hugos des Großen von Franzien bei Flodoard a. 960, S. 149, und bei Richer III c. 13, S. 20, bezeugt. Erstmals urkundlich genannt ist er in der Urkunde seines Vaters vom 946 VI 19 (Druck: RHF Bd. 9, S. 723); zum Datum dieser Urkunde vgl. Lauer, Louis IV S. 242.
    Das Geburtsjahr für Hugo Capet ist festgestellt von Kalckstein, Königthum S. 255, Anm. 2.
    Die Belege für Todestag und -jahr Hugo Capets hat Lot, Hugues S. 209-303, zusammengestellt.
    Zu seiner Erhebung zum französischen König vgl. Lemarignier, Gouvernement S. 38-43. Lot, Derniers S. 358-361, hat die Abstammung von Hugos Gemahlin Adelheidnachgewiesen; zu Adelheid vgl. außerdem Richard, Poitou Bd. 1, S. 103 f.
    Die Existenz einer Konkubine ergibt sich aus der Zuschreibung des illegitimen Sohnes Hugos, Erzbischof Gauzlin von Bourges.
    Allgemein informiert zu König Hugo Capet FW Kommentar K 38.

    Hugo Capet folgte dem Vater in dessen ganzer Machtfülle, verzichtete aber auf die Regentschaft zugunsten des normannischen Schwagers. Von Jugend an verfügte er über die moralischen und physischen Voraussetzungen zu einem großen Herrscher. Er war noch nicht 20 Jahre alt, als der Tod seines Vaters ihn an die Spitze einer der größten Grafschaften des französischen Feudaladels stellte. Der junge Graf konnte mit seiner ruhigen, überlegten und entschlossenen Art rasch die Auseinandersetzungen seiner Feinde und seine eigenen Bündnisse ausnutzen, um sich unter die potentiellen Thronanwärter zu plazieren. Der entscheidende Augenblick kam, als die Nachfolge Ludwigs V. des Faulen im Jahre 987 geregelt werden mußte. Sowohl die Persönlichkeit des Grafen von Paris als auch die vorbehaltlose Unterstützung des Bischofs Adalbero von Reims, das zu Hugos Machtbereich gehörte, ließen die Entscheidung des Feudaladels zu seinen Gunsten ausfallen. Um Intrigen bei seiner Nachfolge vorzubeugen, sicherte der König bereits im ersten Regierungsjahr die Zukunft der Dynastie. Gemäß einem karolingischenBrauch ließ Hugo seinen Sohn Robert Weihnachten 987 zum Mitkönig krönen. Die Macht der kapetingischen Könige war zunächst beschränkt auf ein begrenztes Gebiet um Paris und Orleans. In den anderen Gebieten übten die Lehnsfürsten eine nahezu unbeschränkte Herrschaft aus. Sein Beiname Capet (das Mäntelchen) erklärt sich aus dem geistlichen Kleid Cappa, das er oft als Laienabt von Tours trug.

    Mexandeau Louis: Seite 131-134, "Die Kapetinger"

    Die Bescheidenheit dieser Ziele, die beim Tode Philipps I. im Jahr 1108 bei weitem noch nicht erreicht waren, verdichtet das Dunkel, das Gestalt und Leben Hugo Capets und seiner ersten Nachkommen umgibt. Vom Begründer der Dynastie wissen wir so gut wie nichts. Ferdinans Lot, der seine Regierungszeit genau studiert hat, schreibt: "Wir wissen nicht, wie er aussah, seine moralische Persönlichkeit ist uns fast ebenso wenig bekannt. Wenn man niedergeschrieben hat, daß er fromm war, daß er den Prunk verabscheute, daß er die Mönche liebte, daß er mehr Diplomat als Kriegsmann war, dann hat man ungefähr alles gesagt, was man zu sagen berechtigt ist ..."
    Da Unkenntnis zur Verkennung führt, hat man manchmal aus Hugo Capet einen unbedeutenden Herrscher gemacht, dem ein Zusammentreffen glücklicher Umstände auf den Thron half und der sich dank der Kirche und des Herzogs der Normandie an der Macht hielt. Edmond Pognon, der sich ausschließlich auf den Ablauf der Ereignisse stützt, hat die Persönlichkeit Hugos rehabilitiert und seine Geschicklichkeit und Entschlußkraft herausgestellt.
    Daher macht es durchaus den Eindruck, als ob es zwei Hugo Capet gegeben hätte. Vor 987 erscheint er uns zögernd und auf alle Fälle der alten Dynastie gegenüber relativ loyal, entweder aus Mangel an Ehrgeiz oder weil ihn eine klarsichtige Einschätzung des Kräfteverhältnisses und der Lehren aus der Vergangenheit zur Klugheit veranlaßte. Im Jahre 987 ebnete ihm das Glück, dessen wesentliche Rolle wir herausgestellt haben, den Weg zum Königsthron. Diese Chance ergriff er mit einem Gespür für die günstige Gelegenheit, das ihn als einen Mann zeigt, der seit langem bereit war, diese Gelegenheit beim Schopf zu packen, wenn er sie nicht schon vorbereitet hatte. Mit der Macht kam ihm sehr schnell der Geschmack an ihr, und er wurde beseelt von dem Willen, sie nicht mahr aus den Händen seiner Familie zu geben. Drei Monate nach seiner Thronbesteigung machte die Krönung Roberts den Sohn von nun an ebenso unantastbar wie den Vater. Kaum gekrönt, verhielt sich Hugo genau wie ein KAROLINGER. Der König vergaß, daß er Herzog von Franzien gewesen war. Selbst wenn er ein Feudalherr blieb, so wußte er, daß er von nun an etwas anderes war, daher sein Wille, das Erbe, das man ihm anvertraut hatte, vollkommen zu sichern. Mittellos wie er war, trennte er Parzellen seiner Domäne ab, um sich Unterstützung zu verschaffen, erfuhr er die Festigung der großen erblichen Seigneuries (der Lehnsherrschaften). Zugleich aber hatte er die feste Absicht, der oberste Herrscher des gesamten Königreiches zu bleiben und griff in die Ernennungen der entferntesten Kirchen ein. Dieser fromme König und Freund des Klerus stellte sich wegen der Besetzung des Bischofsstuhls von Reims gegen den Papst. Er, der als Herzog von Franzien der Klient des Kaisers gewesen war, ging gegenüber seinem alten Beschützer auf Abstand und versuchte, eine Eheverbindung mit Byzanz zu schmieden, wie um die OTTONEN von der Flanke her anzugreifen.
    Seine letzen Jahre liegen im Dunkel, aber im großen und ganzen hat es Hugo Capet verdient, der Dynastie seinen Namen zu geben. "Seit dem Augenblick, in dem er von jedem Wettbewerb befreit war, ist der KAPETINGER in Wahrheit König geworden, scheint ein anderes Temperament bekommen und einen politischen Sinn und eine Festigkeit an den Tag gelegt zu haben, die man vorher nicht an ihm kannte. Hatte die Zeit und auch, wie es immer geschieht, der Übergang von Opposition zur Macht, den Herzog von Franzien weiser gemacht? Wenn man alles in Betracht zieht, dann war dieser große Lehnsherr, von dem wir weder sein Aussehen noch sein Privatleben kennen, so mittelmäßig nicht. Er hatte es verstanden, den Platz der KAROLINGER einzunehmen, zu bewahren, was er gewonnen hatte, sich frei und würdig gegenüber Papsttum und Kaiserreich zu behaupten und die Krone an seinen Sohn weiterzugeben (24. Oktober 996), ohne daß er auf ernsthaften Widerstand stieß. Hier hat das blinde Glück nicht alles gemacht." (A. Luchaire)
    Er war zweimal verheiratet. Zuerst mit Blanche, der Witwe Ludwigs V. [Nach meiner Meinung ist diese Behauptung völlig unsinnig. Ludwig V. war mit keiner Blanche verheiratet und war ungefähr im selben Alter wie HugosSohn Robert II. Nachweislich war aber Hugo Capet beim Tode Ludwigs V. mit Adelheid von Aquitanien verheiratet.] Eine politische Heirat, dazu bestimmt, die Kontinuität zwischen den beiden Dynastien zu festigen. Da ihm Blanche keinen Erben geschenkt hatte, verheiratete er sich zum zweiten Mal mit Adelheid von Poitiers-Aquitanien, mit der er sieben Kinder hatte, drei Töchter und vier Söhne, deren ältester Robert war.

    969 oo Adelheid von Poitou, Tochter des Herzogs Wilhelm III. 950/55- 1004

    7 Kinder:
    - Robert II. der Fromme König von Frankreich 20.7.972-20.7.1031
    - Hadwig 975/80- nach 1013
    998 oo Reginar IV. Graf von Hennegau 950/55- 1013
    - Adela 985/90- nach 1063
    1006 oo Rainald I. Graf von Nevers - 29.5.1040
    - Gisela Erbin von Abbeville
    986 oo Hugo I. Graf von Ponthieu - ca 1000

    Illegitim
    - Gozelin Erzbischof von Bourges (1013-1030) - 8.3.1030

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 142,144,168,173 - Althoff, Gerd: Otto III., Primus Verlag, Darmstadt 1997, Seite 60 Anm. 61,61,77,92,100 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990 Seite 40,116 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 84,116,119,132,135 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 340 - Douglas David C: Wilhelm der Eroberer Herzog der Normandie. Diederichs Verlag München 1994 Seite 38,260 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 11,23,27-38,42,46,48,59,128,158,225 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 21,45,47,50,59,61-64,69,73,75-86,87,90,93,99,116,189 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 55,110,117,285,292,297,300,304-321,364,372,378,401,417-420,426,434 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 67,73 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,26 Seite 96,182,192,195-198,201,232,275,285,288,302,308 - Hartmann P.C.: Französische Könige und Kaiser der Neuzeit. Von Ludwig XII. bis Napoleon III. 1498-1870. Verlag C. H. Beck München 1994 Seite 144 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 17,162,200,210,257-259,262,287,295-305,323,371 - Kienast Walter: Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R. Oldenbourg Verlag München - Wien 1968 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 75-84,86-130,131,134 - Pernoud Regine: Herrscherin in bewegter Zeit. Blanca von Kastilien, Königin von Frakreich. Diederichs Verlag München 1991 Seite 12,55,71,246 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 306,309,322-327,344, 408 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 209,211 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 11,19,22,53,59,61,64,67,75 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 95,135,148, 152,159 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 139,151, 183,251,254 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 60 Anm. 294, 228,233,254,259,393,409 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 476 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 40, 46,484,500,506,508,512, 516,518,523-526 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989 Seite 71,194,238,287 -




    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 75-86, "Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."

    Goetz Hans-Werner


    HUGO CAPET, König von Frankreich (987-996)
    * 939/41, + 24.10.996Bestattet in St-Denis

    Eltern:
    Herzog Hugo Magnus von Neustrien (923-956)
    Hadwig, Tochter König HEINRICHS I.

    Geschwister:
    Otto, Herzog von Burgund (960-965)
    Odo-Heinrich, Herzog von Burgund (965-1002
    Beatrix oo Herzog Friedrich von Ober-Lothringen
    Emma oo Graf Richard I. von Rouen

    oo 970 ADELHEID VON AQUITANIEN * 950/55, + 1004
    Tochter des Herzogs Wilhelm Werghaupt von Aquitanien

    Kinder:
    Robert (König 987/996-1031)

    Herzog von Neustrien 960-987
    Königswahl 29.5.987 in Senlis, Krönung 1.6. in Noyon, Weihe 3.7. in Noyon oder Reims
    Erhebung Roberts II. zum Mitkönig Ende Dezember 987
    987-991 Auseinandersetzungen (Thronstreit) mit Herzog Karl von Nieder-Lothringen
    991-997 Reimser Bistumsstreit
    991 Synode von St-Basle de Verzy
    992 (?) Synode von Chelles
    995 Synode von Mouzon

    "Hier endete das Reich KARLS DES GROSSEN", schrieb zu Beginn des 11. Jahrhunderts ein anonymer Chronist aus dem Bistum Sens, und zu Beginn des 12. Jahrhunderts urteilte Hugo von Fleury: "Als so die zweite 'Linie' der Frankenkönige [namlich die Dynastie der KAROLINGER] endete, wurde das Reich auf eine dritte 'Dynastie' (generatio) übertragen." Bis weit in unser Jahrhundert hinein betrachtete man aus dem Blickwinkel einer politischen Geschichtsschreibung das Jahr 987, mit dem die neue Herrscherdynastie der KAPETINGER einsetzte, die 32 französische Könige stellen sollte, als einen Wendepunkt. Schon im Mittelalter betonte man demgegenüber aber auch die (politische) Kontinuität in einem solchen Maße, daß man den Begründer der neuen Dynastie, Hugo Capet, gelegentlich sogar zu einen KAROLINGER und legitimen Erben machte. Beides ist historisch natürlich nicht haltbar. Falls Hugos Regierunsgzeit eine Wendezeit war, dann kaum aus dynastischen, sondern eher aus sozialgeschichtlichen Gründen. Wenn gerade heute wieder eine Reihe vornehmlich französischer Historiker für eine Wende der gesamten Sozialstruktur um die Jahrtausendwende eintritt, so beruht das bislang allerdings eher auf regionalen Studien und ist zur Zeit noch in der Diskussion.
    Hugo selbst erntete lange Zeit kein Lob. Ferdinand Lot sah in ihm einen mittelmäßig begabten, schwachen und unsicheren Menschen, der nichts tat, ohne um Rat zu fragen, und dessen Vorsicht zur Kleingeistigkeit verkümmerte. Und noch 1980 meinte Elizabeth Hallam: "Der erste KAPETINGER taucht als eine ganz unbedeutende Figur auf." Erst die umfangreiche Literatur zum 1000-jährigen Jubiläum der Krönung (1987) hat hier manches korrigiert und ein angemesseneres Bild des ersten KAPETINGERS entworfen. Als Hugo Capet bald nach dem frühen Tod des letzten regierenden KAROLINGERS, Ludwig V., wohl am 29. Mai 987 in Senlis zum König gewählt, am 1. Juni in Noyon gekrönt und am 3. Juli in Reims (oder in Noyon) von Erzbischof Adalbero von Reims geweiht wurde, hatte man tatsächlich, wenig überraschend, den mächtigsten weltlichen Fürsten des westfränkisch-französischen Reichs, den Herzog von Franzien, zum neuen Herrscher gemacht, der schon zuvor die Politik maßgeblich mitbestimmt hatte. Die Thronerhebung Hugo Capets ist daher zu Recht als "logische Konsequenz seiner seit langem erworbenen, politischen Vorrangstellung" gedeutet worden (Y. Sassier 314).
    Der Sinn einer Kurzbiographie im Rahmen eines Sammelbandes kann nicht darin bestehen, die Ereignisse der Regierungszeit, die in jedem Handbuch nachzulesen sind, nachzuerzählen. Andererseits macht es der Quellenlage des früheren Mittelalters unmöglich, eine anschauliche Persönlichkeitsschilderung zu entwerfen oder gar psychologisierend zu deuten. Im folgenden kann daher nur versucht werden, aus den Handlungen und wenigen Äußerungen Hugo Capets und nicht zuletzt aus dem Bild, das die zeitgenössischen Quellen von ihm entwerfen, nach den Absichten und Richtlinien seiner Politik sowie nach deren Rezeption zu fragen und beides in die strukturellen und ideologischen Rahmenbedingungen und Zeitumstände einzuordnen.
    Hugo entstammte der fränkischen Familie der ROBERTINER, deren Mitglieder, vielleicht ursprünglich in der Gegend um Worms beheimatet, im frühen 9. Jahrhundert Grafen von Angers (Robert der Tapfere) und dann Grafen von Paris (Odo) wurden und seither die führende Stellung in Neustrien (dem Gebiet nördlich der Loire), der Kernregion des französischen Königtums, bekleideten. Mit Odo (888-898) und Robert (922-923) hatten sie bereits früher zwei Könige des W-Frankenreichs gestellt. Hugos Vater, Herzog Hugo Magnus, bekleidete in seinem Fürstentum eine königsgleiche Stellung, die auch in seiner Heirat mit Hadwig, einer Schwester des ostfränkischen Königs OTTO I., zum Ausdruck kam. Die Nachfolge im Herzogtum hatte der zwischen 939 und 941 geborene Hugo - den Beinamen "Capet", dessen Bedeutung strittig ist, erhielt er erst im 12. Jahrhundert -, nicht schon beim Tod des Vaters (956), sondern erst vier Jahre später, vom König investiert, angetreten. Die Namensgleichheit mit dem Vater deutet an, daß er von vornherein zu dieser Stellung ausersehen war; sein Bruder Otto wurde Herzog von Burgund. Abgesehen von einer kurzen Entfremdung zwischen Hugound König Lothar in dessen Streit mit dem O-Reich (OTTO II.) war Hugo stets königstreu und einer der ersten gewesen, die Lothar den Treueid geschworen hatten (Richer von St-Remi 3,13). Nach dessen Tod im Februar 986 war die Nachfolge Ludwigs V. unstrittig; Hugo wurde gar zu dessen Ratgeber bestimmt, "da ein Jüngling durch die Klugheit und Tugend eines solchen Fürsten geformt werden mußte" (Richer 4,1). Als es über der Haltung zum O-Reich jedoch zu einer Entfremdung des jungen Königs mit seiner Mutter Emma und den führenden Bischöfen, voran Adalbero von Reims, kam, stand Hugo auf seiten dieser Fürsten.
    Nach Ludwigs unerwartet frühem und söhnelosen Tod infolge eines Jagdunfalls schien Hugos Nachfolge daher nur folgerichtig, und Hugo selbst betonte in einem Antwortschreiben an den Markgrafen von Barcelona, Borell, daß ihm "das Reich dank der zuvorkommenden Barmherzigkeit Gottes äußerst friedlich zugefallen" sei (Gerbert von Reims, ep. 112); doch ganz so einfach lagen die Dinge wohl nicht. Hugos gut neunjährige Regierungsgzeit war vor allem von zwei miteinander verwobenen Entwicklungen bestimmt: der Auseinandersetzung mit Herzog Karl von Nieder-Lothringen um die Thronfolge und dem Nachfolgestreit im Erzbistum Reims. Die KAROLINGER waren nämlich keineswegs ausgestorben, sondern Karl, Bruder König Lothars und damit Oheim Ludwigs V., der früher von der Nachfolge ausgeschlossen worden war, machte nun erbrechtliche Ansprüche geltend und fand dafür wohl auch einen nicht unbeträchtlichen Anhang. Hugos Herrschaft war folglich keineswegs gesichert, und einigen späteren Geschichtsschreibern (wie dem Chronisten von Sens im 11. und Sigebert von Gembloux oder Hugo von Fleury im 12. Jahrhundert) galt Hugo als ein von einer Adelsopposition erhobener Usurpator. Der aquitanische Chronist Ademar von Chabannes glaubte in der jüngsten Fassung seiner Chronik, daß die Franken Karl verlassen und Hugo gewählt hätten. Damit stellte sich die Legitimitätsfrage, und es ist auffällig, daß der wichtigste und ausführlichste Zeitzeuge, der Mönch Richer aus dem Kloster St-Remi bei Reims, dem Erzbischof Adalbero eine lange Rechtfertigung von Hugos Königtum und ein ausführliches Abwehren der Ansprüche Karls in den Mund legte. Formal schien allerdings alles korrekt: Hugo wurde von den Großen gewählt, wie es der Mönch Abbo von Fleury bald darauf im Rahmen seiner politischen Theorie als rechtmäßig fordern sollte, und Erzbischof Adalbero selbst betonte später in einem Brief an Karl, daß es sich hier um einen öffentlichen, nicht um einen "privaten" (familiären) Vorgang handelte (Gerbert von Reims, ep. 122). Ein Erbrecht, so betonte Adalbero, gebe es nicht. Hugos Wahl erfolgte ausgesprochen schnell, wahrscheinlich schon eine Woche nach Ludwigs Tod, wenngleich nicht ganz spontan. Die noch von Ludwig einberufene Versammlung in Compiegne, deren Vorsitz Hugo ohnehin übernahm und die den Erzbischof Adalbero vom Vorwurf des Paktierens mit dem deutschen König freisprach, vertagte sich nämlich noch einmal, weil nicht alle Großen anwesend waren. In Senlis suchte Adalbero, der maßgeblichen Einfluß auf die Wahl nahm, Karls Ansprüche dann mit Erfolg und mit Argumenten zu entkräften, die bezeichnenderweise nicht rechtlicher Natur waren, indem er nämlich auf mangelnde Klugheit, eine - angeblich - unstandesgemäße Heirat mit der Tochter eines Vasallen (Hugos) und vor allem auf die Tatsache hinwies, daß Karl als Herzog von Nieder-Lothringen Lehnsmann des deutschen Königs war. Das war ein gewichtiges Argument in einer Zeit, in der man sich der Eigenständigkeit und der Abgrenzung vom Imperium bewußt wurde, bedeutete aber auch eine Abkehr Adalberos von seiner früheren, ottonenfreundlichen Politik. Die Wahl Hugos empfahl Adalbero, weil dessen Tatkraft (actus), Adel (nobilitas) und Macht (copia) für ihn sprächen (Richer 4,11) und verschob damit die Kriterien. Sein Wahlvorschlag fand breite Zustimmung, so daß Hugo nach Richer (4, 12) einstimmig gewählt wurde. Er war letztlich jedoch von einem Adel erhoben, an dessen Spitze er selbst stand, und in einer Situation, in der ein Eingreifen des O-Reiches wegen der Minderjährigkeitsregierung OTTOS III. nicht zu befürchten war (Schneidmüller 170). Hugos Weihe aber folgte vermutlich den erhaltenen, einander recht ähnlichen Krönungsordines, die die sakrale Würde des Königtums betonten.
    Schwieriger gestaltet sich die Frage der Legitimität Hugos unter den zuletzt schon angedeuteten ideologischen Gesichtspunkten, war doch die KAROLINGER-Herrschaft an sich unbestritten gewesen. (Nach Richer 4, 28 soll Hugo sogar selbst geäußert haben, daß er sich einem legitimen KAROLINGER - nämlich einem unmittelbaren Nachkommen Ludwigs V. - jederzeit gebeugt hätte.) Die früheren ROBERTINER-Könige, auf die die neuere Forschung so gerne hinweist, sind kaum als triftiges Argument für Hugos Königtum anzusehen; Gerbert von Reims erblickt in ihnen im Rückblick lediglich interreges, königliche Statthalter (ep. 164), und es ist auffällig, daß sich die Zeitgenossen tatsächlich nirgends darauf beriefen, daß Hugo bereits einem Königsgeschlecht entstammte. Ihnen war allein seine Eignung wichtig, galt Ludwig V. einem Klosterchronisten aus Sens doch als der König, "der nichts gemacht hat" (womit der nichts Geschichtswürdiges meinte). In einem Brief an Bischof Adalbero von laon hatte Erzbischof Adalbero von Reims bereits 985 geschrieben, König Lothar sei eigentlich "nur dem Titel nach König von Frankreich, Hugo [als Herzog] hingegen zwar nicht vom Titel her, wohl aber gemäß Handlung und Tatkraft" (ep. 48); auch Kaiser OTTO II. wisse, so Richer (3, 83), daß Hugo mächtiger sei als der König.
    Gleichwohl suchte Hugo nach seiner Wahl sein Königtum auffällig eng an die karolingische Tradition anzuschließen. Form und Inhalt seiner Urkunden zeugen davon. Sein Titel variierte, doch nannte er sich, mit dem seit Karl dem Einfältigen üblichen Königstitel, meist Francorum rex, und auch der Monogrammtyp blieb erhalten. Immer wieder betonte Hugo in seinen Urkunden, daß er dem mos praedecessorum nostrorum, der Gewohnheit der Vorgänger, der fränkischen Könige und Kaiser, folge oder daß er bestätigen wolle, "was unsere Vorgänger, die fränkischen Könige, durch die Ausstellung einer Urkunde bekräftigt haben" (Urk. Nr. 4). Die überwiegende Mehrzahl seiner Diplome bestand aus solchen Bestätigungen früherer Verleihungen an Kirchen, "denn es war stets Sitte und Gewohnheit der Könige, unserer Vorgänger, die Kirchen Gottes zu erhöhen" (Urk. Nr. 11). Der konsequente Rückbezug auf die karolingischen Vorgänger und auf das karolingische Herrschaftsverständnis schuf eine Kontinuität des königlichen Selbstverständnisses und der Herrschaftspraxis über den Dynastiewechsel hinweg, ja Hugo entlieh seine Legitimität geradezu aus der karolingischen Tradition, während er gleichzeitig sehr bald die Errichtung einer eigenen Dynastie anstrebte, indem er seinen vielleicht 15-jährigen Sohn Robert noch in seinem ersten Königsjahr, Ende Dezember 987, in Orleans zum Mitkönig erhob. Mag das augenblicklich mit der bedrohlichen Situation an den Grenzen gerechtfertigt worden sein - erst dieses Argument soll nach Richer Adalberos Widerstand gegen zwei gleichzeitig regierende Könige gebrochen haben (4, 12f.) -, so wurde hier tatsächlich, und offenbar gezielt, die dynastische Erbfolge vorbereitet. Diese Königserhebung hatte ihrerseits nicht nur ottonisch-byzantinische, sondern auch karolingisch-westfränkische Vorbilder, denn Ähnliches hatte Lothar mit seinem Sohn Ludwig veranstaltet (Richer 3,91). Spätestens seit 992 nahm Robert, der consors regni, selbständig königliche Handlungen vor.
    Hugos Herrschaft war damit noch keineswegs gesichert, denn Karl von Nieder-Lothringen war nicht völlig erfolglos; er nahm Laon und Reims ein und band damit die sonstigen Aktivitäten Hugos, der Laon vergeblich belagerte. Die Bedeutung des jungen Königtums wird in den Quellen anscheinend erst im nachhinein stärker verharmlost, als es der augenblicklichen Situtaion entsprach. Hugos Herrschaft war auch nicht so unumstritten, wie Richer es hinstellte, denn der König mußte um seine Anhänger werben, wobei viele wahrscheinlich unentschlossen blieben. In einem Brief fordert er den Erzbischof von Sens im September oder Oktober 987 auf, ihm endlich den Treueid zu leisten (Gerbert, ep. 107). Karl wurde schließlich auch nicht im Kampf aufgrund einer etwaigen Übermacht des Königs überwunden, sondern - und das ist bezeichnend - 991 durch eine List Bischof Adalberos von Laon gefangengenommen und in Orleans eingekerkert, wo er bald darauf verstarb. Sein Sohn Otto wurde Herzog von Nieder-Lothringen, spielte im Westen aber keine politische Rolle mehr.
    Kennzeichnend für die unsicheren Zustände sind auch die Auseinandersetzungen um das Erzbistum Reims, das einen kirchlichen (und politischen) Vorrang in Frankreich ausübte. Wahrscheinlich in der Hoffnung auf Aussöhnung und weitere Annäherung an die KAROLINGER hatte Hugo als Nachfolger Adalberos hier nicht den designierten Domscholaster Gerbert von Aurillac, den wohl gtrößten abendländischen Gelehrten seiner Zeit, der später als Silvester II. Papst wurde, sondern Arnulf, einen unehelichen KAROLINGER eingesetzt, nachdem dieser ihm Treue geschworen hatte. (Gerbert ging daraufhin, doch nur für kurze Zeit, ins Lager Karls über.) Arnulf aber unterstützte bald, wenngleich nicht ganz offen, Karl. Erst nach dessen Sturz 991 hielt die Synode von St-Basle in Verzy (bei Reims), deren Akten erhalten sind, Gericht über Arnulf und setzte ihn zugunsten Gerberts ab, rief damit aber eine lange Krise hervor. Diese Entscheidung stieß nämlich auf den Widerstand sowohl des Reformmönchtums, dessen Wortführer Abbo von Fleury wurde, wie des Papstes, Johannes XV., der im Zusammenwirken mit dem deutschen Episkopat auf der Synode von Mouzon Anfang Juni 995 Gerbert bis zu einer endgültigen Entscheidung von seinem Amt suspendierte. Diese bleib jedoch aus, und eine Lösung zugunsten Arnulfs wurde erst unter Hugos Sohn und Nachfolger Robert erreicht, der dem Reformmönchtum nahestand. Hugo, der in einem Brief an den Papst zunächst noch beteuert hatte, nicht gegen dessen Entscheidungen angehen zu wollen (Gerbert, ep. 188), war es zeitlebens immerhin gelungen, seinen Kurs zu verteidigen.
    Die Krisen und Geschenisse der Regierungszeit lenken den Blick auf das Verhältnis Hugo Capets zu den Fürsten, auf deren Anhängerschaft er angewiesen war. Das 10. und frühe 11. Jahrhundert war ein Zeitalter des verfassungsgeschichtlichen Wandels in W-Franken/Frankreich. Hatten sich zunächst allenthalben Fürstentümer ausgebildet, deren Herren in ihrem Herrschaftsgebiet eine königsgleiche Stellung bekleideten, so entstanden infolge einer strikteren inneren Organisation und eines verstärkten Burgenbaus bald neue, starke Zwischengewalten in den Kastellanen, die von ihren Burgen aus die Herrschaft über die abhängige Landbevölkerung intensivierten und deren Verwaltungsbezirke immer mehr an die Stelle der alten Grafschaften traten. Man hat deshalb von einer "Atomisierung der Macht" gesprochen (Y. Sassier 290) und die Zeit um 1000 als ein "tragisches Schlüsselmoment in der Geschichte der Landgesellschaft" bezeichnet (Bommassie, in: Royaute 129). Im Kampf um die Herrschaft befehdeten sich aber auch die Herren untereinander. Im Süden Frankreichs suchten die auf kirchlichen Synoden im Einklang mit den weltlichen Fürsten verkündeten "Gottesfrieden" gerade in dieser Zeit Abhilfe zu schaffen und bedrohten Friedensbrecher mit dem Bann. Eine Ausweitung dieser Bewegung nach Norden fand erst unter Robert II. statt.
    Solchen Entwicklungen mußte Hugo Rechnung tragen. Auch als König hielt er sich (mit Ausnahme Compiegnes) mit Vorliebe in den vormals herzoglichen Pfalzen auf. Der französische König war, längst vor Hugo Capet, im wesentlichen auf die Krondomäne beschränkt, die den robertinischen Herrschaftsraum an Loire und Seine (mit den Stützpunkten Orleans, Paris, Senlis) und das karolingische Kerngebiet östlich davon (mit Compiegne, Laon, Reims) umfaßte, jedoch nicht als ein geschlossenes Territorium, sondern als ein Gebiet besonders intensiver Herrschaftsrechte aufzufassen ist: Hier verfügte der Herrscher über Grafschaften, Pfalzen, Grundherrschaften, zahlreiche Kirchen und Klöster, Vasallen, Abgaben, Zölle, Märkte und Gerichtsrechte, aber auch über die Bistümer (vor allem der Kirchenprovinzen Reims und Sens), während ihm außerhalb der Krondomäne nur wenige Kirchen unterstanden und die weltlichen Fürsten - in Ansätzen - nur lose vasallitisch an den Herrscher gebunden waren. Teilnehmer der vom König einberufenen Synoden sowie Empfänger, Intervenienten und Zeugen in Urkunden vermitteln einen konkreten Einblick in die Anhängerschaft und den Einflußbereich Hugo Capets und bestätigen dieses Bild. Auch darin ist eine Kontinuität zu den KAROLINGERN festzustellen. Die Kirchen der Krondomäne spielten eine wichtige Rolle im Reich Hugo Capets und im Königsdienst. Allein aus dem engeren Herrschaftsbereich Hugos sind aus seiner kurzen Regierunsgzeit immerhin acht Synoden bekannt, die üblicherweise vom König selbst einberufen wurden. Ansonsten scheint Hugo, den von Gerbert überlieferten Synodalakten zufolge, die Reden und Entscheidungen auf der Synode von St-Basle den kirchlichen Teilnehmern überlassen zu haben und trat erst bei der Vollstreckung des Urteils wieder in Erscheinung. Hingegen führte König Robert auf der Synode von Chelles den Vorsitz (Richer 4,89). Auch hier bekräftigte man die Unabhängigkeit des gallischen Episkopats vom Papst. Die Mehrzahl der Bischöfe stand hinter dem König, und es ist bezeichnend, daß der französische Episkopat, von Gerbert abgesehen, geschlossen die vom päpstlichen Legaten anberaumte Synode von Mouzon boykottierte, die über die Reimser Vorgänge entscheiden sollte. Nach Richer (4, 99) hatte Hugo den Bischöfen die Teilnahme verboten, begründete sein Fehlen seinerseits aber umgekehrt mit deren Abwesenheit.
    Kirchen bzw. vor allem Klöster waren auch die Empfänger der insgesamt wenig zahlreichen (17) erhaltenen, sämtlich im engrern Umkreis Hugos (Compiegne und Paris, Senlis und Saint-Denis) ausgestellten Königsurkunden. Deren Auswertung bleibt allerdings so lange fragwürdig, wie eine kritiasche Edition fehlt. Die den ROBERTINERN eng verbundenen Klöster St-Vincent in Laon und St-Martin in Tours gehörten zu den ersten Urkundenempfängern. Die Arengen machen eine solche Förderung explizit: "Wenn wir die Forderungen der an etlichen Orten für Gott Streitenden vernehmen und zustimmend entgegennehmen und, indem wir ihnen das Notwendige bereitstellen, der Gewohnheit unserer Vorgänger, der fränkischen Kaiser und Könige, folgen und jenen, von göttlicher Leidenschaft berührt, etwas übertragen oder das Angesammelte durch unsere Verfügungen bestätigen, so wird das ohne jeden Zweifel dem Gewinn der ewigen Seligkeit ebenso nützen wie dem festen Bestand der uns von Gotte übertragenen Regierung" (Urkunde Nr. 2). Wenngleich für Abfassung und Wortlaut die königlichen Notare verantwortlich zeichnen, spricht aus solchen Äußerungen durchaus das königliche Selbstverständnis. Hugo empfand sein Königtum - traditionell - als ein von Gott übertragenes Amt, die Kirchenförderung als eine königliche Pflicht: "Wenn wir für die Zuträglichkeiten der dem Gottesdienst geweihten Orte und ihre Notwendigkeiten der dort lebenden Gottesdiener Mittel unserer Erhabenheit aufwenden, so versehen wir unser königliches Amt, und wir zweifeln nicht, dadurch die ewige Seligkeit zu erlangen" (Urk. Nr. 5). Nach Richer (4, 37) berief sich Hugo auf das Glück (Fortuna) und den göttlichen Rückhalt. Aus seinen Arengen spricht eine Gottesfürchtigkeit, die doch stets in politischer Ausrichtung auf sein Reich bezogen blieb und damit erneut seine politisch-religiöse Auffassung vom Königtum widerspiegelt: "Denn wir wissen, daß wir zu nichts anderem auf den Gipfel des Königsamtes erhoben wurden, als dazu, um, ohne Entgelt von Gott geehrt, ohne Entgelt überall seine Ehre vermehren zu können und sie zu preisen uns zu bemühen" (Urk. Nr. 2). Das gewohntermaßen als Gegenleistung erbetene Gebetsgedächtnis richtete sich durchweg auf den König selbst, seine Gemahlin und seinen Sohn, einmal (Urk. Nr. 8) auch auf seine Vorfahren, aber auch auf den Zustand (Urk. Nr. 6) oder die Stabilität des von Gott verliehenen Reiches (Urk. Nr. 5). Die konkreten Aufgaben erblickten Hugo und sein Sohn Robert darin, "die Reichsrechte genau zu prüfen, alles Schädliche zu beseitigen, alles Nützliche zu verbreiten" (Urk. Nr. 10). Solche Ansprüche mögen einer faktischen "Ohnmacht des Reiches" (Y. Sassier 285) widersprechen, sie zeugen aber von den königlichen Absichten. Wenn Hugo fast nur ältere Recht bestätigte und kaum neue Verleihungen und Schenkungen vornahm, so mag man das zudem als Absicht werten, seine Rechte zusammenzuhalten. Er bestätigte nicht nur königliche Schenkungen, sondern auch solche von anderer Seite (typisch sind Globalbestätigungen des gesamten Besitzes) und verriet darin eine ebenso pragmatische Auffassung vom Königtum wie in der mehrfachen Betonung des Königsschutzes, der fortan jeden Schaden abwenden sollte.
    In der Praxis war Hugo auf die Zustimmung der Großen angewiesen, und es ist bezeichnend, daß sich seine Urkunden durchweg "an alle er heiligen Kirche Gottes und unsere Getreuen" richteten, die auch intervenierten und den Vorgang bezeugten. Wenn ein erhaltener Krönungseid sich, wie vermutet wird, auf Hugo Capet bezieht, kommt er einem Wahlversprechen gleich, das den Kirchen ebenso wie dem Volk Recht und Gerechtigkeit sowie königlichen Schutz zusagte. "Wir wollen die königliche Macht in nichts mißbrauchen und ordnen alle Staatsgeschäfte nach dem Rat und Spruch unserer Getreuen", schrieb Hugo wenige Monate nach seiner Wahl an Erzbischof Seguin von Sens (Gerbert, ep. 107), und in einer von Richer (3, 82) dem König zugeschriebenen Rede beteuerte dieser, auf den Rat der Getreuen hören zu wollen. Fideles, Getreue, war keine leere Worthülse, Hugo forderte vielmehr immer wieder Treue (fides) von seinen Untertanen: Siguin wurde ebenso zur Treue (und damit zum Treueid) aufgefordert wie der Markgraf Borrell. "Weil ich mich euch gegenüber als treu erwiesen haben, sollt auch ihr mir nicht treulos werden!, soll Hugo den Bürgern von Reims entgegengehalten haben (Richer 4,26), und Arnulf wurde zum Erzbischof erhoben, nachdem er versprochen hatte, Treue zu halten (4, 27). Man könnte folgern, daß Hugos gesamtes Regierunsgssystem auf der fidelitas, der - quasi vasallitischen - Treuebindung der Großen, beruhte.
    Im engeren Herrschaftsgebiet war Hugo anerkannt. Die Zeugenliste einer Urkunde für Corbie von 988 beweist, daß er nun auch über den vormals karolingischen Herrschaftsbereich verfügte. Durch die Auflösung des Herzogtums wurden die einstigen Vasallen aber zu königsunmittelbaren Fürsten mit selbständigerer Stellung; Graf Odo von Blois etwa betrieb eine eigenständige, letztlich sogar gegen den König gerichteten Politik. Hugo wurde in dessen Fehde mit dem Markgrafen Fulco Nerra hineingezogen und erzwang einen Waffenstillstand. Rodulf Glaber wollte im nachhinein sogar wissen, daß viele Große rebellierten. Letztlich sei, wie man gemeint hat, aus einem starken Herzog ein schwacher König geworden (K. F. Werner).
    Außerhalb der Krondomäne besaß Hugo keine konkreten Rechte mehr, wenngleich er als König anerkannt war. Nach Ober-Lothringen bestanden Verbindungen über Hugos Neffen, den Bischof Adalbero von Metz und den Herzog Dietrich I. Die Hochzeit Roberts II. mit der Witwe des Grafen von Flandern sollte Hugos Kontakte nach Norden erweitern, doch der junge König verstieß seine Frau. Durch Hugos Gemahlin Adelheid, eine Tochter des Herzogs Wilhelm (Werghaupt) von Aquitanien, die er "Gefährtin und Teilhaberin unserers Königtums" nannte (Gerbert, ep. 120), bestand zunächst eine entspanntes Verhältnis zu deren Bruder, Herzog Wilhelm (Eisenarm), der ansonsten aber völlig selbständig in Aquitanien herrschte und mit 32 erhaltenen Urkunden die königliche Urkundentätigkeit weit übertraf! Doch wie schon Lothar in Aquitanien anfangs nicht anerkannt wurde (Richer 3,3), mußte auch Hugo sein Königtum hier anscheinend erst durchsetzen, denn gleich zu Beginn seiner Regierunsgzeit wollte er ein Heer nach Aquitanien schicken (Gerbert, ep. 112). Die Haltung der Aquitanier gegenüber Hugo schien zu schwanken, wie die verschiedenen Fassungen der Chronik Ademars von Chabannes nahelegen. Wie wenig seine Amtsgewalt hier aber bewirkte, mag eine Anektode veranschaulichen, die ein späterer Abschreiber dieser Chronik einfügte und die, auch wenn sie in dieser Form erfunden ist, gleichwohl charakteristisch scheint: Wer hat dich wohl zum Grafen gemacht?" soll Hugo den Grafen Aldebert von Perigueux bei der Belagerung von Tours vorwurfsvoll gefragt haben, worauf jener antwortet: "Wer hat denn dich zum König gemacht?" (Ademar 34). War Hugos tatsächlicher Einflußbereich auch begrenzt, so beanspruchte er dennoch stets die Herrschaft über ganz W-Franken/Frankreich (die "Gallia", wie Richer sagt): Die Wahl machte ihn zum König über "Gallier", Bretonen, "Dänen" (= Normannen), Aquitanier, Goten, Spanier und Wasconen (Richer 4,12) und in einer Urkunde für das Martinskloster in Tours (Nr. 2) bestätigte Hugo den gesamten Klosterbeseitz "in Austrien, Neustrien, Burgund, Aquitanien und den übrigen Teilen unseres Reiches".
    Ein entscheidender Gesichtspunkt der Regierungszeit Hugos war das Verhältnis zum ostfränkisch-deutschen Reich und damit zum Kaiserhaus, dem der KAPETINGER über seine Mutter verwandtschaftlich verbunden war. Dennoch dachte man kaum mehr an die Existenz des Großfränkischen Reiches zurück, sondern unterhielt gleichsam zwischenstaatliche Beziehungen. Der westfränkische Anspruch auf Lothringen war hingegen keineswegs aufgegeben. Schon unter Lothar war es zu Auseinandersetzungen mit Kaiser OTTO II. gekommen. Stand Hugo als Herzog in diesem Streit auch auf seiten OTTOS, so rettete ihn nach Richer (3, 83) doch ein Bischof davor, in Rom als Schwertträger des Kaisers zu fungieren. Frankreich trat, auch in seinem Selbstbewußtsein, neben das Reich. Als König suchte Hugo zunächst noch den Beistand des ottonischen Königshofes gegen Karl zu gewinnen und bat die Regentin, die Kaiserin Theophanu, in Briefen um "Gemeinschaft und Freundschaft" societas et amicitia (Gerbert, ep. 120), Elemente, in denen er gleichsam die Grundlagen zwischenstaatlicher Beziehunegn erblickte. Nach Karls Ausschaltung aber wurde er deutlicher. Hugo und Robert lehnten es ab, sich dem Urteil von Bischöfen aus dem Osten (auf der Synode von Mouzon) zu unterwerfen. Gerbert von Reims nannte seine Herrscher in einem Brief gar serenissimi augusti domini nostri und erhob sie damit begrifflich zu kaiserlicher Würde (ep. 171); Hugo selbst sprach in seinen Urkunden ebenfalls von "unserem Imperium" (Urk. Nr.10) und betonte, daß er über verschieden Königreiche verfügte (Urk. Nr. 4). Allenthalben ist eine eifersüchtige Abgrenzung vom Reich zu bemerken (die sich auch darin zeigt, daß ein Lehsnmann der OTTONEN-Könige als westfränkischer Herrscher nicht mehr in Frage kam). Zumindest aus einer längerfristigen Perspektive war die Wahl von 987 daher, wie man gemeint hat, keine antikarolingische, sondern eine antiostfränkische Entscheidung (B. Schneidmüller 177). Im Wunsch nach Gleichstellung aber orientierte man sich am ostfränkischen Kaisertum. Am deutlichsten wird dies in einem Brief Hugos an die byzantinischen Kaiser Basilius und Konstantin, in dem er - wiederum - um Freundschaft (amicitia) und Gemeinschaft (societas) warb und eine oströmische Prinzessin für seinen Sohn erbat, da es in den Nachbarreichen keine standesgemäße Frau gebe (ep. 111)! Auch wenn dieser Brief, wie man annimmt, nie abgeschickt wurde, läßt er zumindest die ideologischeen Ansprüche erkennen, die das werdende Frankreich in dieser Zeit entwickelte. Gerade zu diesem Zweck mußte Hugo seine Herrschaft aber in die fränkische Tradition stellen.
    Aus solchen Entwicklungen, Anschauungen und Tendenzen abschließend Hugos Persönlichkeit und Leistung zu beurteilen, ist nicht leicht. Sonderlich gebildet war Hugo, der die lateinische Sprache nicht oder nicht genügend verstand, anscheinend nicht, denn bei seinem Treffen mit OTTO II. in Rom benötigte er einen Bischof als Übersetzer (Richer 3, 85). Der König war absorbiert von den Schwierigkeiten seiner Regierungszeit und machtlos gegenüber den um sich greifenden Strukturveränderungen, jedoch stets bemüht, seine Ansprüche zu betonen, den Rückhalt der Großen zu gewinnen, seine Herrschaft gegenüber allen Bedrohungen zu verteidigen und dem Reich Kontinuität und politisches Selbstbewußtsein zu verleihen. Diplomatische Mittel zog er kriegerischen Auseinandersetzungen vor. Seine Selbstäußerungen zeugen von einer zeitgemäßen Religiosität, doch stellte er darüber konkrete politische Ansprüche nicht hinter (reform-)kirchlichen Forderungen zurück. Sosehr er auch die karolingische Tradition weiterführte, hielt er doch nicht minder am Familienbewußtsein der ROBERTINER fest und ließ sich nicht wie die späten KAROLINGER, in St-Remi, sondern, wie sein Vater, in St-Denis beisetzen, der alten westfränkisch-karolingischen Grablege des 9. Jahrhunderts, in der schon KARL DER KAHLE, Ludwig III. und Karlmann, aber auch der ROBERTINER Odo bestattet lagen: Sein Familiensinn verband sich hier symbolisch mit einer Rückkehr zu den alten karolingischen Traditionen.
    Die Thronerhebung Hugos beendete die Rivalität wie auch das Gleichgewicht zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN als führenden Familien N-Frankreichs. Einen Bruch bedeutete Hugos Regierung nach einhelliger neuerer Ansicht nicht, sein Regierungsstil gilt gleichsam als "karolingische Verlängerung" (J.-F. Lemarignier 37). Der konstitutionelle und gesellschaftliche Strukturwandel seiner Epoche aber konzentrierte sich weder auf seine Regierunsgzeit, noch war er gar durch den König selbst bewirkt oder beeinflußt, doch war Hugo in mancherlei Hinsicht zumindest ein Herrscher in einer Phase des Umbruchs. Das prägte seine Zeit und sein Handeln, das von solchen Voraussetzungen her zu beurteilen ist.

