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 Bohrer

von Lothringen, Beatrix

weiblich 1071 - 1071  (0 Jahre)


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Generation: 1

  1. 1.  von Lothringen, Beatrix wurde geboren in 1071 (Tochter von von Lothringen, Gottfried IV. und von Tuszien, Mathilde); gestorben in 1071.

Generation: 2

  1. 2.  von Lothringen, Gottfried IV. wurde geboren um 1040 (Sohn von von Lothringen, Gottfried III. und Doda); gestorben am 26 Feb 1076 in Utrecht [3500],Utrecht,Niederlande; wurde beigesetzt in Verdun [55100],Lothringen,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; Vogt von Saint-Vanne
    • Titel/Amt/Status: 1069-1076, Niederlothringen; Herzog von Niederlothringen

    Notizen:

    Gottfried IV. der Bucklige
    Herzog von Nieder-Lothringen (1069-1076)
    Vogt von St. Vanne
    ca 1040-26.2.1076 ermordet Utrecht Begraben: Verdun
    Einziger Sohn des Herzogs Gottfried III. der Bärtige von Nieder-Lothringen aus seiner 1. Ehe mit der Doda, Tochter von

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 1598, Gottfried IV. der Bucklige, Herzog von Nieder-Lothringen 1069-1076
    + 26. Februar 1076 bei Vlaardingen nahe der Maastrichtmündung
    Sohn von Gottfried III. und Oda
    oo Mathilde von Tuszien

    Wurde 1069 von HEINRICH IV. als Herzog eingesetzt. Die Ehe Gottfrieds IV. des Buckligen mit Mathilde wurde persönlich wie politisch eine Katastrophe. Die Markgräfin lebte seit 1071 ständig getrennt von ihrem mißgebildeten Mann auf ihren Gütern in Italien. Während sie - durchaus in der Tradition des lothringisch-tuszischen Fürstenhauses - zur entschlossenen Anhängerin Papst Gregors VII. wurde, stand Gottfried IV. in bedingungsloser Weise für seinen König ein, beteiligte sich aktiv am Kampf gegen die Sachsen (Unstrut, 1075) und an der Absetzung Gregors VII. (Worms, 1076). In Nieder-Lothringen verteidigte er Repräsentant der königlichen Autorität die Scheldegrenze gegen den Grafen von Flandern und wurde auf einem seiner Feldzüge brutal ermordet. Ohne Aussicht auf leibliche Nachkommen, setzte Gottfried IV. der Bucklige seinen Neffen Gottfried von Bouillon frühzeitig zum Erben ein, trotz des Widerstandes von seiten Mathildes.

    Gottfried war eine der wichtigsten und zuverlässigsten Stütze Kaiser HEINRICHS IV. Er gewann Holland und schlug mit den sächsischen Aufstand nieder. Seine Gemahlin wurde eine der wichtigsten Stützen der päpstlichen Seite. Aus diesem Grunde lebten die Ehegatten getrennt. Da die Ehe kinderlos war, setzte Gottfried seinen Neffen Gottfried von Bouillon zum Erben ein. Im Kampf um Holland wurde er vermutlich im Auftrage des Grafen Dietrich V. von Holland ermordet.

    Golinelli Paolo: Seite 146-157, "Mathilde und der Gang nach Canossa"

    Mathildes Vermählung mit ihrem Stiefbruder Gottfried stand schon seit langem fest. Wahrscheinlich war sie bereits bei der Eheschließung ihrer Eltern beschlossen worden, als Mathilde noch keine 10 Jahre alt war. Die beiden jungen Leute trafen einander vermutlich bei mehr als einer Gelegenheit - etwa als die beiden Frauen des Hauses CANOSSA von HEINRICH III. in Haft genommen und als Gefangene nach Deutschland gebracht wurden, oder als der junge Gottfried 1067 seinen Vater nach Italien begleitete, wie Benzio berichtet -, und es ist anzunehmen, dass sie als Kinder miteinander gespielt haben. Man darf sich nicht vorstellen, dass Mathilde und Gottfried der Bucklige eine Verlobungszeit hatten. Durch das von den Eltern abgelegte Eheversprechen waren die beiden faktisch bereits vermählt. Zum Inkrafttreten der Ehe fehlten nur noch die körperliche Reife (die bei den Mädchen nicht einmal Bedingung war) und eine günstige Gelegenheit. Diese Gelegenheit kam bald, aber nicht eben unter glücklichen Umständen.
    Gottfried der Bärtige kehrt krank in seine lothringischen Länder zurück, zuerst nach Bouillon, dann nach Verdun. Als sich sein Zustand verschlimmert, ruft er seine ganze Familie, den italienischen und den lothringischen Teil, zu sich. Sobald sein Sohn Gottfried und seine Stieftochter Mathilde bei ihm eingetroffen sind, läßt er ihre Hochzeit ausrichten, um seine Nachfolge in den beiden Herrschaftsgebieten, Lothringen und Toskana-Poebene, vor seinem Hinscheiden zu regeln, vielleicht in der - wohl nicht unbegründeten - Befürchtung, dass nach seinem Tod das Eheversprechen nicht eingehalten werde. Einer Anordnung Papst Alexanders II. nachkommend - vielleicht weil er und Beatrix ihr Enthaltsamkeitsgelübde nicht eingehalten hatten -, trifft er auch die Verfügung, zwei Klöster zu gründen, in Lothringen die Abtei Orval, in Italien die Abtei Frassinoro.
    Der Markgraf stirbt am Heiligen Abend des Jahres 1069. Sein Sohn Gottfried der Bucklige erbt seine Reichtümer und seine Macht. Zur Festigung seiner Position und besseren Kontrolle seiner Besitzungen und Herrschaften hält er sich weiter in Lothringen auf. Während Beatrix nach Italien zurückkehrt, um sich um die Angelegenheiten ihres Hauses zu kümmern, bleibt Mathilde bei ihrem Ehemann.
    Man weiß nicht, ob die körperlichen Mängel ihres Mannes, den Lampert von Hersfeld als tapferen, aber kleinwüchsigen und buckligen Jüngling beschreibt, die junge Mathilde abgestoßen haben. Aber auch hier muß man darauf achten, das Verhältnis zwischen den beiden nicht bloß auf eine Mann-Frau-Beziehung zu reduzieren. Im Laufe des Jahres 1070 wurde Mathilde aller Wahrscheinlichkeit nach schwanger. Dieses Ereignis fand auch am Kaiserhof Resonanz, denn wir lesen in einem Diplom HEINRICHS IV. vom 9. Mai 1071: "wenn nicht der Herzog [Gottfried], so sein Erbe". An diesem Datum nahm man also auf einen Erben Bezug - wenn es sich dabei nicht nur um eine Kanzleiformel handelt. Am 29. August desselben Jahres gründete Mathildes Mutter Beatrix im odenesischen Apennin das Kloster Frassinoro und stattete es mit einem ansehnlichen Patrimonium aus, "für das Heil meiner Seele, der Seele des verstorbenen Markgrafen und Herzogs Bonifaz, meines früheren Ehegemahls, und für die Unversehrtheit und die Seele meiner geliebten Tochter Mathilde, und für das Seelenheil des verstorbenen Herzogs Gottfried, meines Gemahls, und für das Seelenheil der verstorbenen Beatrix 'Neptis meae' [lat. neptis - Nichte oder Enkelin]." Ich bin zu dem Schluß gekommen, dass es sich bei dieser Beatrix um die gleichnamige Enkelin von Mathildes Mutter, also um die Tochter Mathildes handelt. Aus vielerlei Gründen bin ich zu der Ansicht gekommen, dass die Ende August 1071 als Verstorbene genannte Beatrix das Kind Mathildes ist, auf deren Schwangerschaft Anfang Mai hingewiesen wird. Hier meine Rekonstruktion der Ereignisse: Wir finden Mathilde Ende 1069 mit ihrer Mutter am Sterbebett des Stiefvaters; vor dessen Tod heiratet sie seinen Sohn. Anfang des folgenden Jahres kehrt Beatrix nach Italien zurück und führt am 25. Mai 1070 den Vorsitz bei einem Gerichtstag in Florenz; Mathilde ist mit ihrem Ehemann in Lothringen verblieben und wird im Herbst schwanger; etwa im Frühsommer 1071 bringt Mathilde ein Mädchen zur Welt, das sie Beatrix nennt, mit einem in ihrer Familie häufigen Namen, den auch ihre Mutter trägt, nach der sie sich wahrscheinlich sehnt. Die Niederkunft war wohl nicht leicht - im Mittelalter war eine Geburt oft schwierig und gefährlich -, und die kleine Beatrix starb wahrscheinlich bald darauf. Dass Mathilde die Ehe vollzogen hat, wird durch Bischof Rangerius von Lucca bezeugt. Wieviel Mathilde damals gelitten hat, läßt sich aus der Sorge ihrer Mutter Beatrix um die Erhaltung des Lebens (die "Unversehrtheit") ihrer Tochter erkennen, die in der Gründungsurkunde von Frassinoro zum Ausdruck kommt. Es ist ein ungewöhnliches Wort, dieses incolumitas, in einer mittelalterlichen Urkunde. Aber hier kehrt es mehrmals wieder und weist auf die Angst hin, die Beatrix um ihre Tochter hat, die weit weg von ihr ist und in einer feindseligen Umgebung leben muß, wie Beatrix wohl während ihres Aufenthalts in Lothringen selbst erfahren hat. Mathilde befand sich in Gefahr zum einen wegen ihrer durch die schwere und unglückliche Entbindung angegriffene Gesundheit und zum anderen, weil sie ihrem Gemahl nicht den Erben geschenkt hatte, der die Fortdauer der Familie garantieren sollte - die Hauptaufgabe einer Ehefrau im Mittelalter, vor allem in den Familien der Oberschicht. Für Mathilde war es eine schreckliche Zeit. Sobald es ihr die Umstände erlaubten, floh sie vor ihrem Mann zu ihrer Mutter, bei der wir sie am 19. Januar 1072 in Mantua antreffen.

    "Herzog Gottfried von Lothringen, der sich in Antwerpen, an der Grenze zwischen Lothringen und Flandern aufhielt, wurde auf heimtückische Weise ermordet, vermutlich auf Anstiften Graf Roberts von Flandern. Als der Herzog nachts, als alles schlief, von einem menschlichen Bedürfnis getrieben, den Abtritt aufsuchte, stieß ihm ein Meuchelmörder, der draußen auf ihn gelauert hatte, sein Schwert zwischen die Gesäßbacken, ließ es in der Wunde stecken und lief rasch davon. Gottfried siechte noch eine Woche dahin und starb dann am 27. Februar [1076]. Er wurde in Verdun neben seinem Vater beigesetzt. Er war eine große und kraftvolle Stütze des deutschen Reichs, denn obwohl er wegen seines Kleinwuchses und seines Buckels bei weitem durch die Fülle seines Ruhms und sein riesiges und starkes Heer, durch seine Reife und Klugheit und die ein Leben lang eingehaltene Mäßigung."
    So schildert Lampert von Hersfeld den Tod Gottfrieds des Buckligen, der an allen europäischen Fürstenhöfen der damaligen Zeit Aufsehen erregte und von vielen anderen Chronisten und Schriftstellern in verschiedenen Variaten überliefert wurde. Es gab sogar Stimmen, die Mathilde des Verbrechens bezichtigten:

    "Im Glauben, dass ihre beiden Geschwister vom tückischen HEINRICH IV. umgebracht worden seien und sich als einzige Überlebende betrachtend, verbündete sich Gräfin Mathilde mit Gregor VII., indem sie, listiger als die Schlange, die unsere Voreltern in Gottes Paradies verführte und betrog, nicht mit den Waffen, sondern mit geschickten Täuschungen vorging. Sie, die vor kurzem als Jungfrau in die Ehe mit Gigon [Gottfried], einem äußerst klugen Mann und Herzog der Normandie eingegangen war, bereute es nach wenigen ruhigen Jahren, dass er als Herr über ihr Herrschaftsgebiet herrschte, und ließ ihn mit Hilfe einer treuen Dienerin insgeheim ermorden: Als er auf dem Abtritt saß, stieß man ihm ein Schwert in das Gesäß. Sie wollte nämlich die Herrschaft über ihre Grafschaft, die fast die ganze Toskana bis Rom umfaßte, allein ausüben."
    Diese realistische Schilderung stammt von dem Mailänder Geschichtsschreiber Landulfus Senios, der ein erbitterter Gegner Mathildes war.

    Nachdem Mathilde in die Toskana zu ihrer Mutter zurückgekehrt war, versuchte Gottfried alles mögliche, um sich mit ihr auszusöhnen, hatte aber keinen Erfolg mit seinen Bemühungen. Im Herbst 1072 kam Gottfried nach Italien und schenkte Mathilde ein Reliquienkästchen aus dem Besitz Bonifaz' von Canossa, das sie nach Lothringen gebracht hatte, als sie mit ihrer Mutter an das Krankenbett des Stiefvaters geeilt war und man anschließend Hochzeit gefeiert hatte. Gottfried hatte es vor seinem Tod zusammen mit anderen Gütern an die Abtei Saint-Hubert geschenkt. Sein Sohn, der im Streit mit Abt Theoderich lag, hatte das Kästchen wieder in seinen Besitz gebracht. Als Mathilde nun verlangte, er solle es ihr zurückgeben, brachte Gottfried ihr das Reliquienkästchen nach Italien in der Hoffnung, sie damit wieder für sich einzunehmen. Welche Wirkung diese Geste gehabt haben mag, ist nicht bekannt. In den überlieferten Urkunden agieren die beiden allerdings nie gemeinsam; außerdem schreibt der Chronist von Saint-Hubert, Mathilde habe ihren Gemahl während seines Aufenthaltes in Italien, der fast ein Jahr dauerte, die "maritalem gratiam" verweigert. Es gibt jedoch historische Gründe, weshalb Mathilde in diesen Urkunden nicht erwähnt wird: Die legitimen Erben der canossanischen Herrschaft in der Emilia und Toskana waren Beatrix als Witwe des Bonifaz von Canossa und Gottfried der Bucklige als Sohn Gottfrieds des Bärtigen. Mathilde besaß zu jener Zeit keinen Rechtstitel, aufgrund derer sie in privaten und öffentlichen Urkunden in Erscheinung treten konnte.
    Zu der Zeit, als sich Gottfried der Bucklige in Italien aufhielt, fand ein für Mathildes persönliche Geschichte und für die gesamte Christenheit äußerst wichtiges Ereignis statt: die Papstwahl Gregors VII. Am 28. April setzte der neue Papst Markgraf Gottfried von seiner Wahl in Kenntnis.Wahrscheinlich hat Gottfried ihn daraufhin beglückwünscht und ihn gleichzeitig gebeten, ihm bei seinen ehelichen Schwierigkeiten zu helfen, denn Gregor VII. versicherte ihm in einem Schreiben vom 6. Mai, er werde sich der Probleme, die er mit Mathilde habe, annehmen. Gottfried blieb mit Sicherheit bis zum August jenes Jahres in Italien. Dann kehrte er nach Lothringen zurück, ohne jedoch seine Versuche, sich mit seiner Frau auszusöhnen, aufzugeben.
    Zwei Anfang 1074 datierte Briefe des Papstes an Mathilde sind erhalten, die wahrscheinlich von dem Wunsch diktiert sind, die Probleme des Herzogs von Lothringen und der Gräfin von Canossa zu lösen. Gregor forderte sie indirekt auf, Gottfried gegenüber größere Nachsicht und Milde walten zu lassen, auch wenn er gefehlt habe, gerade weil Mathilde, wie Maria, erhabener und edler sei als die anderen Menschen. Eine Versöhnung zwischen Gottfried und Mathilde hatte für den Papst große Bedeutung, versuchte er doch den Lothringer zum Verbündeten zu gewinnen, um die Normannen besser unter Kontrolle halten zu können. Deshalb übte er auf die junge Markgräfin Druck. Aber Mathilde blieb unbeugsam. Die kaum 30-jährige zeigte sich ihrem Mann gegenüber, der trotz seiner Mißbildung auch die Achtung nicht eben kaisertreuer Annalisten wie Lampert genoß, abweisend und kalt.
    Für die den CANOSSA nahestehenden mittelalterlichen Chronisten war Mathildes Haltung der Beweis für ihre Berufung zum Klosterleben, zu einem Leben in Keuschheit. Durch sie ist der Mythos von einer Frau entstanden, die den Schwächen des Fleisches nicht erlag; gleichzeitig hat man dafür die körperlichen Mängel des armen Gottfried verantwortlich gemacht. Man muß aber Gottfried zumindest zugute halten, dass er ehrlich bemüht war, die Einigkeit in seiner Familie zu bewahren und ihre Macht nicht zu zersplittern. Mathildes Unbeugsamkeit kann andererseits nicht allein dadurch erklärt werden, dass sie gegen ihren Willen mit einem kleinwüchsigen, buckligen und - nach Meinung einiger Historiker - mit einem Kropf behafteten Mann verheiratet worden war. In Wahrheit brauchten die beiden Herrinnen von Canossa nun nicht mehr den Schutz eines mächtigen Kriegsmannes. Sie genossen jetzt einen viel mächtigeren, aber mit Takt und Rücksichtnahme ausgeübten Schutz durch die Kirche und deren Oberhaupt. Daher war es für sie günstiger, dass die Ehegatten getrennt blieben und dass sich Gottfried der Bucklige nicht in die Verwaltung ihrer Herrschaftsgebiete einmischte. Das sind die einleuchtenden "politischen" Gründe, die dem Historiker ins Auge springen, da die menschlichen Beweggründe in den historischen Quellen nicht aufscheinen.
    Unter diesen Voraussetzungen ist es verständlich, dass sich das Verhältnis zwischen den Eheleuten ständig verschlechterte. Mathilde versöhnte sich nicht mehr mit ihrem Mann, und dieser näherte sich immer stärker HEINRICH IV. In einem Brief vom 11. September 1075 schrieb Gregor VII. den Markgräfinnen Beatrix und Mathilde, dass die Schwüre Gottfrieds des Buckligen nicht mehr glaubwürdig seien. Der Bruch war endgültig. Dass sich Gottfried nunmehr politisch vom Papst gelöst hatte, ist aus der Tatsache zu ersehen, dass er am 24. Januar 1076 in Worms unter denjenigen war, die Gregor VII. für abgesetzt erklärten und ihm sogar eine Liebesbeziehung mit Markgräfin Mathilde unterstellten: Mit dieser "Frau eines anderen" hab der Papst "nähern Umgang und wohne mit ihr in größerer Vertrautheit zusammen, als es sich geziemt hätte."
    Einen Monat später fand der Bucklige ein schreckliches Ende. In wessen Auftrag handelte der grausame Meuchelmörder? Welche Symbolhaftigkeit verbarg sich hinter diesem furchtbaren Tod? Mathilde von Canossa-Tuszien und Gregor VII. waren sicherlich nicht die einzigen Feinde und nicht die einzigen, die aus seinem Tod Vorteil ziehen konnten: Wie bereits erwähnt, beschuldigte Lampert von Hersfeld Robert von Flandern; manche sahen in Balduin von Hennegau den Drahtzieher des Verbrechens; nur Landulfus Senior klagte Mathilde an. Die Mönche der von Gottfrieds Vater gegründeten Abtei Saint-Hubert sahen diesen Tod als eine gerechte Strafe Gottes an, da ihnen der Bucklige verschiedene von Gottfried dem Bärtigen dem Kloster testamentarisch hinterlassene Güter verweigert hatte. Einen besonderen Grund, sich über diesen Tod zu freuen, hatte Gottfried von Bouillon, denn er war der designierte Nachfolger des Herzogs. Betrachten wir aber den Hergang dieses dieses Verbrechens, über den in der Forschung Übereinstimmung herrscht, so bieten sich auch Schlußfolgerungen an, die uns eher von den Regionen der hohen Politik wegführen. Eine niederträchtige, von einem Meuchelmörder vollführte Tat (oder von einem rachsüchtigen Mann - der Begriff Meuchelmörder setzt einen Auftraggeber voraus, hat es einen solchen wirklich gegeben?), der eine Zeitlang unterhalb des Bretterbodens einer Latrine oder Kloake auf das ahnungslose Opfer wartete, ihm einen Schwerthieb in die bewußte Stelle versetzte und durch Kot und Schlamm watend entfloh, während die Diener dem unglücklichen Opfer, in dessen After immer noch das Schwert steckte, zu Hilfe eilten. Ein grausames Ende also, aber auch ein anrüchiges Verbrechen, das nicht in die adlige Welt paßte.
    Mathilde kümmerte das Seelenheil ihres verstorbenen Ehemannes offenbar überhaupt nicht: Weder eine Schenkung an irgendeine Kirche noch die Errichtung einer Kapelle, in der ein Priester Messen für ihn hätte lesen können, sind bekannt. Sie bezeichnete sich in den Urkunden immer als Tochter Bonifaz', nie als Ehefrau Gottfrieds des Buckligen. In den Urkunden der Markgräfin wird dieser lediglich zweimal genannt, um die Tatsache zu rechtfertigen, dass sie weiterhin nach dem salischen Recht, das heißt nach fränkischem Recht, lebte "von Geburt langobardisch, jetzt salisch aufgrund ihrer Eheschließung mit Gottfried." Dies ist nicht nur eine einfache Formalität, sondern die Betonung eines gesellschaftlichen Aufstiegs, der der Ehe mit einem Mann zu verdanken war, dessen die ihm kirchlich angetraute Frau nur deswegen gedachte.
    Durch den Tod Gottfrieds des Buckligen kamen die Gräfinnen von Canossa, Beatrix und Mathilde, endlich wieder in den vollen Besitz ihrer Gebiete und Herrschaftsrechte im Königreich Italien, für die sie nun auf das Bündnis und den mächtigen Schutz Hildebrands zählen konnten, des neuen Papstes, der sich Gregor VII. nannte.

    Mohr Walter: Band II Seite 48-63, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    Herzog Gottfried dürfte in den letzten Wochen des Jahres 1075 den Reichsangelegenheiten wieder etwas entzogen worden sein, da in Holland eine Intervention des Grafen Robert von Flandern zugunsten seines Stiefsohnes Dietrich drohte. So finden wir ihn zu Weihnachten 1075 in Utrecht, wo er zweifellos mit Bischof Wilhelm entsprechende Gegenmaßnahmen besprochen hat. Aber dann begab er sich mit diesem zusammen nach Worms und nahm als einer der wenigen weltlichen Fürsten an der dortigen Synode teil, auf der die Absetzung Gregors VII. ausgesprochen wurde. Wie weit die Situation inzwischen gediehen war, zeigt die Tatsache, dass der berüchtigte Kardinal Hugo der Weiße in Gegenwart Gottfrieds Beschuldigungen wegen Ehebruchs gegen dessen Gemahlin und den Papst erheben konnte. Die erwähnte Vermittlungsaktion von Beatrix und Mathilde wird also in dieser Zeit in einem politischen Bruch mit dem Herzog geendet haben, der auch den endgültigen persönlichen Bruch zwischen den beiden Ehegatten in sich enthielt. So ist es auch nicht erstaunlich, dass Gottfried sich angeboten haben soll, den künftig zu bestimmenden Papst nach Rom zu geleiten.
    Von Worms ist er sofort wieder nach Utrecht gegangen, ein Zeichen, wie stark die Bedrohung Hollands im Augenblick war. Dann erschien er mit einer Streitmacht in der Gegend von Vlaardingen und bezog dort ein Lager. Hier wurde er durch einen Mordanschlag tödlich verletzt. Der Mörder, seine Motive, bzw. seine Auftraggeber sind unbekannt geblieben.
    Es ist natürlich begreiflich, dass die damalige Zeit im Grafen Dietrich von Holland den Schuldigen sah. Gottfried konnte sich noch nach Utrecht bringen lassen, dort ist er am 22. Februar 1076 gestorben. Seine Leiche wurde in Verdun beigesetzt.

    1069 oo 1. Mathilde von Tuszien, Tochter des Markgrafen Bonifaz I. x 1046-24.7.1115, seine Stiefschwester

    Kinder:
    - Beatrix 1071 - 1071

    Literatur:
    Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 206,213,219,225 - Brunos Buch vom Sächsischen Kriege. Übersetzt von Wilhelm Wattenbach, Phaidon Verlag Essen 1986, Seite 48,78 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 264, 378,381,383,386,388,395,397,400-402,413,423,426-429,435,440-442,444,450,456,460, 464,467,470/Band II Seite 14/Band III Seite 305,506 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 10,24,28-32,36,40,44,46,71,76,101,110,115,128,145,165,166,168, 171,178,179,183,189,204,213,219,221,226,228,231 - Golinello, Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf 1998, Seite 103,116,119,137,146-148,152-159,162,165,178,182,241,247,266,300 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 411, 419,431,445 - Wies, Ernst W.: Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf um die Weltherrschaft, Bechtle Esslingen 1996, Seite 24,27,63,77,107,116,119,124 -

    Gestorben:
    ermordet

    Gottfried heiratete von Tuszien, Mathilde in 1069. Mathilde (Tochter von von Tuszien, Bonifaz I. und von Lothringen, Beatrix) wurde geboren in 1046; gestorben am 24 Jul 1115 in Bondanazzo di Reggiolo [42046],Reggio Emilia,Emilia-Romagna,Italien; wurde beigesetzt in 1115 in San Benedetto Po [46027],Mantua,Lombardei,Italien. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 3.  von Tuszien, Mathildevon Tuszien, Mathilde wurde geboren in 1046 (Tochter von von Tuszien, Bonifaz I. und von Lothringen, Beatrix); gestorben am 24 Jul 1115 in Bondanazzo di Reggiolo [42046],Reggio Emilia,Emilia-Romagna,Italien; wurde beigesetzt in 1115 in San Benedetto Po [46027],Mantua,Lombardei,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Tuszien,Italien; Markgräfin von Tuszien
    • Beerdigung: 1634, Rom [00100],Latium,Italien; 1634 Peterskirche, von Papst Urban VIII. nach Rom überführt.

    Notizen:

    Stiefschwester ihres Ehemanns Gottfried.

    Mathilde Markgräfin von Tuszien

    1046-24.7.1115 Mantua Bondeno di Roncore
    Begraben: S. Benedetto al Po (Polirone, südlich von Mantua), 1634 Peterskirche, von Papst Urban VIII. nach Rom überführt
    Einzige Tochter des Markgrafen Bonifaz' I. von Canossa-Tuszien und der Beatrix von Ober-Lothringen, Tochter von Herzog Friedrich II.

    Lexikon des Mittelalters: Band VI Seite 393, Mathilde von Tuszien, Markgräfin (comitissa et ducatrix)

    * 1046, + 24. Mai 1115 Bodeno (zw. Mantua und Modena)
    Begraben: S. Benedetto al Po (Polirone, südlich von Mantua), 1634 Peterskirche, von Papst Urban VIII. nach Rom überführt

    Einziges überlebendes Kind des Markgrafen Bonifaz von Tuszien und der Beatrix, Tochter Friedrichs II. von Ober-Lothringen

    Nach der Wiederverheiratung der Mutter mit Herzog Gottfried III. von Ober-Lothringen wurde Mathilde mit dessen Sohn Gottfried IV. dem Buckligen (+ 1076), 1069 in unglücklicher Ehe vermählt. Nach der Geburt eines Kindes, das nach wenigen Tagen starb, ging Mathilde 1071 endgültig nach Italien zurück und führte gleichberechtigt mit ihrer Mutter ein straffes Regiment. Energisch in ihren politisch-militärischen Aktionen war sie gleichzeitig in tiefer Frömmigkeit der Kirchenreform zugetan, die vor allem in Papst Gregor VII. ihren größten Protagonisten fand, dem Mathilde zeitlebens eng verbunden blieb. Im ausbrechenden Investiturstreit nahm Mathilde zunächst zwischen König HEINRICH IV. und Gregor VII. eine vermittelnde Position ein, was zur Absolution HEINRICHS IV. auf ihrer Stammburg Canossa (Januar 1077) durch den Papst führte. In den erneuten Auseinandersetzungen zwischen Königtum und Papsttum trat Mathilde entschieden auf die Seite der römischen Kirche, der sie zur Sicherung ihres eigenen Besitzstandes gegen 1079/80 ihr gesamtes Eigengut (auch in Lothringen) vermachte, sich allerdings die volle Verfügungsgewalt darüber vorbehielt (erneuert in schriftlicher Form 1102). Ab 1081 befand sich Mathilde in der Reichsacht und wurde ihrer Lehen für verlustig erklärt. Eine auf Wunsch Papst Urbans II. eingegangene, politisch motivierte Scheinehe der 42-jährigen mit dem 17-jährigen Welf V. war 1095 faktisch beendet. In zunehmenden Konflikten mit ihren Vasallen, Bürgern und dem städtischen hohen Klerus, die ihren kirchlichen Reformkurs ablehnten, suchte Mathilde Unterstützung beim Grafen Guido Guerra I. und fand schließlich Rückhalt bei Kaiser HEINRICH V., der sich mit ihr dergestalt vertraglich arrangierte, dass Mathilde die Reichsverweserschaft in Ligurien und Tuszien verliehen wurde, während dem letzten SALIER die erbliche Nachfolge im canusinischen Eigengut zufallen sollte (Mathildische Güter). Der Mönch Donizo von Canossa setzte in seiner "Vita Mathildis" der Markgräfin ein literarisches Denkmal. Die Blüte der romanischen Steinmetzkunst, die sich mit den Namen eines Wiligelmus bzw. Nicolo, Bauten wie den Domen von Modena und Cremona und der Klosterkirchen von Nonantola und Polirone verbindet, dürfte dem großen Mäzenatentum Mathildes zu verdanken sein.

    Thiele Andreas: "Erzählende genealogische Stammtafeln"

    Mathilde folgte 1055/69 als Markgräfin von Tuszien und Spoleto-Camerino und als Herrin von Canossa. Sie war 1055/56 mit ihrer Mutter Geisel bei Kaiser HEINRICH III. Sie war eine berühmte und umstrittene Frauengestalt des Mittelalters. Sie unterstützte die Cluniazenser sehr, förderte seit 1073 Papst Gregor VII. entschieden, trat nach und nach ihren gesamten Allodialbesitz der Kirche ab und nahm ihn von dieser zu Lehen (in Lothringen und Italien) und geriet auch deshalb schroff gegen HEINRICH IV. und vermittelte 1077 das berühmte Treffen in Canossa. Sie wurde 1080 von HEINRICH IV. unterworfen und 1082 geächtet. Sie unterstützte 1090 die Lombarden und HEINRICHS rebellierenden Sohn König KONRAD und schloß deshalb ihre zweite Ehe, die wegen des Altersunterschiedes großes Aufsehen erregte. Sie anerkannte 1110 gezwungenermaßen Kaiser HEINRICH V. und setzte ihn 1111 als Erben ein. Dafür wurde sie Reichsverweserin in Ligurien. Sie stiftete 1096 das Kloster Pierremont bei Metz. Von Cosmas von Prag wurde sie als sexuell hemmungslos gegenüber ihrem zweiten Ehemann geschildert.

    Große Frauen der Weltgeschichte: Seite 325, Mathilde von Tuszien

    1046-27.VII.1115
    Ein demütiger Büßer im Schnee vor dem verschlossenen Tor der Felsenburg Canossa: hinter dem kerzenhellen Fenster die mächtige Burgherrin Mathilde von Tuszien, neben ihr Papst Gregor VII. und Abt Hugovon Cluny, der Taufpate des Büßers, der kein anderer ist als der deutsche König HEINRICH IV. Unvergessen ist diese weltgeschichtliche Szene im Winter des Jahres 1077. Im erbitterten Machtkampf zwischen Papst und Kaiser stand die landmächtige Mathilde von Tuszien wie ihre Mutter Beatrice von Lothringen auf der päpstlichen Seite. HEINRICH IV., der über den Mont Cenis gekommen war und in Canossa die Lösung vom Bannfluch des Papstes erzwang, begegnete dieser Frau 6 Jahre später zum zweiten Male, als der Kampf von neuem entbrannt war und der König den Papst in der Engelsburg zu Rom belagerte. Wieder stand Mathilde auf seiten Gregors VII. und rief den Normannen-Herzog Robert Guiskard aus Sizilien mit seinen Scharen herbei. Robert führte den Papst im Triumph in den Lateran zurück und nahm schreckliche Rache an den Anhängern HEINRICHS, der während der Belagerung aus den Händen des Gegenpapstes Klemens III. die Kaiserkrone empfangen hatte. Mathilde vermählte sich nach dem Tode ihres ersten Gatten, Gottfrieds des Buckligen, im Jahre 1089 mit dem 17-jährigen Herzog Welf von Bayern. Sie war damals 43 Jahre alt. Die unnatürliche, rein politische Ehe zerbrach; der junge Welf trennte sich von ihr, und Kaiser HEINRICH gelang es, sich mit dem WELFEN-Hause auszusöhnen. Den Gegenschlag versetzte die mächtige Toskanerin dem Kaiser, als sie seinen Sohn KONRAD zum Abfall bewog und seine Krönung zum König der Lombardei bewirkte. Sie bestimmte die Kirche zur Universalerbin ihres weitläufigen mittelitalienischen Landbesitzes, der "Mathildischen Güter", ein Erbe, das zum Zankapfel zwischen den Päpsten und den Kaisern werden sollte.