    Denier aus Beauvais, unter Hugo Capet geprägt

    Denier aus Beauvais, unter Hugo Capet geprägt

    Hugo heiratete von Poitou, Adelheid in 969. Adelheid wurde geboren in 950/955; gestorben in 1004. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 3.  von Poitou, Adelheid wurde geboren in 950/955; gestorben in 1004.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frankreich; Königin von Frankreich

    Notizen:

    Adelheid von Poitou
    Königin von Frankreich
    950/55- 1004
    Einzige Tochter des Herzogs Wilhelm III. von Aquitanien und der Adela (Gerloc) von der Normandie, Tochter von Herzog Rollo

    Brandenburg Erich: Tafel 33 Seite 67, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    IX. 101. Adelheid
    * ca. 945/60, + ca. 1004
    Gemahl: vor 969 Hugo Capet König von Frankreich + 996 24.X.

    Treffer Gerd: Seite 71-72, "Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"

    ADELHEID VON AQUITANIEN - die Stammutter
    * um 945, + 1004
    Gemahlin Hugues Capets (* 941; König: 987-996) Heirat 970

    Am 3. Juli 987 wird Adelheid - an der Seite Hugues' - in Noyon zur Königin geweiht. Keine Selbstverständlichkeit: Sie ist die erste Königin aus einem neuen französischen Königsgeschlecht, Stammutter einer langen Reihe französischer Könige. 17 Jahre ist sie schon mit Hugues verheiratet und seit 971 Mutter eines Sohnes, Robert.
    Adelheids Leben hatte eher dramatisch begonnen. Ihr Vater, Wilhelm Herzog von Aquitanien, den man Tete d'Etoupe, Feuerkopf, nennt, führte Krieg gegen Hugues Capet. Dem war es nicht gelungen, das Herzogtum zu erobern. So zog er es vor, dessen wichtigste Grafschaft, Poitou, zu erheiraten. Adelheid wird als Friedenspfand zwischen den Parteien Hugues zum Mann nehmen. Ihre Mutter ist Adele von der Normandie, ihr Großvater mütterlicherseits Rollo, der 911 Herzog der Normandie geworden war. 15 Jahre lang führen Adelheid und Hugues ein beschaulich-friedliches Leben. Das Paar hält sich in Paris und Orleans auf. Die Erziehung des Sohnes Robert wird in Reims dem großen Gerbert [von Aurillac - dem späteren Papst Sylvester II.] anvertraut. Von seiner Mutter beeinflußt, wird Robert (später: "der Fromme") in gut christlichem Sinne erzogen.
    987 stirbt Ludwig V. nach einem Sturz vom Pferde, ohne einen Leibeserben zu hinterlassen. Sicher: da gibt es Karl von Lothringen. Aber er ist unpopulär und übel beleumdet. Adalberon, der Erzbischof von Reims, unterstützt Hugues gegen den letzten KAROLINGER. Und Adelheids Mann trägt den Sieg davon. So werden Hugues und Adelheid gesalbt. Im gleichen Jahr wird ihr Sohn Robert II. in Orleans gekrönt. Adelheid ist eine bemerkenswert fromme Frau. Die Chronisten werden ihren Beitrag zum Gut der Kirche rühmen: auf ihre Kosten wird sie vor allem das Kloster Saint-Trambault in Senlis und eines in Argenteuil bauen lassen. Aber das Schicksal hatte sie brüsk auf die vorderste Szene der Geschichte getragen. Das Königspaar teilte sich die Aufgaben: Hugues verhandelt und führt Krieg, um Karl - den Bruder des vorletzten und Onkel des letzten KAROLINGERS - auszuspielen. Adelheid bietet mit ihrem Sohn demonstrativ ein Musterbild königlicher Würde. Ihre drei Töchter verheiratet sie standesgemäß: Gisela wird Gräfin von Ponthieu, Adwige Gräfin von Dasbourg und Adelheid Gräfin von Nevers und Auxerre.
    Für die fromme Königin hält die Geschichte allerdings ihre Prüfungen bereit. Ihren Sohn hat sie 988 mit einer reifen Frau, der 50-jährigen Suzanne-Rozala von der Provence, verheiratet. Robert aber zieht seine Cousine Bertha von Burgund vor und hat sie zu seiner Konkubine gemacht. Als Hugues Capet am 24. Oktober 996 stirbt, nützt Robert gar die Situation, um Bertha zu heiraten. Das Papsttum reagiert heftig gegen diese inzestuöse Verbindung, droht mit Exkommunikation. Adelheid verfolgt entsetzt und machtlos die ehelichen Auseinandersetzungen ihres Sohnes, die von päpstlichen Interventionen begleitet werden. Als Adelheid im Jahr 1004 stirbt, geschieht dies mit stiller Genugtuung, daß ihr Sohn Robert auf diese von der Kirche verfemten Verbindung (anscheinend) verzichtet hat.

    Ehlers Joachim: Seite 31,46, "Die Kapetinger"

    Wenig Nutzen im Sinne eines Militärbündnisses brachte seine Ehe mit Adelheid, der Schwester Herzog Wilhelms IV. von Aquitanien aus dem Hause POITOU, weil die Aquitanier noch nie bereit gewesen waren, zugunsten eines Königs nördlich der Loire zu kämpfen.
    Die Heirat von Wilhelms Tochter Adelheid mit Hugo Capet (wohl 969/70) zeigte den Wunsch der ROBERTINER und des Hauses POITOU nach guten Beziehungen, die sich 987 bei der Königderhebung Hugo Capets in dessen sofortiger Anerkennung durch seinen Schwager Wilhelm IV. ausdrückten.

    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 84, "Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."

    Durch Hugos Gemahlin Adelheid, eine Tochter des Herzogs Wilhelm Werghaupt von Aquitanien, die er "Gefährtin und Teilhaberin unseres Königtums" nannte (Gerbert, ep. 120), bestand zunächst ein entspannets Verhältnis zu deren Bruder, Herzog Wilhelm Eisenarm.

    Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg): Seite 40A, "Otto III. - Heinrich II. Eine Wende?"

    Helgald von Fleury berichtet von der Stiftung einer orbis terrarum genannten Textilie an das Kloster St-Denis durch Königin Adelheid, der Witwe Hugo Capets, und erwähnt ein nicht näher beschriebenes, jedoch anders aussehendes Stück Kaiser KARLS DES KAHLEN. Das Zeugnis Helgalds als einziger Beleg macht die Zuordnung des Mantels zu Hugo Capet keineswegs zwingend; vielmehr wird die Schenkung ans Kloster St-Denis in den Zusammenhang mit anderen Frömmigkeitsleistungen Adelheids, der Mutter von Helgalds Held König Robert II., wie Kirchengründungen (St-Frambourg/Senlis, Restauration von Argenteuil) und Stiftungen (für St-Martin/Tours) gerückt.

    Eickhoff Ekkehard: Seite 117, "Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt."

    Für den Hochsommer wurde in Metz in Treffen geplant, auf dem Adelheid und Theophanu, Herzogin Beatrix, die Königin Emma (Adelheids Tochter, König Lothars Gemahlin), vielleicht auch Mathilde von Quedlinburg, die Äbtissin Gerberga von Gandersheim (Herzog Heinrichs des Zänkers Schwester), die Königin Mathilde von Burgund (Kaiserin Adelheids Schwägerin und OTTOS III. Cousine) und Adelheid, die Gemahlin des Herzogs Hugo Capet von Franzien, gemeinsam mit Heinrich dem Zänker die schwelenden Streitfragen zwischen Mosel und Maas beilegen sollten.

    969 oo Hugo Capet König von Frankreich um 940-24.10.996

    7 Kinder:
    - Robert II. der Fromme König von Frankreich 20.7.972-20.7.1031
    - Hadwig 975/80- nach 1013
    998 oo Reginar IV. Graf von Hennegau 950/55- 1013
    - Adela 985/90- nach 1063
    1006 oo Rainald I. Graf von Nevers - 29.5.1040
    - Gisela Erbin von Abbeville
    986 oo Hugo I. Graf von Ponthieu - ca 1000

    Literatur:
    Althoff, Gerd: Otto III., Primus Verlag, Darmstadt 1997, Seite 61 - Eberhard Winfried: Westmitteleuropa Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag. R. Oldenbourg Verlag München 1992 Seite 86 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 31,46 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 75,84,87,92 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996 Seite 117 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 288,309 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 215 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg): Otto III. - Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 40A - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 71-72 -

    Kinder:
    1. 1. von Frankreich, Robert II. wurde geboren am 20 Jul 972 in Orléans [45000],Loiret,Centre-Val de Loire,Frankreich; gestorben am 20 Jul 1031 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.
    2. von Frankreich, Adelheid wurde geboren um 973.
    3. von Frankreich, Hadwig wurde geboren in 975/980; gestorben nach 1013.
    4. von Frankreich, Gisela


Generation: 3

  1. 4.  von Franzien, Hugo wurde geboren in 895 (Sohn von von Neustrien, Robert I. und von Vermadois-Meaux, Beatrix); gestorben in Jun 956 in Dourdan [91410],Essonne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris
    • Titel/Amt/Status: Neustrien,Frankreich; Markgraf von Neustrien
    • Titel/Amt/Status: 923-956, Franzien,Frankreich; Herzog von Franzien

    Notizen:

    Hugo der Große
    Herzog von Franzien (923-956)
    Graf von Paris
    Markgraf von Neustrien
    895-16./17.6.956 Dourdan (dep. Essonne) Begraben: St-Denis
    Einziger Sohn des Herzogs Roberts I. von Neustrien aus seiner 2. Ehe mit der Beatrix von Vermandois-Meaux, Tochter von Graf Heribert I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 160

    Hugo der Große, dux Francorum
    * um 893, + 16. oder 17. Juni 956 Dourdan (dep. Essonne) Begraben: St-Denis
    Sohn des westfränkischen Königs Robert I. und der Beatrix von Vermandois

    Geschwister:
    Adela (aus einer früheren Ehe des Vaters; oo Heribert II. von Vermandois)
    - Emma oo Rudolf von Burgund, westfränkischer König

    1. oo um 914 Judith, Tochter des Grafen Rorger von Maine
    2. oo 926 Eadhild, Tochter Eduards des Älteren, König von Wessex
    3. oo 937 Hadwig, Tochter König HEINRICHS I.

    Kinder:

    - Hugo Capet, westfränkischer König
    - Otto, Herzog von Burgund
    - Odo-Heinrich, Herzog von Burgund
    - Beatrix oo Friedrich, Herzog von Ober-Lothringen
    - Emma oo Richard I. von der Normandie (alle aus 3. Ehe)
    - Heribert I., Bischof von Auxerre (unehelich)

    Bereits 914 von Karl dem Einfältigen zum Nachfolger in allen honores seines Vaters, des neustrischen ‚marchio‘ Robert (seit 922 westfränkischer König), bestimmt, unterstützte er nach dessen Tod (923) die Wahl seines Schwagers Rudolf von Burgund. Selbst wollte Hugo der Große die Königswürde nicht übernehmen, da er dann die direkte Herrschaft über seine zahlreichen Grafschaften, vor allem entlang der Loire und im Pariser Raum, sowie seine Abteien (unter anderem St-Martin in Tours, Marmoutier, St-Denis) hätte aufgeben müssen. Als Rudolf, der weitgehend auf Hugos Unterstützung angewiesen war, 936 starb, ließ er Ludwig IV., den Sohn Karls des Einfältigen, krönen. Dafür erkannte ihm der KAROLINGER den Titel eines ‚dux Francorum‘ zu und bezeichnete ihn als ‚in omnibus regns nostris secundus a nobis‘; somit war der König durch die Zwischengewalt des ROBERTINERS von den Großen seines Reiches isoliert.
    Ludwigs Streben nach selbständiger Regierung bewog Hugo den Großen jedoch bereits ein Jahr später zu einem Bündnis mit OTTO DEM GROSSEN, dessen Schwester er heiratete. In einem ersten Konflikt mit Ludwig IV., der 942 auf dem Fürstentreffen zu Vise beigelegt wurde, fand Hugo die Unterstützung OTTOS. Ein Jahr später verlieh ihm Ludwig erneut den ‚ducatus Franciae‘ und übertrug ihm das regnum Burgund. Als Hugo der Große jedoch die Gefangenschaft des Königs durch die Normannen (945) nutzte, um von der Königin Gerberga die Preisgabe von Laon zu erpressen, sah sich OTTO DER GROSSE zu einem Feldzug gegen Hugo den Großen veranlaßt. 948 entschied die Synode von Ingelheim die westfränkischen Wirren zugunsten von Ludwig, und eine Trierer Synode verhängte die Exkommunikation über Hugo. Erst 953 wurde in Soissons der Friede zwischen Hugo dem Großen und dem König wiederhergestellt. Nach Ludwigs Tod (954) konnte Gerberga nur mit Zustimmung Hugos die Erhebung ihres Sohnes Lothar erreichen; als Gegenleistung verlieh ihm der junge König den Dukat über Burgund und Aquitanien.

    Literatur:
    DBF XVII, 1496f. – W. Kienast, Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland, 1968 – Derselbe, Deutschland und Frankreich in der Kaiserzeit I, 1974, III, 1975 –

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 9

    Zu Hugo dem Großen ist daran zu erinnern, daß die anderen Kinder Herzog Roberts nicht zu den Nachkommen KARLS DES GROSSEN zählen, da sie im Unterschied zu Hugo nicht der Ehe Roberts mit Beatrix, aus dem Hause der HERIBERTINER, entstammen. Hugo und seine Nachkommen fehlen bei Brandenburg, der die urkundlich gesichcrte Abkunft Hugos von Beatrix zu Unrecht bestritt, siehe oben Anmerkung VI, 4.
    Todesdatum Hugos Lot, Dern. Carol. 16.
    In den Besitz zahlreicher Grafschaften folgte Hugo dem Vater, als dieser 923 König wurde. Seit 936 tritt er in Urkunden als dux Francorum auf, ein Titel, den er sich verleihen ließ, als er den jungen KAROLINGER Ludwig IV. aus dem englischen Exil zurückholte und damit das karolingische Königtum wiederherstellte.
    Nachweis seiner ersten Ehe mit einer Grafen-Tochter aus Maine, Werner, Untersuchungen 281-283.
    Datum der zweiten Ehe mit der Königs-Tochter von Wessex, Schwester der Gattin König Karls III., Flodoard, Anmerkung 926, gegen Ende.
    Hugos dritte Ehe mit Hathui/Hadwigwurde vor 937 IX 14 geschlossen, Datum der Urkunde, in der erstmals Hugo mit einer coniux sua Haduidis auftritt, HF 9, 720-722. Im D 37 HEINRICHS I. (MG DD reg. et imp. Germ. 1,71) von 935 V 9 war Hadwig noch als unvermählte Tochter des Königs aufgetreten.
    Lauer, Louis IV, 27 Anmerkung 4 vermutet im Anschluß an Luchaire, Hugos Hochzeit mit der Schwester OTTOS I. habe vielleicht im Mai 937 stattgefunden, als OTTO sich in Mainz und Ingelheim aufhielt.
    Nicht weniger als drei Tagesangaben kommen für das Todesdatum der Hadwig in Betracht. Die Gedenkbücher von Merseburg und Essen nennen zum 10. Mai Hathewig comitissa, im Echternacher Nekrolog steht zum 16. August Hatawich filia regis OTTONIS (statt HEINRICI?), im Nekrolog von S-Germain-des-Pres endlich wird der 9. Januar angegeben. Wir geben diesem letzteren Datum den Vorzug; die Wahrscheinlichkeit, ein genaues Datum und sichere Identität zu bieten, ist in der Abtei Hugos des Großen am höchsten, die Möglichkeit, es handele sich um eine andere Trägerin desselben Namens, am geringsten.
    Flodoard, Ann., spricht zu 957 von der relicta Hugonis, zum Ende 958 vom Zuge Bruns von Köln nach W-Franken und Burgund, locuturus cum sororibus ac nepotibus suis, also mit Königin Gerberga und Herzogin Hadwig und beider Söhnen, König Lothar und Hugo Capet. Eine spätere Erwähnung Hadwigs ist mir nicht bekannt. Es muß auffallen, daß Flodoard 959 den Brun, bei einem erneuten Aufenthalt in W-Franken, zwar mit den nepotibus suis, aber nur noch mit regina sorore, der Königin Gerberga, zusammentreffen läßt. 960 bemüht sich Brun um die Söhne Hugos des Großen und vermittelt ihre Belehnung durch Lothar: Von der Mutter ist nicht die Rede. So ist es nicht ausgeschlossen, daß Hadwig schon 959 I 8 starb, ohne daß Flodoard ihren Tod ausdrücklich vermerkte. In die gleiche Richtung weist, daß König Lothar 961 X 5 die Villa Conde auf Wunsch des 956 verstorbenen Grafen Hugo (des Großen) an S.-Remi-de-Reims schenkt: Die Königin Gerberga interveniert, Hadwig jedoch wird nicht erwähnt.
    966 VI 19 urkundet Graf Geoffroi I. von Anjou (ed. Bertrand de Broussillon, Cartulaire de S.-Aubin-d'Angers 1, 1896, 4-7, nr. 2) und schenkt pro remedio animae senioris nostri domni Hugonis, praesentis Francorum ducis, seu pro patris matrisque eius (also für Hugo den Großen und Hadwig, die hier ohne Unterscheidung als wohl beide schon verstorben aufgeführt werden). Das bedeutet zugleich, daß Flodoard, dessen Annalen bis 966 gehen, in jedem Fall Hadwigs Tod unerwähnt gelassen hat und ihn nicht etwa nur darum nich gebracht hat, weil er bis 966 nicht eingetreten war. Daß Hadwig zusammen mit ihrer Schwester Gerberga 965 noch auf dem Hoftag Kaiser OTTOS in Köln geweilt habe, berichtet nur der späte Sigebert von Gembloux.
    Den Namen der Mutter von Hugos des Großen unehelichem Sohn Heribert, des späteren Bischofs von Auxerre, überliefern uns die Gesta episc. Autissiodor. c. 47: Reingarda. Da über den Zeitpunkt dieser Verbindung Hugos nichts bekannt ist, auch aus den Daten Heriberts nichts Sicheres erschlossen werden kann, nenne ich sie an letzer Stelle.
    Hugo der Große entschied am 15.6.923 die Schlacht bei Soissons und folgte dem gefallenen Vater als Graf von Paris, Herzog von Neustrien und auch als Graf von Vexin, Orleans, Tours und Anjou. Obwohl er ein machtgieriger Mann war, kehrte er zu alten Tugenden der Vorfahren zurück, zu politischer Klugheit und Mäßigung und lehnte - auch gewitzt durch das Schicksal des Vaters - 923, 936 und 954 die ihm angebotene französische Königskrone ab und begnügte sich mit der Position eines allmächtigen Hausmeiers. Hugo kontrollierte seinen königlichen Schwager Rudolf von Burgund und nach diesem Ludwig IV. und danach König Lothar und verhinderte jede Herausbildung einer starken Königsmacht. Er wurde 936 Vormund König Ludwigs IV. und erhielt den Titel "Dux Francorum", was die wahren Machtverhältnisse klarmachte. Er verbündete sich mit der Normandie und 940 gab es üble Bürgerkriege gegen Ludwig IV., in denen er diesem Reims und Laon wegnahm und Ludwig IV. 945/46 sogar inhaftierte. Auf Druck der deutschen Kirche und OTTOS I. hin päpstlich gebannt, unterwarf er sich 950 wieder formal und wahrte damit seine Macht; der König mußte ihm sogar seine letzte befestigte Stadt Laon überlassen. Sein Beiname bezieht sich nicht auf seine Körpergröße, sondern auf die Größe seiner Ländereien. Hugo war in einer Zeit, in der der Reichtum des Feudaladels von seinen Einnahmen aus dem Grundbesitz ebenso wie von der Anzahl der Untertanen abhing, eifrig darauf bedacht, seinen Herrschaftsbereich zu vergrößern. Er besaß die gesamte Ile-de-France und fügte durch geschickte Bündnisse oder Schenkungen noch Maine und einen Teil der Pikardie hinzu. Hugo mußte zwar 949 Laon zurückgeben, aber Ludwigs Sohn Lothar mußte ihm neben Franzien auch noch das Herzogtum Aquitanien und Burgund zugestehen. Trotz königlicher Unterstützung konnte sich Hugo hier nicht gegen den einheimischen Adel durchsetzen.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Als Karl der Einfältige seiner Tante Rothild die Königsabtei Chelles zu entziehen suchte, kam es endgültig zum Eklat: Hugo, der Sohn Roberts von Neustrien, soll es gewesen sein, der die Truppen der erbosten Großvasallen sammelte er und Karl nach Lothringen abdrängte, so dass am 30.6.922 sein Vater Robert in Reims zum Gegenkönig erhoben werden konnte. In der Schlacht der beiden Könige am 15.6.923 bei Soissons fand Robert den Tod, doch sein Sohn Hugo erstritt zusammen mit Graf Heribert II. von Vermandois den Sieg, indem er Karl und sein Heer in die Flucht schlug. Dennoch fiel das Königtum nicht ihm zu, dem Erben der ausgedehnten ROBERTINER-Macht (deren Übernahme ihm übrigens schon vor 914 von Karl zugesichert worden war), sondern in bewußter Abkehr vom Geblütsgedanken Rudolf von Burgund. Der ROBERTINER Hugo mit dem Beinamen magnus unterstrich als der mächtigste Magnat des Reiches seine königsgleiche Stellung, indem er 926 in zweiter Ehe die angelsächsische Prinzessin Eadhild, eine Schwester von Karls des Einfältigen Gattin Eadgifu, heiratete. Hugo riß mehr und mehr das Gesetz des Handelns an sich und führte ab 929 eine jahrelange Fehde gegen Heribert von Vermandois um die Vormacht in der zentralen Francia, bei der er, gewissermaßen mit König Rudolf im Schlepptau, 931 Reims einnahm und Heriberts jugendlichen Sohn Hugo als Erzbischof durch den Mönch Artold ersetzte. Als der Graf von Vermandois 934 völlig zu unterliegen drohte, war es HEINRICH I., der Einhalt gebot. Bei einem Treffen mit König Rudolf, Hugo und Heribert 935 am Grenzfluß Chiers setzte HEINRICH I. einen Schiedsspruch durch, der den ROBERTINER zur Rückgabe des größten Teils seiner Gewinne zwang.
    Dies waren die jüngsten Erfahrungen, als Hugo der Große nach dem Tode König Rudolfs (+ 14./15.1.936) ebenso wie 923 davon absah, selber nach der Krone zu streben, weil er als König seine zahlreichen Grafschaften hätte aus der Hand geben müssen. Statt dessen brachte er den 15-jährigen, am Hof von Wessex aufgewachsenen Ludwig als Rudolfs Nachfolger ins Spiel, und die Deutung liegt nahe, dass er damit vor allem "Heriberts Stellung zwischen Seine und Maas entscheidend zu treffen" suchte, da "die Wiederherstellung des karolingischen Königtums... in der Francia zu Lasten des Hauses VERMANDOIS gehen mußte" (K.F. Werner).
    Hugo wurde 954 nach dem Tode Ludwigs IV. erneut als dux Francorum, deutlicher denn je auch mit Erstreckung auf Aquitanien und Burgund, anerkannt, bekam Einfluß auf die Entwicklung des jungen Königs, der ihn im Sommer 955 auf einem Feldzug ins Poitou zu begleiten hatte, und wurde auch nicht daran gehindert, gerade in diesem Jahr für sein Haus höchst aussichtsreiche weitere Eheverbindungen zu knüpfen: Seine älteste Tochter Beatrix verheiratete er mit dem Grafen Friedrich von Bar, der 959 Herzog im südlichen Lothringen wurde, ihre Schwester Emma verlobte er mit Herzog Richard von der Normandie, und vor allem vermählte er seinen zweiten Sohn Otto mit der Erbin des Herzogtums Burgund, dessen Inhaber prompt 956 starb.
    Auf dem Höhepunkt der Erfolge ereilte jedoch auch Hugo den Großen am 16./17.956 der Tod. Er hinterließ drei heranwachsende Söhne, nämlich Hugo mit dem nicht zeitgenössischen Beinamen "Capet" (geb. um 940) als Haupterben, Otto von Burgund und den jüngeren Odo-Heinrich, so dass vorerst die Witwe Hadwig die Sache der ROBERTINER zu führen hatte ebenso wie Gerberga auf karolingischer Seite.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 482,486-489,492-499,504,510, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Um Hagano im Königreich zu verankern, verlieh Karl III. ihm im Jahr 922 einfach eines der wenigen Klöster, über das die Dynastie noch verfügen konnte: Chelles, wo KARLS DES KAHLEN Tochter Rothild Äbtissin war. Sie war außerdem die Schwiegermutter von Hugo dem Großen, dem Sohn Roberts von Neustrien. Diese äußerst unkluge Handlung hatte sofort zur Folge, daß das Heer der ROBERTINER unter Hugos Führung aufgeboten wurde und daß sich nahezu alle Großen vom König lossagten.
    Wenn die Tatsache, daß Rudolf die Nachfolge seines Schwagers Robert [Eigene Anmerkung: Auch wenn im Lexikon des Mittelalters Band VII Spalte 1077 bei Rudolf von Burgund dieselbe Aussage wie bei Robert I. getroffen wird, halte ich Rudolf von Burgund für den Schwiegersohn und nicht Schwager Roberts I. Als Tochter Roberts des Tapferen müßte Emma um 860/65 geboren sein. Ihr Ehemann Rudolf wäre ungefähr 30 Jahre jünger gewesen, denn sein Vater Richard starb erst im Jahre 921, seine Mutter Adelheid nach 929 und sein Bruder Hugo im Jahre 952, so daß Rudolfs Geburtsjahr kurz vor 890 anzunehmen ist.] antrat, das W-Frankenreich wirklich vor so heikle Probleme stellte, muß man sich fragen, warum die zahlreichen Vasallen der ROBERTINER nicht Roberts Sohn Hugo zum König wählten, der sich doch schon als Heerführer ausgezeichnet hatte. Mit diesem Rätsel haben sich bereits mittelalterliche Geschichtsschreiber beschäftigt: Hugo, den man zuweilen den Großen nennt, aber auch den Weißen, um ihn von einem Bruder König Rudolfs, Hugo dem Schwarzen, zu unterscheiden, habe sich, so wird unter anderem behauptet, wegen des plötzlichen Schlachtentods seines Vaters als Fingerzeig des Himmels zu dessen Untreue, nicht für würdig gehalten, König zu werden. Es gibt aber eine viel konkretere Erklärung. Nach einem im karolingischen Gallien stets beachteten Grundsatz mußte der König seine Herrschaft durch die Grafen ausüben lassen; er durfte nicht sein eigener Graf sein. Für einen Großen, dem es gelungen war, zehn Grafschaften oder mehr in seine Gewalt zu bringen, hätte die Annahme der Königswürde also gewissermaßen den politischen Selbstmord bedeutet. Er verlor in diesem Fall ja auf einen Schlag seine sämtlichen Grafschaften, weil er sie als König anderen übertragen mußte. Anders sah die Sache aus, wenn er einen Sohn in regierungsfähigem Alter oder einen absolut zuverlässigen Bruder hatte.
    Das Verhalten der ROBERTINER ist unter diesen Voraussetzungen leicht zu erklären. Als Odo im Jahr 888 die Königskrone annahm, stand ihm sein ergebener Bruder zur Seite, dem er sofort sämtliche Grafschaften übertrug und dazu alle Klöster, deren Laienabt er war. Die Macht seines Hauses erlitt also keinen Schaden, sondern wurde noch vermehrt, weil Robert großzügige Verleihungen des Königs erhielt. Im Jahr 922 hatte Robert selbst einen Sohn, der alle Grafschaften übernehmen und so den ROBERTINERN erhalten konnte. Folglich nahm auch er jetzt die Krone an. Dagegen hatte Hugo der Große beim Tod seines Vaters im Jahre 923 weder Bruder noch Sohn, die das politische Erbe der ROBERTINER hätten bewahren können. Er konnte deshalb eine Wahl zum König nicht annehmen. Man mußte also einen "Ersatzmann" für die Übernahme der königlichen Gewalt suchen, deren eigentliche Aufgabe die Landesverteidigung blieb. Allerdings gab es eine Grundbedingung: An die Position, die sich die Fürsten geschaffen hatten, durfte nicht gerüttelt werden. Der Ersatzkandidat war bereits gefunden; man entschied sich für Rudolf, den Schwager Hugos des Großen [Eigene Anmerkung: Auf Seite 486 war Rudolf noch Roberts Schwager.]. Der hatte einen Bruder, Hugo den Schwarzen, der den Weiterbestand der Dynastie in Burgund und ihre dortige Machtstellung sichern konnte. [Eigene Anmerkung: Wenn die oben gemachten Ausführungen den Tatsachen entsprechen, dann wäre Odo von Paris nur die Marionette seines Bruders Robert gewesen. Auf welchen Machtgrundlagen beruhte sein Königtum und wo rekrutierte er sein Heer? Er wäre imer auf das gute Einvernehmen mit seinem Bruder angewiesen, der die Machtmittel der ROBERTINER tatsächlich in den Händen hielt. Daß es auch zu Streitigkeiten innerhalb der Familie kam, zeigen zum Beispiel die häufigen Auseinandersetzungen im sächsischen Königshaus.]
    Das frühere Gleichgewicht in der Francia zwischen dem karolingischen König, dem reimser Erzbischof, dem Haus VERMANDOIS und den Interessen der ROBERTINER war gestört. Hugo des Großen Verärgerung über die allzu enge Verbindung zwischen Burgund und Vermandois führte zu einer folgenschweren Maßnahme: In Absprache mit Herzog Wilhelm II. von Aquitanien, der König Rudolf noch immer nicht anerkannt hatte, verständigte er sich mit den Loire-Normannen. Die verschonten von da an Neustrien und Aquitanien, dafür durften sie ungehindert nach Burgzund durchziehen.
    Nach dem Tode Karls III. gab der ROBERTINER Hugo der Große seine zurückhaltende Politik auf, denn Heribert von Vermandois war zu mächtig und zu gefährlich geworden. Er verbündete sich mit Rudolf und unternahm in den Jahren 930 bis 934 mehrere, oft sehr strapaziöse Feldzüge, um Heriberts Machtstellung zu vernichten. Im Jahr 932 wurde Reims genommen, wo der junge Hugo von Vermandois durch den neuen Erzbischof Artold ersetzt wurde.
    Als sich Hugo der Große 935 weigerte, die Festung Saint-Quentin an Heribert von Vermandois auszuliefern, zwang ihn ein sächsisch-lothringisches Heer HEINRICHS I. dazu. Wenig später erkrankte Rudolf schwer und starb im Januar 936. Hugo der Große zögerte keinen Augenblick: Nur ein KAROLINGER-König konnte mit Unterstützung der ROBERTINER den Sturz des Hauses VERMANDOIS herbeiführen. Der KAROLINGER Ludwig lebte am Hof seines Onkels Aethelstan, des Königs von Wessex. Die Annäherung war schon vorbereitet worden durch die Eheschließung zwisachen Hugo dem Großen und einer Tochter Aetehlreds.
    Die Restauration der KAROLINGER nach der Regierung Roberts I. und Rudolfs war das Werk Hugos des Großen, damals der mächtigste Mann im Reich. Bis in die kleinsten Einzelheiten wurde vorweg mit König Aethelstan von Wessex vereinbart, wie die Machtübernahme des KAROLINGERS verlaufen sollte. Als Ludwig im Sommer 936 bei Boulogne landete, huldigten ihm Hugo und die übrigen Großen noch am Strand. Auch die Belohung des Königsmachers erfolgte sofort. Schon in der ersten Urkunde des Königs erhielt Hugo den neuen und doch so traditionsreichen Titel dux Francorum. In der zweiten ließ Ludwig dazu eine genauere Erklärung geben: "Hugo, der in allen unseren Reichen nach uns der zweite ist." Der neue Herzog der Franken erhielt also die vom KAROLINGER-König anerkannte und legitimierte Oberhoheit über sämtliche Franken und über die anderen Fürsten. Selbst in der Francia zwischen Seine und Maas, dem einzigen regnum, das bisher dem Königtum unmittelbar vorbehalten war, stand der Herzog jetzt trennend zwischen dem König, seinen Vasallen und seinen Untertanen. Als Ludwig nach der Salbung durch das Gebiet der ROBERTINER geführt wurde, wirkte er wie eine Marionette in den Händen des Herzogs. Er begleitete Hugo sogar auf einem Feldzug gegen Rudolfs Bruder Hugo den Schwarzen, der dem ROBERTINER den Norden Burgunds mit der Grafschaft Sens abtreten mußte. Der Grundsatz, wonach die einzelnen Prinzipate den territorialen Rahmen bildeten, in dem die Fürsten ihre schon weitgehnd erbliche Macht ausübten, wurde so von Hugo dem Großen verletzt. Er betrachtete sich jetzt als princeps über das fränkische Gesamtreich, und wie ein König schickte er den Bischof von orleans als Gesandten zu Papst Leo VII., der ihn als Herzog und "ruhmreichen Fürsten der Franken" anerkannte.
    Die übrigen Fürsten wurden sich schnell darüber klar, daß der ROBERTINER eine Form von Zentralgewalt ausübte, die für ihre eigenen Interessen weitaus gefährlicher war als die des Königs. Sobald Ludwig in das Gebiet der karolingischen Pfalzen, nach Compiegne und Laon zurückgekehrt war, befreite er sich im Jahr 937 aus der Bevormundung des Herzogs. Er verbündete sich mit Hugo dem Schwarzen und ernannte ihn zum marchio. Damit gab er ihm die legitime Herrschaft über Burgund zurück, und das bedeutete Krieg mit Hugo dem Großen.
    Hugo der Große reagierte auf Ludwigs IV. Verhalten damit, daß er die bisherige Bündniskonstellation auf den Kopf stellte: Er schloß sich mit Heribert II. zusammen, den er doch gerade hatte niederzwingen wollen. Dieser Frontwechsel verschaffte Hugo auch das Bündnis mit OTTO I. Im Jahr 937 vermählte er sich mit dessen Schwester Hadwig.
    Ludwig IV. vermochte sich aber nicht in Lothringen zu behaupten und hatte sich im Jahr 940 sogar mit einen Einfall von OTTOS Heer in sein eigenes Reich auseinanderzusetzen. Hugo der Große und Heribert huldigten OTTO in der karolingischen Pfalz Attigny. Die Verbündeten eroberten Reims und setzten erneut Heriberts Sohn Hugo ein. Im November 942 wurde in Vise bei Lüttich Frieden geschlossen: OTTO I. und Ludwig IV. erneuerten ihren Freundschaftsbund. OTTO versöhnte Hugo und Heribert mit Ludwig, dessen Vasallen sie wieder wurden. Ludwig hatte viel verloren, voran seinen Stützpunkt Reims. Andererseits hatte er sich aber vom dominierenden Einfluß Hugos des Großen befreit.
    Hugo der Große, dessen Schwester Adela mit Heribert II. vermählt war, machte sich nach dessen Tod sehr geschickt zum Beschützer seiner Neffen. Er zwang den König dazu, das Erzbistum Reims Artolds Widersacher Hugo von Vermandois zu lassen und die übrigen Söhne Heriberts "als Getreue anzunehmen". Die Nachfolge wurde allerdings erst 946 durch einen Schiedsspruch Hugos des Großen endgültig geregelt.
    Nach der Ermordung Wilhelms I. von der Normandie (27. Dezember 942) brauchte Ludwig die Unterstützung Hugos des Großen, dem sich ein Teil der Normannen, die christlich bleiben wollten, angeschlossen hatte, während andere Ludwig IV. huldigten. Unter beträchtlichen Verlusten brachte der ROBERTINER Evreux in seine Gewalt. Ludwig mußte ebenfalls heidnischen Widerstand überwinden, bevor er in Rouen einziehen konnte. Bei der Nachfolgeregelung für die Söhne Heriberts gab er Hugo nach, und im Jahr 945 gestand er ihm auch wieder den Titel dux Francorum zu, den er ihm seit 937 verweigert hatte. Als gegen Ende des Jahres 944 ein erneuter Feldzug in die Normandie notwendig wurde, konnte Ludwig IV. nochmals die Unerstützung Hugos des Großen gewinnen, dem er die Stadt Bayeux versprach.
    Nachdem er seine Zusage gebrochen hatte, wurde Ludwig am 13. Juli 945 in Rouen gefangengenommen. Die Normannen schickten ihn aber zu Hugo dem Großen zurück, der ihn seinem Vasallen Tedbald, Grf von Blois und Vizegraf von Tours, übergab. Für Ludwigs Heimkehr zur Königin forderte Hugo von Gerberga die Auslieferung der Stadt Laon. Nur unter derart erniedrigenden Bedingungen, die zugleich eine echte politische Katastrophe bedeuteten, konnte der König Ende Mai 946 seine Freiheit wiedergewinnen.
    Unter dem Vorsitz eines päpstlichen Legaten und in Gegenwart der Könige OTTO I. und Ludwig IV. war die "heilige" und "allgemeine Synode" vom 7. bis 9. Juni 948 in Ingelheim ein bedeutendes Ereignis. Die Einheit der fränkischen Welt schien wiederhergestellt. Ludwig brachte seine Klagen vor und erreichte, daß Hugo der Große und Hugo von Vermandois ohne Vorbehalte verurteilt wurden. Zur Frage der weltlichen Gewalt im allgemeinen erklärte die Synode: "Niemand wage es in Zukunft, der Königsgewalt Nachteil zuzufügen oder sie durch ruchlosen Anschlag verräterisch zu entehren." Die Anspielung war eindeutig, sie bezog sich auf die wenig rühmlichen Methoden Hugos des Großen. Sollte er sich nicht unterwerfen, würde er für immer aus der Kirche ausgeschlossen werden.
    Die geistlichen Strafandrohungen zeigten offenbar weiter ihre Wirkung, als Papst Agapet II. auf einer römischen Synode im Jahr 949 die Verurteilung bestätigte, die von den vorhergegangenen Kirchenversammlungen ausgesprochen worden waren. Unter der Vermittlung Konrads des Roten war Hugo der Große jetzt damit einverstanden, daß Verhandlungen eröffnet wurden. Sie führten im Jahr 950 zu einem ersten Friedensschluß an den Ufern der Marne. Hugo lieferte die Zitadelle von Laon aus und bekannte sich erneut als Vasall des Königs. Schon bald kam es allerdings zu erneuten Streitigkeiten zwischen den Vasallen beider Fürsten, und erst am 20. März 953 - das Datum wurde erst kürzlich in einer Handschrift im Escorial entdeckt - konnte in Soissons endgültig Frieden geschlossen werden.
    Das politische Problem Ludwigs IV. waren nicht allgemeine Anarchie und Widerspenstigkeit sämtlicher Fürsten, sondern die übermächtige Stellung eines einzigen von ihnen. Dieser Fürst wollte als dux Francorum die tatsächliche Macht ausüben und dabei den König als Werkzeug benützen, um seinen ohnehin schon enormen Besitz an Ländern, Rechten und Privilegien immer weiter zu vergrößern. Dabei wollte Ludwig aber nicht mitspielen. Seine würdige Haltung und der Mut, den er bewies, verdienen Achtung, trotz der Ungeschicklichkeiten und politischen Fehler, die er beging, bevor sich am Ende seine Lage zu bessern schien. Als er starb, sah es so aus, als wären seine Anstrengungen umsonst gewesen. Seine Witwe Gerberga und sein minderjähriger Sohn Lothar mußten die gleichen Bedingungen annehmen wie Ludwig im Jahr 936, um die Zustimmung Hugos zur Königskrönung Lothars zu erhalten. Wie einst sein Vater, mußte jetzt Lothar die Länder der ROBERTINER bereisen und den Herzog auf einem Feldzug ins Poitou begleiten, das zeitweise in die Gewalt des ROBERTINERS geriet. Selbstverständlich wurde der Titel dux Francorum erneuert.
    Die ausgedehnte Grafschaft Maine, deren Inhaber über einen eigenen Vizegrafen verfügte, war von ihrer Lage her nicht ganz so wichtig, aber doch zu beachten. Robert I. hielt es immerhin für vorteilhaft, seinen Sohn Hugo den Großen mit Judith, der Tochter des Grafen von Maine, zu verheiraten.
    Die so folgenreiche Stellung der ROBERTINER als Grafen-Äbte hat schließlich auch zu dem Beinamen Cappatus, Capetus geführt, der zuerst bei Hugo dem Großen begegnet, dann aber auf dessen Sohn Hugo "Capet" übertragen wurde. Es handelt sich dabei um eine Anspielung auf die cappa, den kurzen Mantel des heiligen Martin, der schon unter den MEROWINGERN und KAROLINGERN zu den Reichsreliquien gehörte.