    Golinelli Paolo: Seite 109-115,146-151,182, "Mathilde und der Gang nach Canossa"

    Über Mathildes Geburt und ihre frühe Kindheit geben die mittelalterlichen Quellen keine Auskunft. Man ist sich in der Forschung einig, ihr Geburtsjahr auf 1046 anzusetzen, da Mathilde nach Donizos Angaben 69 Jahre alt wurde. Als Geburtsort macht Lino Lionello Ghirardini Mantua wahrscheinlich. Mathilde wuchs in einem großen Haushalt auf. Sie hatte zwei Geschwister, Friedrich und Beatrix, die wahrscheinlich älter als sie waren. Die größte Zuwendung der Eltern genoß jedoch zweifellos der Sohn, der einmal die Nachfolge antreten sollte. Mathilde war bestimmt ein außergewöhnliches Kind, das sich von ihren adligen Altersgenossinnen unterschied. Donizo betont ihre Sprachkenntnisse. Es besteht kein Zweifel, dass sie im Unterschied zu den meisten adligen Frauen ihrer Zeit lesen und schreiben konnte, perfekt Lateinisch verstand und sprach und auch die Sprache der Langobarden beherrschte. Sie genoß eine sehr sorgfältige Erziehung. Es ist jedoch auszuschließen, dass Mathilde systematischen Unterricht in den Fächern des Triviums (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und des Quadriviums (Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie) erhalten hat. Im Mittelpunkt ihrer Erziehung stand offenbar die Hinführung zu Gottesliebe und Frömmigkeit, zu Tugendhaftigkeit und zur Fähigkeit, den Prüfungen des Lebens standzuhalten. Lesen und Schreiben erlernte sie nebenbei. Die positiven Auswirkungen dieses Unterrichts prägten ihr ganzes Leben und zeigten sich in ihrem Interesse für Bücher, Kunst, Liturgie und Musik.
    Ihre Kindheit, die bis zu ihrem sechsten Lebensjahr ruhig und ungetrübt verlief, wurde nach dem gewaltsamen Tod ihres Vaters durch dramatische Schicksalsschläge verdüstert. Ihre Mutter mußte nun allein mit einer Situation voller Gefahren und Bedrohungen fertig werden.
    In welcher Verfassung die 7-jährige Mathilde diese Ereignisse erlebte und wie sie darauf reagierte, ist aus den Quellen nicht ersichtlich. Zweifellos mußte alles, was in jenen turbulenten Jahren geschah, sie sehr verunsichert haben: der abrupte Übergang von einer ruhigen frühen Kindheit bis zum Tod ihres Vaters zu den schwierigen Mädchenjahren, die von einem ständigen Ortswechsel ihrer Familie, von den Ängsten, die ihre unsichere Lage hervorrief, und nicht zuletzt von der Trauer über den Tod ihrer Geschwister geprägt waren.
    Noch schwieriger und wechselvoller war für sie das Jahr 1054: Ihre Mutter hatte erkannt, dass es über ihre Kräfte ging, weiterhin allein ihre Herrschaftsgebiete zu verwalten. Als ihr Sohn noch lebte, war es ihre Pflicht gewesen, ihre Herrschaftsgebiete vor Zersplitterung zu bewahren, um ihm die Nachfolge zu sichern. Aber da nun Friedrich gestorben war, mußte man eine Lösung finden, die ihr und ihrer Tochter Sicherheit bieten konnte.
    Mathildes Vermählung mit ihrem Stiefbruder Gottfried stand schon seit langem fest. Wahrscheinlich war sie bereits bei der Eheschließung ihrer Eltern beschlossen worden, als Mathilde noch keine 10 Jahre alt war. Die beiden jungen Leute trafen einander vermutlich bei mehr als einer Gelegenheit - etwa als die beiden Frauen des Hauses CANOSSA von HEINRICH III. in Haft genommen und als Gefangene nach Deutschland gebracht wurden, oder als der junge Gottfried 1067 seinen Vater nach Italien begleitete, wie Benzio berichtet -, und es ist anzunehmen, dass sie als Kinder miteinander gespielt haben. Man darf sich nicht vorstellen, dass Mathilde und Gottfried der Bucklige eine Verlobungszeit hatten. Durch das von den Eltern abgelegte Eheversprechen waren die beiden faktisch bereits vermählt. Zum Inkrafttreten der Ehe fehlten nur noch die körperliche Reife (die bei den Mädchen nicht einmal Bedingung war) und eine günstige Gelegenheit. Diese Gelegenheit kam bald, aber nicht eben unter glücklichen Umständen.
    Gottfried der Bärtige kehrt krank in seine lothringischen Länder zurück, zuerst nach Bouillon, dann nach Verdun. Als sich sein Zustand verschlimmert, ruft er seine ganze Familie, den italienischen und den lothringischen Teil, zu sich. Sobald sein Sohn Gottfried und seine Stieftochter Mathilde bei ihm eingetroffen sind, läßt er ihre Hochzeit ausrichten, um seine Nachfolge in den beiden Herrschaftsgebieten, Lothringen und Toskana-Poebene, vor seinem Hinscheiden zu regeln, vielleicht in der - wohl nicht unbegründeten - Befürchtung, dass nach seinem Tod das Eheversprechen nicht eingehalten werde. Einer Anordnung Papst Alexanders II. nachkommend - vielleicht weil er und Beatrix ihr Enthaltsamkeitsgelübde nicht eingehalten hatten -, trifft er auch die Verfügung, zwei Klöster zu gründen, in Lothringen die Abtei Orval, in Italien die Abtei Frassinoro.
    Der Markgraf stirbt am Heiligen Abend des Jahres 1069. Sein Sohn Gottfried der Bucklige erbt seine Reichtümer und seine Macht. Zur Festigung seiner Position und besseren Kontrolle seiner Besitzungen und Herrschaften hält er sich weiter in Lothringen auf. Während Beatrix nach Italien zurückkehrt, um sich um die Angelegenheiten ihres Hauses zu kümmern, bleibt Mathilde bei ihrem Ehemann.
    Man weiß nicht, ob die körperlichen Mängel ihres Mannes, den Lampert von Hersfeld als tapferen, aber kleinwüchsigen und buckligen Jüngling beschreibt, die junge Mathilde abgestoßen haben. Aber auch hier muß man darauf achten, das Verhältnis zwischen den beiden nicht bloß auf eine Mann-Frau-Beziehung zu reduzieren. Im Laufe des Jahres 1070 wurde Mathilde aller Wahrscheinlichkeit nach schwanger. Dieses Ereignis fand auch am Kaiserhof Resonanz, denn wir lesen in einem Diplom HEINRICHS IV. vom 9. Mai 1071: "wenn nicht der Herzog, so sein Erbe". An diesem Datum nahm man also auf einen Erben Bezug - wenn es sich dabei nicht nur um eine Kanzleiformel handelt. Am 29. August desselben Jahres gründete Mathildes Mutter Beatrix im odenesischen Apennin das Kloster Frassinoro und stattete es mit einem ansehnlichen Patrimonium aus, "für das Heil meiner Seele, der Seele des verstorbenen Markgrafen und Herzogs Bonifaz, meines früheren Ehegemahls, und für die Unversehrtheit und die Seele meiner geliebten Tochter Mathilde, und für das Seelenheil des verstorbenen Herzogs Gottfried, meines Gemahls, und für das Seelenheil der verstorbenen Beatrix 'Neptis meae'. Ich bin zu dem Schluß gekommen, dass es sich bei dieser Beatrix um die gleichnamige Enkelin von Mathildes Mutter, also um die Tochter Mathildes handelt. Aus vielerlei Gründen bin ich zu der Ansicht gekommen, dass die Ende August 1071 als Verstorbene genannte Beatrix das Kind Mathildes ist, auf deren Schwangerschaft Anfang Mai hingewiesen wird. Hier meine Rekonstruktion der Ereignisse: Wir finden Mathilde Ende 1069 mit ihrer Mutter am Sterbebett des Stiefvaters; vor dessen Tod heiratet sie seinen Sohn. Anfang des folgenden Jahres kehrt Beatrix nach Italien zurück und führt am 25. Mai 1070 den Vorsitz bei einem Gerichtstag in Florenz; Mathilde ist mit ihrem Ehemann in Lothringen verblieben und wird im Herbst schwanger; etwa im Frühsommer 1071 bringt Mathilde ein Mädchen zur Welt, das sie Beatrix nennt, mit einem in ihrer Familie häufigen Namen, den auch ihre Mutter trägt, nach der sie sich wahrscheinlich sehnt. Die Niederkunft war wohl nicht leicht - im Mittelalter war eine Geburt oft schwierig und gefährlich -, und die kleine Beatrix starb wahrscheinlich bald darauf. Dass Mathilde die Ehe vollzogen hat, wird durch Bischof Rangerius von Lucca bezeugt. Wieviel Mathilde damals gelitten hat, läßt sich aus der Sorge ihrer Mutter Beatrix um die Erhaltung des Lebens (die "Unversertheit") ihrer Tochter erkennen, die in der Gründungsurkunde von Frassinoro zum Ausdruck kommt. Es ist ein ungewöhnliches Wort, dieses incolumitas, in einer mittelalterlichen Urkunde. Aber hier kehrt es mehrmals wieder und weist auf die Angst hin, die Beatrix um ihre Tochter hat, die weit weg von ihr ist und in einer feindseligen Umgebung leben muß, wie Beatrix wohl während ihres Aufenthalts in Lothringen selbst erfahren hat. Mathilde befand sich in Gefahr zum einen wegen ihrer durch die schwere und unglückliche Entbindung angegriffene Gesundheit und zum anderen, weil sie ihrem Gemahl nicht den Erben geschenkt hatte, der die Fortdauer der Familie garantieren sollte - die Hauptaufgabe einer Ehefrau im Mittelalter, vor allem in den Familien der Oberschicht. Für Mathilde war es eine schreckliche Zeit. Sobald es ihr die Umstände erlaubten, floh sie vor ihrem Mann zu ihrer Mutter, bei der wir sie am 19. Januar 1072 in Mantua antraf.
    Nachdem Mathilde in die Toskana zu ihrer Mutter zurückgekehrt war, versuchte Gottfried alles mögliche, um sich mit ihr auszusöhnen, hatte aber keinen Erfolg mit seinen Bemühungen. Im Herbst 1072 kam Gottfried nach Italien und schenkte Mathilde ein Reliquienkästchen aus dem Besitz Bonifaz' von Canossa, das sie nach Lothringen gebracht hatte, als sie mit ihrer Mutter an das Krankenbett des Stiefvaters geeilt war und man anschließend Hochzeit gefeiert hatte. Gottfried hatte es vor seinem Tod zusammen mit anderen Gütern an die Abtei Saint-Hubert geschenkt. Sein Sohn, der im Streit mit Abt Theoderich lag, hatte das Kästchen wieder in seinen Besitz gebracht. Als Mathilde nun verlangte, er solle es ihr zurückgeben, brachte Gottfried ihr das Reliquienkästchen nach Italien in der Hoffnung, sie damit wieder für sich einzunehmen. Welche Wirkung diese Geste gehabt haben mag, ist nicht bekannt. In den überlieferten Urkunden agieren die beiden allerdings nie gemeinsam; außerdem schreibt der Chronist von Saint-Hubert, Mathilde habe ihren Gemahl während seines Aufenthaltes in Italien, der fast ein Jahr dauerte, die "maritalem gratiam" verweigert. Es gibt jedoch historische Gründe, weshalb Mathilde in diesen Urkunden nicht erwähnt wird: Die legitimen Erben der canossanischen Herrschaft in der Emilia und Toskana waren Beatrix als Witwe des Bonifaz von Canossa und Gottfried der Bucklige als Sohn Gottfrieds des Bärtigen. Mathilde besaß zu jener Zeit keinen Rechtstitel, aufgrund derer sie in privaten und öffentlichen Urkunden in Erscheinung treten konnte.
    Zu der Zeit, als sich Gottfried der Bucklige in Italien aufhielt, fand ein für Mathildes persönliche Geschichte und für die gesamte Christenheit äußerst wichtiges Ereignis statt: die Papstwahl Gregors VII. Am 28. April setzte der neue Papst Markgraf Gottfried von seiner Wahl in Kenntnis. Wahrscheinlich hat Gottfried ihn daraufhin beglückwünscht und ihn gleichzeitig gebeten, ihm bei seinen ehelichen Schwierigkeiten zu helfen, denn Gregor VII. versicherte ihm in einem Schreiben vom 6. Mai, er werde sich der Probleme, die er mit Mathilde habe, annehmen. Gottfried blieb mit Sicherheit bis zum August jenes Jahres in Italien. Dann kehrte er nach Lothringen zurück, ohne jedoch seine Versuche, sich mit seiner Frau auszusöhnen, aufzugeben.
    Zwei Anfang 1074 datierte Briefe des Papstes an Mathilde sind erhalten, die wahrscheinlich von dem Wunsch diktiert sind, die Probleme des Herzogs von Lothringen und der Gräfin von Canossa zu lösen. Gregor forderte sie indirekt auf, Gottfried gegenüber größere Nachsicht und Milde walten zu lassen, auch wenn er gefehlt habe, gerade weil Mathilde, wie Maria, erhabener und edler sei als die anderen Menschen. Eine Versöhnung zwischen Gottfried und Mathilde hatte für den Papst große Bedeutung, versuchte er doch den Lothringer zum Verbündeten zu gewinnen, um die Normannen besser unter Kontrolle halten zu können. Deshalb übte er auf die junge Markgräfin Druck. Aber Mathilde blieb unbeugsam. Die kaum 30-jährige zeigte sich ihrem Mann gegenüber, der trotz seiner Mißbildung auch die Achtung nicht eben kaisertreuer Annalisten wie Lampert genoß, abweisend und kalt.
    Für die den CANOSSA nahestehenden mittelalterlichen Chronisten war Mathildes Haltung der Beweis für ihre Berufung zum Klosterleben, zu einem Leben in Keuschheit. Durch sie ist der Mythos von einer Frau entstanden, die den Schwächen des Fleisches nicht erlag; gleichzeitig hat man dafür die körperlichen Mängel des armen Gottfried verantwortlich gemacht. Man muß aber Gottfried zumindest zugute halten, dass er ehrlich bemüht war, die Einigkeit in seiner Familie zu bewahren und ihre Macht nicht zu zersplittern. Mathildes Unbeugsamkeit kann andererseits nicht allein dadurch erklärt werden, dass sie gegen ihren Willen mit einem kleinwüchsigen, buckligen und - nach Meinung einiger Historiker - mit einem Kropf behafteten Mann verheiratet worden war. In Wahrheit brauchten die beiden Herrinnen von Canossa nun nicht mehr den Schutz eines mächtigen Kriegsmannes. Sie genossen jetzt einen viel mächtigeren, aber mit Takt und Rücksichtnahme ausgeübten Schutz durch die Kirche und deren Oberhaupt. Daher war es für sie günstiger, dass die Ehegatten getrennt blieben und dass sich Gottfried der Bucklige nicht in die Verwaltung ihrer Herrschaftsgebiete einmischte. Das sind die einleuchtenden "politischen" Gründe, die dem Historiker ins Auge springen, da die menschlichen Beweggründe in den historischen Quellen nicht aufscheinen.
    Unter diesen Voraussetzungen ist es verständlich, dass sich das Verhältnis zwischen den Eheleuten ständig verschlechterte. Mathilde versöhnte sich nicht mehr mit ihrem Mann, und dieser näherte sich immer stärker HEINRICH IV. In einem Brief vom 11. September 1075 schrieb Gregor VII. den Markgräfinnen Beatrix und Mathilde, dass die Schwüre Gottfrieds des Buckligen nicht mehr glaubwürdig seien. Der Bruch war endgültig. Dass sich Gottfried nunmehr politisch vom Papst gelöst hatte, ist aus der Tatsache zu ersehen, dass er am 24. Januar 1076 in Worms unter denjenigen war, die Gregor VII. für abgesetzt erklärten und ihm sogar eine Liebesbeziehung mit Markgräfin Mathilde unterstellten: Mit dieser "Frau eines anderen" hab der Papst "nähern Umgang und wohne mit ihr in größerer Vertrautheit zusammen, als es sich geziemt hätte."
    Einen Monat später fand der Bucklige ein schreckliches Ende. In wessen Auftrag handelte der grausame Meuchelmörder? Welche Symbolhaftigkeit verbarg sich hinter diesem furchtbaren Tod? Mathilde von Canossa-Tuszien und Gregor VII. waren sicherlich nicht die einzigen Feinde und nicht die einzigen, die aus seinem Tod Vorteil ziehen konnten: Wie bereits erwähnt, beschuldigte Lampert von Hersfeld Robert von Flandern; manche sahen in Balduin von Hennegau den Drahtzieher des Verbrechens; nur Landulfus Senior klagte Mathilde an. Die Mönche der von Gottfrieds Vater gegründeten Abtei Saint-Hubert sahen diesen Tod als eine gerechte Strafe Gottes an, da ihnen der Bucklige verschiedene von Gottfried dem Bärtigen dem Kloster testamentarisch hinterlassene Güter verweigert hatte. Einen besonderen Grund, sich über diesen Tod zu freuen, hatte Gottfried von Bouillon, denn er war der designierte Nachfolger des Herzogs. Betrachten wir aber den Hergang dieses dieses Verbrechens, über den in der Forschung Übereinstimmung herrscht, so bieten sich auch Schlußfolgerungen an, die uns eher von den Regionen der hohen Politik wegführen. Eine niederträchtige, von einem Meuchelmörder vollführte Tat (oder von einem rachsüchtigen Mann - der Begriff Meuchelmörder setzt einen Auftraggeber voraus, hat es einen solchen wirklich gegeben?), der eine Zeitlang unterhalb des Bretterbodens einer Latrine oder Kloake auf das ahnungslose Opfer wartete, ihm einen Schwerthieb in die bewußte Stelle versetzte und durch Kot und Schlamm watend entfloh, während die Diener dem unglücklichen Opfer, in dessen After immer noch das Schwert steckte, zu Hilfe eilten. Ein grausames Ende also, aber auch ein anrüchiges Verbrechen, das nicht in die adlige Welt paßte.
    Mathilde kümmerte das Seelenheil ihres verstorbenen Ehemannes offenbar überhaupt nicht: Weder eine Schenkung an irgendeine Kirche noch die Errichtung einer Kapelle, in der ein Priester Messen für ihn hätte lesen können, sind bekannt. Sie bezeichnete sich in den Urkunden immer als Tochter Bonifaz', nie als Ehefrau Gottfrieds des Buckligen. In den Urkunden der Markgräfin wird dieser lediglich zweimal genannt, um die Tatsache zu rechtfertigen, dass sie weiterhin nach dem salischen Recht, das heißt nach fränkischem Recht, lebte "von Geburt langobardisch, jetzt salisch aufgrund ihrer Eheschließung mit Gottfried." Dies ist nicht nur eine einfache Formalität, sondern die Betonung eines gesellschaftlichen Aufstiegs, der der Ehe mit einem Mann zu verdanken war, dessen die ihm kirchlich angetraute Frau nur deswegen gedachte.
    Durch den Tod Gottfrieds des Buckligen kamen die Gräfinnen von Canossa, Beatrix und Mathilde, endlich wieder in den vollen Besitz ihrer Gebiete und Herrschaftsrechte im Königreich Italien, für die sie nun auf das Bündnis und den mächtigen Schutz Hildebrands zählen konnten, des neuen Papstes, der sich Gregor VII. nannte.
    Auch für Mathilde stand jenes Jahr 1076 unter keinem guten Stern. Am 26. Februar fiel ihr Gemahl Gottfried einem Mordanschlag zum Opfer. Sie mußte nun das Erbe ihres Mannes antreten, das aus dem Herzogtum Nieder-Lothringen mit Holland und dem Hennegau, der Mark Antwerpen, der Grafschaft Verdun und einer Reihe von Allodialgütern in diesen Landstrichen bestand, darunter Stenay und Mosay. Am 18. April starb in Pisa auch ihre Mutter, Beatrix von Lothringen, und wurde in der Kathedrale Santa Reparata zu Grabe getragen. Mathilde mußte nun ganz allein die Last der Herrschaft über ein riesiges, multinationales Territorium tragen und ihre äußerst schwierige politische Rolle bewältigen: In der heißesten Phase des Konflikts stand sie zwischen einem Kaiser, an den sie durch Verwandtschaftsbande und Lehnseide gebunden war, und einem Papst, mit dem sie nicht nur als seine Tochter in Christo und Anhängerin seiner Reformideen, sondern durch tiefe Zuneigung und die Notwendigkeit, sich gegenseitig zu stützen, verbunden war. Im jenem Sommer traf Mathilde, die wahrscheinlich zwischen Italien und Lothringen hin und her reiste, um die Probleme des Erbes ihres verstorbenen Mannes zu lösen, mit Hermann von Metz, Abt Hugo von Cluny, Bischof Theoderich von Verdun und der Kaiserin-Mutter Agnes zusammen.
    In ihrer Burg Canossa kam es vor allem durch die Vermittlung von Abt Hugo von Cluny, Taufpate HEINRICHS IV., zur Aussöhnung zwischen dem deutschen König und Papst Gregor VII., der HEINRICH IV. vom Bann lösen mußte.
    Anselm von Lucca starb am 18. März 1086 in Mantua, knapp ein Jahr nach dem Tod Gregors VII. in Salerno. Mit ihnen verlor Mathilde die Bezugspersonen, die ihr Sicherheit gegeben und seit der Zeit, als sie allein die Herrschaft über die Mark der Canossa angetreten hatte, ihre Stütze gewesen waren. Welche Bedeutung beide für Mathilde hatten und wie groß ihre Einsamkeit und Hilflosigkeit nach deren Tod gewesen war, läßt sich an ihrem Entschluß ermessen, noch einmal zu heiraten, um jemanden zu haben, der ihr Schutz bieten konnte. Solange Anselm noch lebte, hatte sie dies trotz der großen Schwierigkeiten nie als notwendig erachtet. Nach Anselms Tod empfand sie eine zweite Ehe jedoch als dringend erforderlich und unaufschiebbar.
    An der Elster fügte HEINRICH IV. dem Gegen-König RUDOLF VON RHEINFELDEN eine weitere, diesmal definitive Niederlage zu. RUDOLF wurde im Kampf schwer verwundet und starb am nächsten Tag. Am selben 15. Oktober 1080 schlugen nach Bertholds Bericht die Truppen der Machthaber fast ganz N-Italiens - zumeist Graf-Bischöfe - Mathildes Heer bei Volta Mantovana in die Flucht. Es war die erste schwere militärische Niederlage der Markgräfin in dem Krieg, den sie zur Verteidigung Gregors VII. und der Reform führte; eine Niederlage, die schwere Zeiten für ihre Partei befürchten ließ. Nach diesen Erfolgen suchte HEINRICH IV. über seine Cousine 2. Grades Mathilde zur Aussöhnung mit Papst Gregor VII. zu kommen. Auf dem im Jahre 1081 unternommenen Italienzug HEINRICHS IV. verweigerte Mathilde, obwohl Lehensträgerin des Reiches, dem König die militärische Gefolgschaft, der seine Kaiserkrönung nicht erreichte, da er nicht in der Lage war, Rom einzunehmen.
    Was HEINRICH IV. bewog die Belagerung Roms abzubrechen und sich statt dessen mit der Markgräfin zu beschäftigen, war wohl - neben der extremen Sommerhitze - die Nachricht, dass mehrere Städte der Toskana sich gegen Mathilde erhoben hatten. Den Anfang machte Lucca, wo die Kanoniker im Oktober 1080 Anselm vertrieben. Dann folgte Pisa, die Lieblingsstadt von Mathildes Mutter Beatrix. Im Juli 1081 erklärte HEINRICH IV. in Lucca Mathilde des Majestätsverbrechen schuldig und damit all ihrer öffentlichen Funktionen und Güter verlustig. Eine derart schwere Strafsanktion hatten die Kaiser bisher nur in den seltensten Fällen verhängt. Mathilde hatte inzwischen die Toskana verlassen und sich in Begleitung ihrer Getreuen in ihre Apenninburgen geflüchtet. Ein Teil ihrer Grafen schloß sich dem Kaiser an. Nach dem Bann von Lucca verschanzte sich Mathilde in ihren Burgen im Apennin, während die Truppen HEINRICHS IV. ungehindert in ihren Ländern umherzogen, sie plünderten und verwüsteten. Sie war völlig isoliert, nur Anselm von Lucca war bei ihr, spendete ihr Trost und gab ihr Ratschläge. Neben den Versuchen, den Schaden, den HEINRICHS Truppen in ihrem Gebiet anrichteten, möglichst zu begrenzen, richtete sich Mathildes Politik weiterhin auf die Unterstützung des Reformpapsttums. Zwei ihrer Aktionen erwiesen sich dabei als besonders bedeutsam: Sie schenkte alle ihre Güter an die Kirche und übersandte Gregor VII. eine beträchtliche Menge an Gold und Edelsteinen. Mathildes führte den Kampf gegen die Truppen ihrer Gegner fort, die in ihre Länder eingedrungen waren - 1084 besiegte sie die Feinde bei Sobara und verjagte sie aus Nonantola - und unterstützte weiterhin die Anhänger der Kirchenreform. In militärischer Hinsicht nützte Mathilde weiterhin die Abwesenheit HEINRICHS IV., um die Rückeroberung der ihren Feinden in die Hände gefallenen Gebiete zu betreiben. Dies gelang ihr nur in ihren oberitalienischen Herrschaftsgebieten, während sie die lothringischen Gebiete, das Erbe Gottfrieds des Buckligen, endgültig verlor. Am 1. Juni 1085 schenkte HEINRICH IV. in Metz die Mathildischen Güter Stenay und Mosay, die er nach der Ächtung Mathildes in Lucca eingezogen hatte, Bischof Theoderich von Verdun.
    Mathilde sah sich hingegen mit einem neuen Italienzug HEINRICHS IV. konfrontiert. Vielleicht auf den Rat Urbans II. hin versuchte sie der drohenden Gefahr durch eine in politischer wie privater Hinsicht äußerst heikle Entscheidung zu begegnen: Sie faßte den Entschluß, eine neue Ehe einzugehen. Jetzt hatte der Papst die enge Verbindung zwischen dem Heiligen Stuhl und den CANOSSA aufgelöst, so dass Mathilde einen neuen Bundesgenossen finden mußte. Ihre Wahl fiel auf ein Mitglied der WELFEN, die zu den größten Gegnern HEINRICHS IV. im Reich zählten. Es läßt sich nicht eindeutig feststellen, von wem die Initiative ausgegangen war, ob vom Vater des Bräutigams oder von Mathilde selbst oder auch von Urban II., wie Bernold von Konstanz in seinem Chronicon schreibt:

    "In Italien vermählte sich die edle Herzogin Mathilde, Tochter des Markgrafen Bonifaz und Witwe Herzog Gottfrieds, mit Herzog Welf, dem Sohn Herzog Welfs, und dies geschah nicht aus Zügellosigkeit, sondern aus Gehorsam gegenüber dem römischen Papst, um mit größerer Schlagkraft der heiligen Römischen Kirche gegen die Exkommunizierten zu Hilfe kommen zu können. Diese fielen in der Tat sofort über ihren Gemahl her, konnten ihn aber nicht die Stirn bieten und erwirkten durch die Fürsprache seiner Gemahlin einen Waffenstillstand bis Ostern. HEINRICH, der sich König nennen ließ, war über diesen Ehebund sehr verärgert. Er, der zum Sachsenfeldzug aufgebrochen war, mußte schimpflich den Rückzug antreten. Petrus Igneus, der Bischof von Albano, der zu den eifrigsten Verfechtern der Sache des heiligen Petrus gehört, ist zum Herrn heimgegangen."

    Urban II. ist also auszuschließen. Wahrscheinlich waren aber weder der junge Welf V. noch Mathildes selbst die Urheber eines so kühnen und ehrgeizigen Projekts. Diese Idee mußte von Welf IV., dem Vater des Bräutigams kommen, der beherrschenden Persönlichkeit der WELFEN-Dynastie. Es war zweifellos eine Ehe, die aus dem Rahmen fiel: 1089 war der junge Welf erst kürzlich großjährig geworden und sollte nun, mit vermutlich 16 Jahren, den Ehemann einer reifen Frau von 42 oder 43 Jahren spielen, einer Frau, die für ihre Willensstärke und Entschlossenheit bekannt war und die bereits ein Leben voller Ereignisse hinter sich hatte.
    Was dachten aber die Zeitgenossen über Mathilde? Gregor VII. oder der Verfasser der Vita des Anselm von Lucca nannten sie "Tochter des heiligen Petrus" und "Magd des Herrn", ihre Gegner sagten ihr jedoch moralisch unerlaubte Beziehungen zu Gregor VII. und Anselm nach, klagten darüber, dass die Kirche von einer Frau regiert werde, und beschuldigten Mathilde, ihren ersten Mann auf fürchterliche Weise ermordet zu haben; ja sie gingen sogar soweit, sie wie Benzo von Alba "Fotzenloch" (os vaginae) zu nennen. Diese Polemik, die vor nichts zurückscheut, war im Investiturstreit unter Gegnern üblich.
    Der Text des Cosmas von Prag dokumentiert aber, dass man über Mathilde und ihre zweite Ehe auch auf dieser Ebene sprach. Außerdem führt er Motive an, die nicht weit entfernt von der Realität sind, wie den Wunsch Mathildes, das Geschlecht der CANOSSA nicht versiegen zu lassen, und die Impotenz ihres jungen Ehemannes, der in der Tat kinderlos starb, wie die Genealogia Welforum bezeugt: "Welf [IV.] ging mit Erzbischof Tiemon nach Jerusalem und starb auf der Reise. Durch sein Betreiben vermählte Herzog Welf [V.], nachdem er großjährig geworden war, mit Mathilde, Gräfin der Langobardia, und starb kinderlos." Diese Quelle gibt weder einen Hinweis auf die Trennung der beiden noch Gründe dafür an, während Cosmas sich ausführlich und überdies ungenau darüber ausläßt. Es wäre allzu vereinfachend, wollte man die Trennung, die erst 1095, nach einigen Ehejahren, erfolgte, auf sexuelle Probleme oder auf die Kinderlosigkeit zurückführen. Auch die Schilderung der Hochzeit von Mathilde und Welf trägt eindeutig topische Züge. Zwar handelte es sich bei Mathildes zweiter Ehe nicht gerade um eine heimliche Trauung, aber die Zahl der Anwesenden muß sich, in Anbetracht der Umstände und Zeitläufe, doch in Grenzen gehalten haben, und man trieb wohl keinen großen Aufwand. Die Reaktion HEINRICHS IV. ließ jedenfalls nicht lange auf sich warten.
    HEINRICH IV. brach kurz nach dieser Hochzeit zu seinem 3. Italienzug auf. Von Verona, wo ein urkundlicher beleg vom 10. April 1090 vorliegt, zog HEINRICH IV. nach Mantua und begann im Mai mit der Belagerung der Stadt. Mathilde und Welf verteidigten Mantua gemeinsam, aber ihre Aufgabe war nicht einfach. Der Belagerungsring HEINRICHS IV. schloß sich immer enger. Der Kaiser eroberte die Mathildischen Festungen Rivalta und Governolo und isolierte dadurch die Stadt, so dass Mantua vor den Ostertagen 1091 in seine Hände fiel. Mathilde und Welf blieb nichts anderes übrig, als sich in ihren Apenninburgen zu verschanzen und mittels ihrer Informanten den Gang der Ereignisse zu verfolgen. Im August verwandte sich Mathildes mächtiger Schwiegervater, Welf IV., bei einem Treffen in Verona beim Kaiser für sie und schlug Friedensverhandlungen vor. Der Herzog erreichte jedoch nichts und mußte nach Deutschland zurückkehren, ohne seinem Sohn und seiner Schwiegertochter konkrete Hilfe gebracht zu haben. Während HEINRICH IV. Anstalten traf, den zweiten Winter in Italien zu verbringen, versuchte Mathilde, die Gelegenheit zu nutzen, als er sich ohne Begleitmannschaft auf das andere Etschufer begeben hatte, um ihn mit List in ihre Gewalt zu bringen. Aber einer ihrer Kapitäne, Ugo del Manso aus der Familie ESTE, verriet sie an den Kaiser, so dass dieser seine Truppen zusammenziehen konnte, die der Markgräfin bei Trecontai im Gebiet von Padua eine schwere Niederlage beibrachten. In der Folgezeit eroberte der Kaiser weitere Gebiete der Markgräfin. Als er versuchte, ihre Stammburg Canossa zu erobern, erlitt er 9 Kilometer vor Mathildes Burg in der Schlacht bei Madonna della Battaglia eine Niederlage. Die Markgräfin Mathilde hatte selbst an der Schlacht teilgenommen. Während HEINRICH sich zum Überwintern nach Verona zurückzog, konnten Mathilde und ihre Anhänger ein wenig aufatmen und im Jahr darauf Governolo und Rivalta wieder in ihre Gewalt bringen, nicht jedoch Mantua, dessen Autonomie nun gefestigt war. Statt dessen näherten sich der Markgräfin andere lombardische Städte - Mailand, Cremona, Lodi und Piacenza -, die sich dadurch der kaiserlichen Kontrolle entzogen. Die Geschicke des Kaisers nahmen also eine negative Wendung, und Mathilde hatte wesentlich dazu beigetragen. Das erste Zeichen seines Untergangs war die Rebellion seines ältesten Sohnes KONRAD, den er zu seinem Erben designiert und in Italien zurückgelassen hatte. Er ließ sich von Mathilde verführen und verbündete sich mit den Feinden seines Vaters. KONRAD ließ sich von einer Frau (Mathilde) das geben, was er bereits besaß und was sein Vater ihm übertragen hatte, und erhob sich im Widerspruch zu den Gesetzen der Natur gegen diesen. Auf dieses private Unglück folgte als nächstes die Befreiung der Königin Praxedis durch Mathilde. Sie fand bei der Markgräfin und ihrem Gemahl Welf V. Zuflucht. Das Bündnis zwischen Mathilde und Urban II. hatte zur Folge, dass HEINRICH IV. noch stärker in die Isolation geriet, denn sein Sohn KONRAD, der kurz davor zum König gewählt worden war, vermählte sich Pisa mit Maximilla, der Tochter des Großgrafen von Sizilien, Roger I.
    Die Synode, an der vermutlich auch Mathilde teilnahm, fand im Januar 1097 statt. Unterstützt durch Urban II., war die Markgräfin bereits wieder in den vollen Besitz ihrer tuszischen Herrschaften gelangt. Sie konnte jedoch nicht persönlich am Kreuzzug teilnehmen, da sie sonst ein gefährliches Machtvakuum hinterlassen hätte.
    Mathilde konnte sich offenbar nicht aus ihren Territorien entfernen, ohne dabei ein hohes Risiko einzugehen. Wir erkennen dies deutlich, wenn wir uns die urkundlich belegten Handlungen der Markgräfin vor Augen führen, die in erster Linie aus Schenkungen und Konzessionen an Reformklöster in der Toskana und am Po bestehen. HEINRICH IV. verließ ohne weitere Aktionen nach sieben Jahren Krieg gegen Mathilde 1097 Italien und kehrte über den Brenner nach Deutschland zurück. Alles in allem konnte er gewisse Erfolge verzeichnen, es war ihm gelungen, das Bündnis der Markgräfin mit seinem bayerischen Gegner zu sprengen und die Ehe Mathildes und Welfs auseinanderzubringen. Auch in Mathildes Bündnis mit HEINRICHS IV. rebellischem Sohn KONRAD kam es zu einer kurzen Krise. Die Gründe für diesen Konflikt werden nicht genannt, und Donizo ist der einzige, der davon berichtet. Von einem anderen Geschehnis jener Jahre spricht Donizo jedoch nicht: von der Adoption des Grafen Guido Guerra, eines Mitglieds des Florentiner Adelsgeschlechts der Grafen Guidi, durch Mathilde. Die Spannung mit KONRAD und die Adoption des Guido Guerra stehen in einem gewissen Zusammenhang, obgleich die einzigen Indizien dafür die Gleichzeitigkeit beider Ereignisse und ihr gleicher Schauplatz sind. Florenz, wo KONRAD starb, war das Zentrum der Macht der Grafen Guidi, und eine der Städte, die Mathilde besonders treu ergeben waren. Das in Deutschland kursierende Gerücht, Mathilde sei für den Tod des Kaisersohnes verantwortlich, sie habe ihn vergiftet, zeigt, wie sich der Konflikt zwischen der Markgräfin und ihrem neuen Souverän, der in Mailand gekrönt worden war, zugespitzt hatte - ein Streit, von dem jedoch Donizo berichtet, er habe rasch ein friedliche Lösung gefunden.
    Stellt man nun zwischen den beiden Ereignissen einen Zusammenhang her, so wird auch der Grund für den Konflikt klar: die Frage der Erbschaft der Mathildischen Güter. Nach dem Tode der Markgräfin machte der Kaiser Verwandtschaftsbeziehungen mit den CANOSSA und damit Erbfolgerechte geltend. Angesichts eines Rechtsakts wie dieser Adoption verfielen derartige Rechte automatisch, und der Verlust war nicht gering zu achten. Mathilde war nun über 50 Jahre alt und konnte nicht mehr auf eigene Nachkommenschaft hoffen, um ihre Dynastie fortzusetzen. Deshalb adoptierte sie ein Mitglied der Adelsfamilie, die ihr in jenen Jahren wohl die meiste Unterstützung geboten hatte, einen Mann, von dem sie hoffen konnte, er werde ihr Werk fortsetzen, den jungen Guido Guerra, der wahrscheinlich Anfang 20 war. Als Zeuge erscheint er neben Mathilde am 20. Juni 1099 in Marturi im Florentiner Umland, um eine Schenkung an das Kloster San Michele zu bestätigen. Man gewinnt den Eindruck, dass die Präsenz all dieser Leute auch den Zweck hatte, die Gefolgschaft der Markgräfin fester an sich zu binden, im Hinblick auf eine Reaktion König KONRADS, die nicht lange auf sich warten ließ - eine Reaktion, die ihn schließlich nach Florenz führte, wo ihm am 27. Juli 1101 der Tod ereilte.
    Mathilde wiederholte im Jahre 1102 die Schenkung ihrer Güter an den Heiligen Stuhl, die sie 20 Jahre vorher vorgenommen hatte. Die erste Schenkungsurkunde war in den Wirren verlorengegangen, die Rom auf dem Höhepunkt zwischen den Anhängern Gregors VII. und HEINRICHS IV. erschüttert hatten. Nun wurde die Urkunde neu verfaßt und der Text diesmal auf einer Marmorplatte eingemeißelt, damit nichts von dem, was geschrieben war, verlorengehen konnte. Beraten und beschützt von Bernardo degli Uberti und ihrem Adoptivsohn Guido Guerra, gewann Mathilde die Sicherheit zurück, die sie 20 Jahre zuvor zur Zeit Gregors VII. und Anselms von Lucca besessen hatte, und begann wieder eine der Hauptrollen in der Politik ihrer Zeit zu spielen: Mit Hilfe Venedigs eroberte sie Ferrara zurück, das zur Zeit des Gegenpapstes Clemens III. von ihr abgefallen war. Bei Papst Paschalis II. intervenierte sie sogar gegen den König von England und verwandte sich für die Rückkehr Anselms von Aosta in seine Diözese Canterbury, aus der er zweimal exiliert worden war.
    Immer wieder ließ Mathilde erkennen, wie sehr sie sich nach dem Frieden des Klosters sehnte, der ihr im Vergleich zu ihrem Leben, in dem sie die Umstände zwangen, die traditionelle Rolle des Mannes zu übernehmen - auf die sie gerne verzichtet hätte - und sich im politischen und militärischen Auseinandersetzungen zu bewähren, so erstrebenswert schien. Mit der Adoption des Guido Guerra verfolgte sie wahrscheinlich die Absicht, jemanden an der Seite zu haben, der sie bei ihren zahlreichen öffentlichen Verpflichtungen unterstützen konnte; zur Linderung ihrer seelischen Einsamkeit trug Kardinal Bernhard bei, trotzdem stand Mathilde letztlich allein an vorderster Front, während weiterhin das Papsttum ihrer Hilfe bedurfte und die Prälaten, die wegen ihrer reformerischen Ideen und ihrer romtreuen Politik mit den weltlichen Autoritäten in Konflikt geraten waren, bei ihr Zuflucht suchten.
    Mathilde hatte sich inzwischen in ihre Burgen im Apennin zurückgezogen, weil sie das Schlimmste befürchtete. HEINRICH V. schickte jedoch eine Gesandtschaft zu ihr. Es wurde eine Übereinkunft geschlossen, über deren Einzelheiten Donizo sich nicht weiter verbreitet, außer dass Mathilde sich geweigert habe, an einem Unternehmen gegen den Papst teilzunehmen. HEINRICH V. konnte aber auf seinem Zug zur Krönung nach Rom ungehindert durch die canossanischen Territorien ziehen. Obwohl HEINRICH V. Papst Paschalis II. wegen der Nichteinhaltung der Übereinkunft von Sutri gefangennahm, intervenierte Mathilde nur zugunsten von Bernhard und Bonsenoir, tat aber nichts für den Papst, der erst nach 60-tägiger Haft am 13. April 1111 wieder freikam. Nach erfolgter Kaiserkrönung hielt sich HEINRICH V. auf dem Rückweg drei Tage als Gast der Markgräfin in der Burg Bianello auf. Im Verhältnis zwischen dem Reich und Mathilde von Canossa bildete die in Lucca 1081 wegen Hochverrats verhängte Reichsacht, die immer noch nicht aufgehoben war, ein Hemmnis. Daher mußten in dem neuen Klima der Zusammenarbeit, das sich zwischen HEINRICH V. und Mathilde gebildet hatte, zuerst diese Kluft zwischen ihr und dem Kaisertum überbrückt und deren rechtliche Auswirkungen beseitigt werden. So handelte es sich bei dem feierlichen Akt im Mai 1111 nicht um eine Krönung, sondern um eine Wiederholung der Investitur Mathildes in ihre Reichslehen. Mathilde war sich des Kurswechsels bewußt, aber sie war es leid, sich weiterhin für die päpstliche Sache einzusetzen. Ihre schönsten Jahre hatte sie dafür geopfert, sich selbst und ihre Herrschaft in Gefahr gebracht, sich enorme finanzielle Lasten und Kriege aufgebürdet; sie hatte mit ansehen müssen, wie ihre Städte von ihr abfielen, ihre Burgen belagert und ihre Gefolgsleute erschlagen wurden. Ja sie war sogar soweit gegangen, sich mit einem Jüngling zu verheiraten und dadurch bei allen Leuten ins Gerede zu kommen, nur weil ein Papst dies von ihr verlangt hatte. Jetzt war für sie der Zeitpunkt für etwas Frieden gekommen, und HEINRICH V. bot ihr dazu die Gelegenheit.
    "Er nannte sie in klaren Worten seine Mutter", sagt Donizo und führt damit auf die ihm eigenen symbolische Weise, als sei der Kaiser der von ihm nie genannte Adoptivsohn, ein für die Übereinkunft zwischen HEINRICH V. und Mathilde wesentliches Element ein: die Erbschaft des Mathildischen Allodialbesitzes durch den Kaiser. Diese Frage hatte schon zum Konflikt zwischen Mathilde und HEINRICH V. älterem Bruder KONRAD geführt, als die Markgräfin den Grafen Guido Guerra adoptiert hatte. Dann war der Streit wahrscheinlich durch die Annullierung der Adoption beigelegt worden. Guido Guerra agiert nur bis zum Jahr 1108 als Mathildes Adoptivsohn (oder Erbe). Danach tritt er ein einziges Mal als Zeuge auf in einer Urkunde vom 6. Mai 1115, die Mathilde auf ihrem Krankenlager in Bondeno di Roncore zugunsten des Klosters Polirone ausgestellt hatte - wohlgemerkt, als Zeuge, nicht als der Urkundende, also nicht mehr als Adoptivsohn. Es scheint aber von Bedeutung zu sein, dass er es nach 1108 nicht mehr wagt, diesen Titel zu führen, und nicht mehr an Mathildes Seite auftritt, mit Ausnahme jener, wenige Wochen vor dem Tod der Markgräfin ausgefertigten Urkunde.
    Es ist durchaus denkbar, dass HEINRICH V. Mathilde dazu bewog, die Adoption rückgängig zu machen und ihn selbst als Erben des canossanischen Eigenguts einzusetzen. Dafür sicherte er ihr Frieden und seinen persönlichen Schutz zu. Als Ausdruck der hohen Wertschätzung ihrer Verwandtschaft - sie war bekanntlich eine Cousine seines gefürchteten Vaters - bezeichnete er sie als seine Mutter. Von ihrer Sehnsucht nach Frieden getrieben, versprach sie ihm offenbar, sich künftig jeglicher Intervention in die römischen Angelegenheiten zu enthalten. Im Gegenzug wurde sie aus der Reichsacht gelöst und wieder in ihre Reichslehen investiert.
    Nach diesem Akt konnte HEINRICH V. beruhigt nach Deutschland aufbrechen. In Verona bestätigte er in einem Diplom vom 21. Mai 1111 die Güter der Abtei Polirone und stellte dieses Hauskloster der CANOSSA unter seinen Schutz. Eine der Klauseln des Abkommens zwischen HEINRICH V. und Mathilde hatte offenbar auch zum Inhalt, dass der Kaiser seine schützende Hand von Mantua und den Mantuanern zurückziehen sollte. Dies erkennt man daran, dass die Markgräfin die Stadt 1114 zurückerobern konnte. Kurz darauf erkrankte sie schwer und zog sich über die Sommermonate in ihre Apenninburgen zurück, wo ihr Aufenthalt in Montebaranzone bei Prignano im Secchiatal belegt ist. In Mantua verbreitete sich sofort das Gerücht, sie sei gestorben, und die Stadt versuchte von neuem, das Joch der Canossa-Herrschaft abzuschütteln. Mathilde kam jedoch wieder zu Kräften und zwang die Stadt, sich ihr zu ergeben. Man schreibt Ende Oktober 1114 - ein seltsames Jahr, das sich mit unheilvollen, todverkündenden Vorzeichen angekündigt hatte: Ein Blutregen, so berichten die Chronisten, fiel auf die ganze Lombardei, bis in den Raum von Cittanova westlich von Modena.
    Mathilde von Canossa erkrankte von neuem und starb in der Nacht zum 24. Juli 1115 in Bondeno di Roncore. Im folgenden Jahr zog HEINRICH V. wieder nach Italien, um die Allodialgüter der Markgräfin und ihrer Familie in Besitz zu nehmen. Macht und Reichtum der CANOSSA, die durch die Gunst der Kaiser gewachsen waren, fielen nun zum großen Teil wieder an die Institution zurück, der sie ihr Entstehen und ihre Förderung verdankten, wenngleich HEINRICH V. nicht als Kaiser auf sie Anspruch erhob, sondern als der nächste Verwandte einer ruhmreichen Dynastie, die nun erloschen war.
    War Mathilde als Politikerin erfolgreich und konnte sie sich in den 40-jährigen Wirren und Krisen behaupten, ebenso wie sie sich als Kämpferin erwies, so hatte sie weniger Glück in ihrem Privatleben, besonders in der vor allem im Mittelalter für die Rolle der Frau als konstitutiv erachteten Funktion, Mutter zu werden, für die Kontinuität des Lebens, der Familie, des Namens zu sorgen. Donizo schreibt ihr die dreifache Frucht des christlichen Lebens zu, als Ehefrau, Witwe und Jungfrau, aber sie war keine liebende und fruchtbare Ehefrau, keine treue Witwe und keine Jungfrau. Der männliche Geist, den die Schriftsteller aus dem Klerikerstand an ihr priesen, hatte ein fast notwendiges Gegenstück in ihrer Sterilität. Die mythische Artemis gebar bekanntlich keine Kinder. Da es Mathilde also versagt war, für eine Nachfolge zu sorgen, blieb ihr nichts andere übrig als die Güter, über die sie verfügen konnte, an die Klöster und an jene kirchlichen Einrichtungen zu geben, die ihr dafür Gebet und Gedenken "bis an das Ende der Welt" zusicherten.

    1070 1. oo Gottfried der Bucklige Herzog von Lothringen, ihr Stiefbruder, -26.2.1076

    1089 2. oo Welf V. Herzog von Bayern 1072-24.9.1120

    Literatur:
    Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 146,160,213,231,247,253,256,259,276,279,286,288 - Csendes, Peter: Heinrich VI., Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Wiesbaden 1993, Seite 88,165 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 70-72,75,235,238 - Fumagalli Vito: Mathilde von Canossa. Verlag Klaus Wagenbach Berlin 1998 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 9-235 - Goez, Werner: Lebensbilder aus dem Mittelalter. Die Zeit der Ottonen, Salier und Staufer. Primus Verlag Darmstadt 1998, Seite 233-256 - Golinello, Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf 1998 - Jehl, Rainer: Welf VI., Wissenschaftliches Kolloquium zum 800. Todesjahr vom 5. Bis 8. Oktober 1991 im Schwäbischen Bildungszentrum Irse, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 12,20,120 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 10,394,411, 429,433-436,439-441,445-448,461,469 - Schwarzmaier Hansmartin: Von Speyer nach Rom. Wegstationen und Lebensspuren der Salier. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992, Seite 15,18, 117,121 - Wies, Ernst W.: Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf um die Weltherrschaft, Bechtle Esslingen 1996, Seite 27,40,49, 132,147,153,164,181,185,207,215,247,249,262,268,273 -



    Neue Deutsche Biographie - Mathilde

    Markgräfin von Tuszien, * circa 1046, † 24.7.1115 Bondeno bei Mantua, ⚰ Kloster Polirone bei Mantua, seit 1644 Rom, Sankt Peter.

    M. zählt zu den bedeutendsten Frauengestalten der spätsalischen Zeit. Das Reformpapsttum verdankt ihr in seiner Auseinandersetzung mit dem Kaisertum, in der M. eine entscheidende Rolle gespielt hat, den „langfristig wirksamsten Schutz“ (Haverkamp). Fromm im Sinne der Zeit, ist ihre von Widersprüchen nicht freie Persönlichkeit geprägt|von hohem fürstlichem Selbstverständnis und den Idealen der Kirchenreform. Nach der Ermordung ihres Vaters 1052, der als Haupt der stärksten Feudalmacht Oberitaliens (Haus Canossa) von Kaiser Konrad II. 1028 oder 1032 zum Markgrafen von Tuszien bestellt worden war, heiratete die Mutter 1054 den mit Kaiser Heinrich III. entzweiten Hzg. Gottfried d. Bärtigen von Ober- und Niederlothringen. In dem dadurch heraufbeschworenen Konflikt mußte M. ihrer Mutter 1055 zeitweilig ins Exil nach Deutschland folgen. Nach dem Tod Heinrichs III. 1056 lernte M. in Begleitung ihrer Mutter, die in Vertretung ihres Gemahls den riesigen oberital. Familienbesitz verwaltete, die führenden Köpfe der Kirchenreform kennen (Hildebrand-Gregor VII., →Petrus Damiani), die einen prägenden Eindruck bei ihr hinterließen. Wohl kurz vor dem Tod ihres Stiefvaters Ende 1069 heiratete M. aus dynastischen Gründen dessen Sohn aus 1. Ehe, Gottfried d. Buckligen. Die Ehe scheiterte an der Abneigung M.s, die Ende 1071 – ein Sohn M.s und Gottfrieds ist wahrscheinlich bald nach der Geburt gestorben – zu ihrer Mutter nach Italien zurückkehrte.

    Papst Gregor VII. fand in Beatrix und M. ergebene Anhänger; ihre häufigen Kontakte wurden im Wormser Absageschreiben der deutschen Bischöfe an den Papst (Februar 1076) als Anklagepunkt eigens erwähnt. Nach dem Tod von Gemahl und Mutter in kurzen Abständen noch im selben Jahr – den von ihr zu diesem Zeitpunkt geplanten Klostereintritt hat ihr Gregor VII. verboten – übernahm M. nicht nur das riesige Familienerbe, sondern gegen alle Lehnsgewohnheiten auch die Mgfsch. Tuszien und setzte den für eine Frau ungewöhnlichen Regierungsstil ihrer Mutter fort. 1077 kam es in Canossa, der Stammburg ihres Geschlechts, in ihrer Gegenwart zu jenem denkwürdigen Bußakt des gebannten Kg. Heinrich IV., der nicht zuletzt durch ihre Fürsprache von Gregor VII. wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen wurde (Analyse der zahlreichen Quellen bei Zimmermann). Als der sog. Investiturstreit nach vergeblichen, auch von ihr unterstützten Ausgleichsbemühungen 1080 in seine zweite Phase trat, verharrte die jetzt vor allem von Bischof →Anselm von Lucca († 1086) beratene Fürstin, die wohl kurz zuvor heimlich der Röm. Kirche ihre Eigengüter (allerdings mit vollem Nießbrauchsvorbehalt) übertragen hatte – wohl um sie vor dem Zugriff des Königs zu sichern –, unbeirrbar auf der Seite Gregors. Im Oktober 1080 wurden ihre Streitkräfte von den oberital. Anhängern des Saliers geschlagen. Ihre Herrschaft brach zeitweilig auch in ihren Stammlanden, wo die Unzufriedenheit mit ihrem autoritären Regierungsstil bei Vasallen und Stadtbewohnern groß war, zusammen. 1081 sprach ihr Heinrich IV. in der alten Residenz der Markgrafen von Tuszien, in Lucca, in einem förmlichen Prozeß alle Reichslehen ab und verhängte über sie die Reichsacht. Doch konnte sich M. in den folgenden Jahren behaupten.

    Auf Wunsch Urbans II., bei dessen Wahl 1088 sie durch Boten vertreten war – schon Victor III. (1085–87) war mit ihrer Unterstützung erhoben worden –, ging M. 1089 eine Scheinehe mit dem 25 Jahre jüngeren Sohn des Herzogs von Bayern, Welf V., ein, wodurch die süddeutsche antisal. Opposition mit den oberital. Verbündeten des Papstes in für Heinrich IV. bedrohlicher Weise verklammert wurde. Den kriegsentscheidenden Abfall Kg. Konrads 1093 hat M. mit veranlaßt. Nach dem Bruch mit ihrem Gemahl 1095 adoptierte sie 1099 den Gf. Guido Guerra – wie sie ein Anhänger der Kirchenreform –, doch wurde die Erbfrage hiervon nicht berührt. Heinrich V. gelang es auf seinem Italienzug 1110, das Vertrauen der Markgräfin, die zu Papst Paschalis II. ein eher kühles Verhältnis hatte, zu gewinnen. Obwohl sie die Schenkung ihres Besitzes an die Röm. Kirche 1102 wiederholt hatte, setzte M. den Salier im Rahmen eines Bündnisses 1111 zum Erben ihrer (durch Vergabe mittlerweile schon stark dezimierten) Hausgüter ein (wozu sie nach ihrem Rechtsverständnis wohl berechtigt war); jahrzehntelanger Streit in stauf. Zeit war die Folge.

    M. starb in dem kleinen Ort Bondeno zwischen Mantua und Modena in Gegenwart des Abtes Pontius von Cluny und ihres Adoptivsohns Guido Guerra. Ihr erstes Grab fand sie in dem von ihr reich beschenkten Familienkloster Polirone, das durch ihre Fürsorge als cluniazensisches Reformkloster bedeutende kulturelle Aktivitäten entwickelt hatte (Schwarzmaier, Fichtenau). Der mgfl. Hof, der (wohl zu Unrecht) mit den Anfängen der Rechtsschule von Bologna in Verbindung gebracht wurde, war ein Zentrum literarischer Aktivitäten und der aufkommenden juristischen Studien. Irnerius von Bologna gehörte seit 1113 dem Juristenkreis am Hofe M.s an, sie selbst wird als gebildete Bücherliebhaberin geschildert. Papst Urban VIII. ließ M., die ihren Platz auch in Dantes „Divina Commedia“ gefunden hat, als erste Frau 1644 in St. Peter beisetzen; ihr Grabmonument hat Bernini entworfen (Abb. u. a. bei Nencioni, Ghirardini u. Zimmermann).

    Name:
    Mathilde von Canossa

    Gestorben:
    (1015 hieß der Ort Bondeno di Roncore)

    Kinder:
    1. 1. von Lothringen, Beatrix wurde geboren in 1071; gestorben in 1071.


Generation: 3

  1. 4.  von Lothringen, Gottfried III. (Sohn von von Lothringen, Gozelo I.); gestorben am 21 Dez 1069 in Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; wurde beigesetzt in Verdun [55100],Lothringen,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; Graf von Verdun
    • Titel/Amt/Status: 1044-1047, Oberlothringen; Herzog von Oberlothringen
    • Titel/Amt/Status: 1065-1069, Niederlothringen; Herzog von Niederlothringen
    • Titel/Amt/Status: 1054-1069, Tuszien,Italien; Markgraf von Tuszien

    Notizen:

    Gottfried III. der Bärtige
    Herzog von Nieder-Lothringen(1065-1069)
    Herzog von Ober-Lothringen(1044-1047)
    Graf von Verdun
    -21.12.1069 Verdun Begraben: Verdun
    Sohn des Herzogs Gozelo I. von Nieder-Lothringen

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 1601

    Gottfried III. der Bärtige
    + 30. Dezember 1069 Verdun Begraben: Verdun, entsprechend den Traditionen seines Hauses

    Herzog von Ober-Lothringen 1044-1046; Markgraf von Tuszien 1054-1069 und Herzog von Nieder-Lothringen
    Sohn Gozelos I.
    1. oo Oda
    Kinder:
    unter anderem Gottfried IV. der Bucklige
    Ida (Mutter Gottfrieds von Bouillon)

    2. oo Beatrix von Tuszien

    Nach dem Tod des Vaters wurde Gottfried III. von König HEINRICH III. als Herzog von Ober-Lothringen eingesetzt, sein Bruder Gozelo II. dagegen in Nieder-Lothringen (1044). Gottfried III. beanspruchte 1046, nach dem Tode Gozelos II., auch die niederlothringische Herzogswürde. Da HEINRICH III. dies verweigerte, erhob sich Gottfried III. der Bärtige gegen den König, zum Teil gestützt auf Heinrich I. von Frankreich. HEINRICH III. ernannte im Gegenzug Friedrich von Luxemburg zum Herzog von Nieder-Lothringen (1046-1065) und setzte Gottfried III. auch in Ober-Lothringen zugunsten Gerhards I. von Elsaß ab. Da Gottfried III. wegen des Gegensatzes zu HEINRICH III. keine Chance zur Durchsetzung seiner lothringischen Herrschaftsinteressen sah, ging er nach dem Tode seiner 1., aus dem unteren Maasgebiet stammenden Gemahlin Oda nach Italien, heiratete dort 1054 in von HEINRICH III. nicht gebilligter Ehe seine Verwandte Beatrix, Tochter Friedrichs II. von Ober-Lothringen und Witwe von Bonifaz von Tuszien. 10 Jahre lang hatte Gottfried III. der Bärtige eine erstrangige Position in Italien inne. Seine vom König nicht zu erschütternde Machtposition wurde noch gestärkt durch die Wahl seines Bruders Friedrich zum Papst (Stephan IX.) und durch die Heiraten seiner drei Schwestern mit dem lothringischen Pfalzgrafen, dem Grafen von Namur und dem Grafen von Löwen. Wiederholt wurde Gottfried III. ein Streben nach der Königs-, ja Kaiserkrone zugeschrieben. Nach HEINRICHS III. Tod (1056) bemühte sich Gottfried III., durch die Heirat seines Sohnes aus 1. Ehe, Gottfrieds IV. des Buckligen, mit seiner Stieftochter Mathilde von Tuszien, um Ausbau seiner Spitzenstellung. 1065 erlangte er vom jungen König HEINRICH IV. nach Friedrichs Tod das niederlothringische Herzogtum. In seinen letzten Jahren beschränkte er sich im wesentlichen auf sein Territorialfürstentum zwischen Schelde und Rhein, behielt aber gemeinsam mit seiner Frau auch die Herrschaft über Tuszien bei. Er erbaute die Burg Bouillon, wo er eine Münzstätte einrichtete. Aus Tuszien übernahm er die Praxis, seine Urkunden von eigenen Notaren anfertigen und mit dem herzoglichen Siegel versehen zu lassen.

    Literatur:

    E. Boshof, Lothringen, Frankreich und das Reich in der Regierungszeit Heinrichs III., RhVjbll 42, 1979, 63-127.

    Glocker Winfrid: VII,96; Seite 331, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VII, 96 Gottfried II. ("der Bärtige") + 1069 XII 21

    1026 Graf von Verdun, 1044-1047 Herzog von Ober-Lothringen, 1065 Herzog von Nieder-Lothringen

    1. oo Doda
    + (?) am XII 21

    1054
    2. oo Beatrix, Tochter Herzog Friedrichs von Ober-Lothringen
    + 1076 und Witwe Markgraf Bonifaz I. von Tuszien

    Vgl. Brandenburg X, 120 sowie Renn, Grafenhaus S. 41 ff. Im Nekrolog des Klosters S. Vanne zu Verdun ist zum XII 21 eine "Domna Goda" genannt, die vermutlich mit der in der Vita der seligen Ida von Boulogne (AA SS April II, S. 141; auch in RHF Band 14, S. 113) bezeugten 1. Gemahlin Gottfrieds des Bärtigen namens Doda (Oda) zu identifizieren ist; so Bloch, Urkunden S. 149, Anm. 12, und diesem zustimmend Hübinger, Beziehungen S. 33,
    Allgemein informiert über Herzog Gottfried den Bärtigen der Artikel von Kurt Reindel in NDB Band 6, S. 662.

    Gottfried war Mitregent seines Vaters und hoffte nach dessen Tode auf das ungeteilte Erbe. Er wurde nur Herzog von Ober-Lothringen und Vogt von St. Vanne. Er erhob sich gegen diese Maßnahme und wurde 1044/45 von Kaiser HEINRICH III. inhaftiert. Er wurde zu einem Führer des hochadligen Widerstandes gegen die Politik des Königs, rebellierte 1046-1049 erneut, verbündet mit Balduin von Flandern und Dietrich IV. von Holland und wurde von HEINRICH III. zur Unterwerfung gezwungen. Er verlor das Herzogtum und alle Lehen und wurde bis 1051 auf dem Giebichenstein in Haft gehalten. Ober-Lothringen kam an Graf Adalbert von Elsaß, den Gottfried 1048 erschlug. Er bekam etliche Lehen vom Erzbischof von Köln und wurde durch seine gegen den Willen des Kaisers geschlossene Ehe mit der reichbegüterten Beatrix, der Witwe des Markgrafen Bonifaz, Markgraf von Tuszien-Canossa. Damit gewann Gottfried eine neue Machtbasis, beherrschte das Papsttum und setzte seinen Kampf gegen den Kaiser fort. 1055 vom Kaiser zur Flucht über die Alpen gezwungen, söhnte sich dieser 1056 mit Gottfried aus. Er erhielt allen Allodialbesitz zurück und war damit mächtigster Graf in Lothringen. Gottfried beeinflußte mit dem Bruder entscheidend die Entwicklung in der Kirche, vereinigte 1057 das Herzogtum Spoleto mit seinem Besitz, während sein Bruder als Stephan IX. den päpstlichen Stuhl bestieg. Er förderte 1058 die Wahl von Papst Nikolaus II. und 1059 dessen Wahldekret zur Bildung des Kardinalskollegiums, womit die Loslösung von kaiserlicher Beeinflußung eingeleitet wurde. Er war seit 1056 auch Graf von Ancona und Pisa und kaiserlicher Statthalter in N-Italien. 1062 war er an der Entführung HEINRICHS IV. in Kaiserswerth beteiligt und erhielt 1065 das Herzogtum Nieder-Lothringen. Er verhinderte 1066 einen geplanten Romzug Kaiser HEINRICHS IV., stand gegen die expandierenden Normannen in S-Italien, führte 1066 entscheidend den Sturz des Regenten Erzbischof Adalbert von Bremen herbei und geriet auch schroff gegen Erzbischof Anno von Köln wegen seiner Lehen. Er hat als damals einflußreichster Reichsfürst die weitere Entwicklung entscheidend beeinflußt.

    Golinelli Paolo: Seite 116-128,147

    "Mathilde"

    Unter den lothringischen Verwandten der Markgräfin Beatrix übertraf Gottfried, genannt "der Bärtige", alle an Temperament und Ehrgeiz. Auch er war verwitwet. Aus seiner Ehe mit Oda (Duota) hatte er einen Sohn, der ebenfalls Gottfried hieß, der aber, wie so viele im Früh- und Hochmittelalter mit einem Beinamen, der auf eine körperliche Mißbildung hinwies, in die Geschichte einging. An ihm sollte für alle Zeiten der Spottname "der Bucklige" oder "der Höckerige" haften bleiben. Gottfried der Bärtige gehörte zu jenem kriegerischen Hochadel, auf dem seit den Zeiten KARLS DES GROSSEN der Zusammenhalt des Reichs beruhte, der aber nun zu einem der stärksten Faktoren für einen inneren Auflösungsprozeß geworden war. Im Laufe der Zeit hatte sich die auf Achtung und Treue gegründete Bindung dieser Adligen an den Kaiser gelockert. Sie gerieten sogar in offene Konflikt mit dem Herrscher und erhoben sich gegen ihn.
    Gottfried war der Sohn des Herzogs Gozelos I. von Lothringen, der 1033 die Nachfolge Herzog Friedrichs II., des Vaters von Beatrix, angetreten hatte. Nach Gozelos Tod im Jahre 1044 hatte HEINRICH III. Lothringen unter dessen beiden Söhnen aufgeteilt und Gottfried in Ober-Lothringen, seinen Bruder Gozelo II. in Nieder-Lothringen eingesetzt. Dies trieb Gottfried zur Rebellion gegen den Kaiser, der ihn jedoch sofort zur Unterwerfung zwang. Nach dem Tod Gozelos II. im Jahre 1046 erhob Gottfried von neuem Anspruch auf Nieder-Lothringen, um die beiden Teile des ehemaligen Reichslehens seines Vaters wieder in seiner Hand zu vereinen. Aber HEINRICH III. verweigerte ihm dies und erhob statt dessen Friedrich von Luxemburg zum Herzog von Nieder-Lothringen. Gottfried rebellierte von neuem und wurde wiederum besiegt. Diesmal entzog ihm der Kaiser sein Herzogtum und ernannte Adalbert aus dem Haus ELSASS zum Herzog von Ober-Lothringen. Gottfried zog daher gegen Adalbert ins Feld, erschlug ihn im Kampf, ergriff wieder Besitz von seinem Herzogtum und wurde deshalb von HEINRICH III. gefangengenommen. Verfolgen wir die Ereignisse in der Schilderung Lamperts von Hersfeld:

    "[1044] Herzog Gozelo von Lothringen starb; sein Sohn Gottfried, ein hochbegabter und im Kriegswesen sehr erfahrener junger Fürst, griff zu den Waffen gegen das Reich, weil ihm das Herzogtum seines Vaters vorenthalten wurde. Herzog Adalbert, den der König zum Nachfolger seines Vaters eingesetzt hatte, besiegte und tötete er; er erschlug viele Menschen und verwüstete die Felder schwer; alle Ortschaften bis zum Rhein legte er in Asche bis auf diejenigen, die dem feindlichen Angriff dank ihrer Mauern entgingen oder sich durch Geldzahlungen losgekauft hatten."

    Der Annalist vermischt die Ereignisse der Jahre 1044, 1046 und 1048. Abgesehen von den chronologischen Ungenauigkeiten - man darf nicht vergessen, dass er 30 Jahre nach diesen Ereignissen schrieb - gibt er aber ein anschauliches Bild der Kämpfe und von Gottfrieds Charakter:

    "[1045] Herzog Gottfried unterwarf sich dem König und kam nach Giebichenstein in Haft. Nun blieb das Reich für kurze Zeit ruhig und friedlich. [...][1046-1047] Herzog Gottfried war aus der Haft entlassen worden, mußte aber erkennen, dass ihn weder die Fürsprache der Fürsten noch seine freiwillige Unterwerfung genützt hatten; darüber empört und seiner dürftigen Vermögenslage überdrüssig, begann er von neuem den Kampf. Unter anderen Schädigungen, die er dem Reich zufügte, ließ er die Pfalz Nijmwegen niederbrennen, ein Bauwerk von wunderbarer, unvergleichlicher Schönheit; ferner eroberte er Verdun und äscherte dort die Hauptkirche ein. Doch nach kurzer Zeit bereute er seine Tat so sehr, dass er sich öffentlich auspeitschen ließ und, um nicht geschoren zu werden, seine Haare mit viel Geld loskaufte; ferner zahlte er die Kosten des Wiederaufbaus der Kirche und leistete bei der Maurerarbeit öfters die Dienste eines einfachen Handlangers."

    Durch das Bündnis mit der Kirche und vor allem mit Papst Leo IX., mit dem er verwandt war, vermochte Gottfried sein Geschick wieder zum besseren zu wenden. Im Juli 1049 verwandte sich der Papst in Aachen beim Kaiser für den Herzog. Im Dezember traf Leo IX. in Mainz erneut mit dem Kaiser zusammen. Herzog Gottfried erlangte die kaiserliche Huld wieder, wie Lampert von Hersfeld berichtet, und erhielt Ober-Lothringen zurück. Danach soll Gottfried zusammen mit seinem Bruder Friedrich den Papst auf seinem Weg nach Rom begleitet haben. So festigte sich das Bündnis zwischen dem Papst und seinen Lothringer Verwandten. Gottfried hatte während dieser Romfahrt wahrscheinlich Gelegenheit, seiner Cousine Beatrix und dem Markgrafen Bonifaz einen Besuch abzustatten und ein Bündnis mit ihnen zu vereinbaren. Es ist aber auszuschließen, dass die beiden Verwandten - und späteren Ehegatten - eine Intrige eingefädelt hatten, um den CANOSSA aus dem Weg zu räumen.
    Wie vorteilhaft diese Verbindung zwischen Leo IX., Gottfried und Beatrix war, sollte sich erneut 1054 erweisen, als Bonifaz' Witwe erkannte, dass sie den großen "Staat", dessen Leitung nun in ihrer Hand lag, nicht mehr allein regieren konnte. Beatrix suchte eine feste Stütze, und wahrscheinlich bewog die Vermittlung des Papstes die beiden, sich miteinander zu verbinden. Beatrix' Entschluß, mit dem hitzköpfigen Gottfried eine Ehe einzugehen, war im Interesse ihrer Herrschaft notwendig, barg aber zugleich ein Risiko: Es war vorauszusehen, dass er beim Kaiser auf Ablehnung stoßen würde. Deshalb legten die Brautleute das Gelübde ab, eine Josephsehe führen zu wollen, was den Beifall des Petrus Damiani fand. Gottfried hatte sich in den Jahren vor dieser Eheschließung um die Kirche verdient gemacht - in Goslar hatte er 3 manichäische Ketzer gefangengenommen - und durch seine Waffenhilfe die Gunst des Kaisers gewonnen. Wegen seiner Vermählung mit Markgräfin Beatrix riskierte er jedoch, das neue Vertrauen, das ihm der Herrscher entgegenbrachte, aufs Spiel zu setzen. Durch das Keuschheitsgelübde versicherte er sich daher nicht nur der Unterstützung des Papstes, sondern auch der ganzen Reformbewegung. Problematisch war auch die Tatsache, dass er mit Beatrix verwandt war; obwohl es sich dabei nur um eine Verwandtschaft 8. Grades handelte, konnte dies doch zu Schwierigkeiten mit der Kirche führen. Das Keuschheitsgelübde war ein Mittel, um auch dieses Problem zu umgehen.
    Die "politische" Ehe zwischen Gottfried und Beatrix löste zudem die Frage der Nachfolge und damit die Probleme, die Beatrix wohl am meisten am Herzen lagen; das Schicksal ihrer Markgrafschaft und das ihrer Tochter Mathilde. Die Eheleute kamen nämlich überein, dass die knapp 8-jährige Tochter des Markgrafen Bonifaz und Gottfrieds Sohn, Gottfried der Bucklige, ein feierliches Eheversprechen ablegen sollten. Auf diese Weise würde sich ihre durch die Ehe besiegelte Verbindung auch in ihren Kindern fortsetzen und damit die Dynastie und ihre Herrschaft festigen, die von diesem Zeitpunkt an zwei große Territorien umfaßte, eines im Königreich Italien, das andere im Zentrum des Reichs.
    Nach dem Tod Leos IX. (+ 19.4.1054) ergriff HEINRICH III. wieder die Initiative und bewog Bischof Gebhard von Eichstätt, der Wahl zum Papst zuzustimmen und zog mit ihm im Frühjahr 1055 nach Italien; nicht zuletzt, um die Angelegenheit mit Gottfried dem Bärtigen und Beatrix von Lothringen, die nun gemeinsam die Herren von Canossa waren, zu regeln.
    Bei den Hochzeitsfeierlichkeiten hatte man bewußt darauf verzichtet, die eigene Macht und Pracht demonstrativ zur Schau zu stellen, aber die Eheschließung als solche hatte das strukturelle Gleichgewicht im Gefolge des Reichs verschoben. HEINRICH III. hatte nicht nur die Gewalt, sondern auch rechtliche Argumente auf seiner Seite, um diese Ehe für nichtig erklären und dem Paar einen Teil ihrer Herrschaften entziehen zu können: Sowohl Beatrix als auch Gottfried hätten als Reichsvasallen ihm um seine Zustimmung zu ihrer Vermählung bitten müssen; beide hatten Reichslehen - die Toskana und Ober-Lothringen -, und der Kaiser konnte sie ihnen bestätigen oder entzeihen. In Anbetracht des früheren Verhaltens Gottfrieds wollte der Kaiser zu letzterer Maßnahme greifen. Es bestand ja in der Tat die Gefahr, dass Gottfried sich jenseits der Alpen mit den Besitztümern der CANOSSA ein eigenes Königreich errichten wollte, und das mußte der Kaiser unter allen Umständen verhindern. So eilte er nach Italien, um gegen die neuen Herren von Canossa vorzugehen. Viele seiner Aktionen betreffen in der Tat die Toskana. Gottfried war inzwischen nach Lothringen geflüchtet, aus Florenz durch einen Volksaufstand vertrieben, bei dem HEINRICH III. vielleicht seine Hand im Spiel gehabt hatte.
    Im Februar 1057 reisten Beatrix und Gottfried in die Toskana zurück. Sie waren beim Tod des Kaisers in der Nähe von Goslar zugegen gewesen; nun gaben sie Papst Viktor II. das Geleit. Die CANOSSA erwiesen sich dem Papst auf seiner Reise nach Rom als unentbehrlich und spielten später, bei der Wahl seines Nachfolgers, eine entscheidende Rolle, nachdem Viktor II. am 27. Juli 1057 in Arezzo gestorben war. In nur 5 Tagen gelang es Gottfried, seinen Bruder Friedrich zum Papst wählen zu lassen. Er nahm den Namen Stephan IX. an, starb aber bereits am 29. März 1058. In dieser Krisenzeit wurde also ein kaiserliches Vorrecht von einem Lehnsherren, Gottfried dem Bärtigen, usurpiert.
    Im Jahre 1061 kam es zum Schisma, denn der deutsche König ließ am 28.10.1061 den Bischof Cadalus von Parma als Honorius II. zum Papst wählen. Wenige Tage vorher hatten Hildebrand nahestehende Kardinäle unter dem Schutz der Normannen Alexander II. zum Papst gewählt. In der ersten Zeit verhielt sich Gottfried neutral, wahrscheinlich deshalb, weil er sich nicht in Italien befand und seine Interessen in Lothringen wahrnahm. Beatrix hatte hingegen von Anfang an die Partei Alexanders II. ergriffen, vielleicht durch Petrus Damiani beeinflußt, und versuchte, Honorius II. an der Durchreise durch ihr Herrschaftsgebiet zu hindern. Gottfried nahm an der Synode in Mantua teil und gab ihr durch seine Autorität und Machtstellung die entscheidende Bedeutung. Auch diesmal gaben also die CANOSSA für die Wahl des Papstes den Ausschlag.
    Gottfried der Bärtige kehrt krank in seine lothringischen Länder zurück, zuerst nach Bouillon, dann nach Verdun. Als sich sein Zustand verschlimmert, ruft er seine ganze Familie, den italienischen und den lothringischen Teil, zu sich. Sobald sein Sohn Gottfried und seine Stieftochter Mathilde bei ihm eingetroffen sind, läßt er ihre Hochzeit ausrichten, um seine Nachfolge in den beiden Herrschaftsgebieten, Lothringen und Toskana-Poebene, vor seinem Hinscheiden zu regeln, vielleicht in der - wohl nicht unbegründeten - Befürchtung, dass nach seinem Tod das Eheversprechen nicht eingehalten werde. Einer Anordnung Papst Alexanders II. nachkommend - vielleicht weil er und Beatrix ihr Enthaltsamkeitsgelübde nicht eingehalten hatten -, trifft er auch die Verfügung, zwei Klöster zu gründen, in Lothringen die Abtei Orval, in Italien die Abtei Frassinoro.
    Der Markgraf stirbt am Heiligen Abend des Jahres 1069. Sein Sohn Gottfried der Bucklige erbt seine Reichtümer und seine Macht. Zur Festigung seiner Position und besseren Kontrolle seiner Besitzungen und Herrschaften hält er sich weiter in Lothringen auf. Während Beatrix nach Italien zurückkehrt, um sich um die Angelegenheiten ihres Hauses zu kümmern, bleibt Mathilde bei ihrem Ehemann.