    Ehlers Joachim: Seite 20,22-24,45, "Die Kapetinger"

    914 versprach der König Roberts Sohn Hugo die ungeschmälerte Nachfolge in der Stellung seiens Vaters, so daß Neustrien jetzt endgültig als ein robertinisches regnum im W-Frankenreich erschien, dem König nur noch über das Lehnsband zu seinem marchio erreichbar und damit unverfügbar.
    Die Mißachtung seines Helfers Reginar, der in Lotharingien die Position eines marchio beanspruchen konnte, verbunden mit der maßlosen Förderung des landfremden Beraters Hagano, der möglicherweise ostfränkischer Herkunft gewesen ist, führte 920 fast alle Grafen der Francia in die Opposition gegen den König, wohl kaum ohne Wissen und Zustimmung der ROBERTINER, die sich allerdings erst an die Spitze des Aufruhrs stellten, als Karl das Kloster Chelles (dep. Seine-et-Marne) an Hagano gab: Äbtissin von Chelles war Rothild, Tochter KARLS DES KAHLEN und Schwiegermutter von Roberts Sohn Hugo, der nun die robertinischen Vasallen aufbot und die Unterstützung seiner Schwäger Rudolf von Burgund und Heribert von Vermandois fand. Am 30. Juni 922 traten in Reims Große aus der Francia und aus Neustrien zusammen und wählten Robert zum König.
    Am 15. Juni 923 ist Robert I. bei Soissons im Kampf gegen Karl III. gefallen, der die Schlacht gleichwohl verlor. Vorbehalte des Adels gegen eine Bestätigung des robertinischen Hauses als königsfähige Dynastie mögen zur darauf folgenden Wahl Rudolfs von Burgund geführt haben, Roberts Schwiegersohn. Danach eröffneten die Großen mit dem Kampf um das karolingische Erbe in der Francia die letzte Phase der politischen Umgestaltung des westfränkischen Kernsgebiets. Dem Erben Roberts I., Hugo Magnus, kam dabei eine Schlüsselrolle zu, aber in wechselnden Koalitionen, von denen auch die Seine-Normannen profitierten, suchten die Grafen von Vermandois, die Anhänger Rudolfs und der KAROLINGER die letzte Entscheidung über das Königtum offenzuhalten, so daß sich für Jahrzehnte ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte ergab. Als neutralisierender Faktor für die übrigen der rivalisierenden Anwärter auf die Königswürde konnten sich die KAROLINGER erstaunlich lange halten.
    Weil die sächsischen Könige außerdem begehrte Bundesgenossen westlicher Großer waren, ergaben sich Heiratsverbindungen: OTTOS I. Schwester Hadwig heiratete 937 Hugo Magnus und wurde Mutter des späteren Königs Hugo Capet.
    Dieses nunmehr beide Reiche überspannende Netz wirkte sich dahingehend aus, daß Hugo Magnus (dessen Beiname zur Unterscheidung von seinem Sohn Hugo Capet diente und deshalb nicht "der Große", sondern "der Ältere" bedeutet) nach dem Tod Rudolfs von Burgund 936 nicht das Königtum anstrebte, sondern Karls III. Sohn aus dem englischen Exil zurückrief und am 19. Juni in Laon zum König krönen ließ. Hugos Preis war die ausdrückliche Anerkennung seiner Stellung durch den eigens neugeschaffenen Titel eines dux Francorum, worin nicht nur sprachlich Anklang an den rex Francorum zum Ausdruck kam, sondern vor allem eine neue intermediäre Gewalt, die den König nun auch noch von den marchiones trennen wollte. Keiner der Mächtigen war bereit, das zu akzeptieren, aber 943 gestand Ludwig IV. Hugo zu, von allen Vasallen und Großen der Francia die persönliche Huldigung zu verlangen. Bisher hatte es für die Francia keinen marchio gegeben, jetzt war es ein ROBERTINER.
    Gleichwohl hat das Bedürfnis zur Sicherung seiner Familie Hugo ein weiteres Mal zum Einsatz für eine karolingische Thronfolge bewogen. Als Ludwig IV. am 10. September 954 überraschend an den Folgen eines Reitunfalls starb, wurde sein 13-jähriger Sohn Lothar am 12. November in Reims vom Adel der Francia gewählt und durch Erzbischof Artold geweiht. Auch dieses Mal aber ließ sich Hugo seine Hilfe honorieren, denn Lothar übertrug ihm die Herrschaft in Burgund und Aquitanien. Ohne den Widerstand der aquitanischen Großen hätten damals alle Reichsteile robertinisch werden können, weil Hugo seinen jüngeren Sohn Otto, der den Namen des sächsischen Onkels trug, mit der Erbtochter des Großgrafen (comes praecipuus: D Loth. 2) Giselbert von Burgund verheiraten konnte. Noch ehe ihm der Ausbau seiner neuen Stellung gelang, starb Hugo Magnus am 16. oder 17. Juni 956 und wurde in St-Denis bestattet.
    Hugo Magnus zwang Rudolfs Bruder Hugo aber schon 936, die Grafschaft Langres mit Dijon an Ludwig IV. abzutreten, während der dux Hugo die Grafschaften Sens und Auxerre übernahm. 943 war Hugo Magnus vom König mit dem Regnum belehnt worden, Nachfolger wurde sein Sohn Otto. Nach Ottos Tod 965 folgte ihm sein Bruder Odo, ein Kleriker.

    914 1. oo Judith von Maine, Tochter des Grafen Rotger, x um 900- 926

    926 2. oo Eadhild von Wessex, Tochter des Königs Eduard I., - 937

    14.9.937 3. oo Hadwig von Sachsen, Tochter des Königs HEINRICH I., 922-9.1.nach 958

    Kinder:
    3. Ehe
    - Beatrix 938-23.9.nach 987
    954 oo Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen - 18.5.978
    - Hugo Capet König von Frankreich 940-24.10.996
    - Emma 945-18.3.968
    960 oo 1. Richard I. Herzog von der Normandie um 933-20.11.996
    - Odo Herzog von Burgund 945-23.2.965
    - Otto-Heinrich Herzog von Burgund 948-15.10.1002

    Illegitim
    - Heribert Bischof von Auxerre (971-996) - 23.8.996

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 89-92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 54-153 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 37,49,63-65,83-85,128,130 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987 Seite 13,34 - Douglas David C: Wilhelm der Eroberer Herzog der Normandie. Diederichs Verlag München 1994 Seite 37-38 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 13,20,22-24,29, 45,61 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 24,27,29,38,41-45,51,54,104 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 33,36,40-44,47-59,61,73,94,100 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 293,295-297 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 20,28,34-39,42,45,65,130,271,274,282,288 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 76,96,101,108,120,124-132,139,162,164,171 - Kienast Walter: Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R. Oldenbourg Verlag München - Wien 1968 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 66,68-75 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 293,299,305-309,311,321,375 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 203,206-210,212-214,224 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 122,128,130,135 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 5/6-407/08 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 462 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 482,484,486-489,492-499,501,504,508,510,515,518 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 64,104,114,121,123,193,196,238 -

    Gestorben:
    16./17.6.956

    Hugo heiratete von Sachsen, Hadwig am 14 Sep 937. Hadwig (Tochter von von Sachsen, Heinrich I. und von Ringelheim, Mathilde) wurde geboren in 922; gestorben nach 958. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 5.  von Sachsen, Hadwigvon Sachsen, Hadwig wurde geboren in 922 (Tochter von von Sachsen, Heinrich I. und von Ringelheim, Mathilde); gestorben nach 958.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Franzien,Frankreich; Herzogin von Franzien

    Notizen:

    Hadwig von Sachsen
    Herzogin von Franzien
    922-9.1. nach 958
    Jüngere Tochter des Königs HEINRICHS I. aus seiner 2. Ehe mit der Mathilde von Ringelheim, Tochter von Graf Dietrich

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 1824
    Hadwig
    + nach 958
    Tochter König HEINRICHS I.
    oo 937 Hugo der Große Herzog der Francia

    In seiner Auseinandersetzung mit dem westfränkischen König Ludwig IV. suchte Hugo der Große die Unterstützung OTTOS DES GROSSEN und vermählte sich mit dessen Schwester Hadwig.
    Nach dem Tode Hugos (956) verwaltete Hadwig das robertinische Erbe. 957 half sie ihrem Bruder Brun von Köln im Kampf gegen Reginar III. von Hennegau; 958 begab sie sich nach Burgund, wo es nach dem Hoftag von Marzy (bei Nevers) zu Streitigkeiten zwischen Hugo Capet und König Lothar kam.

    Literatur:
    W. Kienast, Dtl. und Frankreich in der Ks.zeit (900-1270), I. 1974, 61,77-79,81,85.

    Althoff Gerd: Seite 365, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"
    K 13 Me: 10.5. Hadeuui + nach 958 Schwester OTTOS I.

    (Es.) Obgleich ein Titel fehlt, handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die Schwester OTTOS DES GROSSEN, die 937 Hugo von Franzien heiratete und auch im Gedenken des Essener Konvents begegnet, vgl. Ribbeck, Ein Essener Necrologium aus dem 13. und 14. Jahrhundert, S. 85.
    Ihr Todesjahr ist nicht bekannt, sie wird 958 zum letzten Mal erwähnt; vgl. Köpke-Dümmler, Otto der Große, S. 61,77ff., 85.

    Glocker Winfrid: IV, 6; Seite 274, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    IV, b 6) Hadwig
    * c 922, + (nach 958) I 9
    oo 935 V 9/937 IX 14 Hugo ("der Große"), Graf zahlreicher Grafschaften
    * c 895, + 956 VI 16/17

    Hadwig ist als Tochter König HEINRICHS I. durch D H I. vom 9.5.935 bezeugt.
    Die Geburtszeit ist aus der Vermählungszeit unter Annahme des üblichen Heiratsalters von 15 Jahren zurückgerechnet; freilich könnte Hadwig auch gut schon in den Herzogsjahren ihres Vaters geboren sein.
    Die Abstammung dieser Tochter HEINRICHS I. aus der zweiten Ehe mit Mathilde ist aber durch Widukind gesichert, der erstaunlicherweise wie auch Flodoard den Namen der Gattin Hugos des Großen nicht kennt.
    Der Zeitpunkt der Eheschließung Hadwigs läßt sich eingrenzen durch die urkundliche Nennung Hadwigs als unvermählte Tochter König HEINRICHS I. in D H I. 37 und das erstmalige Auftreten Hugos zusammen mit der "conjux sua Haduidis" in seiner Urkunde vom 14.9.937. Lauer vermutet, die Hochzeit könnte im Mai 937 gefeiert worden sein, als sich König OTTO I. in Mainz und Ingelheim aufhielt.
    Für den Todestag Hadwigs kommen drei Angaben in Frage. Das Nekrolog von S.-Germain-des-Pres gibt den 9.1., das Echternacher Nekrolog nennt zum 16.8. eine "Hatawich, filia regis OTTONIS" (statt HEINRICI ?), und in der sächsischen Memorialtradition wurde am 10.5. bzw. 12.5. der Todestag einer "Hadeuui" (Merseburg), "Hathauuig comitissa" (Essener Sakramentarhandschrift) und "Hathuuiga" (Borghorst, dort zum 12.5.) gefeiert.
    Werner entschied sich für die Angabe 9.1., da "die Wahrscheinlichkeit, ein genaues Datum und sichere Identität zu bieten, in der Abtei Hugos des Großen am höchsten, die Möglichkeit, es handle sich um eine andere Trägerin desselben Namens, am geringsten" sei. Obwohl die Erklärung recht plausibel klingt, macht doch das dreimalige Auftreten einer Hadwig gerade in der Memorialüberlieferung, die zum größten Teil auf die Tradition der OTTONEN-Familie zurückgeht, stutzig.
    Das Todesjahr Hadwigs ist unbekannt. Zum letzten Mal sicher bezeugt ist sie bei Flodoard 958 (Ende) Seite 146: "Bruno Coloniensis archiepiscopus cum exercitu Lothariensium per Franciam proficiscitur in Burgundiam, locuturus cum sororibus ac nepotibus suis." Am Beginn des folgenden Jahresberichtes läßt der Reimser Annalist Bruno nur noch "cum regina sorore ac nepotibus" zusammentreffen. Der Text legt die Vermutung nahe, Hadwig sei zwischenzeitlich verstorben, weil sie nicht mehr erwähnt ist.
    Hadwig ist nur noch bei dem 12. Jahrhundert arbeitenden Sigibert von Gemblaux 965 als Teilnehmerin am Kölner Hoftag erwähnt; doch da wir aus den anderen Quellen gut über die anwesenden Angehörigen OTTOS DES GROSSEN Bescheid wissen, dürfte die Nachricht Sigiberts auf einem Irrtum beruhen.
    Gut stützen läßt sich unser Ansatz für das Todesjahr Hadwigs durch zwei Urkunden: So fehlt Hadwig in der Urkunde König Lothars vom 5.10.965, in der der König auf Intervention der Königin Gerberga und auf Wunsch des verstorbenen Hugo des Großen, des Gatten Hadwigs, an St. Remi zu Reims schenkt. In einer "pro remedio animae"-Schenkung an Graf Gottfried I. von Anjou vom 19.6.966 für Hugo Capet und dessen Eltern, also Hugo der Große und Hadwig, sind Vater und Mutter Hugo Capets unterschiedslos und damit wohl beide verstorben aufgeführt.
    Sie war seit 954 Mitregentin.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 9

    Zu Hugo dem Großen ist daran zu erinnern, daß die anderen Kinder Herzog Roberts nicht zu den Nachkommen KARLS DES GROSSEN zählen, da sie im Unterschied zu Hugo nicht der Ehe Roberts mit Beatrix, aus dem Hause der HERIBERTINER, entstammen.
    Hugo und seine Nachkommen fehlen bei Brandenburg, der die urkundlich gesicherte Abkunft Hugos von Beatrix zu Unrecht bestritt, siehe oben Anmerkung VI, 4.
    Todesdatum Hugos Lot, Dern. Carol. 16.
    In den Besitz zahlreicher Grafschaften folgte Hugo dem Vater, als dieser 923 König wurde. Seit 936 tritt er in Urkunden als dux Francorum auf, ein Titel, den er sich verleihen ließ, als er den jungen KAROLINGER Ludwig IV. aus dem englischen Exil zurückholte und damit das karolingische Königtum wiederherstellte.
    Nachweis seiner ersten Ehe mit einer Grafen-Tochter aus Maine, Werner, Untersuchungen 281-283.
    Datum der zweiten Ehe mit der Königs-Tochter von Wessex, Schwester der Gattin König Karls III., Flodoard, Anmerkung 926, gegen Ende.
    Hugos dritte Ehe mit Hathui/Hadwig wurde vor 937 IX 14 geschlossen, Datum der Urkunde, in der erstmals Hugo mit einer coniux sua Haduidis auftritt, HF 9, 720-722. Im D 37 HEINRICHS I. (MG DD reg. et imp. Germ. 1,71) von 935 V 9 war Hadwig noch als unvermählte Tochter des Königs aufgetreten. Lauer, Louis IV, 27 Anmerkung 4 vermutet im Anschluß an Luchaire, Hugos Hochzeit mit der Schwester OTTOS I. habe vielleicht im Mai 937 stattgefunden, als OTTO sich in Mainz und Ingelheim aufhielt.
    Nicht weniger als drei Tagesangaben kommen für das Todesdatum der Hadwig in Betracht. Die Gedenkbücher von Merseburg und Essen nennen zum 10. Mai Hathewig comitissa, im Echternacher Nekrolog steht zum 16. August Hatawich filia regis OTTONIS (statt HEINRICI?), im Nekrolog von S-Germain-des-Pres endlich wird der 9. Januar angegeben. Wir geben diesem letzteren Datum den Vorzug; die Wahrscheinlichkeit, ein genaues Datum und sichere Identität zu bieten, ist in der Abtei Hugos des Großen am höchsten, die Möglichkeit, es handele sich um eine andere Trägerin desselben Namens, am geringsten.
    Flodoard, Ann., spricht zu 957 von der relicta Hugonis, zum Ende 958 vom Zuge Bruns von Köln nach W-Franken und Burgund, locuturus cum sororibus ac nepotibus suis, also mit Königin Gerberga und Herzogin Hadwig und beider Söhnen, König Lothar und Hugo Capet. Eine spätere Erwähnung Hadwigs ist mir nicht bekannt. Es muß auffallen, daß Flodoard 959 den Brun, bei einem erneuten Aufenthalt in W-Franken, zwar mit den nepotibus suis, aber nur noch mit regina sorore, der Königin Gerberga, zusammentreffen läßt. 960 bemüht sich Brun um die Söhne Hugos des Großen und vermittelt ihre Belehnung durch Lothar: Von der Mutter ist nicht die Rede. So ist es nicht ausgeschlossen, daß Hadwig schon 959 I 8 starb, ohne daß Flodoard ihren Tod ausdrücklich vermerkte. In die gleiche Richtung weist, daß König Lothar 961 X 5 die Villa Conde auf Wunsch des 956 verstorbenen Grafen Hugo (des Großen) an S.-Remi-de-Reims schenkt: Die Königin Gerberga interveniert, Hadwig jedoch wird nicht erwähnt.
    966 VI 19 urkundet Graf Geoffroi I. von Anjou (ed. Bertrand de Broussillon, Cartulaire de S.-Aubin-d'Angers 1, 1896, 4-7, nr. 2) und schenkt pro remedio animae senioris nostri domni Hugonis, praesentis Francorum ducis, seu pro patris matrisque eius (also für Hugo den Großen und Hadwig, die hier ohne Unterscheidung als wohl beide schon verstorben aufgeführt werden). Das bedeutet zugleich, daß Flodoard, dessen Annalen bis 966 gehen, in jedem Fall Hadwigs Tod unerwähnt gelassen hat und ihn nicht etwa nur darum nich gebracht hat, weil er bis 966 nicht eingetreten war.
    Daß Hadwig zusammen mit ihrer Schwester Gerberga 965 noch auf dem Hoftag Kaiser OTTOS in Köln geweilt habe, berichtet nur der späte Sigebert von Gembloux.

    Glocker Winfrid: Seite 28-46, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    III. Gerberga und Hadwig, die Schwestern Ottos des Großen

    Gerberga, die eine der beiden Schwestern OTTOS DES GROSSEN, wurde im Sommer 928 mit dem Lothringer-Herzog Giselbert vermählt. Nach dem Tode ihres Gatten wandte sich Gerberga an Ludwig IV., den westfränkischen König, der sie als seine Gemahlin heimführte. Schon zwei Jahre vor dieser Eheschließung war die andere der Schwestern, Hadwig, die Gemahlin Herzog Hugos von Franzien, des innenpolitischen Hauptgegners Ludwigs IV., geworden. Unser Wissen über Hadwig ist jedoch nur sehr schmal und steht zudem in einem inneren Zusammenhang mit der Geschichte Gerbergas: daher bietet es sich an, die beiden Schwestern in einem Kapitel gemeinsam zu behandeln.

    4. Die Heirat Hadwigs mit Hugo von Franzien

    Die zeitgenössischen historischen Quellen wissen nur wenig über diese Schwester OTTOS DES GROSSEN. Wenn sie überhaupt - wie Widukind, Flodoard und Hugo von Fleury - von ihrer Person Kenntnis haben, so ist ihnen der Name Hadwigs doch unbekannt, der uns in einer Urkunde ihres Vaters, König HEINRICH I., überliefert ist. Eine Urkunde Herzog Hugos von Franzien, des Gemahls der Hadwig, vom 14. September 937 ermöglicht uns die chronologische Einordnung dieser Vermählung.
    Wir wissen auch nicht, von welcher Seite die Initiative zu dem Ehebündnis zwischen dem ost- und westfränkischen Reich ausging. Philippe Lauer nahm an, es handle sich hier um "un pretexte [von Seiten OTTOS DES GROSSEN] pour intervenir en France" und tadelte in seiner eher nationalistischen Sicht der Geschichte des 10. Jahrhunderts wegen "les plus graves consequences... des invasions allemandes en France", die Folgeerscheinung dieser Politik werden sollten. August Heil dagegen sah die Initiative eher bei Hugo dem Großen, da dieser für den "beabsichtigten Kampf gegen Ludwig den nötigen Rückhalt" gesucht habe.
    Wohl beide Seiten erwarteten sich Vorteile aus dieser Vermählung: Hugo suchte (und fand) eine zusätzliche Stütze für seine Politik im ostfränkischen Reich, während OTTO I. ein zusätzliches Gewicht in die Waagschalen der lothringischen Frage legen konnte, einer Frage, die immer noch als unentschieden angesehen werden mußte.


    5. Die Einflußnahme Ottos und Bruns im Westreich

    König Ludwig IV. gelang es nicht, seinem Anspruch auf Lothringen mit realem politischen Gewicht durchzusetzen, den er in der Heirat mit der Witwe des lothringischen Herzogs hatte bekräftigen wollen. OTTO nutzte die Gelegenheit seines Aufenthaltes in Lothringen und traf sich mit den innenpolitischen Gegnern des westfränkischen Königs, obwohl dieser nun sein Schwager geworden war. Dieses Bündnis mit den Gegnern Ludwigs nahm ein Jahr später sogar vasallitische Formen an: "Hugo et Heribertus... Othoni regi obviam proficiscuntur; cui conjuncti at Atiniacum eum perducunt, ibique cum Rotgario comite ipsi Othoni sese committunt." König Ludwig wurde so durch dieses Bündnis in die Zange genommen, konnte sich nicht behaupten und mußte nach militärischen Niederlagen gegen Hugo und OTTO 942 das faktische Scheitern seiner Pläne anerkennen: der ostfränkische König verblieb im Besitz Lothringens.
    Die ältere Forschung nahm an, es sei hauptsächlich Gerberga gewesen, die ihren Gemahl zu diesem Verzicht bestimmt habe. Doch gegen eine solche Hypothese lassen sich eine Reihe von Einwänden vorbringen: die politische Vorgeschichte Gerbergas, vor allem ihre eigenmächtige Heirat mit dem westfränkischen König, läßt es als wenig wahrscheinlich erscheinen, sie habe sich nun urplötzlich zum Anwalt der ostfränkisch-deutschen Interessen gemacht. Die Einwilligung der Witwe des lothringischen Herzogs in die neue Ehe mit Ludwig IV., deren politische Bedeutung Gerberga wohl kaum verborgen geblieben sein dürfte, und die Tatsache, dass Ludwig auch nach der Hochzeit seinen Kampf um Lothringen nicht aufgegeben hat, lassen erkennen, daß die Königin nicht bezüglich Lothringens Einfluß im Interessse der ottonischen Politik ausgeübt haben kann. Der Friedensschluß von Vise war weniger das Ergebnis eines familiären Komplotts als das Resultat einer tatsächlichen Überlegenheit OTTOS, einer Tatsache, die sicher auch die Königin Gerberga in Rechnung zu stellen wußte. Wenn sie daher ihren Mann tatsächlich zum Verzicht auf Lothringen bewogen haben sollte, so geschah das in seinem und nicht in OTTOS Interesse. Und noch eine weitere gewichtige Tatsache spricht gegen eine derartige Argumentation: der erstgeborene Sohn des französischen Königspaares, der im Jahr 941 das Licht der Welt erblickte, wurde auf den Namen Lothar getauft. Wir kennen die programmatische Bedeutung der Namensgebung im Mittelalter: in dieser Namenswahl für den präsumptiven Thronfolger läßt sich eine deutliche Manifestation des königlichen Willens sehen, den Anspruch auf das alte Kernland der KAROLINGER nicht aufzugeben.
    Der Frieden von Vise, mit dem OTTO zunächst eine neutrale Haltung einnahm, bedeutete für Ludwig nicht die endgültige Resignation: er nahm noch einmal den Kampf gegen die politische Übermacht seiner Gegner auf. Erst die Katastrophe von Rouen - Ludwig wurde gefangengenommen und an Hugo von Franzien ausgeliefert - bedeutete das Aus für alle Unternehmungen, dem Königtum der KAROLINGER wieder zu neuem Ansehen zu verhelfen. In dieser Krisensituation des westfränkischen Königtums tritt Gerberga wieder in das Licht der Geschichte: als Regentin weigerte sie sich, den Thronfolger Lothar als Geisel zu stellen, und sandte statt Lothar ihren zweitgeborenen Sohn Karl. Auf diese Weise kam der König frei: er mußte freilich auf Laon - ein Ort, der für das ohnehin nicht besonders starke Königtum der späten KAROLINGER besondere Wichtigkeit hatte und gerade für König Ludwig die letzte Basis seiner Macht gewesen war - verzichten. Ludwig wäre nun in die Rolle eines Schattenkönigs abgesunken, hätte nicht Gerberga den Anstoß für die große politische Umorientierung gegeben. Allen bisherigen Gegensätzen zum Trotz bat sie ihren Bruder OTTO I. um Hilfe und Schutz.
    Alle früher abgeschlossenen Bündnisse stürzten nun um. OTTO ergriff fortan die Partei des westfränkischen Königs gegen die Versuche Herzog Hugos, das Königtum im Westreich völlig zu entmachten. Nur kurze Zeit später unternahmen die neuen Verbündeten einen Feldzug gegen die Gegner Ludwigs IV., der König OTTO und das ostfränkische Heer bis vor die Tore von Paris und Rouen führte. Auch in den folgenden Jahren blieb die Zusammenarbeit zwischen den beiden Schwägern eng: Ludwig und OTTO trafen sich zwischen 946 und 950 fünfmal: das Osterfest 949 verbrachte Gerberga bei ihrem Bruder OTTO DEM GROSSEN in Aachen "regressa Remos...cum fraterni auxilii pollicitatione". Ein Jahr zuvor war auf der Synode zu Ingelheim, also auf dem Gebiet des ostfränkischen Reiches, der seit Jahren schwelende Reimser Bischofsstreit entschieden worden. Der Kandidat König Ludwigs, Artold, wurde durch päpstliche Entscheidung erneut bestätigt, und hiermit war implizit das Königtum Ludwigs unter die Garantie König OTTOS und des Papstes genommen worden. Eine solche Politik brachte es zwangsläufig mit sich, daß der ostfränkische König zu einem bestimmenden Faktor in der westfränkischen Innenpolitik wurde. Am deutlichsten können wir dies an der Synode zu Ingelheim beobachten, bei der auf ostfränkischem Boden unter Beteiligung deutscher und französischer Prälaten über eine Angelegenheit der Politik und der Kirche des Westreiches entschieden wurde. Die Verwandtschaft der Königin Gerberga zu den OTTONEN und ihre politische Wendigkeit verlängerte die Herrschaft der KAROLINGER im Westen um Jahrzehnte.
    Gerberga ließ sich beim Abschluß von Bündnissen immer von den jeweiligen politischen Notwendigkeiten leiten, wie dies die Koalitionen, die sie seit 942 abschloß, deutlich zeigen. 953 vermittelte sie einen Waffenstillstand zwischen König Ludwig und ihrem Schwager Hugo dem Großen. Zwei Jahre später kam ihr Gatte, König Ludwig, bei einem Jagdunfall ums Leben. Hätte sich Gerberga, nun zum zweiten Mal Witwe geworden, allein an den deutschen König gewandt, wäre das französische Königtum auch formell dem deutschen unterstellt worden: OTTO wäre jetzt noch der äußeren Form nach in die Stellung eines großfränkischen Herrschers hineingewachsen. Doch Gerberga handelte anders: sie wandte sich an den bisher schärfsten Rivalen, Herzog Hugo von Franzien, und konnte tatsächlich die Unterstützung Hugos (der, was wir nicht vergessen dürfen, ja Gerbergas Schwager war) für die Wahl ihres Sohnes (und Hugos Neffen), des minderjährigen Lothar, zum westfränkischen König erhalten. Man kann nur Vermutungen anstellen, welche Motive Herzog Hugo bewogen haben, nicht die Schwäche des Königtums und der Königin Gerberga auszunutzen und sich nicht selbst die französische Königskrone aufs Haupt zu setzen. Vielleicht fürchtete er den Widerstand König OTTOS I., möglicherweise fühlte er aber schon seinen Tod herannahen. Zudem blieb er auch unter einem noch minderjährigen König Lothar der starke Mann im westfränkischen Reich.
    Als Hugo der Große im Jahr 956 starb, war Königin Gerberga die unumstrittene Regentin Frankreichs. In dieser dritten Phase ihres politischen Wirkens war die Zusammenarbeit mit den übrigen Mitgliedern der sächsischen Königsfamilie am engsten. Die Macht und das Ansehen OTTOS DES GROSSEN hatten nach seinem Sieg in der Lechfeldschlacht ihren Höhepunkt erreicht. Nach dem Tod König Ludwigs IV. und Herzog Hugos des Großen konnte zudem keiner von den beteiligten Parteien mehr versuchen, den einen gegen den anderen auszuspielen. Die Regierung des westfränkischen Reiches lag praktisch in den Händen eines ottonischen Familienrates, in den Händen von Gerberga, Hadwig und Brun, dem Erzbischof von Köln und Bruder OTTOS DES GROSSEN. Nun, nach dem Tod ihres Gemahls, Hugo der Große, tritt auch Hadwig aus dessen Schatten heraus und findet in der Geschichtsschreibung Erwähnung. Brun waltete im Auftrag König OTTOS "als eine Art Reichsverweser, an der Spitze eines ottonischen Familienrates,... in den Landen zwischen Rhein und Loire".
    Die starke Anlehnung an die Mitglieder der liudolfingischen Familie garantierte Gerberga zwar auf der einen Seite den Erhalt des Status quo zwischen den führenden Familien Frankreichs und damit das Königtum ihres Sohnes Lothar, erforderte aber auf der anderen Seite ein starkes Entgegenkommen gegenüber ihrem Bruder Brun. So war sie 957 gezwungen, an einem Feldzug Bruns gegen die Familie der REGINARE, also gegen die Verwandten ihres 1. Gemahls, teilzunehmen. Ein Jahr zuvor hatte Brun dafür gesorgt, dass Gerberga ihr Witwengut zurückerhielt. 959 verbrachten Gerberga und ihr Sohn, König Lothar - Hadwig war wohl Anfang dieses Jahres verstorben - gemeinsam mit Brun das Osterfest in Köln; bei dieser Gelegenheit mußte Lothar in aller Form auf jegliche Ansprüche auf Lothringen verzichten. Möglicherweise wollte Brun hiermit mehr dem Einfluß seiner Schwester, der Königin-Mutter Gerberga, auf den jungen König Lothar vorbeugen, wenn er von Lothar "securitas" für Lothringen verlangte. Denn die Königin Gerberga wie auch ihre Schwester Hadwig dürften in erster Linie die Interessen ihrer Söhne Lothar und Hugo (Capet) im Auge gehabt haben und nicht diejenigen ihrer Brüder, also die Interessen von OTTO DEM GROSSEN und Brun; beide werden versucht haben, den Kindern für die Zukunft alle politischen Möglichkeiten offenzuhalten.
    Über die Grundlinien der Politik vergaß Gerberga jedoch nicht die Erfordernisse des Augenblicks. Nach dem Tod Erzbischof Artolds von Reims (des Erzbischofs, der im Jahr 948 von der Synode zu Ingelheim bestätigt worden war) versuchte das Haus VERMANDOIS erneut, seinen Kandidaten Hugo durchzusetzen. Gerberga bat ihren Bruder Brun um Hilfe: ihr gemeinsamer Kandidat Odelrich wurde zum Erzbischof von Reims gewählt. Mit diesem Mann hat Brun zugleich einen seiner Schüler auf den Erzbischofsstuhl dieser wichtigen Diozöse gebracht.
    Höhepunkt - und Abschluß - der "Familienregierung" im westfränkisch-französischen Reich war der Kölner Hoftag im Juni 965: als unumstrittener Hegemon sammelte Kaiser OTTO DER GROSSE seine Familienangehörigen um sich und zeigte sich in seiner neu gewonnenen Kaiserwürde. Auf diesem Hoftag wurde zudem ein neues Ehebündnis zwischen Ost- und Westreich geschlossen: der Kaiser verlobte seine Stieftochter Emma (die Tochter der Kaiserin Adelheid aus deren erster Ehe mit König Lothar von Italien) mit König Lothar von Frankreich.
    Von einer formalen Abhängigkeit des Westreiches von Kaiser OTTO DEM GROSSEN kann aber auch zu diesem Zeitpunkt keine Rede sein, wenn sie rein äußerlich auch bestanden haben mag. Gerberga hinterließ bei ihrem Tod, der sie vier Jahre nach dem Tode ihres Bruders Bruno von Köln und vier Jahre vor dem Tod ihres ältesten Bruders OTTO DER GROSSE erteilen sollte, ihrem Sohn Lothar eine stabilere Herrschaft als diese Gerbergas Gemahl und Lothars Vater, König Ludwig IV., bei seiner Rückkehr auf das Festland vorgefunden hatte. Das politische Erbe seiner Mutter gab König Lothar die Chance, noch einmal nach der Herrschaft über das alte karolingische Kernland greifen zu können.