    Mohr Walter: Band I Seite 82-88, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    Gottfried war Mitherzog seines Vaters und nahm 1037 an der Schlacht bei Bar gegen den Grafen Odo von der Champagne teil.
    Lothringen ist also ungeteilt geblieben. In diesem Zustand der Regelung eines Mitherzogs ist zu einem unbekannten Zeitpunkt eine Änderung eingetreten, die wir erst aus den Berichten über den Tod Gozelos im April 1044 erkennen können. Irgendwie hatte HEINRICH III. seine Meinung über Gottfried geändert und begünstigte jetzt dessen Bruder Gozelo, obwohl dieser zur Übernahme des Amtes kaum befähigt war. Ungewiß ist nur, in welchem Maße dieser Gozelo II. bevorzugt wurde, nämlich ob er das ganze Herzogtum Lothringen erhielt oder lediglich einen Teil, in dem man Nieder-Lothringen erblicken wollte. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass HEINRICH III. ganz Lothringen an Gozelo II. übertragen wollte, was noch durch die nachfolgenden Ereignisse erhärtet wird.
    Gottfried hat sich, nach dem Bericht der Altaicher Annalen, dem Willen des Königs nicht fügen wollen, der ihm den von ihm verlangten Primat nicht übergeben wollte, wobei mit Primat offensichtlich die Herrschaft im ganzen Herzogtum Lothringen gemeint war. Wahrscheinlich faßte der König nach dem Tode Gozelos I. Ober- und Nieder-Lothringen wieder als die alte Einheit des lothringischen Herzogtums auf, über die er zu verfügen habe, während Gottfried seinerseits Anrecht aus seiner Stellung als Mitherzog seines Vaters im ganzen Herzogtum geltend machte. HEINRICH III. kam zum Entschluß eines Kompromisses in einer neuerlichen Teilung Lothringens zwischen Gottfried und Gozelo II.
    Gottfried hat versucht, diese Entscheidung des Königs rückgängig zu machen. Er hat durch Bevollmächtigte und durch seine Freunde am Hofe weitere Verhandlungen führen lassen. Offensichtlich war der König sofort nach seiner Entscheidung zum Zug nach Ungarn aufgebrochen, so dass Gottfried die Verhandlungen nicht persönlich führen konnte. Er ließ alle möglichen Zusicherungen geben, wenn ihm nur beide Herzogtümer überlassen würden. Die neuerliche Entscheidung des Königs lautete dahin, Gottfried habe von seinen ursprünglichen Forderungen abzusehen und die Herrschaft mit seinem Bruder zu teilen. Gottfried wurde anscheinend von verschiedenen Seiten bearbeitet, sich der Entscheidung des Königs zu fügen, doch entschloß er sich zum bewaffneten Widerstand. Zu diesem Zwecke ging er ein Bündnis ein mit König Heinrich I. von Frankreich. Die Situation war dafür beim französischen König günstig, der wohl an eine Wiederaufnahme der Ansprüche auf Lothringen gedacht hat. Gottfried hat ihm wahrscheinlich die Huldigung für ganz Lothringen angeboten. Er hat außerdem seine Vasallen durch einen Eid gebunden, ihm 3 Jahre lang gegen jeden zu Hilfe zu ziehen. HEINRICH III. erfuhr von diesen Umtrieben und lud ihn vor einen Hoftag im September 1044 nach Aachen. Gottfried ist dort erschienen offensichtlich im Bewußtsein, dass ihm auf Grund seiner ehemaligen Erhebung zum Mitherzog ein Recht auf ganz Lothringen zustehe. Vermutlich glaubte er dabei, der König wisse von seinen Verhandlungen mit dem französischen König noch nichts.
    Indessen entwickelte sich der Hoftag zum Gerichtstag über ihn. Nachdem die Tatsächlichkeit seiner hochverräterischen Beziehungen der Versammlung offen zutage lag, kamen die ihm in der Würde Gleichgestellten zu dem Urteil, er sei aller königlichen Benefizien für verlustig. Auffallend ist die Tatsache, dass Gottfried in Freiheit belassen wurde und Aachen wieder verlassen konnte.
    Wir müssen in der Folgezeit davon ausgehen, dass Gozelo II. Herzog von ganz Lothringen gewesen ist. Gottfried seinerseits begann jetzt einen rücksichtslosen Kampf gegen alle Anhänger des Königs. Dieser zog Ende des Jahres 1044 gegen ihn aus. Die Aktion geschah anscheinend im Raum der unteren Nahe. Es konnte nichts entscheidendes ausgerichtet werden. Der König hat nach kurzer Zeit die Operationen eingestellt. Wodurch eigentlich Gottfried schließlich zur Unterwerfung gebracht wurde, läßt sich nicht deutlich erkennen. Es sind in den Berichten aus späterer Zeit Andeutungen erhalten, einige Geistliche hätten durch ihre Ermahnungen ihn zur Einkehr gebracht, doch scheint auch seine Lage so schlecht geworden zu sein, dass ihm nichts anderes mehr übrig blieb. Auf letzteres deutet auch der Ausgang dieser Unterwerfung im Juli 1045, bei der er nicht die königliche Gnade erfuhr, sondern in Haft gesetzt wurde.
    Nicht als Folge des angeblichen Todes Gozelos II. hat HEINRICH III. auf einem Hoftage in Aachen am 18. Mai 1046 eine Neuordnung des lothringischen Gebietes vorgenommen, sondern weil ihn die Unfähigkeit Gozelos dazu zwang. Der unmittelbare Anlaß dazu kann auch noch darin gelegen haben, dass Graf Dietrich IV. von Holland sich in dieser Zeit Reichsgebiet aneignete. Der König mag es angesichts solcher Ereignisse für nötig erachtet haben, in Lothringen kräftigere Persönlichkeiten als Gegengewicht zu besitzen. So kam es, dass Gottfried aus der Haft entlassen wurde und das Herzogtum Ober-Lothringen übertragen erhielt. Nach einer späteren Überlieferung soll er genötigt gewesen sein, dafür seinen Sohn als Geisel zu stellen. In Nieder-Lothringen wurde Graf Friedrich von Luxemburg wohl auch im Sinne einer Gegenwirkung gegen Gottfried, zumal Friedrichs Oheim Dietrich Bischof von Metz war, als Herzog eingesetzt.
    Während HEINRICH III. zur Kaiserkrönung in Italien weilte, entschloß sich Gottfried, wieder Anspruch auf ganz Lothringen zu erheben. Er fand dazu Verbündete im Grafen Dietrich IV. von Holland, der sich nicht mit seinem Mißerfolg kurz zuvor abfinden wollte, und im Grafen Balduin V. von Flandern. Der Kaiser war über diese neue Entwicklung noch nicht unterrichtet, als er aus Italien zurückkehrte. Die Feindseligkeiten wurden im Juli 1047 durch den Grafen Dietrich begonnen und überraschten ihn. Der Angriff richtete sich gegen das Bistum Utrecht. Gottfried scheint mit seinen Zurüstungen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fertig gewesen zu sein, er sandte mehrmals beruhigende Versicherungen an den kaiserlichen Hof. Der Kaiser erkannte die wirkliche Sachlage immer noch nicht, er wandte sich im September 1047 gegen den Grafen Dietrich. Nach anfänglichen geringen Erfolgen mußte das Unternehmen jedoch aufgegeben werden. In diesem Zeitpunkt begannen Herzog Gottfried und Graf Balduin von Flandern den Krieg. Balduin hatte sich zuvor noch durch einen Gebietstausch das Wohlwollen des Grafen Hermann von Hennegau gesichert, dem er Valenciennes und die anschließende Grafschaft Chievres überließ. Der Angriff gegen den Kaiser führte bis zur kaiserlichen Pfalz Nimwegen, die zerstört wurde. Gottfried hat sich anscheinend rasch ganz Nieder-Lothringens unterworfen. Dann wandte er sich gegen Verdun, um dessen Grafschaft er immer wieder gekämpft hatte. Die Stadt wurde bei dieser Aktion fast ganz zerstört, auch die Kathedrale fiel dem Brand zum Opfer. Allerdings hatte Gottfried die Vernichtung der Kirche nicht beabsichtigt, er hat deshalb versucht, durch Spenden diesen üblen Eindruck wieder auszugleichen. Bischof Dietrich von Verdun hat ihn damals als Graf von Verdun anerkennen müssen.
    Anschließend zog er gegen Lüttich. Dem dortigen Bischof Wazo gelang es trotz des Abfalls einiger seiner Vasallen, sich zu behaupten. Die Tatsache, dass es dann zu einem Vertrage zwischen ihm und Gottfried kam, läßt verschiedene Deutungen zu.
    HEINRICH III. hat in Lothringen nicht eingegriffen. Er hat lediglich Gottfried das Herzogtum Ober-Lothringen entzogen und gab es an einen Adalbert, über dessen Person keine Klarheit herrscht.
    Inzwischen war Adalbert, der neu ernannte Herzog von Ober-Lothringen, gegen Gottfrieds Besitzungen vorgegangen, wurde aber von diesem überrascht und fand im Kampf den Tod. Das Herzogtum Ober-Lothringen wurde noch im gleichen Jahre 1048 auf den Grafen Gerhard vom Elsaß übertragen. Er war mit vielen einflußreichen Familien im Elsaß und Lothringen verwandt, so dass er dem Kaiser als Gegenspieler Gottfrieds eine entsprechende Hilfe darstellen konnte. Die eigentlichen Aktionen begannen durch einen Angriff kaiserlicher Anhänger, wie der Bischöfe von Utrecht, Lüttich und Metz gegen den Grafen Dietrich von Holland, der in diesen Kämpfen fiel. Darauf gelang es Gottfried, die Kaiserlichen wieder etwas aus Holland zu verdrängen, doch wurde er dann in einem Gefecht besiegt und konnte nur mit Not entkommen. Die Entscheidung fiel durch die Exkommunikation, die Papst Leo IX., der an den kaiserlichen Hof gekommen war, über Gottfried und den Grafen Balduin von Flandern im Juli 1049 in Aachen aussprach, nachdem der Kaiser alle militärischen Vorbereitungen gegen die beiden getroffen hatte. Gottfried wollte es zu einer Auseinandersetzung mit der geistlichen Gewalt nicht kommen lassen und unterwarf sich. Er wurde als Gefangener dem Erzbischof Eberhard von Trier zur Bewachung übergeben.

    sehr ausführlich Band II Seiten 20-47

    um 1020 1. oo Doda
    1054 2. oo 2. Beatrix von Ober-Lothringen, Tochter des Herzogs Friedrich II., 1023-18.4.1076 Pisa
    (1. oo Bonifaz Markgraf von Canossa-Tuszien -6.5.1052)

    Kinder:
    1. Ehe
    - Gottfried IV. der Bucklige ca 1040-26.2.1076
    - Ida 1040-13.4.1113
    oo Eustach II. Graf von Boulogne - 1080
    - Wiltrudis - 1093
    oo Adalbert II. Graf von Calw um 1025/30-22.9.1099

    Literatur:
    Black-Veldtrup, Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien, Böhlau Verlag Köln 1995, Seite 14,188,191,195,317, 327 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 97-272 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 164,245,258, 263,265,383,388,391,395,398-402,406,409,412-414,420,423,431, 439,442-444,447,449,461-464,467,470,486,490,532/Band II Seite 6,9,312,330,386/Band III Seite 268,303,305,317,320,323,506 - Goez, Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 10-225 - Golinello, Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf 1998, Seite 74,102,116-121,123-125,127,135,139,144,147,154,157,248,300 - Schulze, Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 347,385,390,394,396,402,404,410 - Weinfurter, Stefan: Herrschaft und Reich der Salier. Grundlinien einer Umbruchszeit. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992, Seite 84,90-92,97,100,102,114,121 - Wies, Ernst W.: Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf um die Weltherrschaft, Bechtle Esslingen 1996, Seite 36,40,50,58,74,82,143 -

    Neue Deutsche Biographie - Gottfried II. der Bärtige

    Herzog von Ober- und Niederlothringen, † 21.12.1069 Verdun.

    Seit 1026 ist G. als Graf von Verdun und als Vogt des Klosters Sankt Vannes bezeugt. Nach dem Tod seines Vaters übertrug ihm Heinrich III. 1044 das Herzogtum Oberlothringen, während sein (offenbar schwachsinniger) Bruder Gozelo II. Niederlothringen erhielt. G. war bestrebt, ganz Lothringen wieder in seiner Hand zu vereinigen, so, wie es schon sein Vater besessen hatte. Eine erste Empörung 1045, im Bunde mit König Heinrich I. von Frankreich, konnte Heinrich III. niederwerfen; nach fast einjähriger Haft auf dem Giebichenstein wurde G. Mai 1046 in Freiheit gesetzt und erhielt sogar sein Herzogtum zurück, nachdem er seinen Sohn als Geisel gestellt hatte. Als Heinrich III. aber 1046 (nachdem G.s Bruder Gozelo entweder gestorben oder seines Schwachsinns wegen beiseitegeschoben war) das niederlothringische Herzogtum nicht ihm, sondern Friedrich von Luxemburg verlieh, empörte G. sich erneut (1047), diesmal im Bund mit Balduin von Flandern, Hermann vom Hennegau und Dietrich von Holland. Wieder behielt der Kaiser die Oberhand, allerdings erst 1050 nach langen Kämpfen und unterstützt von der englischen und dänischen Flotte und vom Bannspruch des Papstes. G. kam in die Haft des Erzbischofs von Trier, erlangte aber bald seine Freiheit zurück und erhielt auch einige Lehen der Kölner Kirche zum Besitz.

    Die zunächst heimlich geschlossene 2. Ehe mit Beatrix, die auch wegen zu naher Verwandtschaft der beiden Ehegatten nach kanonischem Recht eigentlich nicht gültig gewesen wäre, wurde von Kaiser Heinrich III. erst 1056 anerkannt. Dadurch wurde G. zum mächtigsten Fürsten in Mittelitalien, und nachdem 1057 auch noch sein Bruder Friedrich als Stephan IX. Papst geworden war, konnte sogar das Gerücht aufkommen, Stephan wolle G. die Kaiserkrone verschaffen. Auf jeden Fall kam G. entscheidender Einfluß auf die Reichsgewalt zu; beim Staatsstreich von Kaiserswerth 1062 scheint Anno von Köln im Einverständnis mit ihm gehandelt zu haben, und im gleichen Jahr griff G. in Italien ein, als sich die beiden Papstprätendenten Alexander II. und Honorius II. gegenüberstanden, Bei der Mündigkeitserklärung Heinrichs IV. 1065 in Worms war er Schildträger, im gleichen Jahr erhielt er auch das Herzogtum Niederlothringen. 1067 kam er einem Italienzug des jungen Königs durch ein eigenes Unternehmen zuvor und kämpfte bei dieser Gelegenheit gegen die Normannen. Vor seinem Tode vermittelte er noch eine Ehe seines Sohnes aus erster Ehe, Gottfrieds des Buckligen, mit Mathilde, der Tochter seiner zweiten Gemahlin aus deren Ehe mit Bonifaz von Tuszien. G. starb in völliger Weltentsagung.

    Gottfried heiratete Doda. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 5.  Doda

    Notizen:

    Name:
    Oda

    Kinder:
    1. 2. von Lothringen, Gottfried IV. wurde geboren um 1040; gestorben am 26 Feb 1076 in Utrecht [3500],Utrecht,Niederlande; wurde beigesetzt in Verdun [55100],Lothringen,Frankreich.
    2. von Boulogne, Ida wurde geboren um 1040 in Bouillon [6830],Wallonien,Belgien; gestorben am 13 Apr 1113; wurde beigesetzt in Arras [62000],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich.
    3. von Lothringen, Wiltrud wurde geboren um 1040/1045; gestorben in 1093.

  3. 6.  von Tuszien, Bonifaz I. wurde geboren um 985; gestorben am 6 Mai 1052.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 1015-1052, Canossa (Burg),Emilia-Romagna,Italien; Markgraf von Canossa
    • Titel/Amt/Status: 1027-1052, Tuszien,Italien; Markgraf von Tuszien

    Notizen:

    Bonifaz I. Markgraf von Canossa (1015-1052)
    Markgraf von Tuszien (1027-1052)
    um 985-6.5.1052 ermordet
    Ältester Sohn des Markgrafen Theodald von Canossa-Tuszien und der Willa von Bologna, Tochter von Markgraf Teubaldus

    Lexikon des Mittelalters: Band II Seite 423

    Bonifaz von Tuszien, Markgraf von Tuszien
    * ca. 985, + 1052 ermordet
    Sohn des Tedald, Markgraf von Canossa, Graf von Modena, Reggio, Mantua, Brescia und Ferrara und der Willa "ducatrix"

    1. oo vor 1015 mit der begüterten Witwe Richilde, Tochter des Grafen von Bergamo und Pfalzgrafen Giselbert

    Tedald (+ 1013/15) hatte Bonifaz unter Ausschluß anderer Söhne zum einzigen Erben gemacht. An den Autonomiebestrebungen italienischer Großer war Bonifaz nicht beteiligt; er kämpfte 1016 auf kaiserlicher Seite gegen die Markgrafen von Turin, überwand einen Aufstand seines Bruders Konrad und besiegte seine lombardischen Gegner 1021 bei Coviolo (Reggio). KONRAD II. unterstützte er gegen dessen lombardische Gegner, die Wilhelm V. von Aquitanien die Langobardenkrone angeboten hatten. Wohl diese Haltung trug Bonifaz das Amt des Markgrafen von Turin ein (Bertolini: 1028 an Stelle des aufständischen Rainer; Anton: 1032 nach dessen Tod). 1032 steht Bonifazim Heer KONRADS II. gegen Odo von der Champagne, der Burgund beanspruchte. Verwitwet heiratete er zwischen 1036 und 1038 Beatrix von Lothringen.
    1040 versuchten auf einem Reichstag zu Augsburg italienische Große, gegen Bonifaz vorzugehen, konnten sich aber bei HEINRICH III. nicht durchsetzen. Nicht völlig geklärt sind Bonifaz' Beziehungen zu der römischen Familie der TUSCULANER (Papst Benedikt IX.) und das Bündnis mit Waimar von Salerno (1046?,1047?). HEINRICH II. und KONRAD II. hatten mit diesen zusammengearbeitet, während HEINRICH III. sich von beiden abgewandt hatte. Die Differenzen Bonifaz'mit HEINRICH III. mögen unter anderem auf dessen Eintreten für einen unangetasteten Kirchenbesitz zurückgehen. Nach anfänglicher Weigerung führte Bonifaz von Canossa jedoch Damasus II. 1048 nach Rom, wo Benedikt IX. vertrieben wurde.
    Bonifaz hat den Besitz des Hauses CANOSSA erheblich erweitert, bisweilen auf Kosten kirchlicher Institute. Mit der späteren Hinwendung zum Reformkreis um Leo IX. gewann er die Übereinstimmung mit Kaiser und Papst wieder, die 1046/47 gefährdet war. Bonifaz nahm an der Synode zu Pavia 1049 teil und soll bei der Auffindung des Blutes Christi zu Mantua mit HEINRICH III., Leo IX. und seiner Gemahlin Beatrix beteiligt gewesen sein. Bedeutende Schenkungen erhielten canossanische Klöster an wichtigen oberitalienischen Plätzen, etwa entlang des Po (Polirone, Brescello); auch die Gründung von S. Maria di Felonia (Mantua) wird ihm zugeschrieben. Ein scharfes Licht auf die Religiosität des Markgrafen wirft die Überlieferung, dass Bonifaz jährlich mit großen Geschenken zu Abt Guido von Pomposa gezogen sei, um die Vergebung seiner Sünden zu erwirken; er habe sich sogar geißeln lassen und soll auch eine Wallfahrt in das heilige Land gelobt haben. Sein wohl hartes und bisweilen ungerechtes Regiment (so auch spätere Herrscherurkunden) wird zu seinem gewaltsamen Tod geführt haben.

    Literatur:
    JDG Heinrich II., 1862-1875 [Nachdruck 1975] - H. Bresslau, JDG Konrad II., 1879-1884 [Nachdr. 1967] - E. Steindorff, JDG Heinrichs III., 1874-1881 [Nachdr. 1963] - H. H. Anton, B. von Canossa, Mgf. v. Tuszien und die Italienpolitik der frühen Salier, HZ 214, 1972,529-556 -
    Bonifaz I. half 1014 die zweiten Rebellion von König Arduin von Ivrea niederzuschlagen. Er war eine treue Stütze von Kaiser HEINRICH II. und dessen Nachfolger KONRAD II. Letzterer ernannte ihn 1027 auch zum Markgrafen von Tuszien. Bonifaz führte auch den Titel eines Herzogs, wurde später auch noch Markgraf von Spoleto-Camerino und damit bei weitem mächtigster italienischer Fürst. Er half 1037 Rebellionen gegen Kaiser KONRAD II. niederzuschlagen, geriet später gegen Kaiser HEINRICH III. wegen dessen universalen Herrschaftsanspruch und wegen seiner Ehe mit Beatrix von Lothringen, durch die er großen Einfluß im Deutschen Reich gewann, was HEINRICH III. störte. Er nahm Verbindung zu Herzog Waimar IV. von Salerno und den Tusculaner Päpsten auf, griff mehrmals in Papstwahlen ein, setzte 1048 den ehemaligen Papst Benedikt IX. von Tusculum nochmals als Gegenpapst ein. Er erwarb noch weiteren Besitz in Parma und Piacenza, residierte zu Mantua, geriet gegen seine Valvassores (Untervasallen), deren Rechte er trotz des kaiserlichen Ediktes von 1037 zu schmälern versuchte und wurde daher ermordet.

    Trillmich Werner: Seite 348,359, "Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

    Der junge Bonifaz heiratete Richilde, eine Tochter des Pfalzgrafen Giselbert von Bergamo, die ihrem Gemahl reiches Brautgut zubrachte. Stets klug auf den eigenen Vorteil bedacht, verstand es Bonifaz, sein Vermögen auch auf Kosten der Kirche rücksichtslos zu mehren. Ein jüngerer Bruder, Konrad, mit dem er sich nach heftigen Auseinandersetzungen ausgesöhnt hatte, fand im gemeinsamen, siegreichen Kampfe gegen rebellische Untertanen den Tod. Die wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Vasallen, der aufstrebenden Bürger und ihrer erstarkenden Verbände bekümmerten den Markgrafen wenig. Vor harten und ungerechten Maßnahmen scheute er niemals zurück, wenn sie ihm Vorteile versprach. Trotzdem galt er als fromm, unternahm häufig Pilgerfahrten und brachte Abt Guido von Pomposa wertvolle Geschenke dar für sein Seelenheil. Beim Thronwechsel des Jahres 1024 entschied sich Bonifaz, politisch weitsichtig, in Erwartung neuen Gewinns ohne Zögern für KONRAD II. Das mag ihm um 1030 die Belehnung mit Toskana eingetragen haben, so dass er nun alle Paßstraßen von der Poebene über den Apennin nach Mittelitalien beherrschte, südwärts bis in den Raum von Corneto. Der neue Titel dux et marchio kündet unüberhörbar von der ihm zuteil gewordenen Machtfülle. Sein geistlicher Bruder Tedald unterstützte ihn tatkräftig als Bischof von Arezzo. Für den Kaiser aber wurde der erfolgreiche Mann zum unentbehrlichen Helfer und Ratgeber in Krieg und Frieden.
    Unter den Männern, die KONRAD II. zum Dank für stete, wenn auch nicht uneigennützige Treue vornehmlich auszeichnen mußte, nahm Markgraf Bonifaz von Canossa, der Beherrscher wichtiger Poübergänge und Apenninpässe, den ersten Platz ein. Seine Gemahlin Richilde war verstorben, ohne Kinder zu hinterlassen. Nun bot ihm der SALIER - vielleicht schon 1035 - ab, sich mit Beatrix von Bar zu vermählen, der vermögenden Erb-Tochter ihres im Mannesstamme erloschenen Hauses, die als Nichte der Kaiserin zu Giselas Hofstaat gehörte. Sie wird ihrem etwa 50-jährigen Gemahl als Brautgabe bedeutende Allodien in Lothringen zugebracht haben. Der Einzug der jungen Fürstin in die neue Heimat soll mit königlichem Prunk erfolgt und drei Monate lang gefeiert worden sein. Als "Leuchte des Reiches" nahm der Markgraf nun eine Stellung ein, die das Ansehen aller seiner Standesgenossen und des Erzbischofs von Mailand überstrahlte. Im Juni 1036 kam Bonifaz von Canossa zur Hochzeit König HEINRICHS nach Nymwegen. Als neuer Verwandter des Kaiserhauses wird er sich glanzvoll zur Geltung gebracht haben. Vordringlich veranlaßte vielleicht das lothringische Heiratsgut seiner Frau diese Reise nach Deutschland, doch in politischen Gesprächen spielte gewiß der bevorstehende Italienzug eine wichtige Rolle. Unter dem Schutze des Markgrafen stand wohl die Abordnung der Äbtissin Adelheid von S. Sisto zu Piacenze, für deren Kloster er am 5. Juli 1036 intervenierte.

    Golinelli Paolo: Seite 57-60,66-71,88-91,99-105, "Mathilde und der Gang nach Canossa"

    In den letzten Lebensjahren beteiligte Tedald seinen Sohn Bonifaz an der Herrschaft. So nimmt der junge Bonifaz(er ist um 985 geboren) zusammen mit seinem Vater am 30. September 1001 in Carpi an einem Placitum teil, einem Gerichtstag, an dem über den Besitz eines Viniolo genannten Feldes zwischen dem Castrum Carpi und dem unweit davon gelegenen Fronhof Migliarina, einem alten Besitztum des Klosters Santa Giulia in Brescia, entschieden werden sollte. Die Anwesenheit Bonifaz', des "Sohnes des Markgrafen Tedald" scheint daraufhinzudeuten, dass er der Öffentlichkeit als der künftige Erbe vorgestellt und bei den Großen der Zeit eingeführt werden sollte. Es war fast eine offizielle Einsetzung in die Nachfolge - eine Nachfolge freilich, die viele Probleme in sich barg. Donizo zufolge versprachen die Vasallen, um Eintracht und Frieden zwischen den Brüdern zu stören, Konrad eine ihrer Töchter als Braut, um ihn für sich zu gewinnen. Im ersten Augenblick sei er in jugendlichem Leichtsinn darauf eingegangen, habe aber dann das Komplott durchschaut und zu seiner früheren Loyalität gegenüber dem Bruder zurückgefunden. Es kam sogar zu einem bewaffneten Zusammenstoß zwischen den Brüdern in Coviolo, etwa 3 km südwestlich von Reggio Emilia. Diesen Kampf datiert eine andere Quelle, die Abtliste von Nonantola auf das Jahr 1021. Es war ein "magnum bellum", ein großer Krieg, sagt Donizo, eine Feldschlacht, in der nicht nur die beiden Brüder ihre Kräfte maßen, sondern auch Bonifaz' Fähigkeit, mit der ihm übertragenen Herrschaft umzugehen, auf die Probe gestellt wurde. Aus der Schlacht von Coviolo ging Bonifaz als Sieger hervor. Sein Bruder starb hingegen einige Zeit danach an den Spätfolgen einer schweren Verwundung.
    Anders Bonifaz, von dem widersprüchliche Charakterzüge überliefert, vor allem aber seine Stärke und Macht hervorgehoben werden. In Coviolo zeigte sich diese Stärke zu ersten Mal.
    Das gesamte Herrschaftsgebiet der CANOSSA war nun fest in der Hand eines einzigen Herrn, der bereits durch seine Eheschließung gezeigt hatte, dass er dem Vorbild seiner Ahnen folgte: Um 1010 vermählte er sich mit Richilde, der Tochter des Grafen von Bergamo und Pfalzgrafen Giselbert II. und der Anselda, Tochter des Markgrafen von Turin, Arduin Glabrio (der dem in Canossa von Berengar II. belagerten Albert Atto zum Siege verholfen hatte). Diese Eheschließung verstärkte Bonifaz' Verbindung zu dem hohen Lehnsadel im Nordwesten, der den Versuch Arduins von Ivrea, sich gegen HEINRICH II. durchzusetzen, vereitelt hatte, und insbesondere zum Markgrafen von Turin, Olderich Manfred, seinen Vetter, dem Sohn Prangardas, einer Schwester Tedalds. Gleichzeitig brachte diese Heirat den CANOSSA beträchtliche wirtschaftliche Vorteile, vor allem neuen Grundbesitz am Po, wie Casteldidone und Correggioverde am linken Poufer. Ländereien im Gebiet von Revere am rechten Ufer sowie Castrumsiedlungen und Burgen bei Verona: in Nogara einen Fronhof "cum castro", in Angiari am Etsch ebenfalls einen Fronhof mit einem befestigten Dorf.
    Unter Bonifaz und Richilde wurde das Zentrum des Canossa-Hofes endgültig vom Apennin nach Mantua verlegt, das sie zur "Hauptstadt" des neuen Canossa-"Staats" machten, dessen Güter und Jurisdiktionen größtenteils in der Poebene lagen, sofern man in einer Zeit, in der man die Residenzen häufig verlegte und dabei die Archive, Bilder und Familienschätze mit sich führte, von einer Hauptstadt sprechen kann.
    Mantua wurde ausgewählt, weil es in der Mitte des canossanischen Herrschaftsgebiets lag und weil es eine Stadt war, in der kein Bischof die Grafenwürde innehatte, so dass der Stadtherr nicht nur Graf des Contado war, wie in Modena oder Reggio, sondern auch der Stadt selbst. Hier ließ Bonifazsein Palatium errichten, vor dem Löwen als Zeichen für seine Stärke und Macht angebunden waren.
    Auch unter Bonifaz behielten die CANOSSA ihre traditionelle kaiserfreundliche Haltung bei. Vor allem nach der Schlacht bei Coviolo verstärkte sich die Bindung zwischen dem Reich und den CANOSSA sogar, so dass die zeitgenössischen Chronisten Bonifaz ebenso wie Erzbischof Aribert von Mailand zu den Mächtigen in Reichsitalien zählten, auf deren Unterstützung sich HEINRICH II. verlassen konnte.
    Es gibt keine urkundlichen Belege für direkte Kontakte zwischen HEINRICH II. und Bonifaz, man kann aber mit Sicherheit davon ausgehen, dass sie bestanden haben, da ja der Markgraf dem Kaiser das Geleit geben mußte, wenn dieser durch canossanisches Gebiet zog. Es ist also anzunehmen, dass Bonifaz HEINRICH II. bei seinen Italienzügen begleitet hat, vor allem auf dem Feldzug nach Unteritalien, den der Kaiser Ende 1021/Anfang 1022 im Bündnis mit Papst Benedikt VIII. unternahm.
    Am 24.Juli 1024 starb HEINRICH II., ohne einen Thronerben zu hinterlassen. Die letzten Nachfahren Arduins von Ivrea versuchten noch Einfluß auf die Nachfolge zu nehmen und favorisierten einen französischen Thronanwärter - Robert den Frommen oder Wilhelm V. von Aquitanien - setzten sich jedoch nicht durch, da die Großen des Regnum, unter ihnen Bonifaz, sofort für den SALIER KONRAD II. Partei nahmen.
    Da sich Markgraf Rainer von Tuszien geweigert hatte, KONRAD II. in Lucca zu empfangen, wurde er besiegt und sofort seiner Markgrafenwürde enthoben. An seiner Stelle wurde Bonifaz mit der Mark Tuszien investiert. Mit dieser neuen, politisch bedeutsamen Investitur erreichte die Herrschaft der CANOSSA ihre größte Ausdehnung: Sie erstreckte sich nun vom Fluß Mignone bei Corneto, der Grenze des Dukats Rom, bis zum Gardasee und vom Gebiet von Cremona bis zur Adria bei Comacchio. Das Herrschaftsgebiet umfaßte demnach mehrere Markgrafschaften und in geographischer Hinsicht verschiedene Landschaften, es glich eher einem Königreich, als einem Komplex von Benefizial- oder Feudalbesitz.
    KONRADS II. Herrschergewalt war nie gesichert, ständig war sie durch die großen Reichsvasallen bedroht. Der Kaiser bedurfte deshalb der Unterstützung des Markgrafen.Bonifaz wiederum gewann durch die Verbindung seiner Herrschaften nördlich des Apennin mit Tuszien (der heutigen Toskana) eine Schlüsselstellung für Papsttum und Reich. Bonifaz war sich durchaus bewußt, welche besonderen Privilegien er genoß und erwies sich dem Kaiser dankbar: 1034 kämpfte er mit ihm in Burgund gegen Graf Odo II. von Blois, der sich in der Champagne eine persönliche Herrschaft errichtet hatte, die eine stark "nationale" gegen das reich gerichtete Komponente aufwies. Durch seine Waffenhilfe trug Bonifaz vor allem entscheidend zur Eroberung der Burg Murten (Morat) bei Neuchatel im heutigen Kanton Fribourg bei.
    Im Juli 1036 beschloß KONRAD im Nijmwegen, einen weiteren Italienzug zu unternehmen. Bonifaz von Canossa befand sich bei ihm, wahrscheinlich gab er ihm das Geleit. Jedenfalls war Bonifaz Mitte März in Pavia, als Aribert verurteilt und gefangengenommen wurde. Kurz darauf gelang es dem Mailänder Erzbischof, sich aus dem Gewahrsam des Patriarchen von Aquileia zu befreien und nach Mailand zurückzukehren. Als KONRAD II. daraufhin die Stadt belagerte, stand Bonifaz höchstwahrscheinlich an seiner Seite. Nach dem Scheitern dieses Unternehmens stand er im Juli 1037 in Verona KONRAD bei, ebenso Ende des Jahres in Parma, wo am Weihnachtstag ein Aufstand gegen die deutschen Truppen losbrach, der am folgenden Tag blutig unterdrückt wurde. Bonifaz begleitete den Kaiser auch auf seinem Zug nach Rom und S-Italien im Frühjahr 1038 und bei seiner Rückkehr im Sommer des gleichen Jahres, auf welcher der Herrscher wieder seine Gebiete durchquerte, um nach Deutschland zu gelangen.
    Gräfin Richilde, der man im Leben des heiligen Mönchs Simeon und an der Seite ihres Mannes häufig begegnet, starb frühzeitig. Die letzte uns überlieferte Nachricht geht auf den Februar 1036 zurück, als sie in Gonzaga ein Landgut und in Mantua ein Haus veräußerte.
    Im Jahre 1040 hatte HEINRICH III. in Augsburg die Großen des Reichs versammelt, unter ihnen sicherlich auch Bonifaz von Canossa. Der Markgraf war bei der Krönung HEINRICHS III. in Rom zugegen, wie Benzo von Alba uns überliefert hat. Bonifaz geleitet den Kaiser, wie es seine Pflicht und Schuldigkeit war, durch Tuszien und die Langobardia nach Deutschland, aber das wohl anfänglich gute Verhältnis zwischen den beiden kühlte sich rasch ab. Dem Markgrafen von Canossa war es klar, dass der Kaiser das Ziel verfolgte, die Selbständigkeit seiner Lehnsträger zu begrenzen, und dass dieser Italienzug ihm dazu gedient hatte, seine Gewalt über die Kirche und über Unteritalien wieder zu festigen und damit die Macht des hohen Lehnsadels, zu dem auch er, Bonifaz, gehört, zu beschneiden. Dem Kaiser war es hingegen wohl bewußt, dass die Macht der CANOSSA nicht zuletzt infolge der großzügigen Privilegien seines Vaters zu sehr gewachsen war und daher eingeschränkt werden mußte, um dem Reich nicht gefährlich zu werden.
    Der von HEINRICH III. eingesetzte Papst Clemens II. starb unerwartet am 9. Oktober 1047. Nachdem auch die anderen Päpste von der Bildfläche verschwunden waren, kehrte Benedikt IX., der seine Ansprüche auf den päpstlichen Thron weiterhin geltend gemacht hatte, mit Unterstützung des Markgrafen Bonifaz von Canossa auf den Stuhl Petri zurück. HEINRICH III. designierte Poppo von Brixen, der den Namen Damasus II. annahm. In diesem Zusammenhang verlangte er von Bonifaz, er solle den neuen Papst zu seiner Inthronisatiion geleiten. Der Markgraf lehnte jedoch mit der Begründung ab, die Römer hätten Benedikt IX. wieder eingesetzt und Rom habe sich mit ihm ausgesöhnt. HEINRICH III. zwang Bonifazzum Gehorsam, und der Markgraf mußte sich ihm beugen und Damasus II. inthronisieren. Bonifaz konnte dem Kaiser nur bis zu einem gewissen Grad die Stirn bieten, und dieser war nicht dazu bereit, seine Kirchenpolitik zu ändern und das Papsttum weiterhin vom römischen Adel monopolisieren zu lassen oder gar sein errungenes Vorrecht an einen seiner Vasallen abzutreten, mochte dieser auch noch so ausgedehnte Territorien beherrschen. Die CANOSSA versuchten ihrerseits, zunehmend Einfluß auf die Papstwahl zu erlangen, auf die Tatsache gestützt, dass die Einsetzung des erwählten Papstes oft von ihnen abhing, ein Privileg, das die Quellen "paparum ducatus" nennen, was nicht das "Herzogtum der Päpste" meint, sondern das Recht bzw. die Pflicht, die Päpste von ihrem jeweiligen Wohnsitz nach Rom zu geleiten.
    Während eines Jagdausflugs bei San Martino all'Argine in der Nähe von Mantua fand Bonifazam 6. Mai 1052 den Tod, wahrscheinlich wurde er heimtückisch ermordet.
    Im Laufe seines Lebens hatte sich Bonifaz, nicht zuletzt durch seine Politik, viele mächtige Feinde geschaffen. Die Kirchen, deren Güter er sich bemächtigt hatte, hatten sicher Grund, sich über ihn zu beklagen, es ist aber auszuschließen, dass sie ihn hätten ermorden lassen. Bonifaz verhielt sich ihnen gegenüber nicht immer feindselig; im Gegenteil, gerade in seinen letzten Lebensjahren hatte er so manchen seiner harten Charakterzüge abgelegt und sogar eine Pilgerfahrt nach Jerusalem gelobt - vermutlich im Jahr 1048 - um Buße zu leisten für seine Simoniesünden. Der Tod ereilte ihn jedoch, bevor er dieses Gelübde einlösen konnte.
    Einer späteren Quelle zufolge traf Bonifaz 1048 in Italien mit einem Vetter seiner Gemahlin, Gottfried von Lothringen, genannt der Bärtige, zusammen, und beide beschlossen, sich gegen den Kaiser zu erheben. Die Folge davon war, dass Gottfried von HEINRICH III. gefangegenommen wurde und bis 1049 in dessen Gewalt blieb. Auf den Aufenthalt des Lothringers in Italien, wo er möglicherweise auch bei seiner Cousine Beatrix, Bonifaz'Gemahlin, einkehrte, stützte der Historiker Dupree um die Jahrhundertwende seine romanhafte Theorie, das diabolische Paar, Vetter und Cousine, von Liebe und Habgier getrieben, hätten die Ermordung des Markgrafen von Tuszien geplant, durch von Herzog Gottfried beauftragte Meuchelmörder ins Werk gesetzt und hätten dann bald darauf, nun beide verwitwet, die Ehe geschlossen.
    Über den Aufstand der lombardischen hohen Lehnsherren, der zur Schlacht bei Coviolo führte, wurde bereits berichtet. Dass sie infolge ihrer Niederlage die Autorität und die Macht der CANOSSA akzeptieren mußten, leuchtet ein, was aber nicht heißt, dass damit auch jede Feindseligkeit ein Ende hatte. Auf der gesamten Apenninenhalbinsel brachen damals unruhige Zeiten an. Im gleichen Jahr wie Bonifaz wurde Waimar IV. von Salerno ermordet. Auch zahlreiche andere Lehnsherren starben damals eines gewaltsamen Todes.
    Donizo weist indirekt darauf hin, dass Bonifaz'Ermordung das Werk HEINRICHS III. gewesen sei. Eine letzte Spur führt zu den städtischen Arimannen von Mantua, den auffälligsten und politisch undurchsichtigsten Gegnern, die jedoch kurz darauf so mächtig wurden, dass sie sogar Papst Leo IX. und sein Gefolge aus der Stadt vertrieben.
    Von weit größerem Interesse ist in diesem Zusammenhang des Phänomen der Annäherung der kaiserlichen Macht und der kleinen Vasallität sowie der wirtschaftliche Aufstieg des niederen Lehnsadels, der in enger Verbindung mit der Stadt steht, aus der er wahrscheinlich einen beträchtlichen Teil seines Reichtums bezieht. Diese beiden Entwicklungen drohten die Macht der CANOSSAzu schmälern. Der Mord an Bonifaz war zwar ein Attentat gegen die canossanische Dynastie, aber auch ein Zeichen dafür, dass der hohe Lehnsadel selbst in eine Krise geraten war.

    Goez Elke: Seite 13-20, "Beatrix von Canossa"

    Beatrix heiratet mit höchster Wahrscheinlichkeit im Jahre 1037 den bedeutend älteren, damals seit kurzem verwitweten Markgrafen Bonifaz von Tuszien-Canossa, einen der mächtigsten Männer seiner Zeit, den treuesten Vasallen KONRADS II. in Italien
    Bonifaz wurde vermutlich zu Beginn des Jahres 985 in Mantua geboren. Von seinen beiden Brüdern verstarb Konrad im frühen Mannesalter; der andere, Thedald, wurde, zum Geistlichen bestimmt, schließlich Bischof von Arezzo. So konnte Bonifaz ohne nennenswerte Schwierigkeiten die ungeschmälerte Hinterlassenschaft seines Vaters Tedald antreten. Die große politische und wirtschaftliche Potenz der canusinischen Dynastie beruhte nicht zuletzt darauf, dass die Erbfolge über vier Generationen nur auf zwei Augen beruhte und keine erbberechtigten Seitenzweige der Familie existierten, so dass der Gesamtbesitz von Teilungen verschont blieb.
    Vermutlich Ende des Jahres 1016 hatte Bonifaz Richilde geheiratet, die Tochter des Pfalzgrafen Giselbert von Bergamo. Diese Ehe trug ihm außer dem enormen Reichtum seiner Braut die Verwandtschaft mit diesem Grafenhaus und den in NW-Italien begüterten OBERTENGHI ein, was ihm allerdings soweit ich sehe, nach dem Tode seiner Frau keinen politischen Nutzen mehr brachte. Zunächst aber bedeutete die Verbindung der CANOSSA mit den Bergamasker GISLEBERTINER, die sich zum Zeitpunkt der Eheschließung Richildes auf dem Zenit ihrer Macht befanden, eine wesentliche Stärkung der prokaiserlichen Kräfte Italiens, die deren Gegner aufs äußerste beunruhigte und schließlich zu offenen Feindseligkeiten führte, in die anfänglich auch, bestochen durch eine vorteilhaftes Eheangebot, Bonifaz'jüngerer Bruder Konrad involviert war, der sich allerdings rasch wieder der canusinischen Partei anschloß. Durch die Übernahme der Markgrafschaft Toskana, vermutlich 1027, wurde Bonifaz- als Markgraf von Tuszien Bonifaz II. - vollends zum mächtigsten Fürsten zwischen dem mittleren Po und der N-Grenze des römischen Dukats.
    Der Mann, den Beatrix 1037 heiratete, war wegen seines harten, alle Untertanen gleichermaßen bedrückenden und bisweilen geradezu grausamen Regiments unbeliebt und gefürchtet. Petrus Damiani hat Bonifaz in direkter Form treffend charakterisiert, indem er in einem Brief dessen Reichtum und Macht betonte, ihn aber gleichzeitig bat, er möge verhindern, dass das markgräfliche Heer die Klöster, in deren Nähe es zu jener Zeit lagerte, plünderte.
    Die Heirat mit der noch sehr jungen Lothringerin trug Bonifaz neben der nicht unbedeutenden Mitgift, die sie ihm in die Ehe brachte, die aber angesichts des enormen Reichtums des Markgrafen sicherlich nur eine untergeordnete Rolle spielte, vor allem Verwandtschaftsbeziehungen zum Kaiserhaus ein. Die CANUSINER befanden sich damit auf dem Höhepunkt ihrer politischen Macht. KONRAD II. war es gelungen, mit dieser Ehe den wichtigsten italienischen Vasallen noch enger an das Reich zu binden.
    Es ist anzunehmen, dass Bonifaz seine Braut 1036 in Nimwegen kennenlernte, als er zu politischen Gesprächen und wegen der Teilnahme an der Hochzeit HEINRICHS III. in Deutschland weilte. Vermutlich wurde damals in erster Linie über die Pläne zum zweiten Italienzug KONRADS II. und am Rande wohl auch über die Neubesetzung des Aretiner Bischofsstuhles beraten, den bislang Bonifaz'Bruder Thedald innegehabt hatte. Die Hochzeit mit Beatrix fand mit größter Wahrscheinlichkeit während des Aufenthaltes des Kaisers in Italien 1037 statt. Eine genauere Bestimmung des Datums auf Grund der chronikalischen Überlieferung ist nicht möglich; die früheste Erwähnung der Beatrix als Gemahlin des Markgrafen fällt erst in den Oktober des Jahres 1040. Bis August 1038 hielt sich KONRAD II. südlich der Alpen auf, dabei verschiedentlich auch im Machtbereich des Markgrafen. Ich glaube, dass in der Zeit zwischen Juli 1037 und August 1038 die Hochzeit stattfand; sie wurde in Marengo nördlich von Mantua gefeiert. Die Festlichkeiten müssen überaus prunkvoll gewesen sein, weil man sich noch im 12. Jahrhundert davon erzählte.
    Bis 1046 gebar Beatrix drei Kinder:
    Beatrix,
    Friedrich
    Mathilde
    Es ist auffällig, dass alle drei Namen trugen, die auf die Familie der Mutter hinweisen. Es scheint, als habe Beatrix die ersten Ehejahre vornehmlich oder gar ausschließlich nördlich des Apennin verbracht; jedenfalls gibt es bis zum Tod des Bonifaz keinen stichhaltigen Beweis für einen Aufenthalt der Beatrix in der Toskana. In den Jahren nach 1040 stellte sie mehrfach eigene Urkunden aus; man gewinnt den Eindruck, als habe Bonifaz sie bewußt allmählich in die Herrschaftsausübung und Verwaltung des canusinischen Territoriums eingeführt, vielleicht ahnend, dass unter Umständen seine Gemahlin die Vormundschaft für den einzigen Sohn und Erben übernehmen würde. Allerdings behielt er die jurisdiktionelle Gewalt ausschließlich sich selbst und seinen Amtsleuten vor.
    Auch ein positiver Einfluß der Beatrixauf ihren Gatten konnte nichts an dem tief eingewurzelten Haß ändern, dem man Bonifaz seit langem entgegenbrachte. Am 6. Mai 1052 wurde der Markgraf auf der Jagd bei S. Martinello dell'Argine (bei Mantua) von einem seiner milites durch einen vergifteten Pfeil ermordet. Der Anschlag war sicher nicht nur auf einen persönlichen Racheakt zurückzuführen. Vielmehr war es Ausdruck eines weit verbreiteten, tiefgreifenden politischen und sozialen Aufbegehrens, das eben nicht nur die kleinen Vasallen ergriffen hatte, wie Grimaldi angenommen hat; er bildete ein Signal für eine umfassende "crisi della grade feudalita" in Ober- und Mittelitalien.

    Bresslau Harry: Band I Seite 433-437, "Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II.

    Das Todesjahr Thedalds steht nicht fest. Noch 1011 war er am Leben; sein Sohn Bonifaz urkundet am 25. Juli des Jahres als Bonifacius marchio filius domini Theudaldi itemque marchio; im März 1017 dagegen war er verstorben, wie sich aus anderen Urkunden des Sohnes ergibt. Der Todestag war nach Donizo v. 591 der 8. Mai. Über seine Gemahlin sagt Donizo v. 452:
    "Uxor Tedaldi fit Guillia dicta ducatrix,
    eine durch den der Willa gegebenen Titel bemerkenswerte Angabe. Welchem Hause sie angehörte, wissen wir nicht; 1007 war sie bereits tot, da Thedald pro anima mea et quondam Willae conjugis suae in der Dotationsurkunde für Polirone disponiert; ihr Todestag war nach Donizo v. 596 der 30. August. Aus der Ehe zwischen Thedald und Willa entsprossen drei Söhne Thedald, Bischof von Arezzo, der um 1020 durch die Gunst HEINRICHS II. dies wichtige Bistum erhielt, Bonifaz und Konrad. Bonifaz, von dem in diesen Jahrbüchern schon mehrfach die Rede war und noch öfter zu sprechen sein wird, war vom Vater, der offenbar fürchtete, durch eine Teilung seiner Besitzungen werde die mühsam errungene Machtstellung des Hauses zu sehr geschwächt werden, zu seinem alleinigen Erben bestimmt; schon 1004 urkundet er selbständig und mit dem Titel marchio für Polirone zu Mantua. Noch vor Thedalds Tod wurde er demgemäß, dem in diesen Dynastengeschlechtern sonst geltenden Fanilienrecht zuwider, in den Besitz der gesamten Lehen und Güter seines Vaters eingewiesen, dessen Vasallen und Diener ihm huldigen mußten, vgl. Donizo v. 462 ff.:
    Nam pater ipsorum moriens benedixit eorum
    Peronas. Post se precepit major ut esset
    Natus, dilectus Bonifacius atque modestus.
    Cui juraverunt, patre tunc vivente fidelis
    Servi, prudentes proceres, comites pariterque.

    Während Bonifaz durch eine zwischen 1010 und 1015 abgeschlossene Ehe mit Richilde, der Tochter des Pfalzgrafen Giselbert, der Schwester der Gemahlin des OTBERTINERS Hugo, die übrigens vorher schon einmal vermählt war, nicht nur seinen Güterbesitz ansehnlich vermehrte, sondern sich auch mit zwei Häusern Oberitaliens verschwägerte, sah Konrad sich darauf angewiesen, von der Güte seines Bruders abzuhängen; und wenigstens zu Anfang scheint er den Willen seines Bruders geachtet zu haben; 1017 urkunden Bonifacius marchio et Cunratho germani fil. quond. Teudaldi itemque marchio einträchtig miteinander, und der erstere führt den Markgrafentitel. Bald aber trat ein Zwiespalt zwischen den Brüdern ein. Donizo v. 482 ff. erzählt, wie die marchiones Langobardiae - welches Haus sagt er nicht - Konrad von seinem Bruder zu trennen versuchten, indem sie ihn veranlassen wollten, offenbar den Intentionen des Vaters entgegen, eine ebenbürtige Ehe zu schließen; wie Konrad anfangs ihren Lockungen folgte, bald aber reuig zu Bonifacius zurückkehrte und sich mit ihm versöhnte. Nach der Stelle, an welcher Donizo von diesen Dingen spricht, würde der Zwist der Brüder noch in die Zeit vor Bonifaz' Vermählung fallen; doch ist darauf schwerlich irgend welches Gewicht zu legen, und ich möchte die Vermutung wagen, daß die erwähnten Vorgänge etwa in das Jahr 1024 gehören: wir wissen, daß damals die oberitalienischen Markgrafen deutschfeindliche Verbindungen ins Auge faßten, denen Bonifaz sich aller Wahrscheinlichkeit nach fern hielt; damals am ersten erklärt sich ein Versuch der erswteren, wenigstens den jüngeren der beiden CANOSSANER Brüder zu sich herüber zu ziehen. Später, im Jahre 1030, kam es dann aus uns unbekannter Veranlassung zu einer Fehde zwischen den beiden CANOSSANERN einer- und jenen oberitalienischen Markgrafen andererseits; in einem Kampfe bei Cuviliolo unweit Reggio wurde Konrad verwundet und starb in Reggio am 15. Juli (vgl. Donizo v. 523ff. 592).
    Bonifaz' Ehe mit Richilde blieb kinderlos; aus seiner zweiten Verbindung mit der lothringischen Herzogstochter Beatrix, von der wir noch zu handeln haben, sind bekanntlich drei Kinder hervorgegangen, ein Sohn, der urkundlich Friedrich, von Bertold. 1055 aber Bonifacius genannt wird, und zwei Töchter, Beatrix und Mathilde, mit welcher letzteren das Haus von Canossa ausstarb.

    um 1010 1. oo 2. Richilde von Bergamo, Tochter des Pfalzgrafen Giselbert, x - um 1036

    1037 2. oo 1. Beatrix von Ober-Lothringen, Tochter des Herzogs Friedrich II., 1013/26-18.4.1076 Pisa

    Kinder:
    2.Ehe
    - Beatrix - vor 17.12.1053
    - Bonifaz II. - 1055
    - Mathilde 1046-24.7.1115

    Illegitim
    - Julia
    - Marchionissa

    Literatur:
    Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 42,48,64,70,133,213 - Bresslau Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II. Verlag von Duncker&Humblot Leipzig 1879 Band I Seite 431-436 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 70 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 6,82,163,175 - Fumagalli Vito: Mathilde von Canossa. Verlag Klaus Wagenbach Berlin 1998 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 9-225 - Golinello, Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf 1998, Seite 17-299 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 153 - Pauler Roland: Das Regnum Italiae in ottonischer Zeit. Max Niemeyer Verlag Tübingen 1982 Seite 59,73,115 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 335,342,388,394 -

    Gestorben:
    ermordet

    Bonifaz heiratete von Lothringen, Beatrix in 1037. Beatrix (Tochter von von Oberlothringen, Friedrich II. und von Schwaben, Mathilde) wurde geboren um 1020/1025; gestorben am 18 Apr 1076 in Pisa [56121],Pisa,Toskana,Italien. [Familienblatt] [Familientafel]


  4. 7.  von Lothringen, Beatrix wurde geboren um 1020/1025 (Tochter von von Oberlothringen, Friedrich II. und von Schwaben, Mathilde); gestorben am 18 Apr 1076 in Pisa [56121],Pisa,Toskana,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Tuszien,Italien; Markgräfin von Tuszien

    Notizen:

    Beatrix von Ober-Lothringen
    Markgräfin von Tuszien
    1013/26-18.4.1076 Pisa
    Tochter des Herzogs Friedrichs II. von Ober-Lothringen und der Mathilde von Schwaben, Tochter von Herzog Hermann II.

    Lexikon des Mittelalters: Band I Seite 1745

    Beatrix von Tuszien
    wohl vor 1020, + 18. April 1076 Pisa
    Tochter Friedrichs II. von Ober-Lothringen und der Mathilde von Schwaben [Schwester der Kaiserin Gisela]

    1033 verwaist, wurde sie von der Kaiserin Gisela, ihrer Tante, adoptiert. Die zwischen 1036 und 1038 geschlossene Ehe mit dem spätestens 1032 mit Tuszien belehnten Bonifaz von Canossa lag auch im Interesse KONRADS II. Bonifaz wurde 1052 ermordet, die Kinder Friedrich (+ 1055), Beatrix und Mathilde waren unmündig, so dass nun Beatrix über Güter und Lehen des Bonifaz gebot. Beatrix hatte gute Beziehungen zu Papst Leo IX. und seinem Reformkreis, sie kannte früh Hildebrand (Gregor VII.) und Petrus Damiani. 1054 heiratete sie ohne Wissen HEINRICHS III. Gottfried den Bärtigen von Ober-Lothringen, der sich mehrfach gegen den Kaiser erhoben hatte. 1055 setzte HEINRICH III. den nach Lothringen ausgewichenen Gottfried ab und nahm Beatrixund Mathilde in Haft. Gottfrieds Bruder, Kardinaldiakon Friedrich von Lothringen, verzichtete auf sein Amt und trat in Montecassino ein. Viktor II. wurde von HEINRICH III. das Herzogtum Spoleto und die Mark Fermo, wohl auch als Gegengewicht gegen das Haus CANOSSA, verliehen. Viktor gelang die Aussöhnung Gottfrieds mit dem Hof, so dass Gottfried und Beatrix 1056 wieder über ihre Güter und Lehen verfügten. Beide förderten 1058 die Wahl Gerhards von Florenz zum Papst (Nikolaus II.). Beatrix verlegte 1062 Cadalus-Honorius II. den Weg nach Rom; Gottfried veranlaßte die Überprüfung der schismatischen Wahl und sicherte die Synode zu Mantua 1064, die Alexander II. bestätigte. Nach Gottfrieds Tod (1069) konnte Beatrix bis zu ihrem Tod mit Mathilde als zuverlässige Stütze der Reformpartei, anwesend 1073 bei der Weihe Gregors VII., regieren. 1074 war Beatrix bereit, die Pläne Gregors gegen Sarazenen und Normannen militärisch zu unterstützen. Das Kloster Frassinoro unter dem Appeninenpaß Foce della Radici ist ihre Gründung (Dotation 29.8.1071).

    Literatur:
    DBI VII, 352-363 [Lit.] - H. Bresslau, JDG K II., 1879-1884 [Nachdruck 1967] - E. Steindorff, JDG H III., 1874-1880 [Nachdr. 1963] - G. Meyer v. Knonau, JDG H IV., Bd. I und II, 1894-1894 [Nachdr. 1964] - A. Overmann, Gfn. Mathilde v. Tuszien, 1895 [Nachdr. 1965]

    Glocker Winfrid: Seite 331,340,343, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VIII, 59 = VIII, 97
    Beatrix
    * c 1020/25, + 1076 IV 18
    a oo 1036/40 Bonifatius I., Markgraf von Tuszien; + 1052 V 6
    b oo 1054 Gottfried II. der Bärtige, 1065 Herzog von Nieder-Lothringen; + 1069 XII 21

    Vgl. Brandenburg X, 25.

    Brandenburg Erich: Tafel 3 Seite 7; "Die Nachkommen Karls des Großen"

    X. 25 b. Beatrix
    * ca. 1025, + 1076

    Gemahl:
    a) 1036/40 Bonifatius I., Markgraf von Tuszien; + 1052 6.V.
    b) 1054 Gottfried Herzog von Nieder-Lothringen 1065 + 1069 XII (siehe X. 120)

    Anmerkungen: Seite 133
    X. 25. Beatrix

    siehe besonders Breßlau, Konrad II. I, 431f.
    Ergänzungen (Wolf): Beatrix von Ober-Lothringen + 1076

    Gemahl:
    Bonifaz Markgraf von Canossa

    Kinder:
    XI Friedrich
    XI Beatrix
    XI Mathilde
    * ca. 1046, + 1115 Markgräfin von Tuszien

    Gemahl:
    a) 1069 Gottfried der Bucklige (siehe XI 209)
    b) 1089 Welf (siehe X 62) (vgl. Lex. MA)

    Golinelli Paolo: Seite 72,113-115; "Mathilde und der Gang nach Canossa"

    In den Quellen erscheint Beatrix von Lothringen erstmals am 5. Oktober 1040 als Bonifaz'Gemahlin. Aus den Urkundenmaterial läßt sich erschließen, dass Richilde im Frühjahr 1036 starb und Bonifaz im darauffolgenden Juli Beatrix in Nijmwegen traf, wo er der Hochzeit des Kaiser-Sohnes HEINRICH III. mit der Tochter König Knuts von England und Dänemark beiwohnte und an der anschließenden Versammlung der Großen des Reichs teilnahm. Manche vermuten, dass der von Bonifaz eingegangene Ehebund auf Wunsch Kaiser KONRADS II. zustande gekommen war, der damit zwei Mächtige des Reichs noch stärker an sich binden wollte.
    Beatrix gehörte einer der angesehensten Familien des Reichs an: Ihre Eltern waren Herzog Friedrich von Ober-Lothringen und Mathilde, die Tochter des Herzogs Hermann II. von Schwaben und Gerbergas, der Tochter des Königs von Burgund.
    Nach dem Tod ihres Vaters im Jahre 1033 wurde Beatrix zusammen mit ihrer Schwester Sophie von ihrer Tante Gisela, der Gemahlin KONRADS II., aufgenommen. Man weiß nicht genau, wie alt die Braut war, aber sicherlich war sie jünger als der Bräutigam. Erbin eines beträchtlichen Vermögens und den Ränken ihres Vetters Gottfried, des Herzogs von Nieder-Lothringen, ausgesetzt, suchte Beatrix bei Bonifaz die Sicherheit, die ihr dieser als einer der Mächtigen im Reich und dazu noch im höchstem Maße kaisertreu, bieten konnte. Sie brachte nicht nur "Diener und Mägde", sondern auch "Länder und Burgen" mit in die Ehe, wie Donizo bezeugt. Overmann stellt bei seinem Versuch, die geographische Lage der Herrschaften und Besitztümer der CANOSSAzu rekonstruieren, folgende Liste der lothringischen Güter zusammen:
    + die Burg Briey nordwestlich von Metz
    + Gebiete, die an Luxemburg grenzen, in denen Mathilde später die Abtei Orval gründete, weitere Ortschaften im heutigen Belgien (Cyricihof zwischen Lüttich und Namur)
    + im nördlichen Frankreich (unter anderem die Burg Merevaux und der Wald von Woevre, die Mathilde der Kirche von Verdun schenkte) und am Rhein.
    Wenn man der in der Vatikanbibliothek aufbewahrten Donizo-Handschrift Glauben schenken darf, war Beatrixsehr schön: Sie besaß eine würdevolle Haltung, große kluge Augen und rotes Haar, das sich wohl an Mathilde vererbte, wie man nach der Öffnung des Sarkophags der Markgräfin im 17. Jahrhundert feststellen konnte.
    Ihre Intelligenz und starke Persönlichkeit zeigen sich nicht zuletzt darin, wie sie sich ihrem Gatten Bonifaz gegenüber verhielt und mit welchem Geschick sie nach dessen Tod lavierte, um ihre Herrschaft zu bewahren. Die Forschung vertritt einstimmig die Ansicht, Beatrix habe Bonifaz in seinen letzten Lebensjahren zu manchen wichtigen Entscheidungen bewogen und - was noch bemerkenswerter ist - einen Wandel in seinem Verhalten gegenüber den kirchlichen Institutionen herbeigeführt, so dass er von seinen früheren simonistischen Praktiken abließ.
    Nach der Ermordung ihres Gatten Bonifaz' suchte Beatrix daher Anlehnung an die Kirche und baute zwischen den CANOSSA und den Päpsten eine Beziehung auf, die auf Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung basierte, was in den folgenden Jahren von großer Bedeutung für die Dynastie sein sollte. Diese Beziehungen, die durch das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Beatrix und Papst Leo IX. (er war ihr Onkel) erleichtert wurde, sah jedoch als Gegenleistung für den Schutz der Päpste vor, dass die Herren von Canossa die von Bonifaz den Kirchen entzogenen Güter zurückerstatten und Kanonikerhäuser und Klöster noch stärker fördern sollten. Unter diesem Gesichtspunkt muß also die erste erhaltene Urkunde gedeutet werden, in der Beatrix nach dem Tod ihres Mannes allein agiert: eine Schenkung des Fronhofs Volta Mantovana an die Kathedrale von Mantua. Diese Urkunde ist entweder auf den 3. oder auf den 10. Januar datiert. Beatrix agierte im Namen ihres noch minderjährigen Sohnes Friedrich, des legitimen Nachfolgers von Bonifaz, und verband damit natürlich die Fürbitte für das Seelenheil ihres Mannes. Am 21. Februar 1053 kam Leo IX. nach Mantua, um eine Reform des Klerus durchzusetzen, wurde aber durch einen "Volksaufstand" vertrieben, der in Wirklichkeit von den städtischen Arimannen ausging. Eine gegen Ende jenes unruhigen Jahres in Felonica ausgestellte Urkunde, einer am Po zwischen Mantua und Ferrara gelegene ländliche Ortschaft, wo Bonifaz ein Benediktiner-Kloster gegründet hatte, gibt jedoch Zeugnis für eine sehr schwierige Phase in Beatrix' Leben. Am 17. Dezember machte Beatrix in der Nähe des Friedhofs von Santa Maria die Felonica an das Kloster, dessen Abt Petrus war, die Schenkung über die Kirche Santa Maria di Badigusala (in der Ortschaft Raigusa im Bologneser Gebiet), "für Bonifaz'Seelenheil und für die Seelen meines Sohnes und meiner Tochter". Die Urkunde nennt keine Namen, aber die darin erwähnten Kinder waren sicherlich Friedrich und Beatrix, Mathildes Geschwister, die beide in eben dem Jahr gestorben waren, bevor das Dokument ausgestellt wurde, vielleicht sogar in Felonica selbst. Es konnte nicht ausbleiben, dass so mancher, wie Bonizo von Sutri, der Chronist des Investiturstreits, von einem gewaltsamen Tod sprach, dessen Urheber unbekannt war, und der durch ein maleficium, vielleicht Gift, verursacht worden war.
    Noch schwieriger und wechselvoller war für sie das Jahr 1054: Beatrix hatte erkannt, dass es über ihre Kräfte ging, weiterhin allein ihre Herrschaftsgebiete zu verwalten. Als ihr Sohn noch lebte, war es ihre Pflicht gewesen, ihre Herrschaftsgebiete vor Zersplitterung zu bewahren, um ihm die Nachfolge zu sichern. Aber da nun Friedrich gestorben war, mußte man eine Lösung finden, die ihr und ihrer Tochter Sicherheit bieten konnte.
    Nach der Vertreibung ihres Mannes Gottfried der Bärtige nach Lothringen waren Beatrix und Mathilde nun wieder ohne Schutz. Am 31. Mai 1055 - falls die Urkunde echt ist - verkaufte die Markgräfin, die das schlimmste befürchtete, weit unter dem Wert Güter im Gebiet von Lucca, die sie 1044 erworben hatte. Sie brauchte dringend und rasch Bargeld. HEINRICH III. hatte sie nämlich zu einer Synode nach Florenz gerufen, die in Anwesenheit von Papst Viktor II. vom 4. bis zum 14. Juni 1055 abgehalten wurde. Dort bewahrheiteten sich ihre Befürchtungen: Der Kaiser nahm sie und ihre Tochter Mathilde, die noch keine 10 Jahre alt war, in Haft. Als er später nach Deutschland zurückkehrte, führte er seine beiden Gefangenen mit sich. Ein Mathilde nahestehender Chronist berichtet über den wenig später erfolgten Tod HEINRICHS III.:
    "Kaum hatte er die fränkische Seite des Rheins erreicht, wurde er von einem heftigen Fieber ergriffen. Da rief er den erhabenen Herzog Gottfried zu sich, gab ihm seine Gemahlin und die Tochter des Bonifaz zurück sowie alle Besitzungen, die ihnen gehörten, und bat ihn dringend, er möge seinem Sohn, dem schon designierten König, die Treue halten. Wenige Tage danach ereilte ihn der Tod. Sein Leichnam wurde mit allen Ehren in Speyer, im Grab seines Vaters, beigesetzt, und sein Sohn übernahm gemeinsam mit der Mutter die Regierung des Reichs."
    So schildert Bonizo von Sutri das Geschehen. Andere behaupten jedoch, dass das Herrscherpaar von Canossa erst nach dem Tod HEINRICHS III. wieder zusammenkommen konnte und erst dann seine Herrschaftsgebiete zurückerhielt.

    Goez Elke: "Beatrix von Tuszien"

    Jugendjahre Seite 11-13

    Der genaue Zeitpunkt der Geburt von Beatrix ist nicht bekannt; er muß jedoch zwischen 1013 und 1026 gelegen haben. Das gleiche gilt für ihre Schwester Sophie, die zwar erst geraume Zeit nach Beatrix starb, deshalb aber nicht die jüngere der beiden Schwestern gewesen zu sein braucht. Ihr einziger Bruder fand bereits 1032 oder 1033 den Tod. Obwohl Sophie und Beatrix erstmals im Zusammenhang mit dem Tod des Vaters am 18. Mai 1033 erwähnt werden, ist Glaesener überzeugt, dass Beatrix1036 20 Jahre alt gewesen sei, somit also 1016 geboren wurde. Diese Behauptung ist durch keine Quelle zu belegen und basiert allein auf Spekulationen über das heiratsfähige Alter, die der Vorstellungswelt des 20. Jahrhunderts entstammen. Zudem läßt Glaesener außer acht, dass die Töchter des verstorbenen Herzogs von einer zeitgenössischen Quelle ausdrücklich als minderjährig bezeichnet werden.
    Mit Herzog Friedrich II. erlosch die Linie BAR des ARDENNERGRAFEN-Hauses im Mannesstamm und es unterlag keinem Zweifel, dass Beatrix und Sophie wegen des geringen Alters, aber vor allem wegen ihres Geschlechts dem Vater nicht im Herzogtum nachfolgen konnten. Die beiden Waisen wurden gleich nach 1033 durch ihre Tante mütterlicherseits, die Kaiserin Gisela, an den Hof KONRADS II. geholt und dort als Adoptivtöchter erzogen. Ich halte es allerdings für höchst unwahrscheinlich, dass die beiden Mädchen beständig mit dem Herrscher herumreisten, sondern möchte eine Ausbildung oder doch längere Anwesenheit in einem von der Kaiserin bevorzugten Damenstift annehmen. Eine gemeinsame Erziehung mit HEINRICH III. ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, zumal der junge König 1033 bereits Mitregent war und in dieser Eigenschaft zusammen mit seinem Vater Regierungsaufgaben zu erfüllen hatte. Allerdings dürften sich Beatrix und HEINRICH - letzterer geboren am 28. Oktober 1017 - im Alter tatsächlich sehr nahegestanden haben .
    Obwohl das Grab der Beatrixin Pisa erhalten blieb, wurden Untersuchungen der Gebeine bislang noch nicht vorgenommen, so dass wir keine Vorstellungen vom Äußeren der Markgräfin machen können. Die schwärmerische Schilderung Donizos über die Schönheit der Mutter seiner Herrin Mathilde muß man als panegyrische Schmeichelei auffassen, und auch ihre Miniatur im Donizo-Codex zeigt zweifellos kein realistisches Abbild.
    Über die Jahre bis zu Beatrix' Verheiratung mit Bonifaz von Tuszien-Canossa ist nichts bekannt. Der im frühen 14. Jahrhundert lebende Dominikaner Jean de Bayon erzählt allerdings, dass Herzog Gozelo von Nieder-Lothringen der tutor der beiden Mädchen gewesen sei. Doch dieser Geschichtsschreiber erweist sich häufig als zu phantasievoll. KONRAD II. ließ die beiden Erbtöchter des Herzogs Friedrich II. an seinen Hof holen, verheiratete Sophie mit Graf Ludwig von Mousson und Mömpelgard und gab 1037 Beatrix seinem treuesten italienischen Vasallen zur Frau, dem seit kurzem verwitweten Markgrafen Bonifaz von Tuszien-Canossa.

    1.3. Herzog Gottfried der Bärtige Seite 20-25

    Nach dem Mord an Bonifaz hatte Beatrix im canusinischen Herrschaftsgebiet einen schweren Stand, denn viele der kleinen Vasallen warteten seit langem auf eine Gelegenheit, das drückende Joch abzuschütteln, das der Markgraf ihnen auferlegt hatte. Zugleich gab es seitens der Krone Probleme: Beatrix beanspruchte als Vormund ihres minderjährigen Sohnes Friedrich das ungeschmälerte Erbe einschließlich der umfänglichen Reichslehen. Deswegen sandte sie die Bischöfe Arnald von Arezzo und Wido von Volterra als Unterhändler zu HEINRICH III. Doch es gelang dem Kaiser, durch betonte Großzügigkeit die beiden Geistlichen auf seine Seite zu ziehen, und ihre Gesandtschaft blieb daher für Beatrix ohne Erfolg. Unglücklicherweise starben zudem binnen weniger als zwei Jahre nach dem Attentat auf den Markgrafen auch die beiden älteren Kinder Friedrich und Beatrix. Weder der Zeitpunkt noch die Todesursachen sind geklärt. Bonizo überliefert in seinem weitgehend polemischen "Liber ad amicum" das Gerücht, sie seien vergiftet worden, wofür es allerdings keinerlei Quellenhinweise gibt. Mit Sicherheit war Friedrich Anfang Januar 1053 noch am Leben; denn damals schenkte Beatrix für das Seelenheil ihres verstorbenen Mannes gemeinsam mit dem Sohn das Hofgut Volta an die Kirche des heiligen Petrus zu Mantua. Eine Stiftung der Markgräfin für das Marienkloster in Felonica vom 17. Dezember 1053 wurde in der Forschung wiederholt zur Bestimmung des Sterbedatums von Friedrich und seiner Schwester Beatrix herangezogen. Doch entgegen dem Wortlaut der älteren Drucke, die an dieser Stelle von der handschriftlichen Überlieferung abweichen, gab die Markgräfin dem Kloster die Marienkirche in Badigusula propter Deum et remedium anime mee et anime de quondam Bonefacio marchio est anime filio et filias meas. Da sie hier von ihrem Sohn und den beiden Töchtern spricht, zugleich aber nur Bonifaz ausdrücklich als Verstorbenen nennt, möchte ich im Gegensatz zur bisherigen Forschung annehmen, dass die drei Kinder zu diesem Zeitpunkt alle noch am Leben waren. Der Tod ihres Sohnes, als dessen Vormund Beatrix fungierte, muß jedoch bald nach dem 17. Dezember 1053 erfolgt sein, da ich es für ausgeschlossen halte, dass sie noch zu Lebzeiten eines männlichen, somit reichsrechtlich eindeutig erbberechtigten Kindes eine zweite Ehe eingegangen wäre. Ein bislang in der Regel übersehener Quellenbeleg liefert dagegen nur ein Scheinargument für ein noch späteres Sterbedatum: Angeblich schwor Rodolfo do Casola 1055 dem Bischof Guido II. von Lugni gegen jedermann Treue, ausgenommen Beatrix und ihren Sohn. Diese undatierte Nachricht wird allein durch den Pontifikat des Bischofs zeitlich fixiert, der gerade für dieses Jahr auch anderweitig bezeugt ist. Sein Vorgänger wird jedoch nur ein einziges Mal in einer Urkunde genannt, nämlich 1039, so dass es durchaus plausibel erscheint, dass Guido II. bereits geraume Zeit vor 1055 sein Amt antrat und jener Eid bedeutend früher abgelegt wurde, was angesichts der politischen Verhältnisse sogar viel einleuchtender ist.
    Nach dem Tode Friedrichs drohte die Stellung der Beatrix unhaltbar zu werden; sie mußte ernsthaft fürchten, das Erbe des Bonifaz weder für sich noch für ihre einzige überlebende Tochter Mathilde behaupten zu können. Nur durch die baldige Heirat mit einem mächtigen Fürsten war Hilfe gegen alle Anfeindungen zu erhoffen.
    Vermutlich ist der aufständische, vom Kaiser abgesetzte und geächtete Herzog Gottfried der Bärtige von Ober-Lothringen mit seinem Bruder Friedrich, dem späteren Papst Stephan IX., im Gefolge Leos IX., dem an einer echten Versöhnung des Fürsten mit HEINRICH III. gelegen war, im Winter 1049/50 nach Italien gezogen. In diesen Zusammenhang gehört wohl auch die Behauptung des Laurentius von Lüttich, Gottfried habe damals dem Markgrafen Bonifaz als Gefolgsmann gedient. Steindorff tut diese Nachricht zwar als "fabulose Vorgeschichte" ab, aber man kann sie durchaus als Hinweis darauf deuten, dass Gottfried schon frühzeitig Kontakte zum Haus CANOSSA aufgenommen hatte. Dass er seine zukünftige Frau bereits vor der Heirat bei der Bewahrung des canusinischen Erbes unterstützt habe, wäre zwar möglich; doch beweisen läßt es sich nicht. Wedemann vermutet, dass es Kardinal Friedrich gewesen sei, der die Beziehungen seines Bruders zu den CANUSINERN in Italien vermittelte. Dass Gottfried allerdings schon 1051 der Gedanke an eine zukünftige Ehe mit Beatrix vorschwebte, wie Dupreel meinte, muß entschieden bezweifelt werden, da Bonifaz zu dieser Zeit ja noch lebte. Man darf jedoch angesichts ihrer Verwandtschaft und der gemeinsamen lothringischen Heimat davon ausgehen, dass Gottfried Beatrix wohl schon viel früher, nämlich noch als Kind kennengelernt hatte.
    1054 - als sich erste Anzeichen zu einer Aussöhnung des Herzogs mit HEINRICH III. anzudeuten schienen - heiratete Gottfried der Bärtige Beatrix von Tuszien-Canossa ohne Rücksicht auf das kanonische Ehehindernis einer zu nahen Verwandtschaft und ohne Einholung der Erlaubnis des Lehnsherrn, also gleichsam hinter dem Rücken des Kaisers, der offenbar völlig überrascht wurde und sich brüskiert zeigte. Die Quellen differieren stark in der zeitlichen Einordnung der Hochzeit, was vor allem dadurch zu erklären ist, dass sie Ereignisse, welche durch die Ehe ausgelöst wurden, in direktem Zusammenhang mit der Vermählung berichten, was naturgemäß zu chronologischen Ungenauigkeiten führte. Die überaus heftige Reaktion Kaiser HEINRICHS III., der 1055 nicht zuletzt deswegen persönlich nach Italien zog, um "kompromißlos... diesen Versuch einer neuen Machtbildung in Italien" zu durchkreuzen und die ihm unliebsame Verbindung zu trennen, ist ein zusätzliches Argument dafür, dass die Hochzeit nicht bereits im Jahr 1053 stattfand, da der Herrscher schwerlich zwei Jahre tatenlos dieser Verbindung zugesehen hätte. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass HEINRICH III. bei dem Italienzug bereits am 22. März 1055 Brixen erreichte. Die seit langem geplante Reichssynode zu Pfingsten 1055 in Florenz hätte eine solche Eile nicht erfordert. Man darf daher annehmen, dass Beatrixund Gottfried im Sommer oder Herbst 1054 heirateten und HEINRICH III. sofort Gegenmaßnahmen einleitete, nachdem ihn die Nachricht erreicht hatte. Die neuerliche Kränkung und Mißachtung seiner Rechte mußten HEINRICH III. daher um so empfindlicher treffen; denn auch Gottfried der Bärtige und Beatrix hatten es versäumt, den lehnsrechtlich vorgeschriebenen Ehekonsens des Kaisers einzuholen, mit dessen Gewährung sie freilich niemals hätten rechnen dürfen. HEINRICH III. konnte und wollte in Oberitalien keine Machtkonzentration in den Händen eines bereits wiederholt rebellischen und gemaßregelten Feindes dulden. Die klandestine Hochzeit mochte manchen Zeitgenossen wie offener Verrat erscheinen. Ob Gottfried allerdings tatsächlich Oberitalien vom Reich abspalten wollte oder ein antikaiserliches Bündnis mit den Normannen plante, wie eine einzelne Quelle behauptet, ist eher unwahrscheinlich. Doch insgeheim hatten Beatrix und Gottfried wohl darauf gehofft, dass HEINRICH III. durch die damaligen Krisen im Reich zu stark in Anspruch genommen sein würde, um in Italien aktiv werden zu können. Aber sie hatten sich getäuscht. 1055 zog der Kaiser über die Alpen, wo er lokale Revolten augenblicklich niederwarf, und Gottfried ergriff die Flucht.
    Nun war Beatrix wiederum auf sich allein gestellt. Die einzige Möglichkeit, die canussinische Stellung vielleicht doch noch zu retten, bestand in der Unterwerfung unter die Gnade des siegreichen Kaisers. So bezog sie in Begleitung ihrer noch minderjährigen Tochter Mathilde, die zu diesem Zeitpunkt vermutlich bereits mit dem gleichnamigen Sohn Gottfrieds des Bärtigen verlobt war, nach Florenz, wo HEINRICH III. mit dem Papst ein Konzil veranstaltete. Noch auf der Reise versuchte Beatrix, durch eine Veräußerung mit Rückkaufsrecht binnen Jahresfrist wenigstens eine besonders wichtige Besitzung vor den drohenden Verlust zu retten. Auffälligerweise nennt sie sich in dieser Urkunde nicht in der sonst üblichen Weise Markgräfin oder gar Herzogin, sondern erwähnt nur ihre Abstammung von Herzog Friedrich. Sie wollte offenbar vermeiden, durch eine fürstliche Intitulatio, die - wenn überhaupt - reichsrechtlich nur ihrem Gemahl zustand, den Kaiser noch mehr zu reizen. Zu Beatrix'Unglück war ihr Fürsprecher und naher Verwandter Leo IX., der sich bislang stets für Gottfried den Bärtigen eingesetzt hatte, im Jahr zuvor gestorben, und von Viktor II. hatte sie keine Hilfe zu erwarten. Lampert von Hersfeld berichtet, dass Beatrix sich mit einer Rede vor dem Kaiser ausführlich zu rechtfertigen suchte, aber sie hatte damit keinen Erfolg. HEINRICH III. ließ sie und ihre Tochter in Haft nehmen und führte sie mit sich über die Alpen nach Deutschland. Damit schien zugleich eine der letzten KONRADINER-Erbinnen ausgeschaltet. Auch Friedrich, der Bruder Gottfrieds blieb vor dem Zorn des Kaisers nicht verschont.
    In dieser geradezu aussichtslos anmutenden Situation rettete Gottfried und Beatrix der plötzliche Tod HEINRICHS III. Ausschließlich die Tatsache, dass sie den Kaiser überlebten, ermöglichte es ihnen, in ihre Herrschaftsgebiete südlich der Alpen zurückzukehren. Gleichsam mit einem Schlag zählten sie wieder zu den wichtigsten Fürsten des Reiches.