    6. Zusammenfassende Würdigung Gerbergas und Hadwigs

    König OTTO I. hatte das Hauptziel seiner Westpolitik von seinem Vater HEINRICH I. geerbt: die Herrschaft über Lothringen zu sichern. Nur die Herrschaft über dieses alte karolingische Kernland ermöglichte es dem jungen Reiche König OTTOS I., das Übergewicht über das westfränkische Reich zu gewinnen und schließlich auf diese Weise auch in das Erbe KARLS DES GROSSEN, die Kaiserwürde eintreten zu können. Um dieses Ziel seiner Politik zu verwirklichen, benutzte König OTTO geschickt die vorgefundenenen Spannungen im Westreich, die es ihm ermöglichten, Lothringen für sein Reich zu sichern. Der entscheidende Angelpunkt für ein solches Vorgehen war die Verbindung OTTOS DES GROSSEN mit den ROBERTINERN, und zwar mit dem mächtigen Herzog Hugo von Franzien, dem latenten Hauptgegner König Ludwigs IV. Transmarinus. Ein direkter Weg führt von der Hochzeit Hugos des Großen mit der Schwester König OTTOS, mit Hadwig, zum Bündnis von Attigny: diese Heirat erwies sich, auch wenn dies nicht von vornherein geplant gewesen sein sollte, als ein bewußt eingesetztes Mittel der ottonischen Politik, um Hugo von Franzien an den ostfränkischen König zu binden und so die Gefahr für Lothringen, die in der Herrschaft der KAROLINGER im Westreich weiter am Schwelen war, abzuwenden.
    Die Ehe der anderen der beiden Schwestern König OTTOS I., der Gerberga, mit König Ludwig IV. muß schon vom Ansatz her anders beurteilt werden. OTTO wurde von seiner Schwester überspielt, mit der er andere Pläne hatte: Gerberga handelte selbständig. König Ludwig IV. seinerseits dürfte hauptsächlich an die Untermauerung der karolingischen Ansprüche auf Lothringen gedacht haben. Die Bedeutung jedoch, die diese Ehe in den folgenden Jahren noch für das westfränkische Königtum gewinnen sollte, konnte von keiner Seite vorausgesehen werden. Die Verbindung mit Gerberga verschaffte dem westfränkischen König die Verwandtschaft mit König OTTO I. und damit einen Schwager, der Ludwig die Hilfe geben konnte, die er brauchte, um im Kampf gegen seine inneren Feinde das Königtum für sich und seinen Sohn behaupten zu können. Aber auch für OTTO DEN GROSSEN wirkte sich die Vermählung seiner Schwester Gerberga, obwohl sie gegen seinen Willen geschehen war, letztendlich zum Vorteil aus: die gleichartigen Verwandtschaftsverhältnisse zu den beiden führenden Häusern Frankreichs ermöglichte es dem ostfränkisch-deutschen König, ab 945, als die Bedrohung Lothringens durch die innenpolitischen Schwierigkeiten König Ludwigs in den Hintergrund getreten war, zwischen den beiden Parteien vermittelnd einzugreifen und somit de facto zum heimlichen Herrscher im Westreich zu werden. Nach außen hin ließ sich diese faktische Herrschaft OTTOS DES GROSSEN in der Form familiärer Beziehungen und Kontakte ausüben. "Seine Verwandtschaft mit den beiden feindlichen Geschlechtern ließ seine westfränkische Politik als Familiensache erscheinen und warf auf die faktische deutsche Vorherrschaft einen versöhnenden Schimmer."
    Die Zeitgenossen haben OTTOS Position offenbar nicht als hegemonial empfunden. Die französische Geschichtsschreibung kennt weder eine "nationale" Abneigung gegen eine "Fremdherrschaft" noch sieht sie in Ludwig IV. oder Lothar abhängige Monarchen. "OTTO war also für die Westfranken weniger der große fremde Herrscher als vielmehr der mächtige Verwandte des königlichen Hauses, der eine Art patriarchalische Stellung inmitten einer großen königlichen und fürstlichen Familie einnahm."
    Die Bindungen zwischen dem ost- und dem westfränkischen Reich überdauerten deshalb auch nicht den Tod der Hauptakteure. Mit dem Tod Gerbergas und dem Beginn der selbständigen Regierung Lothars entwickelten sich die beiden Reiche wieder auseinander, ja sogar gegeneinander.

    Ehlers Joachim: Seite 14,23, "Die Kapetinger"

    Zwischen sächsischer Herkunft und westfränkischem Königsdienst Roberts sah die ältere Forschung einen Widerspruch. Er sollte dadurch beseitigt werden, daß dem notorisch phantasievollen Richer, der den Namen Widukind seinem gelehrten Wissen von den Sachsenkriegen KARLS DES GROSSEN mühelos hätte entnehmen können, Erfindungen unterstellt wurde; für Aimoin glaubte man an einen Reflex späterer Vorgänge, nämlich der Heirat des dux Hugo Magnus; Roberts Enkel, im Jahre 937 mit Hadwig, der Tochter König HEINRICHS I. und Schwester OTTOS I., über die der Name Heinrich in das französische Königshaus gekommen ist.
    Weil die sächsischen Könige außerdem begehrte Bundesgenossen westlicher Großer waren, ergaben sich Heiratsverbindungen: OTTOS I. Schwester Hadwig heiratete 937 Hugo Magnus und wurde Mutter des späteren Königs Hugo Capet.

    Wies Ernst W.: Seite 63,71,123,232,238, "Otto der Große. Kämpfer und Beter."

    Einen weiteren wichtigen Hinweis für HEINRICHS Willen, das Thronfolgerecht OTTOS sichtbar zu machen, finden wir im Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau. Hier sind in einem Eintrag verzeichnet: König HEINRICH und seine Frau Mathilde, die drei Söhne OTTO, Heinrich und Brun, die Töchter Gerberga und Hadwig.
    Die jüngere Schwester Hadwig wurde dem mächtigen Herzog Hugo von Francien angetraut, der wohl der einflußreichste Großvasall im westfränkischen Reich war. Mit ihrer beider Sohn Hugo Capet, König von Frankreich (987-996), beginnt die große Königsreihe des capetingischen Geschlechts. Die Sächsin Hadwig ist ihre Stammutter.
    Um Hugo noch stärker an sich zu binden, vermittelte OTTO eine Ehe Hugos mit seiner Schwester Hadwig im Jahre 937.
    Zwar war die französische Reichsführung schwach und stand unter den Einfluß von OTTOS Bruder, dem Erzbischof Brun und den beiden ottonischen Schwestern, Gerberga und Hadwig.
    Daneben, mit der Krone von Frankreich, des Kaisers Schwester Gerberga, die Witwe König Ludwigs IV., mit ihrem Sohn, König Lothar. Dann war da die andere Schwester des Kaisers, Hadwig, die Frau des mächtigen Herzogs Hugo von Francien, die Mutter des großen Hugo Capet und Stammutter des capetingischen Königsgeschlechts, das sieben Jahrhunderte dem Throne Frankreichs die Könige stellte.

    935/37 oo 3. Hugo der Große Herzog von Franzien 895-16./17.6.956

    Kinder:

    3. Ehe
    - Beatrix 938-23.9.nach 987
    954 oo Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen - 18.5.978
    - Hugo Capet König von Frankreich 940-24.10.996
    - Emma 945-18.3.968
    960 oo 1. Richard I. Herzog von der Normandie um 933-20.11.996
    - Odo Herzog von Burgund 945-23.2.965
    - Otto-Heinrich Herzog von Burgund 948-15.10.1002

    Literatur:
    Adelheid Kaiserin und Heilige 931 bis 999 Info Verlag Karlsruhe 1999 - Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 157,365 K 13 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 42,64,84 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 14,23,42,46 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 IV,6 Seite 10,28,34,36,40,42,188,191,193,244,274 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 84,293,295 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 26,38,69,72,76,88,94 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 71,120,128,162,171,324 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Seite 61,77,85 - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan (Hrsg.): Ottonische Neuanfänge. Symposium zur Ausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa" Verlag Philipp von Zabern Mainz 2001 Seite 25,262 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 207,213 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 11,19,22,43,75,79 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 171,260,285 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 494,512 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989 Seite 63,71,104,123,167,193,232,238 -

    Gestorben:
    9.1.

    Kinder:
    1. 2. von Frankreich, Hugo Capet wurde geboren um 940 in Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; gestorben am 24 Okt 996 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.
    2. von Franzien, Beatrix wurde geboren in 938; gestorben nach 987.
    3. von Franzien, Emma wurde geboren in 945; gestorben am 18 Mrz 968.
    4. von Burgund, Otto wurde geboren um 945; gestorben am 23 Feb 965.
    5. von Burgund, Otto Heinrich wurde geboren um 948; gestorben am 15 Okt 1002 in Pouilly-sur-Saône [21250],Côte-d’Or,Burgund,Frankreich.


Generation: 4

  1. 8.  von Neustrien, Robert I. wurde geboren um 866 (Sohn von Robert und von Tours, Adelheid); gestorben am 15 Jun 923 in Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris
    • Titel/Amt/Status: Franzien,Frankreich; Herzog von Franzien
    • Titel/Amt/Status: 922-923, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Robert I. von Neustrien
    König von Frankreich (922-923)
    Herzog von Franzien
    Graf von Paris
    postum 866-15.6.923 bei Soissons
    2. Sohn des 866 gegen die Normannen gefallenen Grafen Robert der Tapfere von Paris aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid von Tours, Tochter von Graf Hugo

    Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 884

    Robert I., westfränkischer König 922-923
    + 15. Juni 923 gefallen Soissons
    oo Beatrix, Schwester Heriberts II. von Vermandois

    Nach dem Tode Roberts des Tapferen 866 verhinderte KARL DER KAHLE die Nachfolge von dessen minderjährigen Söhnen Odo und Robert, die erst seit den 80-er Jahren ihre Macht vor allem in Neustrien wieder errichten konnten. Robert, Laienabt von Marmoutier, rückte nach der Königswahl des Bruders 888 weitgehend in dessen Stellung als Herr des robertinischen Herrschaftskomplexes ein und wurde von Odo nachdrücklich gefördert (893 marchio, Inhaber mehrerer Grafschaften, Laienabt von St-Martin [Tours], St-Denis, St-Germain-des-Pres, Notre-Dame de Morienval, St-Amand). In den Abmachungen mit dem rivalisierenden KAROLINGER Karl III. dem Einfältigen von 897 vermochte Odo dem Bruder zwar nicht das Königtum, wohl aber die Besitzungen und Rechte der Familie zu sichern. Robert anerkannte Karls Königtum nach dem Tod des Bruders 898 und erschien bis 920 häufig in der Umgebung des KAROLINGERS. Als marchio Neustriens in beständigem Konflikt mit den Normannen des unteren Seinegebietes, gelang Robert im Bund mit Richard von Burgund im Juni 911 ein entscheidender Normannesieg bei Chartres, Voraussetzung für deren allmähliche Einbeziehung ins westfränkische Reich. Bei der Taufe des Normanneführers Rollo fungierte Robert als Pate. Sein gutes Verhältnis zum König nutzte er 914 für eine Nachfolgeregelung zugunsten seines Sohnes Hugo Magnus, die die Kontinuität robertinischer Herrschaft in W-Franken gewährleistete. 920/21 zunehmend von Karl III. wegen dessen umstrittenen Günstlings Hagano entfremdet, wurde Robert nach militärischen Auseinandersetzungen von einer Adelsopposition am 29. Juni 922 in Reims gegen Karl zum König gewählt und einen Tag später durch Erzbischof Walter von Sens in St-Remi (Reims) gekrönt. Das robertinische Königtum, das sich hauptsächlich auf Roberts Macht in Neustrien und der Francia stützte, blieb freilich im Reich umstritten. Ein wichtiger Erfolg gelang 923 auf einem Herrschertreffen mit dem ostfränkischen König HEINRICH I. (vermutlich an der unteren Ruhr), der Roberts Königtum und seine Herrschaft über Lotharingien anerkannte. Kurz danach fand Robert I. in einer Schlacht gegen das Heer Karls III. den Tod. Seine Anhänger wählten am 13. Juli 923 Roberts Schwager Rudolf von Burgund zum neuen König [Eigene Anmerkung: Auch wenn im Lexikon des Mittelalters Band VII Spalte 1077 bei Rudolf von Burgund dieselbe Aussage getroffen wird, halte ich Rudolf von Burgund für den Schwiegersohn und nicht Schwager Roberts I. Als Tochter Roberts des Tapferen müßte Emma um 865 geboren sein. Ihr Ehemann Rudolf wäre ungefähr 30 Jahre jünger gewesen, denn sein Vater Richard starb erst im Jahre 921, seine Mutter Adelheid nach 929 und sein Bruder Hugo im Jahre 952, so daß Rudolfs Geburtsjahr kurz vor 890 anzunehmen ist.].

    Literatur:
    B. Schneidmüller, Karolingische Tradition und frühes französisches Königtum, 1979, 138ff. - F. J. Felten, Äbte und Laienäbte im Frankenreich, 1980, 52ff. - I. Voss, Herrschertreffen im frühen und hohen Mittelalter, 1987, 49ff. - K. F. Werner, Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000, 1989, 467ff. - W. Kienast, die fränkische Vasallität, 1990, 463ff. -

    Thiele Andreas: Band II Teilband 1 Tafel, "Erzählende genealogische Stammtafeln"

    Robert I. war eine wichtige Stütze seines Bruders, wurde 893 Graf von Poitiers, 898 Markgraf von Neustrien, Graf von Paris und Orleans, Laienabt von St. Denis, St. Martin/Tours und Marmoutier. Nach dem Tode seines Bruders Odo erkannte er König Karl III. an, bekam weitere Ämter, Rechte und Besitzungen dazu und wurde Lehnsherr der Gascogne, was die Gegensätze zu Aquitanien-Septimanien noch verstärkte. Auf Grund seiner Vormachtstellung engte Robert die Wirksamkeit des karolingischen Königtums ein. Am 20.7.911 besiegte er die Normannen bei Chartres. Er rebellierte 920 als Exponent anderer Kronvasallen gegen Karl III. und wurde am 29.6.922 in Reims von einer Adelsopposition zum König erhoben, obwohl Karl die Ansprüche Roberts auf das Land zwischen der Seine und der Loire - die spätere Ile-de-France - anerkannt hatte. Robert handelte auf Betreiben seiner Ratgeber und des dem König feindlich gesinnten Adels. Karl III. kam jedoch im folgenden Jahr an der Spitze einer mächtigen Armee, die er in Lothringen ausgehoben hatte, zurück. In der entscheidenden Schlacht in der Nähe von Soissons gegen Karl den Einfältigen siegten zwar die Aufständischen, aber Robert fiel. Damit war der Versuch der ROBERTINER, die Königskrone an ihre Familie zu bringen, erneut gescheitert.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 448,467,471,474,481-484, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Allzu offensichtlich hatte Odo nur an die Mehrung seiner Hausmacht gedacht. Sämtliche Grafschaften, die er nach karolingischer Tradition als König nicht mehr selbst verwalten konnte, übertrug er seinem Bruder Robert, dazu noch alle Abteien, voran Saint-Martin in Tours. Er machte Robert zum Markgrafen von Neustrien und unterstützte ihn auch noch bei der Ausdehnung nach Aquitanien. Nur den Verlust der Grafschaften Troyes und Sens konnte Odo nicht verhindern, die ihm im Jahr 895 von Richard von Autun entrissen wurden.
    Die Gegenleistung Karls bestand darin, daß er die Stellung und Rechte des marchio (Markgrafen) von Neustrien anerkannte, die Odos Bruder Robert 892 und 893 aus der Hand "seines" Königs erhalten hatte. Über diesen Punkt der Vertragsbestimmungen besteht Gewißheit. Robert und Richard erscheinen nach 898 in den Urkunden Karls III. mit dem Titel marchio. Außerdem weiß man, daß Robert im Jahr 914 mit Erfolg darum nachsuchte, Karl möge seinen Sohn Hugo schon damals als Nachfolger in sämtlichen honores seines Vaters bestätigen: in der Stellung eines Markgrafen von Neustrien, im Besitz der Grafschaften und Klöster.
    Chartres, dessen Verteidigung Bischof Gauciolenus (Gauzhelm) heldenhaft leitete, wurde von einem starken normannischen Heer belagert. Am 20. Juli 911 erfolgte der Gegenangriff der zu Hilfe gerufenen und konzentrisch vereinigten Streitkräfte der Markgrafen Robert von Neustrien und Richard von Burgund, den sein mächtiger Vasall Manasse begleitete; außerdem beteiligten sich noch die Leute des Grafen Ebalus von Poitiers. 6.000 Normannen fielen im Kampf.
    Eben diese "Loire-Normannen" hatten vor 919 die Bretagne in ihre Gewalt gebracht und nötigten dadurch Markgraf Robert von Neustrien, das Land gegen einen stets aufs neue gefährlichern Feind zu verteidigen.
    Dieser Sturz Karls III. scheint unverständlich, wenn man feststellt, daß Robert von Neustrien noch im Jahr 918 als "Rat und Beistand unseres Reichs" angeredet wurde, daß er sich noch 919 und 920 am Hof aufhielt. Es besteht aber ein Zusammenhang mit der Person Haganos und der Stellung, die ihm der König um jeden Preis auch im W-Reich verschaffen wollte. Um ihm im Königreich zu verankern, verlieh er ihm im Jahre 922 einfach eines der wenigen Klöster, über das die Dynastie noch verfügen konnte: Chelles, wo KARLS DES KAHLEN Tochter Rothild Äbtissin war. Sie war außerdem auch die Schwiegermutter von Hugo dem Großen, dem Sohn Roberts von Neustrien. Diese unkluge Handlung hatte sofort zur Folge, daß das Heer der ROBERTINER unter Hugos Führung aufgeboten wurde und daß sich nahezu alle Großen vom König lossagten.
    Dem politischen Scheitern folgte der moralische Verfall: In seiner verzweifelten Lage rief der König einen Heiden zu Hilfe, den Normannen-Führer Rögnvald. Dafür wurde Karl von den Großen abgesetzt, die statt seiner Robert von Neustrien erwählten. Robert wurde am 30. Juni 922 in Reims durch Erzbischof Walter von Sens gekrönt, der auch schon Odos Königsweihe vollzogen hatte.
    Karl konnte noch einige Truppen in Lotharingien aufbieten und war so mutig, damit bei Soissons Robert entgegenzutreten. In dieser Schlacht fiel Robert am 15. Juni 923. Aber Karl unterlag, und die Sieger beharrten auf ihrer Entscheidung, den KAROLINGER abzusetzen.

    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 36-38, "Die französischen Könige des Mittelalters"

    ROBERT I. 922/923 und RUDOLF I. 923-936

    Robert I.
    geboren vor 866, gestorben am 15.6.923 in der Schlacht bei Soissons
    Sohn Roberts des Tapferen und Adelheids

    Bruder:
    Odo, König

    Kinder:
    aus erster Ehe
    Emma oo König Rudolf
    Lietgard oo Heribert II. von Vermandois

    aus zweiter Ehe mit Beatrix von Vermandois, vor 900
    Sohn Hugo

    888 Übernahme der Grafschaften und Abteien der ROBERTINER, wichtige Rolle unter König Odo und Karl III.
    20.7.911 Sieg über die Normannen bei Chartres
    920 erste Empörung gegen Karl III.
    29./30.6.922 Wahl, Salbung und Krönung in St-Remi-de-Reims
    923 Frühjahr Freundschaftsvertrag mit König HEINRICH I.

    Roberts kurze Regierungszeit tritt ganz zurück hinter die vielen Jahrzehnte, in denen er unter den Königen Odo und Karl eine überragende Rolle gespielt hat. 866 war er noch ein Knabe, dem man wie seinem älteren Bruder, angeblich seines geringen Alters wegen, das Erbe des Vaters, Roberts des Tapferen, verwehrte. Seit 886 erscheint Robert als Laienabt von Marmoutier, 888 übernahm er die Grafschaft Paris - und das übrige robertinische Hausgut, das Odo in seinen ersten Jahren als König noch tatkräftig vermehrte. Zu den Grafschaften Tours, Anjou, Blois und Paris kamen die bedeutenden (ehemaligen Königs-)Klöster Marmoutier, St-Martin in Tours, St-Aignan in Orleans, St-Denis, St-Germain-des-Pres, St-Amand und Morienval, die Robert als Laienabt beherrschte. Der überragenden Macht, über der man aber nicht die ähnlich mächtigen Konglomerate in der Hand Richards "Justitiarus" in Burgund und vor allem Wilhelms des Frommen in (Groß-)Aquitanien vergessen darf, entsprach das Selbstbewußtsein, wie es sich in eigenen Urkunden und königlichen Diplomen Odos wie Karls des Einfältigen widerspiegelt.
    In derselben königsgleichen Stellung diente er Karl mehr als 20 Jahre in Treue. Noch 918 bezeichnete ihn Karl als venerabilis marchio nostri quidem regni et consilium er iuvamen (verehrungswürdiger Markgraf, Rat und Hilfe unserer Herrschaft, D 92). Ob er bereits wenig später die breite adlige Opposition anführte, ist ungewiß. Nach Flodoard verließen 920 fast alle Grafen der Francia bei Soissons ihren König Karl, weil er seinen Ratgeber Hagano nicht entlassen wollte, den er aus einem "Mittleren" zu einem "Mächtigen" gemacht hatte. Robert wird nicht genannt, die erste Erwähnung bei Flodoard, Ende 921 im Zusammenhang mit Normannenkämpfen, deutet in keiner Weise auf eine besondere Rolle hin. Erst in der Empörung, nachdem Erzbischof Heriveus von Reims mit großer Mühe noch einmal einen Ausgleich vermittelt hatte, treten die ROBERTINER hervor, als Karl das altehrwürdige Frauenkloster Chelles an Hagano gegeben hatte. Das mußten die frondierenden Adligen als Provokation empfinden, speziell aber die ROBERTINER, wurde die Abtei doch der Schwiegermutter von Roberts Sohn Hugo weggenommen. Kurz nach Ostern 922 traf Hugo sich bei Fismes (Reims) mit einigen Grafen der Francia und Vasallen des Reimser Erzbischofs und zog mit einigen Grafen der Francia und Vasallen des Reimser Erzbischofs und zog mit ihnen gegen Karl und Hagano. Als sie flohen, rückte Hugo mit nunmehr 2.000 Kämpfern ihnen nach, bis zur Maas, und traf Giselbert, den 920 "viele Lothringer zum princeps gewählt hatten, nachdem sie König Karl verlassen hatten."
    Als Robert, der seinem Sohn gefolgt war, ihn zu einer Unterredung in den Raum von Laon zurückrief, nutzte Karl diesen Rückzug aus, um mit einigen Lothringern Reimser Kirchengut zu verwüsten. Nun ging Robert seinem Schwiegersohn Rudolf von Burgund entgegen, der ein Heer herbeiführte. Nach wochenlangen militärischen Manövern, tagelangem Verhandlungen auch, fiel die wichtige karolingische Festung Laon mit den Schätzen Haganos in die Hände der Aufständischen. Daraufhin verließen die Lothringer den König, "um nach Hause zu gehen", andere liefen zu den Aufständischen über, "täglich schwanden die Truppen Karls, wuchsen die Roberts", und Karl floh heimlich mit Hagano über die Maas.
    Nach dieser klassischen Herrscherverlassung wählten "die Franken Robert zu ihrem senior und huldigten ihm. Robert wurde also von den Bischöfen und Ersten in St-Remi vor Reims zum König erhoben" (Flodoard). Ob der Reimser Erzbischof Heriveus, der langjährige Vertraute Karls, in die Ereignisse der letzten Wochen nicht mehr hatte eingreifen können oder wollen, läßt Flodoard offen; er meldet nur lakonisch, dass er drei Tage nach der Krönung Roberts starb.
    Roberts Politik als König ist nur in Ansätzen zu erkennen. Das Erzbistum Reims konnte Robert in seinem Sinne neu besetzen. Er trug den Kampf nach Lothringen, wo Karl Zuflucht suchte, erreichte auch Anfang 923 die Anerkennung König HEINRICHS I. in Form eines Freundschaftsbündnisses, ungeachtet der Tatsache, dass der Sachse kaum ein Jahr zuvor im berühmten Bonner Vertrag König Karl Freundschaft zugesichert hatte. Als Karl ihm durch Übersendung einer Reliquie des heiligen Dionysius symbolträchtig daran erinnerte, "nahm HEINRICH das göttliche Geschenk mit den Ausdruck der höchsten Dankbarkeiten, verehrte die heiligen Reliquien" (Widukind I. 33) - und tat weder gleich noch später etwas für seinen Freund, obgleich er "doch so geartet war, dass er seinen Freunden nichts abschlug" (Widukind I. 39). Ob Robert als Preis für diese "flagrante Verletzung" der amicitia schon auf Lothringen verzichtete (Brühl ?). Im aktuellen Kampf um die Macht wäre es für ihn kein großer Verlust gewesen, war es doch immer wieder Rückzugsgebiet und Rekrutierungsbasis des Karolingers. Doch fällt auf, dass er noch auf dem Rückweg vom Treffen mit HEINRICH sich von einigen Lothringern Geiseln stellen ließ und ihnen einen Waffenstillstand einräumte. Wieweit Robert damit einen Anspruch auf Lothringen erhob, ob er sich hier wie auch im übrigen Reich hätte durchsetzen können, ist nur spekulativ zu beantworten: In Agde bezeichnete man seine Regierung als betrügerisch, im Maconnais galt er als Insurgent, in Cluny hingegen schon im November als König.
    Karl freilich war trotz der Verlassung nicht ausgeschaltet: Am 15. Juni 923, am Pfingstsonntag, überfiel er Robert und seine Anhänger beim Mittagessen. Die blutige Schlacht in der Nähe von Soissons brachte keine Entscheidung: Zwar verlor Robert das Leben, Karl aber mußte fliehen und konnte den Tod des Gegners nicht für seine eigene Anerkennung nutzen.