    2.1. Die lothringischen Besitzungen Seite 35-41

    Beatrix selbst hat indessen nur in geringem Umfang über ihren lothringischen Allodialbesitz urkundlich verfügt, so dass der Großteil der Objekte lediglich durch die Veräußerungen oder Schenkungen ihrer Tochter Mathilde erschlossen kann.
    Zunächst ist festzuhalten, dass Beatrix ebenso wie ihre Schwester Sophie "le bien des allieux et de certains benefices de leur pere" übernahm, den väterlichen Amtstitel und die damit verbundenen Rechte und Besitzungen aber selbstverständlich einbüßte. Das Privaterbe Friedrichs II., das laut Parisot die Grundlage der herzoglichen Territorialherrschaft bildete, fiel nach seinem Tod offenbar ohne größere Verluste den Töchtern zu. Die Zentren lagen im Gebiet von Bar-le-Duc, im westlich von Briey im Department Meuse gelegenen Gondrecourt, in Saint-Mihiel an der Maas, auf halbem Wege zwischen Toul und Verdun, dessen Hochstiftsvogtei der Herzog besessen hatte, in Amance nordöstlich von Nancy, in Mousson an der Mosel und rings um das Department Meuse nordwestlich von Metz gelegene Briey mit Thionville, ein sehr ausgedehnter Besitzkomplex. Die beiden Schwestern teilten sich den väterlichen Nachlaß zu annähernd gleichen Teilen. Sophie erhielt Saint-Mihiel, die Burgherrschaften von Bar und Fains, und sie verfügte - neben weiteren, verstreut liegenden Gütern - über die Besitzungen von Saint-Denis-en-Lorraine. Die mangelnde Geschlossenheit dieser Objekte erlaubte der Herzogstochter und ihrem Gemahl Graf Ludwig von Mömpelgard keine kraftvolle und ausgreifende Territorialpolitik; in dieser Hinsicht änderte sich erst für ihre Nachkommen im Verlauf des 12. Jahrhunderts die Situation. Beatrixübernahm dagegen die weiter nördlich "dans le Verdunois, la Woevre et l'Ardenne" gelegene Familienbesitzungen Stenay, Mouzay, Muraut, Juvigny und Briey. Gegenseitige Einmischungen in die jeweiligen Erbteile der Schwestern kamen offenbar nicht vor. Selbst für das vormalige Familienkloster Saint-Mihiel erfolgte daher niemals eine Schenkung der frommen Markgräfin oder ihrer Tochter Mathilde.
    Es ist allerdings nicht mit Sicherheit zu bestimmen, ob Stenay und Mouzay wirklich aus dem Besitz des Großvaters oder nicht vielmehr aus dem Erbe Gottfrieds des Bärtigen an Mathilde kamen, möglicherweise auf dem Weg über das nicht näher bekannte, aber vorauszusetzende Wittum der Beatrix. Der Herzog hat nämlich auf Veranlassung seiner Gemahlin der Abtei Gorze die Kirche St. Dagobert in Stenay urkundlich zugesprochen, wozu auch Mouzay gehörte. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil Beatrix sonst immer selbst und erklärtermaßen kraft eigenen Rechts aus ihrem Privatvermögen Schenkungen tätigte. Es wäre daher denkbar, dass nicht sie, sondern Gottfried der ursprüngliche Besitzer von Stenay und Mouzay gewesen ist. Eine undatierte, jedoch relativ späte Notiz des Erzbischofs Bruno von Trier (1101-1124) zugunsten von Gorze legt allerdings nahe, dass es sich in der Tat um Allodien der Beatrix handelte. Auch Parisot vermutet, dass Stenay aus der Erbmasse ihres Vaters stammte, ohne dies belegen zu können, für Mouzay ist eine eindeutige Aussage ebenfalls nicht möglich .
    Juvigny mit dem Nonnenkloster St. Scholatica, im Department Meuse, Arrondissement Montmedy, gelegen, besaß Mathilde zweifellos aus dem Allod ihrer Mutter. Sie übertrug es 1079 dem Bischof von Verdun; ob sie die Dotation nach Streitigkeiten mit diesem dann wieder annullierte, wie Overmann meint, bleibt unklar. HEINRICH IV. verfügte nach der Ächtung der Markgräfin und der Konfiszierung ihrer lothringischen Güter über Juvigny, dessen Besitz er dem Bischof bestätigte. 1096 nahm Urban II. die Abtei unter apostolischen Schutz, indem er geltend machte, dass sie schon durch Beatrix, Bonifaz und deren Tochter Mathilde der römischen Kirche übereignet worden war. Hier lag vielleicht ein Irrtum vor, denn Bonifaz hätte wohl kaum eine Schenkung getätigt, in welcher nur eines seiner drei Kinder - und zwar ausgerechnet seine zweite Tochter - namentlich genannt wird. Es ist daher denkbar, dass diese Dotation erst durch Herzog Gottfried den Bärtigen, Beatrix und Mathilde geschah. Allerdings war für Papst Urban II. nur deren Erwähnung von aktuellem Belang, so dass aus diesem Grund die Namen der beiden Geschwister in seiner Bestätigungsbulle ausgelassen worden sein könnten. Im gleichen Dokument wird erwähnt, dass die Schenkung noch weitere Güter umfaßte: Remoiville, Han, Verneuille-Grand, Verneuille-Petit, Ire-le-Pres, Mercy, Clemery, Belrupt, Velosnes, Mesancy und Sivry. Falls diese Objekte wirklich schon durch Bonifaz und Beatrix gestiftet worden sind, stammten sie zweifellos aus dem väterlichen Erbe der Gemahlin des Markgrafen.
    In der Nähe von Juvigny, dicht bei Neufchateau liegt auch Longlier, das Gottfried und seine Frau vermutlich 1055/57 an die Abtei Florennes gaben. Damit wäre die Dotation kurz nach dem Tod HEINRICHS III. erfolgt, als sich Gottfried und seine Gemahlin noch in Deutschland befanden. Dies ist wahrscheinlicher als eine Stiftung im Jahr 1064, woran Bertholet glaubte, da Beatrix zu dieser Zeit nachweislich bereits wieder in Italien weilte.
    Der heute nicht mehr genau zu lokalisierende Hof Donceel (domus Cyrici) gehörte ebenfalls Beatrix. Zweifellos lag diese Besitzung im Komitat von Huy. In einem als Insert überlieferten Brief bestätigte Mathilde 1083 den Verkauf des Allods durch Rangerius von Briey an Abt Robert von Saint-Jacques in Lüttich. Es ist anzunehmen, dass das weit abgelegene Donceel nur mit großer Mühe zu behaupten gewesen wäre, der Verkauf daher eine Maßnahme im Sinne einer vernünftigen Gebietspolitik war, um besser verwaltbare Besitzkomplexe zu schaffen und Unhaltbares abzustoßen.
    Die Herrschaft Briey, nordwestlich von Metz gelegen, und der dazugehörende Ort Standalmont stammten gleichfalls aus dem Erbe Herzog Friedrichs II. Ein Burgenvogt Odouin ist dort 1055 als Vasall der Beatrix nachweisbar. Der später mehrfach genannte Albert von Briey gehörte zu den lothringischen Ministerialen Mathildes, die 1096 das Kloster Saint-Pierremont in dem ausgedehnten Besitz um Briey neu errichtete und unter anderem mit Standelmont ausstattete.
    Muraut, das wohl mit dem Burgenkomplex Mereveaux identisch ist, gelangte zusammen mit dem Wald von Woevre aus dem Besitz der Beatrix an die bischöfliche Kirche von Verdun.
    Aus dem väterlichen Erbe besaß Beatrix ferner Besitz in Waleswilre, dessen Lage bis heute ungedeutet blieb, und in Stetten, das nördlich von Albisheim im Kreis Kirchheimbolanden (Rheinland-Pfalz) zu lokalisieren ist. Höchstwahrscheinlich befand sich auch Waleswilre in der Nähe dieses Ortes. Beider Güter wurden von Beatrix und Mathilde 1072 oder 1073 auf Bitten des Grafen Friedrich von Mömpelgard an das schon seit 872 bestehende Nonnenkloster Münsterdreisen geschenkt. Weit abseits vom alten Herrschaftszentrum Herzog Friedrichs II. von Ober-Lothringen lagen ferner Titinesheim und Lutera. Es könnte sich also hierbei möglicherweise um konradinisches Erbe aus dem Nachlaß von Beatricens Mutter Mathilde gehandelt haben. Titinesheim ist mit Deidesheim an der Weinstraße zu identifizieren. Bei Lutera handelt es sich offenbar um Lauterburg. Auch diese Güter wurden während des Investiturstreites durch HEINRICH IV. konfisziert; er schenkte Deidesheim 1086 dem Stift St. Guido und Lutera der bischöflichen Kirche in Speyer. Doch Mathilde hat diese Verfügung nicht anerkannt und gab ihrerseits den erstgenannten Ort um das Jahr 1093 an das Schwarzwald-Kloster St. Blasien. Es ist anzunehmen, dass sie sich dessen bewußt war, diesen Teil ihres mütterlichen Erbes, der in Streulage im Osten bis an den Rhein reichte, ohnehin nicht auf Dauer sichern zu können, und sie ihn daher abstieß, anderweitig dagegen möglichst geschlossene Besitzkomplexe zu behalten suchte: ein ähnlicher Vorgang wie in Donceel.
    Hart an der Grenze zum heutigem Luxemburg lagen Besitzungen, auf denen - allerdings vermutlich erst von Mathilde - die Abtei Orval gestiftet wurde. Die Gründungsgeschichte des berühmten belgischen Klosters ist sehr schlecht dokumentiert; die Weiheurkunde vom 30. September 1124, welche detaillierte Nachrichten über die Frühzeit enthält, ist nämlich eine Fälschung. In der Nähe von Orval saßen die Grafen von Chiny, welche in Quellen aus dem frühen 12. Jahrhundert als Vasallen Mathildes bezeugt sind. Ob ihre dortigen Güter aus dem Erbe der Mutter oder aus dem ihr von Gottfried dem Buckligen ausgesetzten Wittum stammten, ist nicht zu entscheiden.
    Unsicher und kaum beweisbar ist auch die Vermutung von Grosdidier de Matons, dass Beatrixbei ihrer zweiten Hochzeit folgende Güter als Witwengut erhalten hätte: "Lanfroicourt, Aboncourt, Salone qui etait siege d'un prieure de l'abbaye de Saint-Mihiel, Malancourt, Dehne, Solzeling, Morsberg, Insming, Sarreguemines, Farchsweiller, Theding, Ausmacher, Bliesgerwiller, Bliedersdorf. Ces villae qui appartenaient a Saint-Denis ont peutetre ete donnes en douaire a Beatrice". Da keiner dieser Orte jemals bei Beatrix oder Mathilde eine Rolle spielte und nirgends in ihren Urkunden genannt wird, ist es eher unwahrscheinlich, dass es sich tatsächlich um das Wittum der Markgräfin handelte, weil ein völliger Verlust gleich nach ihrem Tod angesichts der ansehnlichen Güter, die Mathilde nachweislich aus dem mütterlichen Erbe behaupten konnte, unglaubhaft ist. Ein beträchtlicher Teil der genannten Liegenschaften gehörte zwar zweifelsfrei den Eltern von Beatrix, wurde aber vermutlich gar nicht an sie, sondern an ihre Schwester vererbt. Bliedersdorf, Theding, Farchsweiler und Saargemünd besaß nämlich später die zweite Tochter Dietrichs, eines Sohnes der Sophie. Auch das Priorat von Insming und der ganze Ort Solzeling befanden sich bis 1102 in dessen Besitz; Dietrich schenkte sie damals der Abtei Saint-Mihiel. Ferner kam das Priorat Salone mit den Dörfern Aboncourt und Malancourt durch eine Stiftung Sophies an dieses Kloster. Ganz unwahrscheinlich und durch nichts zu begründen ist, dass diese Güter nach Beatrix'Tod in die Hände ihrer Schwester und nicht in die ihrer Tochter gelangt wären; sie hatten offenbar von vornherein Sophie allein gehört.
    Um die Herrschaft über die lothringischen Besitzungen aufrechterhalten zu können, mußte Beatrix die Beziehungen zu ihrer alten Heimat pflegen. Sie benötigte dort ansässige Helfer, da anders die Verwaltung der Güter über eine so große räumliche Distanz nicht möglich gewesen wäre. Wir wissen, dass Beatrix auf ihrer ersten Reise nach Italien einem Jungkleriker aus Saint-Hubert namens Lambertus im Gefolge hatte, der nach dem Tod des Markgrafen Bonifaz Italien wieder verließ und nach Lothringen zurückkehrte. Ob dieser Tatbestand in einem Zusammenhang mit der Liegenschaftsverwaltung steht, bleibt unklar. Vermutlich hatte Beatrix jedoch diesbezüglich ihrer lothringischen Interessen anfänglich in dem mit ihr verwandten Bischof Brun von Toul, seit 1049 Papst Leo IX., eine Stütze, auch wenn sich hierfür keine schriftlichen Belege finden lassen. Seit der Eheschließung mit Gottfried dem Bärtigen(1054) oblag die Sorge um die dortigen Güter natürlich in erster Linie dem Herzog. Nach seinem Tod dürfte Beatrix' Stiefsohn Gottfried der Bucklige diese Aufgabe übernommen haben. Eine Verbindung zur alten Heimat stellte auch Graf Friedrich von Mömpelgard sicher, der mit den lothringischen CANUSINERN nahe verwandt war. Erstmals ist er am 29. August 1071 bei Beatrix nachweisbar; damals fungierte er in der Gründungsurkunde für Kloster Frassinoro als Zeuge. Vermutlich brachte der Graf bei dieser Gelegenheit der besorgten Beatrix Nachrichten über ihre hochschwangere Tochter. Mindestens bis zum 10. September 1073 blieb er im Umkreis der Markgräfin, bis er, wahrscheinlich im Gefolge Gottfrieds des Buckligen, nach Lothringen zurückkehrte .
    Zusammenfassend hat Parisse den lothringischen Besitz der Beatrix folgendermaßen charakterisiert: "Les comtesses Beatrice et Mathild ont herite de leurs ancetres un ensemble de terres fiscales, qui devaient constituer une partie du benefice de l'honor ducale confie a Frederic I en 959: soit essentiellement des biens alignes le long de la Meuse et de quelques affluents avec des parissses des vallees de la Semois ert du Loison. Ce n'etait qu'un morceau d'un fisc gigantesque, dont d'autres parties furent con fiees a l'autre branche des comtes d'Ardenne, celle des comtes de Verdun. Le reunion des deux familles au XI siecle refit l'unite du fisc."
    Trotz des erheblichen Umfangs der lothringischen Güter der Beatrix blieben diese weit hinter dem enormen Besitz des Markgrafen Bonifaz zurück. Keinesfalls war der durch die Mitgift erzielte Zugewinn an materiellen Werten für Bonifazder Hauptgrund gewesen, die Lothringerin zu heiraten, obwohl Beatrix über sehr beachtliche Geldmittel verfügte [Bereits 1044 Mai 14 erwarb Beatrix mit Erlaubnis ihres ersten Ehemannes 6 große Höfe zum Preis von 1.000 Pfund Silber. 1044 Juni 14 kaufte sie mit Zustimmung ihres Mannes für 125 Pfund Silber den dritten Teil des Kastells Porcari.]. Für den Markgrafen war vielmehr in erster Linie der soziale Aufstieg in die Verwandtschaft zum salischen Königshaus wichtig, den ihm diese Ehe verschaffte.
    Die größte Bedeutung erlangten die lothringischen Güter der Beatrix allerdings erst in der Zeit ihrer zweiten Ehe, als sie mit den Besitzungen Herzog Gottfrieds zusammengefaßt wurden und nunmehr tatsächlich "une veritable tete pont entre Verdun et Bouillon" darstellten.

    1037 1. oo 2. Bonifaz I. Markgraf von Canossa um 985-6.5.1052

    1054 2. oo 2. Gottfried II. Herzog von Lothringen, -21.12.1069

    Kinder:
    1. Ehe
    - Beatrix - vor 17.12.1053
    - Bonifaz II. - 1055
    - Mathilde 1046-24.7.1115

    Literatur:
    Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 64,145,160,163,186,213 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 7 X, 25b - Bresslau Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II. Verlag von Duncker&Humblot Leipzig 1879 Band I Seite 431-436 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I, Seite 449/Band II Seite 157/Band III Seite 157,268,321,323 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 70-71,75,230 - Fumagalli Vito: Mathilde von Canossa. Verlag Klaus Wagenbach Berlin 1998 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 331,340, 343 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995 - Golinello, Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf 1998, Seite 37-300 - Wies, Ernst W.: Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf um die Weltherrschaft, Bechtle Esslingen 1996, Seite 27,82, 132,147 -

    Kinder:
    1. von Tuszien, Beatrix gestorben vor 17 Dez 1053.
    2. von Tuszien, Bonifaz II. wurde geboren um 1040; gestorben um 1055.
    3. 3. von Tuszien, Mathilde wurde geboren in 1046; gestorben am 24 Jul 1115 in Bondanazzo di Reggiolo [42046],Reggio Emilia,Emilia-Romagna,Italien; wurde beigesetzt in 1115 in San Benedetto Po [46027],Mantua,Lombardei,Italien.


Generation: 4

  1. 8.  von Lothringen, Gozelo I. wurde geboren um 970 (Sohn von von Verdun, Gottfried I. und Billung, Mathilde); gestorben am 19 Apr 1044; wurde beigesetzt in Munsterbilzen [3740],Flandern,Belgien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; Graf von Verdun
    • Titel/Amt/Status: 1023-1044, Niederlothringen; Herzog von Niederlothringen
    • Titel/Amt/Status: 1033-1044, Oberlothringen; Herzog von Oberlothringen
    • Titel/Amt/Status: 1005-1044, Antwerpen [2000],Flandern,Belgien; Markgraf von Antwerpen

    Notizen:

    Gozelo I.
    Herzog von Nieder-Lothringen (1023-1044)
    Herzog von Ober-Lothringen (1033-1044)
    Markgraf von Antwerpen (1005-1044)
    Graf von Verdun
    ca 970-19.4.1044 Begraben: Bilsen, Abteikirche

    Jüngerer Sohn des Grafen Gottfried der Gefangene von Verdun und der Mathilde Billung von Sachsen, Tochter von Herzog Hermann

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1616

    Gozelo, Herzog von Lothringen
    + 19. April 1044 Begraben: Bilsen, Abteikirche
    Sohn von Gottfried von Verdun dem Älteren (aus dem Hause ARDENNE) und der Mathilde von Sachsen

    Gozelo folgte 1023 seinem Bruder Gottfried I. als Herzog von Nieder-Lothringen nach. Während er zu HEINRICH II. in guten Beziehungen stand, verweigerte er KONRAD II. anfangs die Anerkennung und schloß sich einer lotharingischen Rebellengruppe an. Im Mai 1033, nach dem Tode Herzog Friedrichs von Ober-Lothringen, und angesichts des bedrohlichen Vordringens des Grafen von Champagne, übertrug KONRAD II. an Gozelo das gesamte Lotharingien. Gozelo nahm an der Verteidigung des Landes gegen Odo II. von Blois-Champagne teil (Schlacht bei Bar, Oktober 1037).
    Gozelo hinterließ zahlreiche Kinder:
    die späteren Herzöge Gottfried der Bärtige
    und Gozelo II.,
    Friedrich (der spätere Papst Stephan IX.),
    Regelinde (oo Albert II. von Namur),
    Oda (oo Lambert II. von Löwen).

    Literatur:
    BNB VIII, 151-154, NDB VI.

    Althoff Gerd: Seite 377, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"
    H 10 Lü: 19.4. Gazlinus dux + 1044 Herzog von Lothringen

    Gazlinus (Gozelo) war der Sohn der BILLUNGERIN Mathilde (G 52) aus ihrer 2. Ehe mit Graf Gotfried von Verdun (vgl. Bork, Billunger, Seite 112).
    Seine Eintragung erklärt sich also durch die verwandtschaftlichen Beziehungen zu den BILLUNGERN.
    Allgemein siehe NDB 6, Seite 693, Quellen zu seinem Tod bei Steindorff, Jbb. Heinrichs III. 1, Seite 201.

    Brandenburg Erich: Tafel 33 Seite 66, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    IX. 86. GOZELO I., Graf von Verdun, Herzog von Nieder-Lothringen 1023,
    von Ober-Lothringen 1033
    * ..., + 1044 19. IV.

    Gemahlin:
    ...

    Glocker Winfrid: Seite 311, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VI, 61 GOZELO I.
    * c 970, + 1044 IV 19
    Graf in Verdun und "comes de Bastonia", 1008 Markgraf von Antwerpen, 1023 Herzog von Nieder-Lothringen

    oo NNw

    Das D Ko II. 116 von 1028 IV 19 nennt Longchamps (nördlich Bastogne) "in pago Ardunensi in comitatu Gozelonis de Bastonia"; Brandenburg identifizierte den genannten Gozelo mit dem Sohn Graf Reginars im Ardennengau (+ nach 963), also Gozelo VI, 55 in unserer Anordnung. Doch scheint diese urkundliche Bezeugung eines Gozelo aus chronologischen Gründen mit Nonn, Pagus S. 163, eher auf den gleichnamigen Herzog von Nieder-Lothringen zu beziehen zu sein. Vgl. im übrigen Brandenburg IX, 86 und Renn, Grafenhaus S. 40 f.

    Thiele, Andreas: Tafel 51, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

    GOZELO I. + 1044

    1005 Markgraf von Antwerpen

    Gozelo I. stritt ständig mit dem aufstrebenden Flandern und war eine treue Hilfe der deutschen Kaiser, folgte 1023 dem Bruder in Nieder-Lothringen und förderte 1024 den jüngeren Konrad, anerkannte dann doch Kaiser KONRAD II. und wurde dessen wichtige und treue Hilfe. Er erhielt deshalb 1033 das Herzogtum Ober-Lothringen nach dem Erlöschen der Vetternlinie dazu; er war vorher dort schon Regent. Er entschied als kaiserlicher Feldherr letztlich den Erbkrieg um Burgund gegen Blois, das er am 15.11.1037 bei Bar vernichtend schlug. Er behauptete in beiden Lothringen voll die herzoglichen und kaiserlichen Positionen. Er war der letzte Herzog von Gesamt-Lothringen, das nach seinem Tode auseinanderzufallen begann. Er war der angesehenste und mächtigste Reichsfürst seiner Zeit.

    Annalista Saxo: "Reichschronik"
    Das Jahr 1037.

    [Der Kaiser hielt nach Weihnachten in der Stadt Salerno mit denen von dieser Seite der Alpen und unseren Fürsten eine allgemeine Versammlung über die Angelegenheiten des Staates. Es geschah aber, daß der Mailänder Bischof, der bei dieser Versammlung zugegen war, von Seiten des Kaisers der Untreue beschuldigt und von seinen Landsleuten in vielen Dingen verklagt wurde. Und als er vom Kaiser ermahnt ward, dergleichen zu bessern, entfernte er sich zuerst mit seinen Freunden, dann aber kam er wieder und vom Geiste des Hochmuths aufgeblasen, sprach er kühn, daß er, was er im Besitze der Kirche des heiligen Ambrosius vorgefunden oder auf irgend eine Weise erworben habe, so lange er lebe, stets festhalten und auf niemandes Befehl oder Bitte auch nur das Geringste aufgeben werde. Von den Angesehensten aber aufgefordert, wenigstens die Person des Kaisers auszunehmen, wiederholte er nur nochmals den vorerwähnten Spruch.
    Darüber erzürnt befahl der Kaiser auf den Rath der Versammlung, das unrechtmäßig in Besitz Genommene wieder herauszugeben, ließ ihn festnehmen und übergab ihn dem Patriarchen Poppo von Aquilegia zur Verwahrung. Da er von diesem freier, als es recht war, gehalten wurde, entschlüpfte er nach einigen Tagen auf Anstiften eines seiner Mönche, dem es aus Erbarmen gestattet worden war, allein bei ihm zu wohnen. Und so kehrte er nach Mailand zurück, und indem er die Stadt befestigte, welche doch schon an sich genug Festigkeit und Sicherheit hat, verharrte er jenes ganze Jahr hindurch in kecker Ausschreitung als ein Verächter der Gesetze. Darauf macht er mit Zustimmung der drei Bischöfe von Vercellä, Cremona und Placentia durch heimliche Boten mit dem oben genanten Tyrannen Otto von Burgund aus, wie er selbst durch seine und seiner Genossen Unterstützung nach Vertreibung und Ermordung des Kaisers zur römischen Kaiserwürde erhoben werden möchte. Das hörte derselbe gern und indem er in begehrlicher Leidenschaftlichkeit schnell jenen Plan ergriff, durch den er deutlich seinem Untergange zueilte, bestimmt er Tag und Ort, wo die Gesandten von ihnen allen sich treffen sollten, um die Verschwörung eben dieses unheiligen Frevels gegenseitig durch Eide zu bekräftigen. - - Da Gott inzwischen die Nichtswürdigkeit der erwähnten Verschwörer aufdeckte, erfuhr eine treue Frau, nämlich die Schwiegermutter des Schwabenherzogs Herimann, welche in diesen Gebieten sich aufhielt, von der Zusammenkunft der Gesandten und schickte sie, die sammt und sonders von ihren abgeschickten Knechten ergriffen waren und die Wahrheit bekannten, zum Kaiser, als er in der öffentlichen Versammlung in Gegenwart jener drei oben genannten Bischöfe saß. Sogleich sagte der Kaiser mit den Christgläubigen der göttlichen Gnade geziemenden Dank, so sehr er konnte, und sandte auf Beschluß des Rathes diese Bischöfe über die Alpen, wohin es ihm gut schien, ins Gefängniß, und also ging jene Verschwörung zu Ende. - - Uto, der Tyrann von Burgund, den Gottes Gericht offenbar vorwärts trieb, versuchte auf einem andern Wege umzukommen, weil er in dem vorigen Anschlage nicht ein seiner würdiges Ende gefunden hatte. Denn hochmüthigen Herzens vor dem Falle beschloß er die Pfalz von Aachen anzugreifen und prahlte, daß er Weihnachten daselbst zubringen werde. Also belagerte er nur einen Monat vor diesem Feste eine Stadt des Kaisers, welche Bera heißt und in Lotharingien liegt, in der Nähe der Mark des Herzogs Gozelo und seines Sohnes Godefrid, und zog plündernd weit und breit umher; bei dieser Stadt wurde er von diesen Herzogen überfallen und als sich ein Kampf entspann, ist er als einer der ersten unrühmlich gefallen. - Dieser Gozelo ist der Sohn der Machtildis, welche eine Tochter Herimanns von Liuniburg war, des Herzogs der Sachsen und eine Schwester des Herzogs Benno oder Bernhard und des Grafen Liudiger.

    Lampert von Hersfeld: Seite 42,44, "Annales/Annalen"

    1037
    Herzog Gozelo [4 von Lothringen.] tötete den Grafen Odo [5 Graf von der Champagne.] und mit ihm an die 6.000 Mann.
    1044
    Herzog Gozelo [7 Gozelo I. (1023-1044) war Herzog beider Lothringen. Gottfried (1044-1069), der ältere Sohn, erhielt Ober-Lothringen, während Gozelo, der jüngere Sohn, Nieder-Lothringen bekam. Nach dem Tode Gozelos II. (1046) wurde Friedrich von Luxemburg mit Nieder-Lothringen belehnt. Als Gottfried 1047 hiergegen rebellierte, wurde er abgesetzt; an seine Stelle kam ein gewisser Adalbert. Dieser wurde 1048 von Gottfried getötet.] von Lothringen starb; sein Sohn Gottfried, ein hochbegabter und im Kriegswesen sehr erfahrener junger Fürst, griff zu den Waffen gegen das Reich, weil ihm das Herzogtum seines Vaters vorenthalten wurde.

    Steindorff, Ernst: Band I Seite 201, "Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich III."

    1044
    Eben damals, wahrscheinlich am 19. April, starb Gozelo, der Herzog beider Lothringen [1 Herim. Aug. Chron. 1044; Annal. Altah. 1044 und in den von ihm abhängigen Annalenwerken Annal.
    S. Jacobi Leod. 1044, Laubienses und Leod. 1044. Der Tag: XIII Kalend. Maii commemoratio Goscelonis ducis, qui dedit nobis Mosch nach dem Necrolog des Lütticher Domstifts, mitgeteilt in den Bulletins de la commission d'histoire de Belgique, serie II, (1858) Vol. X, p.307 und zuerst auf Gozelo den Älteren bezogen von Iaerschkerski, Godfried der Bärtige Seite 15. Giesebrecht, Kaiserzeit II, Seite 387 läßt Gozelo "im Anfange des Jahres 1044" sterben.], mit Hinterlassung von zwei erwachsenen Söhnen, Gottfried und Gozelo dem Jüngeren, von denen jener, wie wir wissen, bereits bei Lebzeiten des Vaters und als dessen Amtsgenosse Herzog von Ober-Lothringen geworden war.

    Trillmich Werner: Seite 289,370, "Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

    Gozelo wurde durch Kaiser HEINRICH II. mit dem Aufbau der Mark im westlichen Toxandrien zwischen Schelde, Cyle und den beiden Nethen beauftragt. Er ließ Antwerpen zu einem ungewöhnlich starkem Bollwerk gegen die Ausdehnungsbestrebungen der Grafen von Löwen, Holland und Flandern ausbauen. Steine für die 200 x 140 m langen Mauern mußten aus der Gegend von Aalst herangeschafft werden.
    Nach dem Aussterben des Hauses BAR erhielt Gozelo das verwaiste Herzogtum Ober-Lothringen. Zum erstenmal seit Mitte des 10. Jahrhunderts wurde somit wieder ein einziger Befehlshaber mit der Sicherung der gesamten Westgrenze betraut. Dieser Vertrauensbeweis gewann den stolzen Herzog, der sich KONRADS Wahl anfangs so heftig widersetzt hatte, endgültig für den SALIER und verpflichtete ihn zu unverbrüchlicher Treue.
    Odos erster Vorstoß galt der weit gegen Frankreich vorgeschobenen, herzoglich-lothringischen Burg Bar-le-Duc. Trotz ihrer starken Besatzung und heftiger Gegenwehr nahm er sie ein. Aber nach diesem Überraschungserfolge waren die Lothringer schnell zum Gegenschlage bereit, vornehmlich Herzog Gozelo und sein Sohn Gottfried, Mannschaften der Bistümer Verdun, Toul, Metz und Abt Richard von St. Vannes. Außerdem führten Reginard von Lüttich, des Herzogs Schwiegersohn Albert von Namur und Graf Gerhard von Elsaß Truppen heran. Am 15.11.1037 trafen die beiden Heere am Ornain in der Nähe von Bar aufeinander. Es kam zu harten, wechselvollen Kämpfen, und bevor sich die französischen Ritter zur Flucht wandten, erlitten beide Seiten schwere Verluste. Odo und sein Vasall Manasse von Dammartin fanden den Tod. Odos ausgeplünderte Leiche fand man am folgenden Tage. Sie wurde seiner Witwe Ermengard zur Bestattung in Tours übergeben.



    oo N.N.

    Kinder:

    - Gottfried II. der Bärtige - 21.12.1069
    - Gozelo II. - 1046 vor 22.5.
    - Friedrich = Papst Stephan IX. - 29.3.1058
    - Regelindis - nach 1064
    oo Albert II. Graf von Namur - 1063/64
    - Oda
    oo Lambert von Löwen - 21.9. nach 1062


    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 58,377 H 10 - Annalen von Hildesheim a. 1037 - Annalista Saxo: Reichschronik a. 1037 - Bork Ruth: Die Billunger. Mit Beiträgen zur Geschichte des deutsch-wendischen Grenzraumes im 10. und 11. Jahrhundert. Dissertation Greifswald 1951 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 44,64,69,93,101,104,267 - Boshoff, Egon: Lothringen, Frankreich und das Reich in der Regierungszeit Heinrichs III. in: Rheinische Vierteljahresblätter 42 (1978), Seite 63-127 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 33 Seite 66 - Bresslau, Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II. Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1879 Band I Seite 11,17,20,31,33,37,39,112,113 N.1/Band II Seite 73,77,88,108,227 N.2,255 N.2,268,281,350,410,417,434,483,526 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 259,263,377,387,395,398,402,406,418-420,430,436-438,442, 444,446-448,457-459,461,469,473/Band II Seite 2,6,312/Band III Seite 506 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 38,54,57,72,132,134,163 - Giesebrecht Wilhelm von: Geschichte der deutschen Kaiserzeit., Mundus Verlag 2000 Band 2 Seite 115,190,204,206,209,210,216,217,218,253,298,312,250,351,360 -
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 311 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II. Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 Seite Band I Seite 332,334 N. 2/Band III Seite 264,357 -
    Hlawitschka, Eduard: Konradiner-Genealogie, unstatthafte Verwandtenehen und spätottonisch-frühsalische Thronbesetzungspraxis. Ein Rückblick auf 25 Jahre Forschungsdisput. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2003 Seite 95 - Kienast Walter: Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R. Oldenbourg Verlag München - Wien 1968 - Lampert von Hersfeld: Annales/Annalen Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 2000 Seite 42,44 -
    Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Geschichte des Herzogtums Groß-Lothringen (900-1048) Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 74-85 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus (963-1136) (Rheinisches Archiv 39), Bonn 1941 Seite 40 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 175,189,197 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 347,376,383 - Steindorff, Ernst: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich III., Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1963 Band I Seite 39,43,48,51,88,102,105,201,217,227,291,422,427 N.2,525/Band II 107 N.5,275 N.1 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 51 - Trillmich Werner: Kaiser Konrad II. und seine Zeit. Europa Union Verlag Bonn 1991 Seite 289,370 - Wipos Leben Konrads II. - Werner, Matthias: Der Herzog von Lothringen in salischer Zeit, in Die Salier und das Reich Band 1 Seite 367-475, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992 - Wolfram, Herwig: Konrad II. 990-1039. Kaiser dreier Reiche. C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung München 2000 Seite 75,92,196,198,201,260,262, 290,322,342 -