    1. oo Aelia

    893 2. oo Beatrix von Vermadois-Meaux, Tochter des Grafen Heribert I. , 880- 931

    Kinder:
    1. Ehe
    - Adele-Liegarde
    907 oo Heribert II. Graf von Vermandois 880-28.2.943
    - Emma 8890/95- Ende 934
    914 oo Rudolf Herzog von Burgund König von Frankreich vor 890-14./15.1.936

    2. Ehe
    - Hugo der Große 895-16.6.956

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 49 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987 Seite 69 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 13,21,23,26,28,33,36,40,45,76 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 205,218,247 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 43,74,76,130 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 61,65,66 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 158,190,194,198,200,202-204 - Schulze: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 151,154 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 5-409 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 448,467,471,474,478,481-484,486,489,492,501,504 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989 Seite 49,123 -

    Geburt:
    posthum

    Gestorben:
    in der Schlacht bei Soissons

    Robert heiratete von Vermadois-Meaux, Beatrix in 893. Beatrix (Tochter von von Vermandois, Heribert I. und von Meaux, Adele) wurde geboren in 880; gestorben nach 26 Mrz 931. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 9.  von Vermadois-Meaux, Beatrix wurde geboren in 880 (Tochter von von Vermandois, Heribert I. und von Meaux, Adele); gestorben nach 26 Mrz 931.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frankreich; Königin von Frankreich

    Notizen:

    Beatrix von Vermadois-Meaux
    Königin von Frankreich
    880- nach 26.3.931
    Tochter des Grafen Heribert I. von Vermandois und der Adele von Meaux, Erb-Tochter von Graf Theutbert
    Nach Helmut Schwager ist ein heribertinischer Vater abzulehnen

    Treffer Gerd: Seite 62-63 "Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"

    Beatrix von Vermandois - die Witwe des Usurpators
    * um 870 , + um 930 Heirat: um 893
    Gemahlin Roberts I. (König 922-923)

    Beatrice ist die Frau Roberts von Blois. Er hat sich im Kampf gegen die Normannen ausgezeichnet. Karl der Einfältige ernennt ihn zum Marquis (sein Bruder Odo hatte von KARL DEM DICKEN für ähnliche Verdienste den Titel eines Grafen von Paris erhalten). Mit erwa 23 Jahren hat sie Robert geheiratet, für den die Ehe einflußreiche Verbindungen schafft. Beatrice ist die Tochter jenes großen Lehnsherren Herbert von Vermandois, der sein Gesetz den Gebieten nördlich der Seine diktiert, dem König die Stirn bietet (und ihn schließlich auch gefangensetzen wird - um seinem Haus den Weg frei zu machen). [Der Autor macht hier ihren Vater, Heribert I. und ihren Bruder, Heribert II., zu einer Person.] Mütterlicherseits entstammt sie dem Geschlecht der Grafen von Elsaß und Paris.
    Im Gegensatz zu Roberts erster Frau, Adele von Maine, die ohne Nachkommenschaft starb, hat Beatrice drei Kinder: Emma, Liutgard und Hugues (den Großen, der der Vater von Hugues Capet sein wird) [In der Fachliteratur wird allgemein davon ausgegangen, daß nur Hugo der Große aus der Ehe Roberts mit Beatrix stammt.]. Wie ihr Vater ist auch Beatrice dem regierenden König Karl III. feindlich gesonnen und stärkt die Hausmacht ihres Mannes, indem sie Emma 921 mit Raoul, dem Sohn des mächtigen Herzogs Richard von Burgund vermählt. Dies wird der Auftakt einer Serie sich überstürzender Ereignisse. Am 22. Juni 922 wird Karl der Einfältige, dem man vorwirft, er vernachlässige das westliche Reich zugunsten Lothringens, von den Großen abgesetzt. Zum Wahlkönigtum zurückkehrend, das natürlich ihre Macht stärkt, wählen sie am 29. Juni in Reims Herberts Schwiegersohn, Beatrices Mann. Als Robert I. läßt er sich am folgenden Tag von Gautier, dem notorischen Königsmacher salben. Herbert von Vermandois allerdings stellt sich nun auf die Seite des legitimen Königs.
    Beatrice wird nur kurze Zeit den begehrten Titel einer Königin von Frankreich tragen. Der KAROLINGER Karl sichert sich in Lothringen Unterstützung. Vor Soissons kommt es zur großen Auseinandersetzung. Am 15. Juni 923 wird Robert im Kampf getötet. Beatrice ist nun Witwe. Durch ihre Tochter Emma entrinnt sie allerdings dem Schicksal, von der Geschichte gänzlich vergessen zu werden. Sie bleibt durchaus eine einflußreiche Persönlichkeit und begabte Intrigantin. Nach Roberts Tod wird Gautier nämlich umgehend Raoul, Beatrices Schwiegersohn, zum König weihen. Von nun an wird es für den legitimen König schwierig. Er steht allein gegen eine Koalition mächtiger Barone; er schickt Otgive - oder Edwige - und ihren Sohn Ludwig in den Schutz seines Schwiegervaters Eduard I., König von Wessex, nach "Übersee". Der Kampf flammt wieder auf. Es folgt Verrat: Herbert bietet Karl erneut seine Hilfe an. Der König kommt zu ihm nach Saint-Quentin. Herbert läßt ihn im Turm von Chateau-Thierrry gefangensetzen. Selbst seine Freunde sind entsetzt. Herbert argumentiert, es handle sich weniger um einen Angriff auf die königliche Person, denn um einen Familienstreit: Der Vorfahr Karls III., Ludwig der Stamler, hätte Bernhard von Italien, seinen Vorfahr, verraten [Richtig ist, daß Karls III. Vorfahr LUDWIG DER FROMME Bernhard von Italien blenden ließ und dieser an den Folgen der grausamen Prozedur starb.]. Die Argumente konnten niemanden täuschen.Das Unglück des Königs begünstigt zu deutlich das Glück seines Schwiegersohnes.
    Herbert hat also den König gefangengesetzt. Seine Tochter Beatrice ist zufrieden. Seine Enkelin Emma kann einen neuen König von Frankreich zur Welt bringen. Der mächtige Clan der VERMANDOIS schickt sich an, an die Stelle der KAROLINGER zu treten [Die VERMANDOIS oder HERIBERTINER waren KAROLINGER im Mannesstamm.]. Die Königin-Mutter Beatrice lebt noch einige Jahre von ihrem zweifellos beträchtlichen Besitz, ehe sie mit rund 60 Lebensjahren stirbt.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 458 Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VI. Generation 4

    Daß derselbe Herzog Robert, dessen Tochter, wie wir in der vorigen Anmerkung sahen, Heribert II., ehelichte, seinerseits eine Schwester Heriberts II. namens Beatrix geheiratet haben soll, diese Annahme verwarf Brandenburg aus zwei Gründen (Anmerkung zu Brandenburg VI, 3). Einmal, "weil sonst Heribert II. die Tochter seiner Schwester der Tante geheiratet haben würde, was nach den kirchlichen Vorschriften völlig ausgeschlossen war", zum anderen, weil die Nachricht, die das behaupte, "erst zwei Jahrhunderte später" auftrete. Damit, und mit den Worten, diese vermutete Gattin Roberts sei "angeblich Beatrix genannt" gewesen, beging Brandenburg allerdings eine erhebliche Ungenauigkeit. Daß die Mutter Hugos des Großen, des Sohnes Roberts, Beatrix hieß, ist nicht nur zeitgenössisch, sondern sogar urkundlich bezeugt. Am 26. März 931 urkundet Hugo in Tours für Sankt-Martin, HF 9, 719f. ...in eleemosyna domni et genitoris nostri Rotbertii quondam regis ac genetricis nostrae Beatricis atque nostra ... Aus der Formulierung (quondam beim Vater, domna bei der Mutter) dürfen wir entnehmen, daß Beatrix damals noch lebte, denn Hugo schenkt auch für sein eigenes Seelenheil. Beatrix wird noch in einer anderen Urkunde als Gattin Roberts und Mutter Hugos erwähnt (Vat. Reg. lat. 982, fol. 34 verso, ed. A. Vidier, Le Moyen Age 20 (1907) 289ff.) ... Hanc ...villam Willelmus comes Rotberto vice fratrum (S. Aignan d'Orleans) reddiderat comiti, et Rotbertus ... pro remedio anime suae etr anime uxoris suae Be.(sic) atque pro incolumitate filii sui Hugonis concessit ... Die Ehe Roberts mit Beatrix ist also gesichert. Hugo der Große hat eine Tochter, die künftige Herzogin von Ober-Lothringen, nach seiner Mutter Beatrix genannt, und einen unehelichen Sohn, künftigen Bischof von Auxerre, nach dem Vater seiner Mutter, also dem eigenen Großvater, Heribert (siehe unten VIII, 10 und 15, ferner Werner a.a.O.). Die Lösung des vermeintlich unüberwindlichen Verwandtschaftsproblem ist aber nun nicht nur theoretisch möglich - nämlich durch die Annahme; Herzog Robert habe aus seiner ersten Ehe jene Tochter (Adela) gehabt, die er Heribert II. zur Frau gab, und habe in zweiter Ehe Heriberts Schwester Beatrix geheeiratet - sondern die dazu passende Annahme findet ihre Bestätigung: Eine andere Tochter Roberts, Hemma, die als Gattin Rudolfs, Sohn Herzog Richards von Burgund, zeitweise westfränkische Königin war, ist tatsächlich nicht nur erheblich älter als ihr Bruder (asu zweiter Ehe) Hugo gewesen, sondern war in der Tat seine Halbschwester: Beide hatten nur den Vater, nicht aber die Mutter gemeinsam. In einer Urkunde, die bei Martene, Thesaur. anecd. 1,67 gedruckt ist, die ich aber nach der Kopie von Baluze, Bibl. Nat., Coll. Baluze 76, fol. 322 zitiere, und zu der ich das genaue Datum, 932 IV 15 Tours, aus dem Aufzeichnungen von Dom Lesueur, Bibl. Nat., ms. lat. 13898, fol.196 verso und der Kopie in Bibl. Nat., Collection Housseau, n nr. 164, ermittelt habe, (für alles Nähere verweise ich auf die von mir vorbereiteten Regesten der ROBERTINER-Urkunden) sprechen die Kanoniker von Saint-Martin de Tours von Emma, der sie eine Prekarie verleihen, als gloriosae reginae domae Immae domni Roberti regis filiae sororis suae (sc. Hugonis), als der Tochter Roberts und dadurch Schwester Hugos und dann von Hugo ut ipse germanae suae domnae Immae reginae successor existat. "Germana" aber bezeichnet die Schwester vom gleichen Vater. Ende 934 ist Emma schon gestorben (Flodoard 934).
    Durch die Ehe Roberts mit Beatrix sind alle ROBERTINER/KAPETINGER, die von beider Sohn Hugo dem Großen abstammen, Nachkommen KARLS DES GROSSEN. Es ergeben sich entsprechend erhebliche Unterschiede von der achten Generation an, gegenüber der Tafel von Brandenburg.

    Schwager, Helmut: Seite 57,233,406-409, "Graf Heribert II. von Soissons"

    Roberts Gattin Beatrix (+ nach 931) dürfte dem ROBERTINER bereits vor 893 mehrere Güter im Berry, so zum Beispiel Chatillon-sur-Loire (mit den Kirchen Saint-Firmin, Saint-Brisson und Saint-Martin-sur-Ocre) eingebracht haben.
    In diesem Zusammenhang soll auch noch darauf hingewiesen werden, daß eine zum Jahre 895 behauptete Verheiratung von Heriberts II. angeblicher Schwester Beatrix mit dem ROBERTINER Markgraf Robert von Neustrien meines Erachtens nicht zu beweisen ist, was im Exkurs IV näher ausgeführt werden wird.

    4. War Königin Beatrix, die Gattin des westrfränkischen Königs Robert I., eine HERIBERTINERIN?

    Bekannte Historiker der westfränkischen Geschichte im Mittelalter wie zum Beispiel F. Lot, H. d'Arbois de Jubainville, C. von Kalckstein, Ph. Lauer, M. Bur oder K.F. Werner, treten eindeutig dafür ein, daß König Roberts I. Gattin Beatrix (+ nach 931) eine Tochter Graf Heriberts I. (+ 900/06) und Schwester Graf Heriberts II. gewesen sei. Doch können sie kaum quellenmäßige Belege dafür erbringen! Lediglich Kalckstein erwähnt eine fehlerhafte Urkunde Kaiser BERENGARS I. von Italien (+ 924) vom 15. Februar 915 für die Abtei Saint-Martin in Tours, in der dieser Markgraf Robert von Neustrien (+ 923) als "propinquus noster" bezeichnet wird. Kalckstein sieht diese Verwandtschaft mit Vorbehalt durch die Ehe von Beatrix, einer Ururenkelin König Pippins von Italien, mit König Robert I. als gegeben an. Dies kann jedoch meiner Meinung nach nicht zutreffen, da es sonst schon längst Bezeichnungen wie "propinquus noster" auch in Urkunden König Karls III. mit Markgraf Robert von Neustrien als Intervenienten hätte geben müssen, zumal dieser ja noch näher mit ihm verwandt gewesen wäre als der ferne KAROLINGER-Nachkomme in Italien. Tatsächlich taucht eine solche Verwandtschaftstitulierung, nämlich "consanguineus" nur in einer Urkunde Karls III. vom 28. Mai 917 aus Attigny für Markgraf Robert auf. Nun bedeutete "consanguinitas" allerdings eine weit engere Verwandtschaft (= Blutsverwandtschaft) als dies durch eine angeheiratete karolinger-blütige Beatrix von Vermandois gegeben ist (höchstens "propinquitas")! Dies gilt ebenso, wenn man diese "consanguinitas" auf Roberts Sohn Hugo den Großen bezieht, der um 917 mit einer karolinger-blütigen Tochter von Karls III. Tante Rothilde (N.N. von Maine (+ vor 926) verlobt, um 920 dann in erster Ehe verheiratet gewesen ist. Eine "consanguinitas" zwischen König Karl III. und Markgraf Robert von Neustrien müßte daher über ihre Eltern (Robert dem Tapferen, dessen Gattin oder Ludwig II. bzw. dessen Gattin Adelheid) konstruiert werden, was bisher nicht gelungen ist.
    K.F. Werner versucht sodann Beatrix (von Vermandois) als Mutter Herzog Hugos des Großen von Franzien zu erweisen, indem er eine Urkunde des ROBERTINERS vom 26. März 931 aus Tours für die Abtei Saint-Martin zitiert. Darin schenkte der ROBERTINER auch für das Seelenheil seiner anscheinend noch lebenden Mutter Beatrix. Doch ist hier nirgends von ihrer genauen Filiation die Rede, weswegen das Diplom in dieser Frage keine Beweiskraft besitzt.
    Tatsächlich gibt es meiner Ansicht nach nur zwei quellenmäßige Belege aus der Burgundia, die für eine Abstammung der Gattin König Roberts I. von den HERIBERTINERN sprechen, wobei freilich der Name Beatrix nicht fällt, nämlich die Historia Francorum Senonensis und das Chronicon Sancti Petri Vivi Senonensis des Mönches Clarius von Saint-Pierre-le-Vif (+ nach 1124). Die Historia wurde allerdings erst 150 Jahre nach den Ereignissen erstellt und ist wegen zahlreicher Verdrehungen und Entstellungen von nur sehr mittelmäßiger Bedeutung. Denn diese Quelle ist eindeutig gegen die robertinisch-kapetingischen Herrscher der damaligen Zeit gerichtet, indem sie die KAROLINGER-Könige der Vergangenheit bewußt positiv heraushebt. Daher wird nnatürlich Graf Heribert II. als Hochverräter geschildert und seine robertinische Verwandtschaft dabei mitdiskreditiert, was mit Sicherheit die Absicht des Chronisten gewesen ist. Was Clarius Chronicon Sancti Petri Vivi Senonensis angeht, so folgt sie hier wortwörtlich der Historia Francorum Senonensis und stammt zudem aus dem 12. Jahrhundert. Beiden Quellen ist schließlich gemeinsam, daß die Ereignisse des Jahres 923 vollig falsch interpretieren! Sie sehen den KAROLINGER-König Karl IIII. nämlich - entgegen allen anderen Chronisten - als klaren Sieger der Schlacht von Soissons an, der lediglich durch die Hinterlist Graf Heriberts II. zu Fall gekommen sei. Auch die Wahl König Rudolfs als seines Nachfolgers sei von dem KAROLINGER mitbewirkt worden!
    Auf jeden Fall stehen diese beiden dubiosen Quellen allein, weswegen E. Brandenburg [Brandenburg, Nachkommen, 88 (Anmerkungen zu VI,3] Beatrix heribertinische Herkunft auch ablehnt! Er weist dazu besonders auf die im anderen Fall unkanonische Verbindung Graf Heriberts II. mit seiner eigenen Nicht hin. Dies Problem der verbotenen Verwandtenehe löst Werner, indem er Heriberts II. robertinische Gattin N.N. - nach ihm Adela - aus der ersten Ehe König Roberts I. abstammen läßt, während Roberts I. Nachfolger Hugo der Große aus dessen zweiter Ehe mit Beatrix (von Vermandois) stamme. Mit Hilfe dieser geschickten Konstruktion hebelt K.F. Werner in der Tat Brandenburgs Bedenken aus, kann damit jedoch weiterhin nicht - wie schon oben geesagt - die Abstammung der Beatrix aus dem heribertinischen Hause belegen! Auch der Hinweis Werners, daß Herzog Hugo der Große von Franzien einen illegitimen Sohn, nämlich Bischof Heribert von Auxerre (+ 996) gehabt habe, hilft hier nicht weiterr. Denn illegitime Söhne von Hochadeligen wurden damals eher nach der Mutterseite, also hier deer Familie der Konkubine Raingarda benannt. Außerdem kann ja Graf Heribert II. ohne weiteres von seinem Schwager Herzog Hugo dem Großen von Franzien in einer Phase des gemeinsamen Kampfes gegen den KAROLINGER-König als Taufpate für seinen illegitimen Sohn auserkoren worden sein, ohne daß der HERIBERTINER mit dem späteren Bischof Heribert von Auxerre blutsmäßig verwandt gewesen ist. Gravierend ist meiner Meinung nach weiterhin, daß zwar der ROBERTINER Hugo der Große in den Quellen als "gener" Heriberts II. und "avunculus" seiner Söhne bezeichnet wird, dagegen nie als "nepos" Heriberts II.; ebensowenig erscheint sein Vater König Robert I. als "gener" Heriberts II.
    Als letzten Einwand gegen Werners These ist jedoch die einfache Tatsache zu nennen, daß eine heribertinische Gattin König Roberts I. Sohn Hugo den Großen und damit den Enkel Hugo Capet (+ 996), der 987 die KAROLINGER als westfränkisch-französiscche Könige ablöste, zu KAROLINGER-blütigen gemacht hätte. Damit hätte aber im Jahre 987 kein Dynastiewechsel in W-Franken/Frankreich stattgefunden, sondern der karolingischen Hauptlinie wäre lediglich eine "Seitzenlinie" gefolgt. Dem widerspricht aber die offene Kritik französischer Geschichtsschreiber des 11. Jahrhunderts an der Legitimität der KAPETINGER, die erst unter König Philipp II. August von Frankreich (+ 1223) mittels des "reditus regni Francorum ad stirpem Karoli" diesen Makel überwinden konnten. Diese Probleme der KAPETINGER wären aber meiner Ansicht nach völlig unmöglich gewesen, wenn sie wirklich KAROLINGER-Blut in den Adern gehabt hätten; iund wieso haben dann im 12. Jahrhundert königliche Genealogen verzweifelt versucht, die KAROLINGER-Blütigkeit der französsichen KAPETINGER-Könige über ihre angeheirateten Gattinnen zu bewesien, wenn ihnen die heribertinische Mutter Hugos des Großen dies viel leichter gemacht hätte? Doch wird im 12. Jahrhundert in den kapetingischen Genealogien nirgends eine Beatrix (von Vermandois) erwähnt. So steht zwar fest, daß König Roberts I. Gattin Beatrix hieß, daß sie aber eine Schwester Graf Heriberts II. war, ist mit Sicherheit abzulehnen!

    893 oo 2. Robert I. von Neustrien König von Frankreich
    postum 866-15.6.923

    Kinder:
    Hugo der Große
    895-16.6.956

    Literatur:
    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 36 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 62 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/ Opf. 1994 Seite 7,57,233,244 mit Anm. 928,402,406-409 -

    Kinder:
    1. 4. von Franzien, Hugo wurde geboren in 895; gestorben in Jun 956 in Dourdan [91410],Essonne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

  3. 10.  von Sachsen, Heinrich I.von Sachsen, Heinrich I. wurde geboren um 876 (Sohn von von Sachsen, Otto und von Babenberg, Hadwig); gestorben am 2 Jul 936 in Memleben [6642],Burgenlandkreis,Sachsen-Anhalt,Deutschland; wurde beigesetzt in Quedlinburg [06484],Quedlinburg,Sachsen-Anhalt,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 919-936, Deutschland; Deutscher König
    • Titel/Amt/Status: 912-936, Sachsen,Deutschland; Herzog von Sachsen

    Notizen:

    HEINRICH I.
    Ostfränkisch-Deutscher König (919-936)
    Herzog von Sachsen (912-936)
    um 876 † 2.7.936 Memleben Begraben: Quedlinburg, Stiftskirche

    3. Sohn des Herzogs Otto des Erlauchten von Sachsen († 30.11.912) aus dem Hause der LIUDOLFINGER und der BABENBERGERIN Hadwig, Tochter von Markgraf Heinrich von Friesland (⚔ 20.8.886) und der Judith von Friaul
    Bruder von Graf Thankmar in Sachsen († vor 30.11.912), Graf Liudolf in Sachsen († vor 30.11.912), Königin Oda von Lothringen († 2.7. nach 952), Gräfin Irminburg von Merseburg († 29.12. um 930) und Äbtissin Liutgard von Gandersheim († 21.1.923),
    Neffe von Herzog Brun von Sachsen (⚔ 2.2.880), Mönch Thankmar, Königin Liutgard vom Ostfränkischen Reich († 17.11/30.11.885), Äbtissin Hathumod von Gandersheim († 29.11.874), Äbtissin Gerberga von Gandersheim († 5.11.896/97), Äbtissin Christina von Gandersheim († 1.4.919/20), Gräfin Enda († vor 874), vom BABENBERGER Grafen Heinrich II. (⚔ 902), BABENBERGER Grafen Adalhard († 903 hingerichtet), BABENBERGER Grafen Adalbert († 9.9.906 hingerichtet) und Gräfin Adellinde im Ammergau († nach 915)
    Enkel von Liudolf dux († 12.3.866) und der Oda
    Ur-Enkel von Markgraf Eberhard von Friaul († 866) und der KAROLINGERIN Gisela

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2036

    1. Heinrich I., König des ostfränkisch-deutschen Reiches
    * um 876, † 2. Juli 936 in Memleben Begraben: Quedlinburg, Stiftskirche

    Stammte aus der sächsischen Familie der LIUDOLFINGER.
    Eltern: der sächsische Herzog Otto der Erlauchte († 912), Hadwig

    1. oo Hatheburg
    2. oo Mathilde

    Kinder:
    von 1.:
    - Thangmar

    von 2.:
    - Otto I.
    - Gerberga
    1. oo Giselbert, Herzog von Lothringen
    2. oo Ludwig IV., König von Frankreich
    - Hadwig
    oo Hugo von Francien
    - Heinrich der Jüngere
    - Brun, Erzbischof von Köln

    Die Ehe mit Hatheburg (Zugewinn ostsächsischer Güter) wurde 909 zugunsten derjenigen mit Mathilde, Nachfahrin Herzog Widukinds, aufgelöst (Einflußgewinn in Ostfalen und Engern). Nach dem Tode des Vaters trat Heinrich die Nachfolge im Herzogtum Sachsen an und kam schnell in Konflikt mit den KONRADINERN (KONRAD I., dessen Bruder Eberhard und dem Mainzer Erzbischof Hatto), wobei er seine Stellung behaupten und ausbauen konnte.
    Nach dem Tode KONRADS wurde Heinrich aufgrund von dessen Designation und wohl nach erfolgreichen Verhandlungen über ein umfassendes konradinisch-liudolfingisches Bündnis im Mai 919 in Fritzlar zunächst durch die fränkischen Großen zum König gewählt, es folgte die Akklamation durch die fränkisch-sächsische Heeresversammlung. Die vom Mainzer Erzbischof Heriger angebotene Weihe (Salbung und Krönung) lehnte Heinrich ab, ohne damit die politisch-rechtliche Bedeutung eines solchen Akts in Frage zu stellen. Die Geste, die unter anderem den Verzicht auf den Anspruch auf zentrale Kirchenhoheit signalisiert haben dürfte, richtete sich wohl an den seinerseits auf eigene Ansprüche verzichtenden Eberhard von Franken und an die anderen Herzöge, deren Anerkennung noch gewonnen werden mußte. Die Durchsetzung dieser fränkisch-sächsischen Königs-Herrschaft bei den Herzögen Burchard II. von Schwaben und Arnulf von Bayern gelang bis 921. Letzterer hatte zuvor selbst schon sehr weit gediehene Königspläne, über deren Konkretisierung (reale Erhebung?) die Quellen aber letztlich keine eindeutige Auskunft geben. Der Preis für seine Unterwerfung war unter anderem die herzogliche Kirchenhoheit in Bayern.
    Dieser politische Kompromiß sorgte wie die mit den anderen Herzögen geschlossenen Bündnisse über den Tod HEINRICHS I. hinaus bis in die Zeit unmittelbar nach dem Herrschaftsantritt OTTOS I. für stabile Verhältnisse, wobei der prägende Begriff für diese und weitere Abkommen die »amicitia« ('Schwurfreundschaft') war, die eine gleichberechtigte Einigung zwischen dem König und seinen Partnern umschreibt und als politisches Konzept durch den relativen Frieden im Innern viel zur erfolgreichen Konsolidierung und beginnenden Expansion des ottonischen Reichs beigetragen hat.
    Zielpunkte der von König und Herzögen teils gemeinsam, teils selbständig organisierten militärisch-politischen Unternehmungen waren die westlich und südlich angrenzenden Bereiche des alten KAROLINGER-Reiches ebenso wie die heidnischen Gebiete im Norden und Osten.
    Bayrische und schwäbische Interessen richtete sich auf Italien und Burgund, HEINRICHS Westpolitik vor allem, begünstigt durch die Schwäche der westfränkischen Zentralgewalt, auf Lotharingien. Nachdem er noch 921 (Vertrag von Bonn) die Hoheit Karls III. dort gegen die eigene Anerkennung als ostfränkischer König bestätigt hatte, gewann er bis 926 das Land für seine Herrschaft.
    Zugleich konnte er nach dem Tode Burchards II. den KONRADINER Hermann zum schwäbischen Herzog erheben und ein Abkommen mit Rudolf II. von Burgund schließen.
    Im Norden und Osten kamen militärische Erfolge gegen Dänen und slavische Völker mit ersten Ansätzen einer Missions-Politik hinzu. Entscheidende Erfolge für die Konsolidierung von HEINRICHS Herrschaft waren der neunjährige Waffenstillstand mit den Ungarn, der zur Errichtung einer Kette von befestigten Plätzen genutzt wurde (Burgenbauordnung), und der anschließende Sieg (933 bei Riade) über ein Heer der Reiter-Nomaden.
    Unter HEINRICH I. kam es 929 erstmals zur Regelung der Thronfolge mit bewußter Individualsukzession zugunsten des Erstgeborenen aus zweiter Ehe (Bruch mit der fränkischen Teilungs-Tradition). Damit und mit der Übertragung der Königswürde an einen Sachsen wurde in wesentlichen Elementen bereits das hochmittelalterliche »Imperium Romanum« mit einem Kern konstituiert, der auch in formaler Hinsicht eine supragentile (nicht mehr allein fränkische) Identität besaß, und den ca. ein Jahrhundert später die Zeitgenossen endgültig als »deutsch« zu nennen begannen. Deutschland, B. II.
    E. Karpf

    Quellen:
    MGH DD H.I.
    Die Sachsengesch. des Widukind v. Korvei, hg. P. Hirsch - H.-E. Lohmann (MGH SRG, 1935)
    Liudprand v. Cremonas Antapodosis (Die Werke Liutprands, hg. J. Becker [MGH SRG], 1915)
    RI II, 1 [Neudr. 1967]

    Literatur:
    J. Fleckenstein, Die Hofkapelle der dt. Kg.e, II (MGH Schr. 16/2, 1966)
    W. Schlesinger, Die Kg.serhebung H.s I. zu Fritzlar i. J. 919 (Fschr. 1974), 121ff.
    G. Althoff, Adels- und Kg.sfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung, MMS 47, 1984
    E. Karpf, Kg.serhebung ohne Salbung, HJL 34, 1984, 1ff.
    G. Althoff-H. Keller, H.I. und Otto d. Gr., 1985
    E. Karpf, Herrscherlegitimation und Reichsbegriff in der otton. Geschichtsschreibung des 10. Jh., 1985
    H. Beumann, Die Ottonen, 1987
    Deutschland.MGH DD H I. - Die Sachsengesch. des Widukind v. Korvei, hg. P. Hirsch - H.-E. Lohmann (MGH SRG, 1935) - Liudprand v. Cremonas Antapodosis (Die Werke Liutprands, hg. J. Becker [MGH SRG], 1915) - RI II, 1 [Neudr. 1967]

    Althoff Gerd: Seite 367, "Adels- und Königsfamilien"

    K 24
    Lü: 2.7. Heinricus rex † 936 König Heinrich I.
    Me: 2.7. Heinricus rex pater magnis Oddonis

    Zu den Einträgen ins Lüneburger Necrolog aus der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts, die weitgehend vom Verwandtenkreis der Königin Mathilde bestimmt sind, und zu den Konsequenzen dieses Befundes für die Frühgeschichte der BILLUNGER siehe ausführlich oben Seite 69ff.
    Im Gebetsgedenken der Zeit HEINRICHS I. spiegelt sich eine neue Form der Herrschaftspraxis der ersten sächsischen Königs, siehe dazu oben Seite 204.
    Allg. vgl. Waitz, Jbb Heinrichs I.; NDB 8, s. 307ff, Biogr. Wörterbuch 1, Sp. 1062ff.; FW K 35

    Glocker Winfrid: Seite 263, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    III. 3. HEINRICH I.
    * c 876, † 936 VII 2
    912 dux; 919 V 12/24 König im ostfränkischen Reich

    900/07-909 1. oo 2. HATHEBURG, Tochter des "senior" Erwin, * vielleicht c 876, † nach 909 möglicherweise am VI 21

    909 2. oo MATHILDE, Tochter des Grafen Dietrich und der Reinhilde, * 994/97, † 968 III 14 "stirpis magni ducis Widukindi"