    Mohr Walter: Band I Seite 74-83, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    Herzog Gozelos Stellungsnahme für Konrad den Jüngeren bei der Königswahl von 1024 ist wohl daraus zu erklären, dass Konrad der Ältere ehedem den Grafen Lambert von Löwen in dessen Kampf gegen Gozelos Bruder Gottfried unterstützt hatte [526 Wagner, Wahl Konrads 53f.; Parisot, Origines 409ff. Dieser wendet sich gegen die These von Bresslau, Harry, Jahrbücher des deutschen Reiches unter Konrad II., Berlin 1879/1884 (Neudruck Berlin 1967), Band I, 11ff., wonach Fragen der kirchlichen Reformbewegung ausschlaggebend für die Gruppierungen bei der Wahl gewesen seien.].
    In der Darstellung der Bistumschronik von Cambrai ergibt sich indes ein etwas anderes Bild. Hier steht als Gegner der Königserhebung Konrads des Älteren durchaus Herzog Gozelo von Nieder-Lothringen voran, wobei es allerdings zweifelhaft ist, ob er in Kamba anwesend war [530 Vgl. Bresslau, Jbb I,20; Parisot, Origines 415.].
    Man muß demnach die führende Rolle beim Widerstand gegen die Königswahl wohl Herzog Gozelo zuschreiben, er hat dann Herzog Dietrich von Ober-Lothringen zu aktivem Handeln aufgerufen. Gozelo verhandelte auch mit den lothringischen Bischöfen, und zwar mit Ausnahme der von Trier, Metz und Toul mit Erfolg [532 Über die mit diesen Verhandlungen zusammenhängenden Probleme braucht hier nicht gehandelt zu werden, vgl. Parisot, Origines 412 Anm. 4 mit der dort verzeichneten Literatur.]. Es kam zu einem Bündnis mit der Verpflichtung, mit dem neuen König nur nach vorheriger Zustimmung des Herzogs Verbindung aufzunehmen. Diesem Bunde gehörten auch Herzog Dietrich und der Graf von Hennegau an [533 Gesta Epp. Camerac. III, 50. Bresslau, Jbbb I, 31ff.].
    Die lothringischen Bischöfe hatten sich schon im September 1024 dem König unterworfen. Ihrerseits knüpfte die lothringische Opposition Verbindung zu dem Aufstand Herzog Ernsts von Schwaben gegen den König [538 Wipo cap. 10. Parisot, Origines 422 hat diese Stelle übersehen.], wobei anscheinend auch eine Verstimmung zwischen dem König und Konrad dem Jüngeren eine Rolle spielte. Die äußerliche Gefährlichkeit dieser Verbindungen erwies sich indes in Wirklichkeit als nicht so groß. Vor allem zerbröckelte die Opposition in Italien. Von französischer Seite kam es allerdings zu einer militärischen Aktion, König Robert erschien Mitte 1025 vor Metz, dessen Bischof ja zu König KONRAD hielt, gab aber das Unternehmen auf, sobald dieser mit Truppen ankam [539 Die betreffenden Quellen veröffentlicht bei Daville, Ann. de l'est 14, 75f. Dazu Parisot, Origines 423.]. Danach hat man in Lothringen den weiteren Widerstand für unnütz gehalten. Es wird uns von einer Versammlung der lothringischen Großen im November 1025 in Aachen berichtet, einberufen durch den lothringischen Pfalzgrafen Ezzo [540 Fund. Monast. Brunsw. cap. 10. Diese Quelle ist allerdings wenig zuverlässig.]. Sollte dies stimmen, dann wäre es möglich, daß sich Ezzo hier um die Beilegung des Konflikets bemüht hat. Zu Weihnachten 1025 erschienen dann in Aachen, wohin KONRAD II. gekommen war, die Herzöge Gozelo und Dietrich, erkannten den König an und huldigten ihm [541
    Gesta Epp. Camerac. III, 50. Bresslau, Jbb I, 111f., hier auch die Zurückweisung der Annahme von Giesebrecht, Kaiserzeit II, 237, Gozelo sei durch Versprechen der Nachfolge in Ober-Lothringen gewonnen worden.].
    Was nun den Quellenbericht Laurentius von Lüttich betrifft, der äußerlich den stärksten Beweis für die These Friedrichs III. darstellt, bietet er eine völlig verwirrte Vorstellung über die Ereignisse. Da heißt es also, Herzog Gottfried, der Sohn Gozelos, habe gegen Kaiser HEINRICH II. revoltiert, in Wirklichkeit geschah das im Jahre 1044 unter HEINRICH III. und kann in gar keiner Weise mit den zwanziger Jahren in Verbindung gebarcht werden. Des weiteren wird gesagt, Gottfried habe mit seinem Vater Gozelo gemeinsam das Herzogtum Ober-Lothringen innegehabt, das die beiden nach dem Tode des Herzogs Dietrich von Bar erhalten hätten. Nach dem Tode Herzog Dietrichs können weder Gozilo noch Gottfried das Herzogtum Ober-Lothringen erhalten haben, denn urkundlich ist in jedem Falle nach Dietrich noch ein Herzog Friedrich gesichert. Schließlich im Jahre 1033 nur Gozelo das Herzogtum erhalten [549 Sigebert, Chron. 1034.].
    Der Kaiser gab 1033 das Herzogtum Ober-Lothringen an Herzog Gozelo von Nieder-Lothringen [567 Sigebert, Chron. 1034.], der übrigens als weit entfernt Verwandter einen Anspruch hätte erheben können. Man kann nicht erkennen, ob diese Faktor bei der Regelung der Nachfolge berücksichtigt wurde, es kam dem Kaiser wohl darauf an, angesichts der weiter bestehenden Bedrohung Lothringens durch den Grafen Odo von der Champagne hier die Möglichkeiten für einen wirksamen Widerstand zu schaffen, und das schien doch durch die Vereinigung von Ober- und Nieder-Lothringen gegeben. Außerdem benötigte KONRAD wegen seiner eigenen Nachfolge im Königreich Burgund, in der ihm Odo als Gegner gegenüberstand, eine Zusammenfassung möglichst vieler Kräfte, um zu seinen Gunsten in diesem Sinne zu wirken. Dem diente auch ein mit dem französischen König im Mai 1033 abgeschlossenen Bündnis. Bei den Verhandlungen war auch Herzog Gozelo zugegen.
    Damit setzte ein kurzes Zwischenspiel der Wiedervereinigung ganz Lothringens ein [569 Vgl. zum Beispiel die Foermulierung: ducatum Lotharingensis regni duce Gozilone tenente, Mittelrheinische Urkundenbücher I, Nr. 306.]. Zunächst stand für das Land die burgundische Frage im Vordergrund. Nachdem der Kaiser im Winter 1032/33 zum burgundischen König gekrönt worden war, begann Graf Odo im Frühjahr 1033 mit einer Gegenaktion in Lothringen. Sie richtete sich in der Hauptsache gegen das Bistum Toul, dessen Gebiet ausgiebig geplündert wurde. Darauf folgte im August eine Gegenaktion des Kaisers. Da auch der französische König gegen Odo vorging, hat sich dieser unterworfen. Allerdings war das nicht ehrlich gemeint, denn er begann bald wieder mit Plünderungen im lothringischen Gebiet [570 Chron. S. Michaelis in Pago Vird. cap. 28-30. Landberger, Odo 53f.; Bresslau, Jbb II, 103.]. Im Juni 1034 erfolgte dann noch eine Aktion des Kaisers gegen burgundisches Gebiet, soweit es sich noch im Besitz Odos befand, unterstützt von Süden her durch ein italienisches Heer. Odo zog es angesichts der Übermacht vor, Burgund zu verlassen.
    Er hielt dann im Jahre 1037 nochmals die Gelegenheit für seine Ansprüche günstig, als der Kaiser mit dem Erzbischof von Mailand in einen schweren Konflikt geriet. Odo zog zunächst wiederum in einem Plünderungszug gegen das Bistum Toul. Etwa gleichzeitig wandte sich Erzbischof Aribert von Mailand an ihn, um mit ihm ein Bündnis gegen den Kaiser zu schließen. Von italienischer Seite wurden Odo die lombardische Königskrone und die Kaiserkrone angeboten [571 Landsberger, Odo 55 f.; Bresslau, Jbb II, 256 ff.]. Er ging auch auf dieses Angebot ein. Seinen Angriff im Herbst 1037 richtete er jedoch wiederum gegen Lothringen [572 Bresslau, Jbb II, 267ff.], und zwar gegen die lothringische Grenzfestung Bar [573 Rudolfus Glaber, Hist. III, 9; Anna. Hildesh. 1037. Bressalu, Jbb II, 268.]. Gegen ihn zogen Herzog Gozelo von Lothringen, sein Sohn Gottfried, Graf von Verdun, Graf Gerhard von Elsaß und Graf Albert von Namur mit Unterstützung der Bischöfe von Lüttich und Metz aus [574 Bresslau, Jbb II, 269 ff.]. Bei Bar kam es am 15. November 1037 zur Schlacht, in der Odo besiegt wurde. Auf der Flucht ist er umgekommen [575 Hermann von Rreichenau 1037; Annal. Altah. 1038; Ann. Hildesh. 1037; Sigebert, Chron.1036,1037.].
    Man hat angenommen, daß Gozelo zur damaligen Zeit Lothringen wieder geteilt habe und seinen Sohn Gottfried als eine Art Unter-Herzog über Ober-Lothringen gesetzt habe [576 Jaerschkerski, Godfried 13; Steindorff, Ernst, Jahrbücher des deutschen Reichs unter Heinrich III., 2. unveränderte Auflage Darmstadt 1963 (1. Auflage 1874), Band I, 53. Die Annahme stützt sich auf die Eintragung: Godefrido duce im Testamant des Propstes Adalbero von St. Paulin in Trier vom 12. November 1036. Bresslau, Jbb II, 53 Anm. 1 betrachtet dieses Testament als Fälschung. Neuerdings ebenso Heyen, Franz Joseph, Adalbero von Luxemburg, Propst von St. Paulin/Trier vor 993 bis nach 1037, Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 21 (1969), Seite 15ff. Vgl. auch Dupreel, Eugene, Histoire critique de Godefroid le Barbu, duc de Lotharingie, Marquis sde Toscane, Uccle 1904, Seite 10 f. Zur Person Gottfrieds Glaesener, Henri, les demeles de Godefroid le Barbu avec Henri III et l'eveque Wazon, Rev. d'Hist. Eccles. 40 (1944/45), Seite 141 ff.]. Von einer solchen ausdrücklichen Teilung kann man jedoch nicht sprechen, die einzige Quelle, aus der man allenfalls so etwas schließen könnte, die Annalen von Altaich, drücken sich sehr unbestimmt aus: Gozelo habe zwei Herzogtümer besessen, von denen eines noch zu seinen Lebzeiten seinem Sohn Gottfried übertragen worden sei, während er das andere bis zu seinem Lebesnende behalten habe. Für eine wirkliche Teilung wäre Gozelo auch nicht zuständig gewesen.
    So finden wir denn auch noch für das Jahr 1038 seine Unterschrift unter einer für Trier, also das oberlothringischen Gebet bestimmten Urkunde. Als sicher ergibt sich erst eine spätere Mitbelehnung Gottfrieds mit dem Herzogtum Lothringen, lediglich weiß man nicht, ob das durch KONRAD II. oder HEINRICH III. geschehen ist. Einen festen Anhaltspunkt bieten uns zwei Urkunden aus den Jahren 1040 und 1041 für niederlothringisches Gebiet, in denen als Intervenienten die Herzöge Gozelo und Gottfried genannt sind, somit also zweifelsfrei Gottfried als seinem Vater assoziierter Herzog zu erkennen ist [579 ducum autem Gothelonis et Godefridi. MG DD H III, Nr. 52 vom 5. Juni 1040. amborum ducum Gozelonis filiique sui Gotefridi. MG DD H III, Nr. 74 vom 15. Februar 1041. Ähnlich MG DD H III, Nr. 80 vom 3. Juni 1041. Jaerschkerski, Godfried 13; Bresslau, Jbb II, 269 Anm. 1. Die Mitbelehnung kann natürlich von KONRAD II. als Belohnung für reichstreues Verhalten Gozelos und seines Sohnes nach seiner Rückkehr aus Italien 1038 durchgeführt worden sein. Dupreel, Godefroid 13 ff. möchte die Einweisung Gottfrieds lieber HEINRICH III. zuweisen. Wir werden später sehen, daß eher vielleicht KONRAD II. in Frage kommt.]. Danach muß seine Stellung als die eines Mit-Herzogs im Sinne einer Sicherung der Nachfolge im gesamten Herzogtum Lothringen verstanden werden [580 Dieser Schluß ergibt sich auch durch den Sprachgebrauch in der Chron. Hermanns von Reichenau, der bei der Meldung vom Tode Gozelos im Jahre 1044 ihn dux Lotharingorum nennt, während er dessen Vater zum Jahre 1017 als dux partis Lotharingorum bezeichnet und den gleichen Ausdruck zum Jahre 1011 für Herzog Dietrich von Ober-Lothringen anwendet.].
    Lothringen ist also ungeteilt geblieben. In diesen Zustand der Regelung eines Mit-Herzogs ist zu einem uns unbekannten Zeitpunkt eine Änderung eingetreten, die wir erst aus den Berichten über den Tod Gozelos im April 1044 erkennen können. Irgendwie hatte HEINRICH III. seine Meinung über Gottfried geändert und begünstigte jetzt dessen Bruder Gozelo, obwohl dieser zur Übernahme eines Amtes kaum befähigt war. Ungewiß ist nur, in welchem Maße dieser Gozelo II. bevorzugt wurde, nämlich ob er das ganze Herzogtum Lothringen erhielt [581 Gozzilo dux Lotharingorum moriens Gozzilini filio, quamvis ignavo, ducatum suum a rege Heinrico promissum relinquere disposuit. Hermann von Reichenau Chron. 1044. Da Hermann sonst von pars Lotharingorum spricht (vgl. Anm. 580) muß man annehmen, daß es hier um das gesamte Herzogtum Lothringen ging. Darauf deuten auch seine weiteren Worte: Sed alter filius Gotefridus, lam dudum dux, cum ducatum fratri debitum contra fas a rege sibi obtinere nequelvisset, iusiurandum fidemque postponens rebellare pio regi praesumit. Da nur von einem einzigen Herzogtum die Rede ist, kann damit nur das Herzogtum Lothringen gemeint sein, in dem Gottfried als Mit-Herzog seines Vaterrs bereits Herzog gewesen war.] oder lediglich einen Teil, in dem man Nieder-Lothringen erblicken wollte [582 quem alteri filio Gozziloni, defuncto patre, rex dare voluit. Anna. Altah. 1044.]. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß HEINRICH III. ganz Lothringen an Gozelo II. übertragen wollte [583 In den Ann. Leod. 1044 findet sich die Bemerkung: Gotzelo dux obiit, Godifridus filuis eius, privatus paterno iure, rebellet. Gozelo II. ist dabei nicht erwähnt. Ganz in ähnlichem Sinne schreibt Lampert von Hersfeld, Anm. 1044: Gozelo dux Lutheringorum obiit, cuius filius Gotefrdus, nobilissimae indolis iuvenis atque in re militari admodum exercitatus, quia ducatum patris non potuit obtinere, arma contra rem publicam corripuit. Allerdings verbindet er damit sofort die Ernennung Adalberts, was in dieser Form nicht stimmt.], was noch durch die nachfolgenden Ereignisse erhärtet wird.



    Werner, Matthias: Band I Seite 387,398,418-420,436-438,446-448,461, "Der Herzog von Lothringen in salischer Zeit" in Die Salier und das Reich

    Wenig erfahren wir über die Stellung der Grafen. Graf Reginar V. von Hennegau und Graf Albert II. von Namur, die 1018 beziehunsweise 1037 als einzige niederlothringischen Grafen im Heer Gottfrieds I. beziehungsweise Gozelos I. genannt werden, standen durch Heiratsbeziehungen mit den Herzögen in verwandtschaftlicher Verbindung [127 Vgl. dazu unten Seite 447 mit Anm. 435 und 439.]. Eine vasallitische Bindung der Grafen an den Herzog , die, wie in Schwaben, die Heerfolge begründet hätte, ist in Lothringen nicht bezeugt [128 Vgl. Maurer, Herzog (wie Anm. 18), Seite 147ff.; die einzige, allerdings nicht vergleichbare Ausnahme ist die 1071-1076 währende Lehnsbindung des Grafen von Hennegau als Aftervasall des Bischofs von Lüttich an Herzog Gottfried den Buckligen, vgl. dazu unten Seite 426 ff.]. Auch gibt es keinen Hinweis darauf, daß die Großen seines Landes über die genannten Situationen hinaus zur Heerfolge zwingen konnte - hierzu reichte seine bloße Stellung als Herzog nicht aus.
    Hatte HEINRICH II. entgegen seiner Politik der Schwächung und Unterordnung der Herzogsgewalten 1012 das Herzogtum in Nieder-Lothringen erst auf Drängen der Bischöfe von Cambrai und Lüttich in einer Phase äußerer und innerer Gefährdung dieses Raums wieder eingerichtet, so gelang es der neuen Herzogsfamilie der Grafen von Verdun, bereits in der ersten Generation und noch unter HEINRICH II. 1023 die Erblichkeit des Amtes zu erreichen - Gozelo I. (1023-1044) folgte seinem söhnelosen Bruder Gottfried I. nach. Ein Jahrzehnt später, 1033, in einer für Lothringen äußerst gefärlichen Situation, konnte Gozelo das oberlothringische Herzogtum hinzuerwerben [185 Nach dem erbenlosen Tod Friedrichs von Ober-Lothringen und damit dem Aussterben des oberlothringischen Herzogshauses in männlicher Linie und bei der anhaltenden Bedrohung Ober-Lothringens durch Graf Odo von der Champagne versprach die Vereinigung beider Herzogtümer unter Gozelo I. den besten Schutz, vgl. Mohr, Lothringen 1 (wie Anm. 13), Seite 80f., und Boshof, Ottonen- und frühe Salierzeit (wie Anm. 1), Seite 42. Die Erklärung Sigeberts von Genmbloux ad a. 1034, MGH SS 6, Seite 357: quia mares filios non habebat (sc. Herzog Friedrich) quibus ducatus competeret, zeigt das Vorherrschen erbrechtlicher Vorstellungen.]. Die Herzogsfamilie, durch ihre Stammgüter in den südlichen Ardennen und an der oberen Maas und ihre Machtpositionen im Nordwesten Nieder-Lothringens wie kaum eine andere Adelsfamilie dieses Raumes zur Beherrschung beider Lothringen prädestiniert und durch den Sieg in der Schlacht von Bar 1037 in höchstem Ansehen stehend [186 Zu den Stammgütern der Familie als günstiger Ausgangsposition zum Ausgriff auf die beiden Lothringen vgl. unten Seite 463 mit Anm. 512; zur Rühmung Gozelos und seines Sohnes Gottfrieds des Bärtigen nach dem Sieg von Bar vgl. oben Seite 378 mit Anm. 72.], erlangte mit dem Doppelherzogtum eine Machtstellung, deren überragendes Gewicht noch Jahrzehnte später in den Worten Sigeberts von Gembloux anklingt: Gothelo dux impetrato ab imperatore etiam Mosellanorum ducatu in Lotharingia potentius principatur [187 Sigeberti Gembl. Chronica ad a. 1034, MGH SS 6, Seite 357.].
    Die Vereinigung beider Herzogtümer in einer Hand verlieh dem Spannungsverhältnis zwischen Erbrecht und Amtscharakter eine neue Dimension: Gozelo I. beabsichtigte offenbar, die beiden Dukate auf Dauer in Personalunion zu verbinden und sie auf dem Erbwege seinem Sohn Gottfried dem Bärtigen zu übertragen. Spätestens seit 1040 teilte er aber die Herzogsherrschaft mit Gottfried [188 Am deutlichsten hierzu die Annales Altahenses ad a. 1044 (wie Anm. 104), Seite 34: Duos enim ducatus totidemque filios habuerat (sc. Gozelo I.), quorum alteri Godefrido ducatum unum, dum viveret ipse, tradi permiserat, alterum usque ad finem vitae sibi retinuit, quem alteri filio Gozziloni, defuncto patre rex dare voluit. Wie Boshof, Lothringen (wie Anm. 13), Seite 67 ff. mit Anm. 16, zeigen konnte, setzen sichere Belege für Gottfrieds Herzogsstellung erst 1040 ein, wenngleich Gottfried bereits seit 1026 in verantwortlicher Position neben seinem Vater begegnet. Bei dem genannten Dukat Gottfrieds handelte es sich zwar um Ober-Lothringen, faktisch aber umfaßte Gottfrieds Kompetenzbereich vor 1044 ganz Lothringen, so daß er eher die Stellung eines Mit-Herzogs neben seinem Vater einahm, vgl. Boshof, ebd., Seite 68, und Mohr, Lothringen 1 (wie Anm. 13), Seite 81ff.], der von HEINRICH III. noch zu Lebzeiten seines Vaters als Inhaber des oberlothringischen Dukats anerkannt wurde [189 Vgl. MGH DD H III. 52 (1040 VI 5), 74 (1041 II 15) und 80 (1041 VI 3), in denen Gozelo I. und Gottfried jeweils nebeneinander als duces bezeichnet werden; zu Gottfrieds rechtlicher Stellung als Herzog von Ober-Lothringen und seiner faktischen Position als Mit-Herzog in Gesamt-Lothringen vgl. die vorige Anmerkung.]. Die Quellen lassen nicht mit letzter Klarheit erkennen, welche Vereinbarungen mit HEINRICH III. vorausgegangen waren und möglicherweise vor Gozelos Tod 1044 noch folgten. Die größte Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß im Zusammenhang mit der Huldigung Gozelos im Juli 1039 ein Kompromiß in der Weise erzielt wurde, daß HEINRICH III. Gozelo die Erblichkeit beider Lothringen zusagte, dieser aber darauf verzichten mußte, das Doppelherzogtum ungeteilt an Gottfried zu vererben [190 Die zweite zentrale Quelle neben dem Anm. 188 zitierten Bericht der Annales Altahenses ist die Chronik Hermanns von Reichenau ad. a.1044, MGHSS 5, Seite 124: Gozzilo dux Lothringorum moriens, Gozziloni filio, quamvis ignavo, ducatum suum a rege Heinrico promissum relinquere disposuit. Sed alter filius eius Gotefridus, iam dudum dux, cum ducatum fratri debitum contra fas a rege sibi obtinere nequivisset, iusiurandum postponens, rebellare pio regi praesumit. Boshof, Lothringen (wie Anm. 13), Seite 65f, stellt überzeugend heraus, daß beide Quellen sehr stark den aktiven Anteil HEINRICHS III. betonen und interpretiert den ersten Satz Hermanns in der Weise, "daß Gozelo eine vom König gewollte Lösung kurz vor seinem Tode akzeptierte". Vielleicht läßt sich diese Argumentation weiter durch den Hinweis darauf abstützen, daß die Annales Altahenses mit den Worten Godefrido ducatum unum, dum viveret ipse, tradi permiserat (sc. Gozelo I.), alterum ... sibi retinuit, eher ein Zugeständnis Gozelos I. als HEINRICHS III. signalisieren. Nimmt man hinzu, daß es HEINRICH III. war, der nach dem Bericht Hermanns Gozelo II. ausdrücklich den zweiten Dukat seines Vatesr versprochen hatte und sich dementsrechend nach dem Bericht der Ann. Altahenses für dessen Übertragung an Gozelo einsetzte (rex dare voluit), dann spricht viles dafür, daß "Gozelo I. ... selbst nicht an die Teilung des Herzogtums gedacht hat", Boshof, ebd., Seite 66, HEINRICH III. diese aber umso entschiedener betrieb und durchsetzen konnte. Hierbei handelet es sich nach dem Verständnis der Zeitgenossen, wie die zitierten Texte zeigen, nicht um die Erbteilung eines Herzogtums, sondern je eines der beiden Herzogtümer sollte auf dem Erbwege an die beiden erbberechtigten Söhne Gozelos gelangen. Als Zeitpunkt für diesen Kompromiß liegt die Huldigung Gozelos I. im Juli 1039 bei der Inthronisation HEINRICHS III. in Aachen nahe, die nach den Gesta epp. Cam. III, 5, MGH SS 7, Seite 487, der dux Gothilo ... aliquantulum denegare disposuerat, und die für HEINRICHS Herrschaftsantritt in Lothringen von entscheidender Bedeutung war; vgl. R. Schmidt, Königsumritt und Huldigung in ottonisch-salischer Zeit, in: Vorträge und Forschungen 6, Konstanz/Stuttgart 1961 Seite 218ff., der in diesem Zusammenhang ebenso wie die Erblichkeit beider lothringischer Herzogtümer bzw. die Herzogserhebung Gottfrieds für wahrscheinlich hält. Kombiniert man die obigen Quellenzeugnisse mit Gottfrieds erstem Herzogsbeleg im Juni 1040, so spricht viel dafür, daß Gozelo I. auf die ersonalunion beider Herzogtümer bereits 1039 verzichtete und hierfür die Erblichkeit der beiden Dukate zugesagt erhielt. Daß diese Regelung den Absichten Gozelos I. zuwiderlief, spiegelt sich unter anderem in der Bemerkung der Annales Leodienses ad a. 1040, MGH SS 4, Seite 19: Godefridus ... privatus paterno iure rebellat wider, vgl. dazu Boshof, ebd. Seite 69f.]. Obgleich HEINRICH III. damit diejenige Regelung erreichte, die dem Königtum die größeren Einflußmöglichkeiten beließ, mußte er doch eine massive Stärkung des erbrechtlichen Prinzips zugestehen [191 So auch Boshof, Lothringen (wie Anm. 13), Seite 66.].
    Von Gottfrieds I. Brüdern war Hermann (nach 997-1025/29) dem Vater als Erbe in der spätestens 991 eingerichteten Grenzgrafschaft Eename gefolgt, während Gozelo - entgegen den jüngst erhobenen Bedenken - um oder vor 1008 mit der neugeschaffenen Grafschaft beziehungsweise Mark Antwerpen belehnt wurde, die weite Teile des alten Toxandrien umfaßte [291 Die spätestens seit Franz-Reinhold, Marken (wie Anm. 83), Seite 252, vorherrschende Auffassung, die Mark Antwerpen sei um oder kurz nach 1000 von OTTO III. oder HEINRICH II. eingerichtet und dem späteren Herzog Gozelo I. übertragen worden, so zuletzt Nonn, Pagus (wie ANm. 15), Seite 218, und Linssen, Lotharingien (wie Anm. 13), Seite 30f., wurde sowohl was den Zeitpunkt der Markengründung wie den Inhaber anbetrifft, von Boshof, Lothringen (wie Anm. 13), Seite 79ff., und ihm folgend Grosse, Utrecht (wie Anm. 17), Seite 158, in Frage gestellt. Die Bedenken stützen sich vor allem darauf, daß Antwerpen erst bei der Übertragung an Gottfried von Bouillon 1076 unzweifelhaft als Mark und in der Familie von Verdun bezeugt ist. Die von der bisherigen Forschung fast durchweg auf Gozelo I. bezogene und als Kernbeleg gewertete Angabe in MGH SS H II. 186 von 1008 September 12): in comitatu vero Gotizonis qui Antwerf dicitur, ist nach Boshof, ebd.; Seite 890, für eine Markgrafenstellung Gozelos auszuschneiden, da "mit Gotizo ... nicht Gozelo, sondern allenfalls - wenn wir den Namen Gotizo als Kurzform des Namens Gottfried verstehen - Gottfried, der ...Bruder Gozelos I., seit etwa 1012 Herzog von Nieder-Lothringen, gemeint sein" kann. Dieses namenkundliche Argument entfällt jedoch, da Gozelos I. Enkelin Ida von Boulogne in einer Original-Urkunde von 1096 unzweideutig von Gozelo I. als aui mei archionis Godezonis spricht, Gysselling/Koch, Diplomata Belgica I (wie Anm. 270), Nr. 225; Seite 376. Da Herzog Gozelo I. 1012/23 in dem benachbarten Teisterbant als marchio Gozelo neben seinem Bruder Herzog Gottfried bezeugt ist, vgl. Anm. 169, steht eine Personenidentität mit dem Inhaber der Grafschaft Antwerpen außer Frage. Mit Boshof, ebd., Seite 80, Anm. 73, ist allerdings zu fragen, ob hier der Titel marchio in verfassungsrechtlich präziser Bedeutung verwandt wurde. An der Tatsache, daß der nach dem Andouerpis castro, Gysseling/Koch, ebd., Nr. 138, Seite 242 (980), benannte comitatus .. qui Antwerf dicitur bzw. comitatus Anduuerpensis, ebd. Nr. 140 Seite 249 (1019/30), eine offenbar neue, auf Kosten der älteren Grafschaft in Brabant und Toxandrien gegründete Grenzgrafschaft mit besonderen militärischen Funktionen war, ist jedoch kaum zu zweifeln.]. Zusammen mit dem Machtzentrum um um Verdun und Bouillon verhalf diese Konzentration von Grafschaften im Westen und Norden der landfremden Herzogsfamilie zweifellos zu einem Übergewicht gegenüber den einheimischen Kräften und machte sie zum bedeutenden weltlichen Machtfaktor im Gebiet zwischen Schelde und Maas - Bezeichnungen wie dux de Enham beziehungsweise dux Godefridus dictus Eihamensis (für Gottfried den Gefangenen) und sedes principalis ducatus regni Lotharici (für Eename) spiegeln als spätere Reminiszenz die Bedeutung der Grafschaften im Nordwesten für die Herzogsgewalt zutreffend wider.
    Statt den Herzögen den weiteren Ausbau dieser gräflichen Machtpositionen zu ermöglichen, schränkten HEINRICH II. und KONRAD II. die Grafschaftsrechte des Herzogs bereits mit dem ersten Herzogswechsel 1023 empfindlich ein: Wohl konnte Gottfrieds Nachfolger und Bruder Gozelo I. die Mark Antwerpen auch nach seiner Herzogserhebung behalten [293 Auch hier ist einzuräumen, daß es nach dem Anm. 169 zitierten Zeugnis von 1012/23 keinen weiteren direkten Beleg mehr für Gozelo als Inhaber der Grafschaft bzw. Markgrafschaft nach 1023 weiter innehatte, ist aber aus deren weiterer Geschichte deutlich zu erschließen, vgl. Anm. 299.], es gelang ihm aber nur mit Mühe und nur teilweise, die Grafschaften seines Bruders zu übernehmen. Die Grafschaft Teiserbant ging 1026 durch Schenkung KONRADS II. definitiv an das Bistum Utrecht über, und die Grafschaft Drenthe, die HEINRICH II. 1024 - wenige Monate nach Gottfrieds Tod - an Utrecht übertragen hatte, vermochte Gozelo nur unter größten Schwierigkeiten und sehr wahrscheinlich als eine der Bedingungen seines Ausgleichs mit KONRAD II. 1025 für sich gewinnen - ein deutlicher Hinweis darauf, wie sehr dem Herzog an der Wahrung der Grafschafstrechte im Norden des Herzogtums lag [296 Zu Gozelo I. als Inhaber der Grafschaft Drenthe vgl. unten Anm. 298. Wenige Monate, nachdem sich ihm der Utrechter Bischof Ende Februar 1025 angeschlossen hatte, vgl. J.F. Böhmer/H.Appelt, Regesta Imperii, 1,1: Die Regesten des Kaiserreiches unter Konrad II. 1024-1039, Graz 1951, Nr. 20b, wiederholte KONRAD II. im Juli 1025 die Schenkung der Grafschaft Drenthe durch HEINRICH II. an Utrecht vom Januar 1024, MGH D K II. 43. Die Tatsache, daß der Utrechter Bischof auf der Bestätigung dieser Schenkung bestand und die Grafschaft dennoch an Herzog Gozelo überging, zeigt, wie umstritten die Grafschaft, in die der Utrechter Bischof bereits einen eigenen Grafen eingesetzt hatte, vgl. MGH D K II. 44, in den Jahren 1024/25 zwischen dem Bischof und dem Herzog war - ein Sachverhalt, der am ehesten auf Erbansprüche schließen läßt, die von Gottfried I. als Inhaber der Grafschaft herrührten und gegen die sich der Utrechter Bischof abzusichern versuchte. Gozelo I. unterwarf sich an Weihnachten KONRAD II. und erkannte ihn an, Böhmer/Appelt, ebd., Nr. 48a. Es ist sehr wahrscheinlich, daß er bei dieser Gelegenheit die Grafschaft Drenthe verliehen erhielt; so bereits Vanderkindere, La formation 2 (wie Anm. 287), Seite 313.]. Dies umso mehr, als in eben diesen Jahren die Grenzgrafschaft Eaname durch den Eintritt Graf Hermanns in das Kloster St. Vanne in Verdun 1025 an seinen Schwiegersohn Graf Reginar V. von Hennegau überging und damit den unmittelbaren Einfluß der Herzogsfamilie entglitt [298 MGH D H III. 152: comitatum qui post obitum Gozlini ducis nostre diocioni in Thrente visus est subiacere (1046 Mai 22). Die Übertragung erfolgte im Zusammenhang der Neuregelung der lothringischen Verhältnisse, bei der HEINRICH III. Friedrich von Luxemburg als Herzog von Nieder-Lothringen einsetzte und dem kurz zuvor mit ihm versöhnten Gottfried dem Bärtigen das Herzogtum Ober-Lothringen restituierte, und war zweifellos ein Teil dieser Neuregelung. Gegenüber der älteren Forschung, die diese Nachricht auf Herzog Gozelo II. von Nieder-Lothringen bezogen hatte, so zuletzt W. Ehbrecht, Landesherrschaft und Klosterwesen im ostfriesischen Fivelgo (970-1290) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission Westfalens, Reihe 22, Heft 13), Münster 1973, Seite 41, macht Boshof, Lothringen (wie Anm. 13), Seite 85ff., in Anschluß an Mohr, Lothringen 1 (wie Anm 13), Seite 84f, wahrscheinlich, daß mit Gozlinus der am 19.4.1044 gestorbene Gozelo I. gemeint sein muß. Zeitpunkt und Anlaß der Übertragung an Utrecht legen die Verutung nahe, daß die Söhen Gozelos I. bis dahin Erbansprüche auf die Grafschaft Drenthe erhoben. Mit aller Deutlichkeit geht aus dem Wortlaut der Urkunde und den 1046 getroffenen Regelungen hervor, daß HEINRICH III. ein Erbrecht nicht anerkannte und keinerlei rechtliche Verbindung zwischen der Grafschaft und dem niederlothringischen Herzogsamt sah.].
    Die in Kamba zur Wahl erschienen Ober-Lothringer verließen unter Herzog Friedrich den Wahlort in Opposition. Herzog Gozelo von Nieder-Lothringen, der der Wahl ferngeblieben war [379 So überzeugend Bresslau, Jahrbücher 1 (wie Anm 99), Seite 20, Anm. 3.] und, mit Ausnahme des Kölner Erzbischofs und des Pfalzgrafen Ezzo, eine Teilnahme der Großen seines Dukats an den Vorgängen in Kamba hatte verhindern können [380 Zur Rolle Erzbischof Pilgrims von Köln bei den Ereignissen von 1024 vgl. E. Boshoff, Köln, Mainz, Trier - Die Auseinandersetzung um die Spitzenstellung im deutschen Episkopat in ottonisch-salischer Zeit, in: Jahrbücher des Kölnischen Geschichtsvereins 49, 1978, Seite 36f.; zur Teilnahme Ezzos vgl. Bresslau, Jahrbücher 1 (wie Anm. 99), Seite 20, Anm. 3.], verpflichtet nach der Wahl KONRADS II. - eines alten Gegners seiner Familie [381 Konrad hatte in den Auseinandersetzungen mit Herzog Gottfried von Nieder-Lothringen 1017 entschieden auf der Seite Graf Gerhards vom Elsaß, eines Oheims mütterlicherseits, gestanden; vgl. Böhmer/Appelt, Reg. Imp. III, 1, 1 (wie Anm. 296), f (Seite 7), sowie Boshof, Ottonen- und frühe Salierzeit (wie Anm. 1), Seite 40ff.] - die Bischöfe seines Sprengels sowie den Bischof von Verdun und den Grafen von Hennegau eidlich, dem neuen König nur mit seiner Zustuimmung zu huldigen [382 Gesta epp. Cam. III, 50, MGH SS 7, Seite 485: Quorum (sc. die Wähler KONRADS II.) ordinationi dux Gothilo, princeps videlicet Lothariensium, contraire voluit; episcoposque Coloniae, Noviomagi, Virduni, Traiecti, Leodii allocutus, sacramentum a singulis accepit, nonnisi eius consensu manus se ei (sc. KONRAD II.) daturos neque ad eum ituros. Hoc idem dux Theodericus comesque Haynocensium Reginerius cum sibi conplibus sacromento firmaverunt. Ficker/Puntschart, Reichsfürstenstand II, 3 (wie Anm. 19), Seite 28, die unter anderem unter Bezug auf diese Vorgänge betonen: "Die Herzoge erscheinen als Vertreter des Landes insbesondere auch da, wo es sich um Wahl und Anerkennung des Königs handelt" vermuten ebd., Seite 185, daß dem Auftreten der lothringischen Großen gegen die Wahl KONRADS II. Fürstentage vorausgegangen seien. Nach der vorherrschenden, wahrscheinlicheren Deutung der oben zitierten Passage ist aber weniger mit Zusammenkünften der Großen zu rechnen, vielmehr suchte Gozelo die Bischöfe einzeln an ihren Bischofssitzen auf, um sie auf seine Seite zu bringen, vgl. etwa Oediger, Regesten (wie Anm. 287), Nr. 713 - ein Befund, der voll den vorangegangenen Beobachtungen über die geringe Bedeutung von Fürstentagen unter herzoglicher Leitung in Lothringen entspricht. Allenfalls in Nijmwegen ist ein eigenes Treffen anzunehmen.]
    Allerdings hielt sich der Kölner Erzbischof nur wenige Tage an diese Zusage [383 Nachdem Erzbischof Pilgrim von Köln am 6. oder 7. September 1024 zusamen mit Herzog Friedrich von Ober-Lothringen den Wahlort Kamba verlassen hatte, empfing er das königliche Paar bereits am 21. September in Köln, wo er die Königin Gisela krönte, vgl. Oedinger; Regesten (wie Anm. 287), Nr. 713714, und Boshof, Köln (wie Anm. 380), Seite 36f. Nur zu vermerken, nicht aber weiter zu diskutieren ist an dieser Stelle die Tatsache, daß die in den Gesta epp. Cam. (wie vorige Anm.) mitgeteilten Verhandlungen Gozelos mit Köln, Nijmwegen, Verdun, Utrecht und Lüttich unmöglich alle zwischen dem 6. und 21. September stattgefunden haben können, ja daß selbst für Verghandlungen allein mit dem Kölner Erzbischof vor dem 21. September der Zeitraum denkbar knapp war.] und folgte ihm der Utrechter Bischof hierin einige Monate später [384 Vgl. oben Anm. 296.], während Gozelo I. und mit ihm der Bischof von Cambrai und Herzog Dietrich von Ober-Lothringen den neuen König erst Ende 1025 anerkannten [385 Böhmer/Appelt, Reg. Imp. III, 1, 1, (wie Anm. 296), Nr. 48a; vgl. hierzu Schmidt, Königsumritt (wie Anm. 191), Seite 169f., und oben Seite 420 mit Anm. 296.]. Folgt man den Beobachtungen von R. Schmidt, so kam es 1039 beim Regierungsantritt HEINRICHS III. zu einer noch deutlicheren Einflußnahme Gozelos: nachdem Gozelo zunächst mit der Huldigung gezögert hatte, nahm er sie sehr wahrscheinlich im Juli 1039 in Aachen anläßlich der Thronsetzung HEINRICHS III. vor; dem Huldigungsakt des Herzogs folgte wenig später die förmliche Anerkennung des Königs durch die übrigen lothringischen Großen in Maastricht [386 Schmidt, ebd. Seite 219f.; wiederum haben wir den Gesta epp. Cam. III, 55, MGH SS 7, Seite 487, die Nachricht zu verdanken, daß Gozelo nach dem Tode KONRADS II. dessen 1028 gewählten und geweihten Sohn HEINRICH III. die Huldigung aliquantulum denegare disposuerat; zu dem Ausgleich von 1039, bei dem Gozelo I. für seine Anerkennung HEINRICHS III. sehr wahrscheinlich die Erblichkeit der beiden lothringischen Dukate zugestanden erhielt, vgl. oben Seite 399 mit Anm. 188; zu Maastricht als Ort der Huldigung der Lothringer siehe Anm. 240.].
    Die Verpflichtung der Großen gegen den eben gewählten beziehungsweise die Regierung antretenden König durch Gozelo I. 1024 und 1039 bildet, was die Einflußnahme des Herzogs auf das politische Verhaltens einer comprovinciales anbetrifft, eine Ausnahme, die aber umso deutlicher erkennen läßt, wie stark das politische Gewicht damals war. Kaum zufällig fallen die Ereignisse von 1024 und 1039 in jene Phase des niederlothringen Herzogtums, in der der herzog seine militärischen und richterlichen Funktionen am nachdrücklichsten wahrnahm und über eine so breite Machtgrundlage verfügte, daß er in der Lage war, KONRAD II. fast eineinhalb Jahre die Anerkennung zu verweigern und auch gegenüber HEINRICH III. die Huldigung aliquantulum denegare und sie erst gegen große Zugeständnisse zu leisten.
    Um so bemerkenswerter ist es, daß es Gottfried I. und Gozelo I. gelang, nach und nach mit sämtlichen verfeindeten Familien Heiratsverbindungen anzuknüpfen, siedamit wenigstens zeitweise in ihre Herzogsherrschaft zu integrieren und das Haus VERDUN fester im niederlothringischen Adel zu verankern. Der erste Schritt in diese Richtung war 1016 die Heirat Graf Reginars V. vom Hennegau mit Mathilde, der Erbtochter Graf Hermanns von Eename, des Bruders Herzog Gottfrieds I. Diese Eheverbindung, um die mit Reginar ad integrandam amicitiam bat [433 Gesta epp. Cam. III, 10, MGH SS 7, Seite 469. Vorausgegangen waren nach der Schlacht von Florennes am 15.9.1015, in der Reginars V. Oheim Lambert I. von Löwen fiel, erneute Angriffe Reginars und seines Neffen Heinrichs I. von Löwen auf die fidelis imperatoris, das heißt vor allem auf den Herzog und dessen Familie, und die wohl im November 1015 von den Bischöfen von Cambrai, Utrecht und Verdun vermittelte Aussöhnung der REGINARE mit dem Kaiser, ebd. cap. 9. Wie stark das Interesse des Bischofs von Cambrai an dieser Eheverbindung war, zeigt, daß er sich über kirchenrechtliche Bedenken wegen zu naher Verwandtschaft hinwegsetzte; vgl. Schieffer, Gerhard I. (wie Anm. 144), Seite 341.], führte zwar zum Übergang der Mark Eename an den Hennegau [434 Vgl. dazu oben Seite 420 mit Anm. 297.], hatte aber vor allem zur Folge, daß Reginar, in den Kämpfen von 1013/15 einer der entscheidenden Gegner des Hauses VERDUN, seitdem sicher auf Seiten des Herzogs stand wie seine Teilnahme 1018 bei dem Kriegszug gegen Dietrich von Holland und seine eidliche Verpflichtung 1024 gegenüber Gozelo I. in der Frage der Königshuldigung zeigen. Gozelo I. setzte die Integration der ehemaligen Hauptgegner durch Einheirat in die Herzogsfamilie konsequent fort. Während sein ältester Sohn Gottfried der Bärtige die Angehörige einer vornehmen, aber unbekannten lothringischen Familie heiratete [436 Vgl. zu ihr unten Anm. 507.], wurden die Töchter mit Angehörigen der Grafenfamilien von Namur und Löwen vermählt. Vor allem die Ehe Regelindes mit Graf Albert II. von Namur (1031-1063/64) [437 Die Heirat dürfte am ehesten in den 30-er Jahren anzusetzen sein.] - sein Bruder Robert hatte 1013 zusammen mit Lambert von Löwen gegen Hermann von Eename gekämpft - führte zu einem enegn Zusammengehen des Grafen mit dem Herzog Gozelo [439 Mit Rosseau, Actes (wie Anm. 146), Seite LVIII, ist die Teilnahme Alberts II. an der Schlacht von Bar 1037 auf Seiten Gozelos I. und Gottfrieds des Bärtigen vornehmlich mit seinen Verwandtschafstbeziehungen zur Herzogsfamilie zu erklären.]; sie war es auch, die 1076 die Erbansprüche Alberts III., des Sohnes der Regelinde, gleichsam als eines Angehörigen des Hauses VERDUN auf die Hausgüter um Bouillon begründete [440 Vgl. dazu unten Seite 450.].
    Weniger erfolgreich war die Heirat der zweiten Tochter Gozelos, Uda, mit Graf Lambert II. von Löwen (1041-1062), dessen Vater Lambert I. 1025 gegen Herzog Gottfried I. gefallen war [441
    'Genealogia ducum Brabantiae heredum Francia' cap. 4, MGH SS 25, Seite 389, Zeile 19.; vgl. Parisse, Genealogie (wie Anm. 14), Seite 36, Nr.65. Auch diese Eheverbindung dürfte am ehesten in den 30-er Jahren des 11. Jahrhunderts anzusetzen sein. Lambert II. folgte seinem Bruder Heinrich I. (1015-1038) und dessen früh verstorbenen Sohn Otto, vgl. Vanderkindere, La formation 2 (wie Anm. 287), Seite 114ff.]. Weder kam es zu der erhofften Einbindung der Grafen von Löwen in die Herzogsherrschaft, noch zu einer dauerhaften Verbindung mit dem Herzogshaus [443 Anders als zu den Grafen von Namur sind so gut wie keine Nachrichten über Beziehungen der Grafen von Löwen zur herzoglichen Familie überliefert. Dies ist umso bemerkenswerter, als es wie bei den Grafen von Namur durch die Nachbarschaft in den Ardennen so auch zu den Grafen von Löwen durch die Nähe der Markgrafschaft Antwerpen durchaus Berührungspunkte gab. Daß Ida, die Tochter Gottfrieds des Bärtigen, mit Eustachius II. von Boulogne einen Neffen Lamberts II. von Löwen heiratete, ist schwerlich als Folge der unter Gozelo I. angeknüpften Eheverbindungebn anzusehen.], noch zu stärkerer Reichstreue der als gens ferox oder genu ... infidum geltenden Familie; allenfalls sie in Lothringen getadelte Heiratsverbindungen der Geschwister Lamberts II. nach Flandern und Boulogne wurden durch diese Ehe neutralisiert [445 Wenn in dem 1041 in Nivelles ausgefertigten D H III. 80, vgl. Anm. 444, die Familie von Löwen vornehmlich deshalb als gens ferox et dure cervicis gebrandmarkt wird, weil sie iungitur enim indomitis Francigenis, so bezeichnet sich dies zweifellos auf die Ehe von Lamberts II. Bruder Heinrich II. mit einer Tochter Graf Balduins V. von Flandern und auf die Heirat seiner Schwester Mathilde mit Graf Eustachius I. von Boulogne.].
    Bemerkenswert ist schließlich, daß in derselben Generation über Gozelo I. dritte Tochter Mathilde Ehebeziehungen auch zu den ezzonischen Pfalzgrafen angeknüpft wurden, deren weiter Einflußbereich zwischen Maas und Rhein von der Herzogsherrschaft kaum erfaßt wurde und denen gegenüber eher ein gleichberechtigtes Nebeneinander bestand. Wann und unter welchen Umständen die Heirat Mathilde mit Pfalzgraf Heinrich (1045-1060) zustandekam [447 Wir erfahren darüber durch die eher beiläufige Bemerkung Thiofrids von Echternach, der in seiner Vita s. Willibrordi cap. 33, MGH SS 23; Seite 145, Mathilde, die Gemahlin Pfalzgraf Heinrichs, als Gozelonis ducis filia bezeichent; zum Bezug auf Gozelo I. vgl. zuletzt Parisse, Genealogie (wie Anm. 14), Seite 35, Nr. 61. Nach Lewald, Ezzonen (wie Anm. 106), Seite 161ff., war Mathilde sehr wahrscheinlich in erster Ehe mit einem Sigebodo, vielleicht einem Bruder des Grafen Richwin (des Vaters Bischofs Udos von Toul) und Inhaber der Grafschaft im Zülpichgau, verheiratet und ist ihre Eheschließung mit Heinrich spätestens 1048 anzusetzen. Sie fiele damit in die Jahre des Aufstands von Mathildes Bruder Gottfried den Bärtigen gegen HEINRICH III. und in die Zeit, in der die EZZONEN, nachdem von Pfalzgraf Heinrichs Neffen Hermann das Kölner Erzbistum innehatte (1036-1056) und Otto als bisheriger Inhaber der Pfalzgrafschaft 1045 das Herzogtum Schwaben erhielt sowie als möglicher Nachfolger des schwer erkrankten HEINRICH III. im Gespräch war, die führende Rolle in der Reichspolitik spielten, vgl. Boshos, Lothringen (wie Anm. 13), Seite 78. Trotz dieser Eheverbindung zählten die EZZONEN zu den engsten Parteigängern HEINRICHS III. in den 1044 ausgebrochenen lothringischne Wirren: Pfalzgraf Otto und Erzbischof Hermann, die Schwäger Gottfrieds des Bärtigen, unterstützten den König im Kampf gegen den aufständischen Herzog, Oediger, Regesten (wie Anm. 287), Nr. 802.] und welche politische Folgen sie besaß [448 So ist es auffällig, daß Pfalzgraf Heinrich 1050 zusammen mit Herzog Friedrich von Nieder-Lothringen und Graf Albert II. von Namur, einem weiteren Schwager des gestürzten und damals inhaftierten Gottfried des Bärtigen, an einer Diözesansynode in Lüttich teilnahm, Despy, Waulsort (wie Anm. 197), Nr. 9/10; Seite 335ff. - einer der sehr wenigen Belege für Aktivitäten der Pfalzgrafen im mittleren Maasgebiet als dem Zentrum des niederlothringischen Dukats und damit vielleicht ein Hinweis darauf, daß der Pfalzgraf den gegen die Ansprüche Gottfrieds eingesetzten Herzog Friedrich stützte. Andererseits gehörte Heinrich 1056 und 1059 zusammen mit Gottfried zu den führenden Teilnehmern der lothringischen Fürstentreffen in Andernach, an denen Herzog Friedrich nicht beteiligt wurde; vgl. Anm. 369.], ist allerdings unbekannt.
    Auf das besondere Interesse der Herzöge an diesem Raum verweisen nicht zuletzt die auffällig engen Familienbeziehungen zu dem in nördlichen Haspengau gelegenen Kanonissenstift Munsterbilzen (nordwestlich von Maastricht), in dem sich Herzog Gozelo I. und Gottfrieds des Bärtigen erste Gemahlin Uoda bestatten ließen und Gottfrieds Tochter Ida, die Mutter Gottfrieds von Bouillon, ihre Ausbildung erhielt.