    Aus Widukind I c. 17, S. 27, und von Hrotsvith, Primordia coem. Gandeshem. v. 69 f., kennen wir König HEINRICH I. als Sohn des Herzogs Otto der Erlauchte.
    Die Abstammung des ersten Sachsen-Königs von Otto und dessen Gemahlin Hadwig bezeugen des weiteren Thietmar I c. 3, Seite 6, und die Vita Mathildis posterior c. 1, SS IV 284.
    Die übrigen Belege sind zusammengestellt bei Waitz Seite 13 und bei BO. a.
    HEINRICHS ungefähres Geburtsjahr ergibt sich aus der Angabe Widukinds I c. 41, Seite 60, König HEINRICH I. sei im Alter von "fere LX" verstorben. Tag und Jahr des Todes sind bezeugt durch den Continuator Regiononis a. 936, Seite 159; die weiteren Belege sind von BO. 55b zusammengestellt.
    HEINRICH folgte seinem Vater, Herzog Otto dem Erlauchten, nach dem Zeugnis Widukinds I c. 21, Seite 30, im "ducatus" nach; zur Königserhebung vgl. Waitz Seite 37-41.
    Nur durch Thietmar I c. 5, S. 8/10, und I c. 9, Seite 14, sind wir offenbar aus lokaler Tradition über die 1. Vermählung HEINRICHS I. mit Hatheburg unterrichtet; der Sohn des Sachsen-Herzogs bemühte sich um diese Dame "ob huius pulchritudinem et hereditatis divitiarumque utilitatem". Hatheburgs Vater war Erwin, der den größten Teil der Altenburg in Merseburg besaß und bei Thietmar als "senior" bezeichnet wird, aber offenbar keine Grafenrechte ausübte (vgl. Schölkopf, Grafen Seite 35f.). Der zitierten Thietmar-Stelle können wir weiter entnehmen, dass Erwin söhnelos verstarb und somit seinen Besitz Hatheburg und deren namentlich unbekannten Schwester hinterließ. Diese Schwester war die Mutter des Legaten und "a rege secundus" namens Siegfried, der 936 während der Krönungsfeierlichkeiten für OTTO I. dessen Bruder, den jungen Heinrich, "beaufsichtigte" (Widukind I c. 2, Seite 67); vgl. hierzu im 1. Teil Seite 57.
    Aus der Ehe HEINRICHS mit Hatheburg ging ein Sohn mit Namen Thankmar hervor, der nach dem Tode König HEINRICHS I. sein Muttergut einforderte. Vgl. zu Merseburg allg. Schlesinger, Merseburg.
    Hatheburg scheint nach der Trennung von ihrem zweiten Gemahl wieder in eine Frauengemeinschaft zurückgekehrt zu sein. Für diese Vermutung spricht nicht nur unser Wissen von der standesüblichen Versorgung der Witwen, sondern auch der Eintrag einer "Hadeburg abb" im Merseburger Nekrolog, die wohl mit der ersten Gemahlin König HEINRICHS I. zu identifizieren ist; vgl. Althoff, Adelsfamilien Kommentar A 40, und im 1. Teil Seite 47.
    Die zweite Gemahlin HEINRICHS, die Königin Mathilde, gehörte zur sogenannten widukindisch-immedingischen Verwandtengruppe, zu der an der Literatur neben Krüger, Grafschaftsverfassung Seite 90-93, vor allem der Aufsatz von Schmid, Nachfahren zu nennen ist. Diese Verwandtengruppe der Nachkommen Widukinds leitete sich von Widukind, dem charismatischen Führer der Sachsen in ihrem Kampf gegen KARL DEN GROSSEN, her. Diese Verwandtengruppe wird im 9. und 10. Jahrhundert nochmals für uns faßbar bei den Inhabern der kirchlichen Stiftung Wildeshausen, bei dem Enkel Widukinds namens Waltbert und dann bei der Vermählung des späteren Königs HEINRICH I. mit Mathilde, die der "stirps magni ducis Widukindi" entstammte, worauf uns nicht nur die Sachsengeschichte Widukinds von Corvey I c. 31, Seite 44, sondern auch die Vita Mathildis antiquior c. 2, SS X 576, und Thietmar I c. 9, Seite 14, stolz hinweisen. Die genealogischen Konstruktionen der älteren Forschung einschließlich derjenigen von Krüger, die auf der Basis der bekannten Angehörigen dieser Verwandtengruppe eine direkte Nachkommensfolge zu erstellen versucht, hat Schmid, Nachfahren Seite 73ff., zurückgewiesen. Schmid betont, daß das auf uns gekommene Wissen über die einzelnen Angehörigen zu fragmentarisch und lückenhaft sei, als daß man diese Lücken mit genealogischer Kombination zu einer direkten Nachkommenstafel Widukinds ergänzen könnte. Man müsse sich vielmehr damit begnügen, von einem Geblütsbewußtsein der Nachfahren Widukinds zu sprechen, das sich in den verschiedenen Zweigen dieser Verwandtengruppe fortpflanzte und am Leben blieb.
    Mathilde wurde zu der Zeit, als Heinrich, der Sohn des Sachsen-Herzogs, um sie warb, nach dem Zeugnis der Vita Mathildis antiquior c. 1, SS X 575, noch in einem Kloster erzogen. Doch zeigt sich bereits bei diesem Zeugnis die Problematik, die Mathildenviten für die Rekonstruktion des historischen Faktenablaufs zu verwerten, könnte sich hinter einer Werbung aus dem Kloster auch ein hagiographischer Topos verbergen! Unter der Annahme, die angesprochene Angabe sei glaubhaft und trüge nicht nur funktionellen Charakter im Rahmen des Werbungsromans der Vita, müßte Mathilde zur Zeit der Eheschließung mit Heinrich 13 bis 15 Jahre alt gewesen sein; vgl. Köpke-Dümmler Seite 5.
    Der Todestag ist überliefert bei Widukind III c. 74, Seite 151, das Jahr in den Nekrologannalen von Fulda (vgl. FW Kommentar K 41). Die übrigen Belege bringt Köpke-Dümmler Seite 440, Anm. 1.
    Allgemein informieren aus der älteren Literatur Büsing und Lintzel (in den "Westfälischen Lebensbildern").

    Schwennicke Detlev: Tafel 10, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    HEINRICH I.
    * 876, † Memleben 2. VII 936 Begraben: Quedlinburg Stiftskirche

    Fritzlar 6.V 919 DEUTSCHER KÖNIG
    906, getrennt 909 I. oo HATHEBURG Witwe von N.N., Tochter von Erwin senior

    Wallhausen 909 II. oo MATHILDE, Laien-Äbtissin von Nivelles * 896, † Quedlinburg 14. III 968
    Tochter von Graf Dietrich (Theoderich) (IMMEDINGER) und Reginlind, Begraben: ibid Stiftskirche

    Hlawitschka; Eduard: Seite 111, "König Heinrich I." in: Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern.

    KÖNIG HEINRICH I.
    * ca. 876
    † 2.7.936 in Memleben
    Grabstätte: Vor dem Altar der damaligen St.-Peter-Kirche (späteren Stiftskirche St. Servatius, Dom) auf dem Burgberg in Quedlinburg
    Eltern: Graf (Herzog/dux) Otto der Erlauchte (* ca. 836/40, † 30.11.912) und Gräfin Hadwig (* ca. 850/55, † 24.12.903) aus der Familie der BABENBERGER

    Eine Quellen und Literatur gleichermaßen auswertende Untersuchung über die Vorfahren HEINRICHS I. liefert E. Hlawitschka, Zur Herkunft der Liudolfinger, in: ders., Stirps regia, Forschungen zu Königtum und Führungsschichten im frühen Mittelalter, hg. von G. Thoma und W. Giese (9188) Seite 313-354 (mit Stammtafel auf Seite 351)

    Geschwister:
    Thankmar
    Liudolf
    (beide † vor 912)
    Liudgard, Äbtissin von Gandersheim († 21.1.923)
    Oda († 956?)
    Gemahlin
    1. König Zwentibolds von Lotharingien
    2. Graf Gerhards
    Halb-Schwester NN
    Gemahlin eines Thüringers Wido

    ca. 906; Ehetrennung ca. 908/09
    1. oo HATHEBURG, Tochter des (Grafen) Erwin von Merseburg

    909 in Wallhausen
    2. oo MATHILDE * um 895, † 14.3.9068 Grabstätte: neben HEINRICH I. in Quedlinburg

    (aus dem Geschlecht des Sachsen-Herzogs Widukind), Tochter des Grafen Dietrich (Theoderich) in Westfalen und seiner Frau Reinhild; beide † nach 929

    Zur Herkunft Dietrichs vgl. K. Schmid, Die Nachfahren Widukinds, DA 20 (1964) Seite 1-47; zur Seitenverwandtschaft Mathildes auch E. Hlawitschka, Kontreverses aus dem Umfeld von König Heinrichs I. Gemahlin Mathilde, in: ders., Stirps regia (wie oben) Seite 355-376

    HEINRICH geriet bei der Übernahme der Regierung im Herzogtum mit Erzbischof Hatto I. von Mainz in Konflikt wegen der Mainzer Besitzungen in dem 908 weitgehend unter sächsische Herrschaft gebrachten Thüringen. 915 schlug er den in Sachsen eingedrungenen Eberhard, Bruder König KONRADS I., bei der Eresburg vernichtend und drang im Gegenzug in Franken ein. KONRAD I. war nicht in der Lage, die Herzogsmacht HEINRICHS zu gefährden. Die 919 in Fritzlar versammelten sächsischen und fränkischen Großen wählten den von KONRAD I. designierten Heinrich von Sachsen zum König. HEINRICH I. lehnte die geistliche Salbung ab, um seine auf einen Kompromiß mit den Herzögen orientierte Politik nicht durch eine Festlegung zugunsten der Kirche zu gefährden. Das historische Verdienst HEINRICHS ist es, auf den Trümmern des von einer tiefgehenden Krise zerrütteten Ost-Franken-Reiches den Grundstein für eine starke Zentralgewalt gelegt und den Zusammenhalt zwischen den deutschen Stämmen entscheidend gefördert zu haben. HEINRICH setzte sich 919 gegen den Schwabenherzog und 921 gegen den von schwäbischen und bayrischen Feudalherren in Forchheim zum Gegen-König erhobenen Herzog Arnulf von Bayern durch Zugeständnisse hinsichtlich der Verfügungsgewalt über die Kirche durch. Im Vertrag von Bonn (7.11.921) erkannten sich HEINRICH I. und Karl III. der Einfältige gegenseitig an. HEINRICH erreichte nach verheerenden Einfällen der Magyaren (Ungarn) in Sachsen, Schwaben und Bayern gegen Freilassung eines ungarischen Großen und Zahlung eines Tributes einen 9-jährigen Waffenstillstand. Um diese Einfälle wirkungsvoll abwehren zu können, stellte HEINRICH I. ein gepanzertes Ritterheer auf und legte Befestigungen, besonders in Sachsen und Thüringen, aber auch in Schwaben, Bayern und Hessen, an. In Ost-Sachsen wurde das Land in kleine Bezirke mit einer Burg (Burgwarde) aufgeteilt. Unter Ausnutzung der innenpolitischen Auseinandersetzungen des französischen Königs mit dem Feudaladel gelang es HEINRICH I. nach zwei Feldzügen, 925 Lothringen einzugliedern, das er 928 Giselbert, Sohn des Grafen Reginar, übergab. Mit einem Eroberungszug gegen die Heveller, deren Hauptort Brandenburg erobert wurde, begann 928/29 die erste Phase der Ostexpansion des frühfeudalen Staates, die durch brutale Raubzüge gegen die Elbslawen gekennzeichnet war. HEINRICH I. zog gegen die Daleminizer, deren Festung Gana (südlich von Riesa) erobert wurde. 929 zog HEINRICH I. nach Prag und veranlaßte Herzog Wenzel von Böhmen zur Huldigung. Der Aufstand der Redarier, Obodriten und Wilzen wurde von deutschen Feudalherren am 4.9.929 bei Lenzen an der Elbe brutal niedergeschlagen. Am 15.3.933 schlug HEINRICH I. mit einem Heer, an dem alle deutschen Stämme beteiligt waren, bei Riade (Kalbsrieth an der Helme ?) die nach Ablauf des Waffenstillstandes wieder in Sachsen und Thüringen eindringenden Ungarn in die Flucht. Dieser entscheidende Erfolg stärkte die Autorität HEINRICHS I. Nach einem erfolgreichen Kriegszug gegen die Dänen eroberte er 934 Haitabu, stellte die dänische Mark zwischen Eider und Schlei wieder her und zwang König Knuba zur Taufe. 935 erwarb er von Rudolf II. von Hoch-Burgund gegen die Abtretung von Basel die angeblich einst Konstantin gehörige Heilige Lanze als Symbol der Herrschaft über Italien. Er plante wahrscheinlich einen Romzug und den Erwerb der Kaiserkrone, um unter anderem eine Italien-Politik der süddeutschen Herzöge und die damit verbundenen Absonderungsbestrebungen der Herzöge aus dem entstehenden frühfeudalen Staat zu verhindern. In Bodfeld am Harz erlitt er einen Schlaganfall. Ihm folgte sein 936 in Erfurt designierter ältester Sohn OTTO.
    HEINRICH errichtete mit Tatkraft und Spürsinn für das Machbare ein unter dem Zepter des Herrschers geeintes Reich. Er sicherte und erweiterte die Reichsgrenzen und brachte Ruhe und Ordnung in das Land. Der erfolgreiche und hochangesehene Sachsen-König schuf die Voraussetzungen für die späteren Erfolge seines Sohnes.



    900/07 1. oo 2. Hatheburg von Merseburg, Tochter des "senior" Erwin, um 876 † 21.6. nach 909

    909 2. oo Mathilde von Ringelheim, Tochter des Grafen Dietrich, 894/97 † 14.3.968


    Kinder:
    1. Ehe

    - Thankmar 900/05 † 28.7.938

    2. Ehe

    - OTTO I. König des Deutschen Reiches 23.11.912 † 7.5.973 Wallhausen
    - Heinrich I. Herzog von Bayern 4.919/22.4.922 † 1.11.955 Nordhausen
    - Brun Erzbischof von Köln 1. Hälfte 5.925 † 11.10.965
    - Gerberga um 913/14 † 5.5. nach 968 (984?) Nordhausen
    929 1. oo Giselbert Herzog von Lothringen ca 880 † 2.10.939
    939 2. oo Ludwig IV. König von Frankreich 10.9.920/10.9.921 † 10.9.954
    - Hadwig um 922 † 9.1. nach 958
    14.9.937 oo Hugo der Große Herzog von Franzien um 895 † 16./17.6.956


    Chroniken:
    Adalberts Fortsetzung des Regino. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 192-196 - Adam von Bremen: Hamburgische Kirchengeschichte. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 226,228 - Annalista Saxo: Reichschronik. Seite 4,5,26,139 - Hermann von Reichenau: Chronicon. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 632,634 - Hrosvit von Gandersheim - Lampert von Hersfeld: Annales/Annalen Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 2000 Seite 28 - Liudprands von Cremona: Werke in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 292, 294,304-324,354,356,370,396,400,402,418-426,436,444,450 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 6-14,20-26,30-34,54,158,308,476 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart 1981 Seite 17,19,21,53,59,61,65,67,69,71,73,75,77,81,83,95,101,105,111,117,119,135,147 -

    Literatur:
    Adelheid Kaiserin und Heilige 931 bis 999 Info Verlag Karlsruhe 1999 - Althoff Gers: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 2,27,68,79, 131,135,139,157,161,168,203,226,367 K 24 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 23-80,83,87,106,202,233,235,246 - Althoff, Gerd/Keller, Hagen: Heinrich I. und Otto der Große, Muster-Schmitt Verlag Göttingen 1994 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 39-174 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 9,21-23,26-29, 32-56,58,61,68,78,80,100,107,115,157,168 - Black-Veldtrup, Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien, Böhlau Verlag Köln 1995, Seite 160,161,167,169,280,315 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 22,26,34,39,65 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln - Brüsch, Tania: Die Brunonen, ihre Grafschaften und die sächsische Geschichte. Herrschaftsbildung und Adelsbewußtsein im 11. Jahrhundert. Matthiesen Verlag Husum 2000 Seite 13,26,106,175,184,222 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 26,46,49,57,104,153,171,175,225,228,273,360,375/Band II Seite 374,388,393,397,470,482/Band III Seite 10, 480-482,485-488,491,500,515,539 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches, Gustav Lübbe Verlag Bergisch Gladbach 1994 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 14,22,28 - Eibl, Elfie-Marita: Heinrich I., in Deutsche Könige und Kaiser des Mittelalters, Urania-Verlag 1988, Seite 20-33 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 22-479 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1998, Seite 13,25,33,195,208 - Giese, Wolfgang: Der Stamm der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer Zeit. Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1979, Seite 19-24,46,60-64,66-68,70-73,75,77-97,99-101,104, 107,113,117,120-124,129,132,138,148,164,198-202,222 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 7-356 - Goez, Werner: Lebensbilder aus dem Mittelalter. Die Zeit der Ottonen Salier und Staufer. 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Hahnsche Buchhandlung Hannover 2003 Seite 4,8,13,19,26,28,36,44,60,63,68,78,83,123,138,166,188,194 - Hlawitschka Eduard: König Heinrich I. (918-936), in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, Hg. Karl Rudolf Schnith, Seite 110-122 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 5-29,31-36,38-41,47,49,67,69,72-78,84,88-98,116,178 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. 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Canossa und der Kampf um die Weltherrschaft, Bechtle Esslingen 1996, Seite 126,263 - Wies, Ernst W.: Kaiser Friedrich Barbarossa. Mythos und Wirklichkeit, Bechtle Esslingen 1999, Seite 273,276,278 - Zimmermann, Harald: Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1976 -



    Bild Heinrichs I. in der anonymen Kaiserchronik für Kaiser Heinrich V., um 1112/14 (Corpus Christi, Cambridge, Ms 373, fol. 40r).

    BildHeinrich



    Neue Deutsche Biographie - Heinrich I.

    König, * circa 875, † 2.7.936 Memleben/Unstrut, ⚰ Quedlinburg, Stiftskirche.

    Das Urteil über den ersten deutschen König aus sächsischem Hause hat nicht nur die Familientradition der im Raum von Gandersheim begüterten Liudolfinger zu berücksichtigen, sondern auch H.s fränkische Ahnen, die er seiner Großmutter Oda sowie – mit dem Namen Heinrich – seiner babenbergischen Mutter verdankte. Die Ehe des Vaters stand im Zeichen einer liudolfingisch-babenbergischen Koalition gegen die Konradiner, die nach dem Sieg der Konradiner über ihre mainfränkischen Rivalen (906) zusammenbrach. Zuvor war H. vom Vater mit einem Feldzug gegen die Dalaminzier betraut worden. Der veränderten Konstellation nach 906 entsprach 909 die Eheschließung mit der im Stift Herford erzogenen Mathilde aus dem Geschlecht des Sachsenherzogs Widukind nach kirchlich sanktionierter Auflösung der 1. Ehe mit Hatheburg. Die Liudolfinger gewannen so den nördlichen Eckpfeiler der konradinischen Stellung im oberen Weserraum und damit die Voraussetzung zur Begründung eines gesamtsächsischen Dukats. Als Nachfolger des Vaters im Herzogtum (912) brach H. mit der bisherigen Loyalität gegenüber König Konrad I. und EB Hatto von Mainz. Er okkupierte Mainzer Güter rechts der Weser bis Nörten und in Thüringen und setzte sich bis 915 gegen Eberhard, den Bruder des Königs, im Weserbergland, in Corvey und auf der Eresburg durch. Im Gegenstoß gelangte Konrad I. bis zur Pfalz Grona (bei Göttingen), wo es zu einem konradinisch-liudolfingischen Ausgleich als Grundlage der späteren Thronfolgeregelung kam.

    Nach dem Ableben Konrads I. wurde H. 919 tatsächlich mit konradinischer Unterstützung zu Fritzlar von Franken und Sachsen auf Vorschlag Eberhards, der zugleich mit Berufung auf eine letztwillige Weisung seines Bruders den Thronverzicht aussprach, gewählt. H. lehnte allerdings die von EB Heriger von|Mainz angebotene Salbung und Krönung ab. Gemeinsam mit einem anderen Teil der Franken erhoben die Bayern im gleichen Jahr (vorher oder nachher?) wahrscheinlich zu Forchheim den Bayernherzog Arnulf zum König in regno Teutonicorum und somit ebenfalls zum Nachfolger Konrads I. Als Motiv für die Ablehnung der kirchlichen Herrscherweihe kommt neben den territorial-politischen Differenzen zwischen H. und der Mainzer Kirche auch ein grundsätzlicher Vorbehalt in Betracht. In diesem Zusammenhang ist auch der Einschnitt, den H.s Herrschaftsantritt in der Geschichte von Kanzlei und Hofkapelle bildet, von Bedeutung.

    H.s Versuch, seine Anerkennung in Schwaben, dessen Herzog Burchard, durch Abwehrkämpfe gegen König Rudolf II. von Hochburgund in Anspruch genommen, beiden Wahlen ferngeblieben war, und in Bayern durch kriegerische Aktionen zu erzwingen, führte zu Kompromißlösungen, die den süddeutschen Herzögen weitgehende Autonomie und vor allem die Herrschaft über die Kirche beließen. Arnulf von Bayern verzichtete zwar auf den Königstitel, wahrte jedoch die einem karolingischen Teilkönig vergleichbare Stellung. Sie ist derjenigen Lotharingiens im westfränkischen Reich Karls des Einfältigen zur Seite zu stellen, wo 920 Giselbert zum princeps (König?), wahrscheinlich mit Unterstützung H.s, erhoben wurde. H. hat jedenfalls damals im Streit um die Besetzung des Bistums Lüttich gegen Karl zu Gunsten Giselberts interveniert. Mit Karl, der sich inzwischen in Lothringen wieder durchgesetzt hatte, gelangte H. im Bonner Vertrag vom 7.11.921 zu einem Ausgleich durch Abschluß einer rechtsförmlichen amicitia bei gegenseitiger Anerkennung der Könige als rex Francorum occidentalium und rex orientalis. Damit erkannte zwar H. die Rheingrenze an, der legitime Karolinger jedoch zugleich das Königtum des Sachsen, wenn auch nicht als ein fränkisches. Zu den Folgen gehörte die Revision der Lütticher Frage zu Gunsten des karolingischen Kandidaten mit Unterstützung Kaiser Berengars und Papst Johanns X. Schon 923 optierte H. für den französischen Gegenkönig Robert und gewann gegenüber dessen Nachfolger Rudolf vor allem in Niederlothringen um so leichter an Boden, als die politischen Ziele dieses Königs durch das westfränkische Burgund, sein vormaliges Herzogtum, geprägt waren. So konnte H. in das Gebiet zwischen Rhein und Mosel einrücken. Nach wechselnden Kämpfen begünstigte eine schwere innere Krise des westfränkischen Königtums den Anschluß ganz Lothringens an H.s Reich (925). Das ehemalige regnum Lotharii, die Heimat der Karolinger, mit Aachen, der Hauptpfalz Karls des Großen, war mit dem einstigen ostfränkischen Reiche wieder vereinigt, und diesem wurden neben bedeutendem materiellen Gewinn auch Träger und Stätten karolingischer Traditionen zugeführt. Das Amt des Herzogs von Lothringen erhielt Konrads I. Bruder Eberhard.

    Gegen die Ungarn, die seit der Jahrhundertwende das sich auflösende Frankenreich heimsuchten, sicherte H. wie schon vor ihm Berengar I. von Italien und Arnulf von Bayern sein Reich nach Gefangennahme eines hochgestellten ungarischen Führers 926 durch einen 9jährigen Waffenstillstand sowie durch eine im gleichen Jahr beim Reichstag zu Worms für das ganze Reich erlassene Ordnung zur Errichtung von Fluchtburgen. Ältere karolingische Einzelmaßnahmen gegen die Normannen, bayerische und italienische gegen die Ungarn sowie das fränkische System der Burgwerksordnung dürften dabei von Einfluß gewesen sein. Als systematische und umfassende Maßnahme der Zentralgewalt nimmt H.s Burgenordnung jedoch eine Sonderstellung ein. Die Aufstellung einer gepanzerten Reitertruppe trat ergänzend hinzu. Der Waffenstillstand wurde bereits 3 Jahre vor seinem Ablauf auf dem Erfurter Reichstag 932 gekündigt. Dies löste einen bewaffneten Konflikt aus, der mit H.s Sieg an der Unstrut am 15.3.933 endete. Wie schon bei der Burgenordnung haben auch hier alle deutschen Stämme mitgewirkt, so daß H.s Kriegserfolg, der das Reich und die christlichen Nachbarländer nachhaltig entlastete, die Anerkennung seines Königtums durch alle deutschen Stämme bezeugt und als Markstein auf dem Wege zur Bildung eines überstammlichen deutschen Gemeinschaftsbewußtseins gelten kann.

    In H.s Ostpolitik gegenüber den Elbslawen und den Böhmen überwiegt mit der Einnahme der Brennaburg (Brandenburg) im Lande der Heveller sowie der Dalaminzier-Burg Gana, mit der Gründung der Burg Meißen sowie mit dem von Arnulf von Bayern unterstützten Böhmenfeldzug, der bis nach Prag und zur Unterwerfung des Böhmenherrschers Wenzel führte (929), das kriegerische Moment das der Mission, für die in diesem Bereich allenfalls das nach Corvey weisende Prager Vitus-Patrozinium einen Hinweis bietet. Nach dem Ungarnsieg kam es allerdings im Anschluß an den siegreichen Dänenfeldzug und die Unterwerfung des dänischen Unterkönigs Chnuba, des Herrn von Haithabu, zu dessen Taufe und zu einer Missionsreise des EB Unni von Hamburg-|Bremen, die sich auf den Spuren Anskars nach Dänemark und Schweden (Birka) erstreckte.

    Seine Stellung in Lothringen und vor allem in Oberlothringen vermochte H. im Schatten innerfranzösischer Thronkämpfe zwischen König Rudolf und Graf Heribert von Vermandois weiter zu festigen. Der ihm vom lothringischen Episkopat gewährten Unterstützung entsprach H. mit der Übertragung weltlicher Herrschaftsbefugnisse an diesen nach westfränkischem Vorbild. Für die Sicherung Niederlothringens bedeutete der 928 in Aachen und Maastricht bewirkte Ausgleich zwischen EB Ruotger von Trier und dem im Maasgebiet (Chèvremont) mächtigen Giselbert, dem dessen Ehe mit H.s Tochter Gerberga und die Anerkennung als Herzog folgten, eine weitere Festigung der deutschen Herrschaft namentlich im Gebiet zwischen Maas und Schelde.

    Anders als gegenüber den sonstigen Nachbarn des Reichs lag die Außenpolitik gegenüber Burgund und Italien zunächst weniger in der Hand des Königs als in der der süddeutschen Stammesherzöge. 922-26 vermochte König Rudolf II. von Burgund im Bunde mit Herzog Burchard von Schwaben als Rivale Kaiser Berengars in Italien aufzutreten, ohne sich nach dessen Ermordung (924) durchsetzen zu können. Der Tod Burchards vor Novara beim schwäbisch-burgundischen Feldzug von 926 besiegelte vielmehr den Zusammenbruch der hochburgundischen Italienpolitik, die vom italienischen Königtum Hugos von der Provence abgelöst wurde. Der schwäbischen Italienpolitik ist in der anschließenden Phase eine bayerische zur Seite zu stellen, die im Italienzug Herzog Arnulfs und seines Sohnes Eberhard (933/34) gipfelte und zugleich scheiterte. Auch als Äußerungen süddeutscher Stammesautonomie brauchen diese Aktionen mit H.s politischen Absichten am allerwenigsten nach 926 und vollends nach 933 im Widerspruch gestanden zu haben.

    H.s eigene Beziehungen zu Burgund werden durch seine Begegnungen mit dessen König Rudolf II. beim Wormser Reichstag von 926 und beim Dreikönigstreffen zu Ivois am Chiers 935, an dem als dritter Partner König Rudolf von Frankreich teilnahm, markiert. Bei einer von ihnen kam es zur Kommendation des Burgunderkönigs gegenüber H. unter Überreichung der heiligen Lanze, die Rudolf 922 von italienischen Großen mit der Einladung zur Übernahme der italienischen Königswürde erhalten hatte. H.s Gegenleistung bestand in der Anerkennung der burgundischen Herrschaft zwischen Jura und Reuß einschließlich Basels. Die heilige Lanze galt als siegesmächtiger Träger einer Nagel- Reliquie vom Kreuze Christi und vielleicht schon damals als Lanze des heiligen Mauritius, des im burgundischen Königskloster Saint-Maurice d'Agaune verehrten Führers der thebäischen Legion. Für die Spätdatierung des „Lanzenhandels“ (935) würde es sprechen, wenn die Lanze Rudolfs II. Anspruch auf Italien verkörperte, den er förmlich erst 932/33 zu Gunsten König Hugos gegen niederburgundische Gebietsabtretungen aufgegeben hat. Doch auch ohne dies bildet das Dreikönigstreffen von 935, das zu einer amicitia der Teilnehmer führte, in H.s West- und Südwestpolitik den Höhepunkt.

    Vorsorge für die Zukunft seines Hauses und Reichs traf H. beim Quedlinburger Hoftag von 929 mit einer Hausordnung, die bereits die Thronfolge seines Sohnes Otto vorgesehen haben dürfte. Dafür spricht auch dessen alsbaldige Eheschließung mit der angelsächsischen Königstochter Edgith. Im Frühjahr 936 sicherte H., bereits erkrankt, auf einer Reichsversammlung zu Erfurt nochmals Ottos Nachfolge.

    In seiner Bedeutung für die Bildung des deutschen Volkes und Reiches im Rahmen der sich formierenden nachkarolingischen Völker und Nationalen Europas wird H.s Königtum am hellsten durch die Aachener Wahl seines Nachfolgers beleuchtet, an der alle deutschen Stämme teilnahmen und durch die mit der von H. vorgesehenen Nachfolgeregelung die Prinzipien der Individualsukzession und Unteilbarkeit des Reichs bekräftigt wurden. H.s politische Ziele und Aktionen gehen jedoch über den Bereich der deutschen Stämme an allen seinen Grenzen hinaus und knüpfen darin an die ostfränkischen Karolinger, vor allem an Kaiser Arnulf an. Die unverkennbaren hegemonialen Tendenzen machen es unwahrscheinlich, daß Italien als einziges Nachbarland unberücksichtigt geblieben wäre. Die umstrittene Nachricht Widukinds, H. habe vor seinem Tode einen Romzug geplant, meint jedenfalls keine bloße Wallfahrt und steht mit H.s sonstigen karolingischen Tendenzen im Einklang, die er als Nichtkarolinger besonders zu betonen Anlaß haben konnte und tatsächlich fortschreitend – auch mit der Wiedereinrichtung von Kanzlei und Hofkapelle – betont hat. Der Erwerb der heiligen Lanze kann, wenn sie 935 übergeben wurde, angesichts ihrer italienischen Herkunft ebenfalls in diesen Zusammenhang gehören.

    Literatur
    ADB XI; Les ann. de Flodoard, ed. Ph. Lauer, Paris 1905; Liudprandi Antapodosis, ed. J. Bekker, in: MGH SS rer. Germ. 41, 1915; Die Sachsengesch. d. Widukind v. Korvei, ed. P. Hirsch u. H.-E. Lohmann, ebd. 60, 1935; Regg. Imp. II, 1; Jbb. d. Dt. Gesch., Heinrich I.; H. Heimpel, Bemerkungen z. Gesch. Kg. H.s I., in: Berr. üb. d. Verhh. d. sächs. Ak. d. Wiss. Leipzig, Phil.-hist. Kl., 88, H. 4, 1936; C. Erdmann, Der ungesalbte König, in: DA 2, 1938; ders., Btrr. z. Gesch. H.s I., in: Sachsen u. Anhalt 16, 1940, u. 17, 1941/43; A. Duch, H. d. Finkler, Gesch. e. Beinamens, in: Archiv f. Kulturgesch. 34, 1952, S. 194-205; R. Holtzmann, Gesch. d. sächs. Kaiserzeit, 31955; Die Entstehung d. dt. Reiches, hrsg. v. H. Kämpf, in: Wege d. Forschung 1, 1956; H. Zimmermann, Der Streit um d. Lütticher Bistum v. J. 920/21, in: MIÖG 65, 1957; H. Beumann, Das Za. d. Ottonen, in: Dt. Gesch. im Überblick, hrsg. v. P. Rassow, 21962 (Literatur); H. Beumann, Das Kaisertum Ottos d. Gr., in: ders. u. H. Büttner, Das Kaisertum Ottos d. Gr., 1963; W. Schlesinger, Die Grundlegung d. dt. Einheit im frühen MA, in: W. Schlesinger, Btrr. z. dt. Vfg.gesch. I, 1963; H. Büttner, H.s I. Südwest- u. Westpol., 1964; K.-U. Jäschke, Königskanzlei u. imperiales Königtum im 10. Jh., in: HJb. 84, 1964; W. Metz, Die Abstammung Kg. H.s I., ebd.; K. Schmid, Die Thronfolge Ottos d. Gr., in: ZSRG 81, 1964; H. Jankuhn, „Heinrichsburgen“ u. Königspfalzen, in: Dt. Künigspfalzen II, = Veröff. d. Max-Planck-Inst. f. Gesch. XI, 2, 1965; J. Fleckenstein, Die Hofkapelle d. dt. Könige 2, Die Hofkapelle im Rahmen d. otton.-sal. Reichskirche, 1966.



    Siegel Heinrichs I. an einer Urkunde vom 18. Oktober 927. Das Siegel zeigt Heinrich als den triumphierenden Heerführerkönig, durchaus in spätantiker Tradition, wie er, vom Betrachter abgewandt, im Halbprofil zu sehen ist. Die Herrscher erscheinen seit 909 unter Ludwig dem Kind in deutlicher Abweichung zu den bisherigen Siegeltypen der Karolinger in Halbfigur, nach links gewendet, mit schmalem Diadem oder Kreuz, die Fahnenlanze geschultert und den Schild erhoben. Es ist das alleinige Siegelbild der ostfränkischen Könige.

    Siegel Heinrich I Posse



    Begraben:
    Stiftskirche

    Gestorben:
    Pfalz Memleben

    Heinrich heiratete von Ringelheim, Mathilde in 909. Mathilde (Tochter von von Ringelheim, Dietrich und Reginhild) wurde geboren in 894/897 in Enger [32130],Herford,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; gestorben am 14 Mrz 968 in Quedlinburg [06484],Quedlinburg,Sachsen-Anhalt,Deutschland; wurde beigesetzt in Quedlinburg [06484],Quedlinburg,Sachsen-Anhalt,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]


  4. 11.  von Ringelheim, Mathildevon Ringelheim, Mathilde wurde geboren in 894/897 in Enger [32130],Herford,Nordrhein-Westfalen,Deutschland (Tochter von von Ringelheim, Dietrich und Reginhild); gestorben am 14 Mrz 968 in Quedlinburg [06484],Quedlinburg,Sachsen-Anhalt,Deutschland; wurde beigesetzt in Quedlinburg [06484],Quedlinburg,Sachsen-Anhalt,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Deutschland; Deutsche Königin

    Notizen:

    Mathilde Deutsche Königin
    894/97-14.3.968 Engern Quedlinburg Begraben: Quedlinburg
    Tochter des westfälischen Grafen Dietrich von Ringelheim und der Reinhild, Tochter des Normannen Gottfried

    Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 390

    Mathilde, Königin des ostfränkischen Reiches
    * ca. 896, + 14. März 968 Quedlinburg Begraben: Quedlinburg
    Tochter Graf Dietrichs aus dem Geschlecht des Sachsen-Herzogs Widukind und der Reinhild aus dänischem und friesischem Geschlecht
    oo 909 König HEINRICH I. (+ 936)

    Die Heirat HEINRICHS mit Mathilde, seiner zweiten Gemahlin, die aus der "stirps magni ducis Widukindi" stammte, bedeutete für die LIUDOLFINGER einen Zuwachs an Einfluß und Besitz im westlichen Sachsen, wo Mathilde im Raum Herford/Enger über reichliches Erbgut verfügte. Deutlicheres Profil gewinnt Mathilde erst nach dem Tode HEINRICHS I., als sie ihr Wittum, das sie mit der Hausordnung HEINRICHS 929 erhalten hatte, dazu benutzte, geistliche Gemeinschaften einzurichten, denen sie die Pflege der Memoria ihres Gatten und aller verstorbener Verwandten und Freunde auftrug. In Quedlinburg leitete sie den am Grabe HEINRICHS eingerichteten Frauenkonvent 30 Jahre lang selbst. Die Nutzung ihrer "dos" zur Gründung geistlicher Gemeinschaften brachte sie aber in Konflikt mit ihren Söhnen, die ihr nur den lebenslangen Nießbrauch der Güter gestatten wollten. Mathilde verließ deshalb eine Zeitlang sogar O-Sachsen und zog sich auf ihr väterliches Erbe im Westen zurück. Politisch engagiert scheint sie in der Frage der Nachfolge im Königtum gewesen zu sein; sie favorisierte wohl ihren jüngeren Sohn Heinrich. Die Schwierigkeiten eines Urteils über wesentliche Stationen im Leben der Königin resultieren nicht zuletzt aus der Tatsache, dass ihre beiden Lebensbeschreibungen (in Nordhausen um 974 bzw. um 1002 entstanden) tendenziöse und fiktive Nachrichten mischen und überdies einer speziellen causa scribendi ihre Entstehung verdanken: dem Versuch, mit einem "Fürstinnenspiegel" aktuelle Probleme der Gegenwart zu beeinflussen.

    Quellen:
    Vita M. reginae (posterior), hg. G.H. Pertz (MGH SS 4, 1841), 282-302 - Vita M. reginae antiquior, hg. R. Köpke (MGH SS 10, 1852), 573-582

    Literatur:
    NDB XVI, 371f. - G. Waitz, JDG H I., 1963 - L. Bornscheuer, Miseirae regnum, 1968, bes. 60-102 - H. Beumann, Sachsen und Franken ... (Sett. cent. it. 32, 1986), 887-912, bes. 898ff. - P. Corbet, Les saints ottoniens, 1986, 30ff., 120-234 - G. Althoff, Causa scribendi ... (Fschr. J. Autenrieth, hg. M. Borgolte-H. Spilling, 1988), 117-133 - W. Glocker, Die Verwandten der Ottonen ..., 1989, 7ff. - G. Althoff, Quedlinburg und Gandersheim, FMASt 25, 1991, 123-144.

    Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikons, Band V (1993) Spalten 1015-1016 Autor: Gabriele Lautenschläger

    MATHILDE, Königin und Heilige (Gedenktag: 14.3.).
    * um 895 in Engern (Sachsen); + 14.3. 968 in Quedlinburg.

    Sie stammte aus dem Geschlecht Herzog Widukinds. Ihre Eltern waren Graf Dietrich und seine Frau Reinhild, eine dänisch-friesische Adelige. In dem 789 von Kanonissen in Mudenhorst gegründeten und 826 nach Herford verlegten Damenstift erhielt Maththilde eine umfassende Bildung und standesgemäße Erziehung. Im Jahre 909 (bzw. 913) wurde sie mit Herzog Heinrich vermählt, dem späteren König HEINRICH I. (919-936). Zu den fünf Kindern, die aus dieser Ehe hervorgingen, zählen Herzog Heinrich von Bayern, der von Mathilde nach dem Tod ihres Gatten in der Thronnachfolge begünstigte spätere Kaiser OTTO I. DER GROSSE sowie der Erzbischof und Heilige Bruno I. von Köln. Mathilde stiftete die Klöster St. Servatius und St. Wicbert in Quedlinbuburg sowie die Klöster in Pöhlde, Engern und Nordhausen. Als Wohltäterin verehrt, aber zugleich durch familiäre Zwistigkeiten belastet, starb Mathilde nach längerer Krankheit im Kloster Quedlinburg (bei Halberstadt). Ihr Grab befindet sich in der Krypta des dortigen Domes.

    Lit.: (allgemein) Max Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche, Bd.I und II, Paderborn 1980; - R. Holtzmann, Geschichte der sächsischen Kaiserzeit 4 1961; - Peter Ketsch, Frauen im Mittelalter, Bd. I und II, 1983/84; - J. Pilschke, Die Heiratspolitik der Liudolfinger, Diss. Greifswald 1909. -
    Literatur (speziell) K. Hauck, Geblütsheiligkeit, in: Liber Floridus, FS P. Lehmann, St. Ottilien 1950, 190 f.; - M. Lintzel, M., in: Westfälische Lebensbilder 5, 1937; - ders;, in: AKG 38 (1956), 152-166; - ders., in: Ausgewählte Schriften II, Berlin 1961, 276-290 und 407-418; - Erna und Hans Melchers, Das große Buch der Heiligen. Geschichte und Legende im Jahreslauf, München 91986, 162-163; - Otto Wimmer und Hartmann Melzer, Lexikon der Namen und Heiligen, Innsbruck-Wien-München 41982, 569-570.

    Althoff Gerd: Seite 362 , "Adels- und Königsfamilien"

    K 6 Lü: 14.3. Mathildis reg + 968 Gemahlin HEINRICHS I.

    Eine Schwester der Königin Mathilde soll nach Meinung der Forschung mit dem BILLUNGER Wichmann dem Älteren verheiratet gewesen sein; vgl. dazu jedoch den Kommentar G 39.
    Mathilde war jedenfalls eine Verwandte der BILLUNGER, wie mehrere Personen aus ihrem Verwandtenkreis, die sich im Lüneburger Necrolog nachweisen lassen, zeigen.
    Zu den Konsequenzen für die Erhellung der 'Anfänge' des billungischen Geschlechts siehe oben Seite 68ff.
    Allgemein zu Mathilde vgl. Biogr. Wörterbuch 2, Sp. 1820f. und FW K 41 mit weiteren Hinweisen. Zum Todesdatum: BO Nr. 469a; Köpke-Dümmler, Otto der Große, Seite 440.

    Schwennicke Detlev: Tafel 10, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    HEINRICH I., Fritzlar 6.V 919 DEUTSCHER KÖNIG
    * 876, + Memleben 2. VII 936 Begraben: Quedlinburg Stiftskirche

    I oo 906, getrennt 909 HATHEBURG, Witwe von N.N., Tochter von Erwin senior

    II oo Wallhausen 909 MATHILDE, Laien-Äbtissin von Nivelles * 896, + Quedlinburg 14. III 968
    Tochter von Graf Dietrich (Theoderich) (IMMEDINGER) und Reginlind, Begraben: ibid Stiftskirche

    GROSSE FRAUEN DER WELTGESCHICHTE. Tausend Biographien in Wort und Bild.: Seite 235

    KÖNIGIN MATHILDE
    890-14.III.968
    Mathilde wurde - so entnehmen wir einer Chronik - als Tochter des sehr wohlhabenden Grafen Dietrich von Ringelheim und dessen Gemahlin Reinhilde im Kloster von Herford erzogen, unter Aufsicht ihrer Großmutter, die gleichfalls Mathilde hieß und dem Kloster als Äbtissin vorstand. Ein Sproß vom Stamme des Herzogs Widukind, wuchs das junge Mädchen hinter den Klostermauern zu einer Jungfrau heran, deren Schönheit, Bildung und Tugend allenthalben gepriesen wurden. Auch zu Herzog Heinrich "dem Vogler" drang diese Kunde. Er begab sich mit wenigem Gefolge nach Herford und überredete die Großmutter, daß sie ihm die Enkelin verlobte. Nicht lange darauf wurde in Walhausen in der Goldenen Aue die Hochzeit prunkvoll begangen. Drei Söhne und zwei Töchter entsprossen der vorbildlich glücklichen Ehe. Mathilde hätte gern ihren jüngeren Sohn Heinrich als Nachfolger seines Vaters gesehen, aber sie stellte die Sorge um Krone und Reich über ihre eigenen mütterlichen Gefühle und fügte sicich gehorsam dem Befehl ihres Gatten, der den erstgeborenen OTTO zum Thronerben bestimmt hatte. HEINRICH verlieh seiner Gemahlin die reichen Güter Quedlinburg, Pöhlde und Nordhausen als Witwengut, und diesen Orten galt auch die besondere Fürsorgrge der Königin. Von hier aus verbreitete sich über ganz Niedersachsen jene höhere geistige Bildung, die aus heiligen Quellen strömend zugleich geistliche Weihe vermittelte. Mathilde wurde heiliggesprochen - ihr Gedenktag ist der 14. März, an dem sie im Jahre 968 im Kloster von Quedlinburg in Sorge um das Schicksal ihrer Söhne und Enkel die Augen für immer schloß.

    Lebe Reinhard: Seite 41, "Ein Königreich als Mitgift"

    Mathilde ist sicher ein Glücksfall für die sächsische Dynastie gewesen, wahrscheinlich auch genetisch. Die attraktive Herzogin, dann Königin, trat stolz, gewinnend und gern in glanzvoller Garderobe auf, galt als gescheit, politisch einsichtig und fromm und gebar HEINRICH I. fünf Kinder. Dass Mathilde dann als gottgefällige Witwe dann überaus freigebig und stiftungsgeneigt im Sinne der Kirche agierte, trug ihr am Ende ihres rund 75-jährigen Lebens den Ruf einer Heiligen ein, zwischenzeitlich aber auch den Zorn ihres Sohnes OTTO: Ganz so opulent waren halt auch des Kaisers Kasetten nicht gefüllt.

    Black-Veldtrup Mechthild: Seite 161-171, "Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien"

    Von Mathilde wissen wir, daß sie anläßlich ihrer Heirat im Jahre 909 Wallhausen als Dotalgut zugewiesen bekam. In seiner 929 erlassenen "Hausordnung" hatte HEINRICH I. Vorsorge zur finanziellen Absicherung seiner Frau getroffen: Kurz vor der Heirat OTTOS I. und Edgiths, die Ende 929 oder Anfang 930 stattfand, erhielt Mathilde am 16. September 929 die Güter Quedlinburg, Pöhlde, Nordhausen, Grona und Duderstadt verbrieft; in der darüber ausgestellten Urkunde wird der Besitz ausdrücklich als ihr Wittum bezeichnet. Bereits zwei Jahre zuvor hatte HEINRICH I. in Zusammenhang mit der Volljährigkeitserklärung OTTOS mit dessen Zustimmung eine Schenkung an Mathilde veranlaßt. Diese Maßnahmen waren notwendig, weil durch die Mündigkeititserklärung und Verheiratung des Thronfolgers die rechtliche Stellung der Königin für den Fall, daß sie den König überlebte, gegenüber dem Sohn abgesichert werden mußte. Eine derartige Absicherung erfolgte aber offenbar zu diesem Zeitpunkt nicht nur für die Königin, sondern auch für die übrigen weiblichen Familienmitglieder.
    Nach dem Tod der verwitweten Königin- bzw. Kaiserin-Mutter konnte eine Übertragung derjenigen Güter, die offenbar zumindest teilweise zur Verwendung als Dotalgüter bestimmt waren, an die regierende Herrscherin erfolgen. Unter den OTTONEN läßt sich Entsprechendes bei Wallhausen, Nordhausen und Pöhlde beobachten: Alle drei Besitzungen waren 909 und 929 zunächst Königin Mathilde überlassen worden; während sich Wallhausen später im Besitz von Kaiserin Adelheid nachweisen läßt, kamen Nordhausen und Pöhlde noch zu Mathildes Lebzeiten und offensichtlich ohne, dass Adelheid die Orte zwischenzeitlich innegehabt hätte, durch OTTO II. an Theophanu.
    Die von Königin Mathilde gegründeten Kanonissenstifte Quedlinburg und Nordhausen wurden auf ihren Dotalgütern errichtet.

    Diwald Hellmut: Seite 230, "Heinrich der Erste"

    Die erste Erziehung liegt in den Händen der Eltern, sie erkennen aber bald, daß sie damit überfordert sind, und vertrauen Mathilde der Mutter des Grafen Thiederich an, die als Äbtissin die Klosterschule Herford leitet. Ob sie Nonne werden soll, steht nicht fest. In der Klosterschule erhält sie die erhoffte, angemessene Erziehung, wird insbesondere, dem Brauch der Zeit gemäß, in der Heiligen Schrift unterwiesen - unter den Augen und behütet von der Großmutter, die nach dem Tod ihres Gemahls die Leitung des Klosters übernommen hat.

    909 oo 2. HEINRICH I. König des Deutschen Reiches 876-2.7.936
    Kinder:
    - OTTO I. König des Deutschen Reiches 23.11.912 † 7.5.973 Wallhausen
    - Heinrich I. Herzog von Bayern 4.919/22.4.922 † 1.11.955 Nordhausen
    - Brun Erzbischof von Köln 1. Hälfte 5.925 † 11.10.965
    - Gerberga um 913/14 † 5.5. nach 968 (984?) Nordhausen
    929 1. oo Giselbert Herzog von Lothringen ca 880 † 2.10.939
    939 2. oo Ludwig IV. König von Frankreich 10.9.920/10.9.921 † 10.9.954
    - Hadwig um 922 † 9.1. nach 958
    14.9.937 oo Hugo der Große Herzog von Franzien um 895 † 16./17.6.956

    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 23,79,140,159, 165,171,188,214,238,363 K 6 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 26-29,42,48,49,52,54-56,59,77,98,111,116 - Black-Veldtrup, Mechthild: Kaiserin Agnes ( (1043-1077) Quellenkritische Studien, Böhlau Verlag Köln 1995, Seite 161-346 - Büsing, Albrecht: Mathilde, Gemahlin Heinrichs I. Halle-Wittenberg Universität Dissertation phil. 1910 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutscheen Reiches, Gustav Lübbe Verlag Bergisch Gladbach 1994, Seite 46-534 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 38-380 - Giese, Wolfgang: Der Stamm der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer Zeit. Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1979, Seite 86,119-121 - Giesebrecht Wilhelm von: Geschichte der deutschen Kaiserzeit. Band 1- Band 6, Mundus Verlag 2000 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 - GROSSE FRAUEN DER WELTGESCHICHTE. Tausend Biographien in Wort und Bild. Neuer Kaiser Verlag 1987 Seite 235 - Hlawitschka, Eduard: Kontroverses aus dem Umfeld von König Heinrichs I. Gemahlin Mathilde, in Festschrift für Alfons Becker, Sigmaringen 1987 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um 'Kuno von Öhningen', Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 26-28,37,39-41,47,72,88,91-98 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 - Lebe Reinhard: Ein Königreich als Mitgift. Heiratspolitik in der Geschichte. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1998 Seite 41 - Ludat, Herbert: An Elbe und Oder um das Jahr 1000. Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Mächte in Mitteleuropa, Böhlau Verlag Weimar Köln Wien 1995, Seite 129,149 - Plischke, Jörg: Die Heiratspolitik der Liudolfinger, Inaugural-Dissertation Universität Greifswald 1909 - Schmid Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 69,587-591 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. - Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 14A-389 - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan (Hrsg.): Ottonische Neuanfänge. Symposium zur Ausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa" Verlag Philipp von Zabern Mainz 2001 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 9,39,129,138,140,164,167,174,178,181,205 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 11 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 12,22-28,34,38,44,52,54,356 - Uhlirz, Karl: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. 1. und 2. Band. Verlag Duncker & Humblot Berlin 1967 - Waitz, Georg: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter König Heinrich I., Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1963 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Pusten Regensburg 1999, Seite 14-16,18,23,51,58,120 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart 1981 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 42,45,62,66,91,117,145,150,217,244,262,265,273 - Zimmermann, Harald: Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1976 -

    Neue Deutsche Biographie - Mathilde

    heilig, Königin, * um 896, † 14.3.968 Quedlinburg.

    M., die erste ottonische Königin, gehört zu den profiliertesten Frauengestalten des Frühmittelalters. Dies resultiert nicht zuletzt daraus, daß ihr Leben um 974 und um 1002 von unbekannten Autoren beschrieben wurde, die im sächs. Stift Nordhausen, einer Gründung M.s, lebten. Vor einer unkritischen Benutzung dieser Viten warnt die Forschung jedoch seit langem, da sie eine unentwirrbare Mischung aus tendenziösen, sagenhaften und fiktiven Nachrichten enthalten. M. stammte – wohl in kognatischer Linie – aus der Sippe des Sachsenherzogs Widukind, eine Tatsache, die das Selbstverständnis ihrer Nachfahren nicht unwesentlich beeinflußte. Erzogen wurde sie im Kanonissenstift Herford, das ihre gleichnamige Großmutter leitete. Aus der romantischen Erzählung der Viten von der Werbung Heinrichs um M. in Herford, in der u. a. die Tatsache seiner ersten Ehe unerwähnt bleibt, wird immerhin auch deutlich, daß die Zustimmung der Eltern M.s zu dieser Ehe nicht eingeholt wurde. Die Heirat brachte den Liudolfingern nicht nur einen Zuwachs an vornehmem Geblüt, sondern auch Besitzungen im westlichen Sachsen, was ihre dortige Stellung erst begründete. Der Reichtum der M. als Grund für die Heirat wird bei Thietmar|von Merseburg ausdrücklich genannt. 912, acht Tage vor dem Tode des Großvaters, wurde der älteste Sohn geboren, der nach diesem Großvater den Namen Otto erhielt; es folgten in unbekannten Jahren die Töchter Gerberga und Hathwig, und schließlich, als Heinrich bereits König geworden war, die Söhne Heinrich und Brun.

    In der Regierungszeit Heinrichs I. tritt M. nicht deutlicher hervor, wenn man konventionelle Wertungen außer Acht läßt wie etwa die, daß sie den harten Gerechtigkeitssinn ihres Gatten zur Milde bewogen habe. 929 wurde im Zuge der „Hausordnung“ Heinrichs auch ihr Wittum bestimmt: Sie erhielt unter Zustimmung Ottos I. die Orte Quedlinburg, Pöhlde, Nordhausen, Grone und Duderstadt. Nach dem Tode Heinrichs I. (936) widmete sich M. in besonderer Weise der „memoria“ ihres Gatten und aller anderen verstorbenen Vorfahren und Freunde. Mehrere Schriftsteller (so Liutprand von Cremona, Thietmar von Merseburg und die Autoren ihrer Viten) heben hervor, daß sie auf diesem Gebiet eine Aktivität entfaltete, die alles bis dahin Bekannte überstieg. Das Zentrum ihrer Totensorge war Quedlinburg mit dem Grab ihres Gatten; dem gleichen Ziel dienten aber auch die Bemühungen um die Stiftung anderer geistlicher Gemeinschaften, so in Pöhlde und Nordhausen. Mit dieser Sorge um die „memoria“ erfüllte M. vorbildlich die vornehmste Aufgabe, die der verwitweten Frau im frühen Mittelalter zukam. 966 wurde ihre gleichnamige Enkelin feierlich in das Amt der Quedlinburger Äbtissin eingeführt, der M. kurz vor ihrem Tode auch das Buch mit den Namen aller übergab, deren Gedenken sie gepflegt hatte. Auch in politischen Fragen scheint M. dezidiert Stellung bezogen zu haben. So setzte sie sich offensichtlich mit anderen für den jüngeren Sohn Heinrich als Nachfolger des Vaters im Königsamt ein, quia natus esset in aula regali. Hier scheinen Vorstellungen wirksam, die dem in der Königszeit des Vaters geborenen Sohn bessere Ansprüche auf die Nachfolge zubilligten als dem älteren Bruder. Hinzuweisen ist darauf, daß M. und ihr Sohn Heinrich als Intervenienten in einer Urkunde Heinrichs I. begegnen, die auf dem ersten königl. Hoftag in Sachsen am Osterfest 922 ausgestellt wurde. Wahrscheinlich wurde Heinrich im Umfeld dieses ersten königl. Hoftages geboren, woraus man eine besondere Befähigung zur Königsherrschaft ableitete. – Zwischen M. und Otto I. gab es nach dessen Regierungsantritt ernsthafte Differenzen, nach dem Zeugnis der Viten deshalb, weil dieser der Mutter die Mittel zur Ausstattung von Kirchen und Klöstern verweigerte. Sie berichten auch, daß sich M. deshalb auf ihr väterliches Erbgut nach Enger zurückzog, bis die Königin Edgith, die Gemahlin Ottos des Großen, die Versöhnung vermittelte.

    Literatur
    ADB 20; Vita Mahthildis reginae antiquior, in: MGH SS 10, S. 573-82; Vita Mahthildis reginae (posterior), in: MGH SS 4, S. 282-302; Jbb. d. Dt. Gesch. Kg. Heinrich I., 41963; R. Köpke u. E. Dümmler, Kaiser Otto d. Gr., 1876; M. Lintzel, in: Westfäl. Lb. V, 1937, S. 161-75; A. Büsing, M., Gemahlin Heinrichs I., Diss. Halle-Wittenberg 1910; R. Holtzmann, Gesch. d. sächs. Kaiserzeit, 31955; K. Schmid, Die Nachfahren Widukinds, in: DA 20, 1964, S. 1-47; L. Bornscheuer, Miseriae regum, 1968, bes. S. 60-102; G. Althoff, Adels- u. Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung, 1984, bes. S. 156-72; ders., Causa scribendi u. Darstellungsabsicht: Das Beispiel d. Mathilden-Viten, in: Festschr. f. J. Autenrieth, 1988, S. 117-33; H. Beumann, Sachsen u. Franken im werdenden regnum Teutonicum, in: Settimane di studio del Centro italiano di studi sull'alto medioevo 32, 1986, S. 887-912, bes. S. 898 ff.; ders., Die Ottonen, 1987; E. Hlawitschka, Kontroverses aus d. Umfeld v. Kg. Heinrichs I. Gemahlin M., in: Festschr. Alfons Becker, 1987, S. 33-54.

    Kinder:
    1. von Sachsen, Otto I. wurde geboren am 23 Nov 912 in Wallhausen [06528],Mansfeld-Südharz,Sachsen-Anhalt,Deutschland; gestorben am 7 Mai 973 in Memleben [6642],Burgenlandkreis,Sachsen-Anhalt,Deutschland; wurde beigesetzt in Magdeburg [39104],Magdeburg,Sachsen-Anhalt,Deutschland.
    2. von Sachsen, Gerberga wurde geboren in 913; gestorben am 5 Mai 969 in Nordhausen [99734],Nordhausen,Thüringen,Deutschland; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.
    3. von Bayern, Heinrich I. wurde geboren um 920 in Nordhausen [99734],Nordhausen,Thüringen,Deutschland; gestorben am 1 Nov 955 in Pöhlde [37412],Osterode am Harz,Niedersachsen,Deutschland; wurde beigesetzt in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland.
    4. 5. von Sachsen, Hadwig wurde geboren in 922; gestorben nach 958.
    5. von Sachsen, Brun wurde geboren in Mai 925; gestorben am 10 Okt 965 in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich; wurde beigesetzt in Köln [50667],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.