    Neue Deutsche Biographie - Gozelo I.

    Herzog von Nieder- und Oberlothringen, † 19.4.1044.

    G. erscheint zuerst 1008 als Markgraf von Antwerpen. Seine politische Laufbahn nahm jedoch eine entscheidende Wendung, als 1023 sein Bruder Gottfried kinderlos starb; jetzt ernannte ihn Kaiser Heinrich II. als dessen Nachfolger zum Herzog von Niederlothringen. Die Wahl Konrads II. 1024 erkannte G. zunächst, ebenso wie Herzog Dietrich von Oberlothringen, nicht an; doch schwenkte er bald, offenbar als die erwartete französische Hilfe ausblieb, zum Neugewählten über. Konrad II. trug ihm diese Gegnerschaft nicht nach, verlieh ihm vielmehr sogar 1033, als Herzog Friedrich söhnelos starb, das Herzogtum Oberlothringen. Die große Macht, die damit in seiner Hand vereinigt war, hatte G. schon bald Gelegenheit, im Dienste des Reiches einzusetzen: als Odo von der Champagne 1037 zum Kampf um Burgund in Lothringen einfiel, trat G. ihm entgegen und besiegte ihn im November 1037 bei Bar. Bei der Nachfolge Heinrichs III. scheint er sich die Zusicherung erhandelt zu haben, daß ihm seine Söhne Gottfried und Gozelo II. als Herzöge von Nieder- und Oberlothringen folgten (obwohl der bereits 1046 gestorbene oder beiseitegeschobene Gozelo II. anscheinend schwachsinnig gewesen ist). Damit erfolgte eine Teilung des großen lothringischen Machtkomplexes, die allerdings wohl auch im Interesse Heinrichs III. lag.

    Literatur
    ADB IX; Jbb. d. Dt. Gesch., Konrad II.; dass., Heinrich III.; weitere Literatur s. Gottfried v. Verdun.



    Begraben:
    Bilsen, Abteikirche

    Kinder:
    1. 4. von Lothringen, Gottfried III. gestorben am 21 Dez 1069 in Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; wurde beigesetzt in Verdun [55100],Lothringen,Frankreich.
    2. von Niederlothringen, Gozelo II. gestorben in 1046.
    3. von Lothringen, Oda
    4. von Lothringen, Regelindis wurde geboren um 1005/1010; gestorben nach 1064.
    5. von Lothringen, Friedrich wurde geboren um 1020; gestorben am 29 Mrz 1058 in Florenz [50100],Toskana,Italien; wurde beigesetzt in Florenz [50100],Toskana,Italien.

  2. 14.  von Oberlothringen, Friedrich II. wurde geboren um 995; gestorben in 1026/1027.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Bar (Herzogtum),Frankreich; Graf von Bar
    • Titel/Amt/Status: 1019-1026/1027, Oberlothringen; Herzog von Oberlothringen

    Notizen:

    Friedrich II. Herzog von Ober-Lothringen (1019-1026/27)
    Graf von Bar
    um 995-13.5.1026/27 (Mai 1033 W. Mohr)
    Einziger Sohn des Herzogs Dietrich I. von Ober-Lothringen und der Richilde von Blieskastel, Tochter von Graf Folmar III.

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 951, Friedrich II., Herzog von Ober-Lothringen
    + Mai 1026
    Sohn von Dietrich I.
    oo Mathilde von Schwaben, Schwester der Kaiserin Gisela, Witwe von Konrad Herzog von Kärnten

    Friedrich II. trug schon seit 1019 gemeinsam mit seinem Vater den Herzogstitel. Nach dem Tode HEINRICHS II. gehörte er zu der von Herzog Ernst, Herzog von Schwaben, geführten Gruppierung, die gegen KONRAD II. revoltierte.
    Friedrich II. hinterließ 3 Kinder:
    Friedrich III., Herzog
    Beatrix, Mutter der Gräfin Mathilde
    Sophie, Gräfin von Bar

    Glocker Winfrid: VII, 55; Seite 327, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VII, 55 Friedrich II.
    * c 995, + 1026/27 am V 13
    1019 Herzog von Ober-Lothringen

    n 1011 (c 1014)
    oo Mathilde, Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben, + 1031/32 im VII.

    Die Filiationsbelege für Herzog Friedrich II. sind von Parisot, Origines S. 98, Anm. 4, zusammengestellt.
    Sein ungefähres Geburtsjahr ergibt sich aus der Heiratszeit der Eltern. Das von Parisot falsch (Verwechslung von Herzog Friedrich II. mit dessen Sohn Friedrich III.) angegebene Sterbejahr ist von Hofmeister, MIÖG 38 S. 503-507, richtiggestellt. - Die Stiftergenealogie der Acta Murensia (S. 3) schreibt Herzog Dietrich I. von Ober-Lothringen die Vaterschaft des "dux Gerhard", des Stammvaters der lothringischen Dynastie zu. Doch diese Angabe des Genealogen ist irrig, wie Bloch, Herkunft S. 649, Jakobs, Adel S. 162 und Hlawitschka, Untersuchungen Kap. III Anm. 23 ff., zeigen; vgl. aber VII, 58!

    Friedrich II. war seit 1019 tatkräftiger Mitregent, focht 1024 für seinen Stiefsohn Konrad den Jüngeren, anerkannte nicht Kaiser KONRAD II. und rebellierte 1026 mit Herzog Ernst II. von Schwaben und den WELFEN gegen ihn.

    Mohr Walter: Band I Seite 73-80, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    Im Herzogtum Ober-Lothringen ergab sich in dieser Zeit eine Änderung, die sich allerdings nicht klar erfassen läßt. Es ist eine Urkunde des Bischofs Berthold von Toul aus dem Jahre 1019 erhalten, die nach Herzog Dietrich und seinem Sohn Friedrich datiert ist. Auch sonstwo erscheint in der Folgezeit Friedrich als Herzog und dazu noch in maßgebender Stellung, während andererseits sein Vater Dietrich nachweislich noch lebte. Man kann sich etwa vorstellen, dass während der luxemburgischen Gefangenschaft des Herzogs sein Sohn die Geschäfte im Herzogtum führte und dadurch in eine assoziierte Stellung zu seinem Vater hineingewachsen ist, und dass schließlich Kaiser HEINRICH ihm bereits die Nachfolge im Herzogtum zusicherte, so dass er schon den Herzogstitel führen konnte. Irgendwelche Dokumente oder dokumentarische Berichte darüber besitzen wir indes nicht.
    Herzog Friedrich II. ist im Mai 1033 gestorben. Das Todesjahr war lange Zeit umstritten, man kann jedoch aus verschiedenen Manuskripten der Chronik Sigeberts von Gembloux dieses Datum ersehen, was dann noch außerdem indirekt durch einen Hinweis auf die Zusammenkunft Kaiser KONRADS II. mit dem französischen König Heinrich I. in Deville in diesem Jahr in einer Tauschurkunde des Klosters Stablo bestätigt wird. Es wird dabei nämlich von Herzog Gozelo als dem Vogt des Martinsklosters in Metz gesprochen, er konnte das aber nur sein, wenn er dem Herzog von Ober-Lothringen in dieser Stellung nachgefolgt war, woraus zu ersehen ist, dass Herzog Friedrich zu diesem Zeitpunkt gestorben war.
    Ein männlicher Nachkomme war nicht mehr vorhanden. Da das Gewohnheitsrecht das Herzogtum bereits zu einem erblichen gemacht hatte, wäre ein solcher sicherlich nachgefolgt. Es lebten zwar noch zwei Töchter, Sophie undBeatrix, die jedoch noch unmündig waren, so dass an sie die Nachfolge nicht knüpfen konnte. Sie kamen zur weiteren Erziehung an den Hof ihrer Tante, der Kaiserin Gisela.

    1014 oo 2. Mathilde von Schwaben, Tochter des Herzogs Hermann II., 983-29.7.1031/32

    Kinder:
    - Friedrich III. um 1012-18./20.5.1033
    - Sophia Erbin von Bar, Gräfin von Saargemünd, Vögtin von St. Mihiel um 1020- 1093
    oo Ludwig I. Graf im Sundgau-Pfirt aus dem Hause der ETICHONEN - 1076
    - Beatrix 1023-18.4.1076
    1. oo Bonifaz II. Markgraf von Tuszien um 980-6.5.1052
    2. oo Gottfried der Bärtige Herzog von Lothringen -21.12.1069

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 31,66,234,244,256,436,484 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1998, Seite 14,37,69,71,78,133 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 10-13, 24,35,38,73,174,176,187,190,195,196,223,224 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 84,111,152 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 158,169 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Geschichte des Herzogtums Groß-Lothringen (900-1048) Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 73-80 -

    Gestorben:
    13.5., (Mai 1033 W. Mohr)

    Friedrich heiratete von Schwaben, Mathilde um 1014. Mathilde (Tochter von von Schwaben, Hermann II. und von Burgund, Gerberga) wurde geboren in 988; gestorben in 1031/1032; wurde beigesetzt in Worms [67547],Worms,Rheinland-Pfalz,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]


  3. 15.  von Schwaben, Mathildevon Schwaben, Mathilde wurde geboren in 988 (Tochter von von Schwaben, Hermann II. und von Burgund, Gerberga); gestorben in 1031/1032; wurde beigesetzt in Worms [67547],Worms,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ballenstedt [06493],Harz,Sachsen-Anhalt,Deutschland; Gräfin von Ballenstedt
    • Titel/Amt/Status: Kärnten,Österreich; Herzogin von Kärnten
    • Titel/Amt/Status: Oberlothringen; Herzogin von Oberlothringen

    Notizen:

    Darstellung Mieszkos II. und Mathildes von Schwaben auf dem Widmungsbild des Liber de divinis officiis; St. Gallen erstes Viertel 11. Jahrhundert. Düsseldorf, Universitäts- und Landesbibliothek, Ms.C 91, (verschollen), fol. 3r

    Darstellung Mieszkos und Mathildes von Schwaben



    Mathilde von Schwaben

    Herzogin von Kärnten
    Gräfin von Ballenstedt
    Herzogin von Ober-Lothringen
    ca 988-29.7.1031/32 Begraben in kostbarsten byzantinischen Gewändern in Worms

    Älteste Tochter und Miterbin des Herzogs Hermann II. von Schwaben aus dem Hause der KONRADINER und der Gerberga von Burgund, Tochter von König Konrad
    Mütterlicherseits Cousine von Kaiser HEINRICH II. und Nichte von König Rudolf von Burgund

    Brandenburg Erich: Tafel 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    IX. Generation 16.
    Mathilde
    * ca. 989, + nach 1030, vor 1033
    Gemahl:
    a) ca. 1004 Konrad Herzog von Kärnten + 1011 12. XII.
    b) Friedrich II. Herzog von Ober-Lothringen + 1026/27 (siehe IX 88)

    Anmerkungen: Seite 129
    IX. 16. Mathilde

    siehe Brandenburg, Probleme um die Kaiserin Gisela 29f.; Bollnow, Grafen von Werl 29ff.
    Ich habe a.a.O. ausgeführt, daß die Identität der Mathilde, Gemahlin der beiden oben genannten Gatten, und der Mathilde, Schwester der Kaiserin Gisela, nicht völlig außer Zwiefel stehe, und daß die erstere Mathilde auch die Tochter einer anderen Tochter König Konrads von Burgund (etwa der gleichnamigen Mathilde VIII 69) sein könne. Wahrscheinlicher ist aber doch die Identität, und ich halte daher die Beifügung eines Fragezeichens nicht für erforderlich, zumal da auch in dem zweiten möglichen Falle die Kinder der Mathilde zu den Nachkommen KARLS DES GROSSEN (dann bei den Kindern von VIII 69) gehören würden.

    Ergänzungen (Wolf): Mathilde, + 1031/32 VII,

    Gemahl c) 1026/27 Esico von Ballenstedt (nach Paul Leidinger, Die Grafen von Werl, 1965), Stammvater der ASKANIER, vgl. Brandenburg Seite 76, Nr. X 112.

    Glocker Winfrid: Seite 322,350, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VII. 37; VIII. 173 Mathilde
    * c 988, + 1031/32 im VII

    c 1002 1. oo Konrad I. Herzog von Kärnten + 1011 XII 12
    c 1034 2. oo Friedrich II. seit 1019 Herzog von Ober-Lothringen + 1026/27 am V 13
    c 1026/27 3. oo Eisiko, Graf von Ballenstedt, Graf im Schwabengau und im Gau Serimunt - 1059/60

    Älteste Tochter des Herzogs Hermann II. von Schwaben und der Gerberga von Burgund, Tochter von König Konrad

    Mathilde ist als Tochter der Gerberga in Constantins Vita Adalberonis c. 17, SS IV 664 - Bericht über die Diedenhofener Synode 1003, bei der König HEINRICH II. Vorwürfe gegen Herzog Konrad I. von Kärnten und Mathilde, die in einer Verwandtenehe lebten, erhob -, sowie durch den Brief Abt Siegfrieds von Gorze an Abt Poppo von Stablo betreffs der Heirat Kaiser HEINRICHS III. mit Agnes von Poitou (gedruckt bei Giesebrecht, Kaiserzeit Band 2, Seite 714-718) und in der Stammtafel des Codex Steinfeldensis (gedruckt: SS III 215) bezeugt.
    Mathilde stammte, wie aus der Nachricht Thietmars V c. 12, S. 234, hervorgeht, wo Mathildes Ehemann Herzog Konrad als Schwiegersohn Herzog Hermanns II. bezeichnet ist, aus der Ehe Gerbergas mit dem schwäbischen Herzog; dies ist auch in einem Widmungsbrief bezeugt, den Mathildein den Anfangsjahren der Regierungszeit König KONRADS II. an den polnischen König Mieszko richtete (gedruckt bei Giesebrecht, Kaiserzeit Band 2, Seite 699; vgl. dazu Bresslau, Jahrbücher Konrad II. Bd. 1, S. 247 ff., und Leidinger, Untersuchungen S. 59).
    Die altersmäßige Einreihung Mathildesals älteste Tochter der Gerberga und Herzog Hermanns II. von Schwaben ergibt sich mit Leidinger, Untersuchungen S. 51, Anm. 70, aus ihrer Stellung in der Stammtafel des Codex Steinfeldensis. Die ungefähre Geburtszeit ist aus derjenigen von Mathildesältestem Sohn Konrad dem Jüngeren (* c 1003) erschlossen. Die ungefähre Todeszeit hat Leidinger, Untersuchungen S. 54, ermittelt.
    Aus der Anklage König HEINRICHS auf der Diedenhofener Synode wissen wir auch von der Existenz der ersten Ehe Mathildes; vgl. dazu Hirsch Band 1, Seite 243-247.
    Über die zweite Vermählung unterrichtet uns Wipo in den Gesta Chuonradi c. 19, S. 39; vgl. dazu Bresslau, Jahrbücher Konrad II. Band 2, Seite 72 f. (der freilich noch von einem irrigen Sterbezeitpunkt für Herzog Friedrich II. von Ober-Lothringen ausgeht; vgl. VII, 55).
    Die 3. Heirat mit Eisiko von Ballenstedt hat uns der Annalista Saxo a. 1026 und a. 1030, SS VI 676 und 678, überliefert; wie Leidinger, Untersuchungen Seite 55 ff., gezeigt hat, ist die beim Annalista als Gattin Eisikos genannte Mathildemit der Witwe Herzog Friedrichs II. von Ober-Lothringen des gleichen Namens zu identifizieren.


    Ihre erste Ehe wurde 1003 auf einer Versammlung in Diedenhofen von König HEINRICH II. als unkanonische Nahehe gebranntmarkt, obwohl die Ehegatten nur im 8. Verwandtschaftsgrad (4 : 4) miteinander verwandt waren. Mathildeverheiratete sich nach dem Tode ihres ersten Gemahls mit Herzog Friedrich II. von Ober-Lothringen erneut und ist mit diesem in einem großen Gedenkeintrag, dessen Zusage mit einer ansehnlichen Besitzgabe verbunden gewesen sein könnte, im Reichenauer Liber memorialis anzutreffen. Eventuell hatte sie bei dieser Gelegenheit ihren Erbanspruch am Schluchseegebiet an die Reichenau vermacht. Mathilde hatte 1025/26 König Mieszko von Polen ein kostbares liturgisches Buch übersandt mit einem wirklich bemerkenswerten Widmungsschreiben. Sie, die Schwester der Kaiserin Gisela, pries darin geradezu überschwenglich die Würde des Polen-Königs, seine Verdienste, seine Tugenden, seine Gerechtigkeit und Fürsorge für die Armen, nannte ihn Kämpfer Christi auf Erden und "den unbesiegbaren König, dem die Bestimmungen des allmächtigen Gottes das königliche Diadem verliehen habe", und sie wünschte ihm "glücklichen Triumph über alle Feinde". Dieser Brief an den Gegner KONRADS II.und - vom salischen Herrscher aus gesehen - an den Feind der "Reichsrechte" stellte gut vor Augen, daß sich die Opposition im Innern des Reiches in einer ähnlichen Lage befand wie der Polen-König und daß man daher zusammenfand. Mieszko erschien als der "gerechte König". Die Herrschaftsweise und den Autoritätsstil KONRADS II. empfand man demzufolge als "ungerecht". Mathildes Äußerungen muß man hoch bewerten, denn sie war in diesen Jahren als Mutter des jüngeren Konrad und als Gemahlin Herzog Friedrichs II. von Ober-Lothringen das Verbindungsglied in der Opposition und spielte zweifellos eine ganz zentrale Rolle, wie ein Gedenkbucheintrag dieser Gruppe im Kloster Reichenau aus dieser Zeit erkennen läßt.
    Mathilde selbst war zum letzten Mal am 29. März 1030 (Osterhoftag) am Königshof in Ingelheim bezeugt.

    Weinfurter, Stefan (Hg.): Band I, Seite 226,230,232,239-244,248/Band II Seite 200, "Die Salier und das Reich"

    Nach Hermann II. und seines über das Knabenalter kaum hinausgelangten Sohnes (Herzog Hermann III., 1003-1012) Tod erbten die Töchter, von denen er "hinreichend viele" hatte: Mathilde, Gisela und Beatrix [G. Wunder, Beiträge zur Genealogie schwäbischer Herzogshäuser, in: Zeitschrift für Württembergische LG 31, 1972, Seite 1-15, sieht Beatrix nicht als eine Tochter Herzog Hermanns II. an. Dies akzeptiert als Prämisse seiner Einordnung der Hildegard "von Schlettstadt" H. Bühler, Wie gelangten die Grafen von Tübingen zum schwäbischen Pfalzgrafenamt?, in: Zeitschrift für Württembergische LG 40, 1981 Seite 188-220, hier Seite 199. Zur Kritik P. Hilsch, Regenbach und die Schenkung der Kaiserin Gisela, in: Zeitschrift für Württembergische LG 42, 1983, Seite 52-82, Seite 58 Anmerkung 15; Hlawitschka, Untersuchungen (wie Anmerkung 28), Seite 51, Anmerkung 154.].
    Die Unruhen in Schwaben, deren HEINRICH II. 1004 in Zürich Herr zu werden suchte, dürften mit der Neubestimmung von Königs- und Herzogsherrschaft zusammenhängen. Indiesem Kontext waren die Ehen der Schwestern Hermanns III., Cousinen HEINRICHS II., von großer politischer Bedeutung, da sie ihren Gatten konradinischen Besitz und damit Teile der bisherigen materiellen Grundlage der Herzogsherrschaft vermittelten. HEINRICH II. hat darum bestimmte, für die Herzogsherrschaft in Schwaben bedeutsame Ehen der - je mehrfach verheirateten - Mathilde und Gisela anzufechten versucht, wenngleich beidemale ohne Erfolg: die "salischen" Ehen der beiden Schwestern.
    Die ältere dieser konradinisch-salischen Verbindungen ist die vor 1002 geschlossen Ehe derMathilde mit Konrad, dem Sohn Ottos "von Worms" und damit einem Enkel Konrads des Roten und der Liutgart, einer Tochter OTTOS DES GROSSEN. Durch diese Ehe war jene Koalition zwischen Otto "von Worms", seinem Sohn Konrad und dessen Schwiegervater Hermann II. zustandegekommen, die mittelrheinisch-fränkische und schwäbische Machtposition zusammenschloß und die nach der Ermordung Ekkehards von Meißen 1002 das Hauptproblem des Herrscherwechsels von OTTO III. zu HEINRICH II. darstellte.
    HEINRICH hat vielmehr noch - auf der Synode von Diedenhofen im Januar 1003, wo doch Thietmar zufolge seitr der Unterwerfung zu Bruchsal eitel Friede geherrscht haben soll - versucht, die Ehe Konrads mit Mathildeals Verwandtenehe zweiten Grades anzufechten und damit überhaupt die ihm äußerst unliebsame konradinisch-salische Verbindung, diesen Schritt eines "SALIERS" ins konradinische Schwaben, rückgängig zu machen.
    Da die Machtgrundlage Konrads des Jüngeren sich aus väterlicherseits ererbtem ("salischem") und aus dem von seiner Mutter Mathildeererbten (konradinischen) Besitz zusammengesetzt haben muß und die Preisgabe Bruchsals das väterliche Erbe schmälerte, steht zu vermuten, daß nunmehr von Mathildeherrührende, auf Herzog Hermann II. zurückgehende Besitz relativ an Bedeutung gewann. Entsprechend der mit dem schwäbischen Herzogsamt verbundenen Verlagerung des Machtschwerpunktes der KONRADINER vom Rhein-, Main- und Moselraum nach Süden und Südwesten dürfte auch das Erbe der Mathilde eher inn Richtung Schwaben oder in Schwaben selbst als in den ursprünglichen Schwerpunktregionen zu suchen sein. Doch bestimmte, auf das Erbe Mathildeszurückgehende Besitzungen werden nirgends als solche genannt.
    Welche Vorgänge im einzelnen sich hinter der Herauslösung Beinsteins und Beutelsbachs verbergen, ist nicht zu entscheiden. Es ist zum Beispiel denkbar, daß Beinstein und Beutelsbach - im Unterschied zu Waiblingen - zur Ausstattung der Töchter Herzog Hermenns II. gehört haben, Beinstein zum Gut der Gisela und Beutelsbach zu dem der Mathilde, und dadurch an HEINRICH IV. bzw. an Konrad von Beutelsbach gelangt wären.
    Noch plausibler dürfte eine andere Herleitung des Grötzinger Restitutionsgutes von 1075 sein. Adalberts von Calw Gemahlin Wieldrud war eine Enkelin der Mathilde aus deren zweiter Ehe mit Herzog Friedrich II. von Ober-Lothringen. Aus dieser Ehe wurden unter anderem zwei Töchter, Sophia und Beatrix, geboren; nach dem Tod ihrer Eltern - Friedrich II. starb 1026/27, Mathilde 1031/32, sie wurde bei ihrem ersten Mann in Worms bestattet - und nach dem Tod auch ihres älteren Bruders Friedrich III. (+ 1033) wurden Sophia und Beatrix von der Kaiserin Gisela, also der Schwester ihrer Mutter, adoptiert.
    Die stirps Suevigenarum zielt offenbar auf die Abkunft von der schwäbischen Gemahlin des "SALIERS" Konrad (+ 1011), von Mathilde also, der Tochter Herzog Hermanns II. und der Gerberga. Auf ihr Erbe gingen möglicherweise, vielleicht auch die namengebenden Besitzungen des Konrad von Beutelsbach bzw. von Würzburg zurück.
    Die besondere Bedeutung des Doms bestand in seiner Funktion als Grablege der SALIER. Die frühen, noch nicht königlichen SALIER, Herzog Konrad der Rote, seine Schwiegertochter Judith (nicht jedoch sein Sohn Otto), seine Enkel Heinrich und Konrad, Konrads Frau Mathilde und Heinrichs Tochter Judith (Schwester Kaiser KONRADS II.), haben ihre Gräber im Wormser Dom gefunden.

    Meyer von Knonau, Gerold: Seite 149-159, "Die Heiraten der burgundischen Mathilde, Tochter König Konrads von Burgund, und der schwäbischen Mathilde, Enkelin derselben"

    In den Memoires et documents publies par la societe d'histoire et d'archeologie de Geneve, Tome XVI, livraison 2 (1867), ist p. 201ff. eine Abhandlung genealogischen Inhaltes von Ed. Secretan publiziert, betitelt Notice sur l'origine de gerold comte de Geneve. Der Verfasser dieser mit ebenso viel Scharfsinn und Beelsenheit kombinierten, als in anziehender Weise verfaßten Arbeit sucht in derselben folgende genealogische Verhältnisse zu beweisen.
    Des 993 verstorbenen Königs Konrad von Burgund Tochter Mathilde - mit dem Verfasser nennen wir sie, um sie von ihrer gleichnamigen Mutter, der westfränkischen Prinzessin, und ihrer ebenfalls gleichnamigen Schwestertochter, der Mathilde von Schwaben, zu unterscheiden, Mathilde II., die Nichte aber Mathilde III.- hat in erster Ehe den 1011 verstorbenen Konrad, Herzog von Kärnten, oder Conrad von Worms, wie er hier genannt wird, den Vatersbruder des späteren Kaisers KONRAD II., den Vater des Mitthronbewerbers von 1024, in zweiter Friedrich II., Herzog von Ober-Lothringen, gestorben 1033, zum Gemahle gehabt: durch sie also war das burgundische mit dem fränkischen Königshause verschwägert. Ihre Nichte Mathilde III.dagegen, die Tochter des 1003 verstorbenen Herzogs Hermann II. von Schwaben und der burgundischen Prinzessin Gerberga, war mit Hugo III., einem Grafen von Egisheim, vermählt. Eine Tochter aus der Ehe der Mathilde II. mit Herzog Konrad, also eine Schwester des jüngeren Konrads, eine Base Kaiser KONRADS II., ist Bertha, die mit Eberhard von Egisheim vermählt war. Dieser beiden Sohn ist Gerold.
    Über diejenigen Teile dieser Erörterung, in denen der Verfasser die Mathilde II. an die Stelle der Mathilde III. setzt [Daß nicht die burgundische, sondern die schwäbische Mathilde bis dahin als Gemahlin Konrads und Friedrichs betrachtet wurde, so zum Beispiel Voigtels Stammtafeln ed. Cohn Nr. 19,28, und Gisebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit 2. Band 3. Auflage p. 219,221.], soll an diesem Orte gehandelt werden.
    Es ist zu diesem Behufe notwendig, dem Verfasser auf dem Gang seiner Untersuchung über diesen Punkt zu folgen. In Cap. IV: Qui epoussa Conrad de Worms? (p. 223 ff.) führt er dieselbe, nachdem er in den vorhergehenden Abschnitten, nach Voraussendung einer kurzen Einleitung, erst dem Hause BURGUND von Konrad an überhaupt, dann von Mathilde II. speziell, hernach von den Saliens de Franconie et de Souabe geredet, durch: insbesondere kann er sich mit dem Gedanken nicht befreunden, daß die Mathdilde II., eine burgundische Prinzessin, welche nach dem Brief des Raynaldus comes Portinensis an den dux Aquitanorum G. (Flod. ann., Mon. SS. III, p. 407) muß vermählt gewesen sein, un seigneur inconnu de la Transjurane habe zum Gemahl haben können, und ist der Ansicht, Gisela, die Tochter Herzog Hermanns und Schwester der Mathilde III., könne nicht mit einem Bruno, Grafen von Braunschweig in 1. Ehe verbunden gewesen sein: daß dieses letztere jedoch wirklich der Fall war, hat Excurs V, C. der Jahrbücher Heinrichs II. von Hirsch, Band I, p. 464 ff., gezeigt.
    In Cap. IV. nun geht der Verfasser der folgenden Substraten aus. - In erster Linie wird die Stelle der von Konstantin, Abt des Schottenklosters St. Symphorian zu Metz, um 1015 verfaßten Lebensgeschichte des 1005 verstorbenen Bischofs Adalbero II. von Metz aufgeführt, in der von der Beteiligung Adalberos an der 1003 gehaltenen Synode von Thionville, speziell von seiner Erklärung gegen die kanonisch unerlaubte Ehe Konrads, des Sohnes des Herzogs Otto von Kärnten, mit Mathilde von Schwaben die Rede ist (M. SS. IV, p. 663 ff.). Adalbero sprach in dieser Versammlung in Bezug auf Konrad und Mathilde: Domnus Otto dux, pater istius venerabilis Conradi ducis consedentis, natus ex filia est magni OTTONIS, cujus soror Girbergia dedit filiam suam Conrado Burgundionum regi. Ex Conradi autem filia nata est domina Mathildis, hujus Conradi assidentis uxor.
    Es ist also Konrad der Urenkel OTTOS I., Mathilde die Urenkelin der Gerberga, und die Gereiztheit des Herzogs von Ober-Lothringen gegen den Bischof, der von einem secundus locus sprach, während, selbst wenn man nach kanonischer Rechnungsweise OTTO I. und Gerberga, nicht HEINRICH I. als Ausgangspunkt der Zählung gelten läßt, nur vom 3. Grade die Rede sein konnte, höchst natürlich. In ganz unzulässiger Weise, trotz der klaren Worte des Textes: ex Conradi filia nata est Mathildis, nimmt hier der Verfasser zugunsten seiner Hypothese an, hinsichtlich der Mathilde habe Adalbero die Wahrheit ausgesprochen: Gerbergas Enkelin, Mathilde II., sei Konrads Gemahlin gewesen [Vgl. hierzu Hirsch, Jahrbücher Heinrichs II. Band I, p. 246 n.2].
    Als zweites Zeugnis für Mathilde II. als Gemahlin Konrads von Worms - und dieses als das noch zumeist Brauchbare wäre wohl besser in den Vordergrund gerückt worden - betont der Verfasser die Stelle Thietmars, lib. V, cap. 7 (SS. III, p. 794), wo es heißt, Herzog Hermann II. von Schwaben habe 1002 den Bischof von Straßburg bekriegt, Straßburg belagert, erobert und verwüstet, und zwar cum Conrado suimet gero, wie der Dresdener Codex 1. schreibt. Lappenberg - nicht Pertz, wie p. 227 gesagt wird - setzte hierfür genero in den Text, dafür haltend, Konrad sei der Gemahl der schwäbischen Mathilde III. Bekanntlich ist dieser Codex unter der Aufsicht Thietmars selbst angelegt, von ihm mit eigener Hand korrigiert worden, so daß, was der nicht eimal direkt aus demselben abgeleiteten Brüsseler Codex 2, aus dem 15. Jahrhundert, oder der Annalista Saxo (M. SS. VI, p. 649) bringen, ganz hinter den Angaben jener ersten Handschrift zurücktritt. Wenn also Codex 2 und der Annalist hier germano haben, so ist darauf bei weitem nicht jenes Gewicht zu legen, das der Verfasser dieser Variante beimißt.
    Dann fährt derseklbe p. 228 folgendermaßen fort: La question serait certainement decidee en faveur de la version, qui fait de Conrad de beau-frere (germanus) de Hermann, par consequent le mari de Mathilde II., si Wipop, auteur de la vie l'empereur CONRAD II., ne venait a son tour retablir l'equilibre dans le sens oppose. Presque contemporain aussi, le precepteur de Henri III. etait en mesure d'etre bien informe, c'est donclui qui a fait autorite. Wipo sagt nämlich in der Vita Chuonradi c. 2 (SS. XI, p. 258) ausdrücklich von KONRADS II. jüngerem Vetter und Mitbewerber: Junioris Chunonis mater Mathilda de filia Chuonradi regis Burgundiae nata fuit. Die Versuche des Verfassers, die Autorität dieser Angebe zu erschüttern, dieselbe als einen Irrtum des Wipo hinzustellen, sind denn auch gering. Die Bestimmthiet der Worte ist auch ihm allzu groß.
    Wir sehen, zwei Zeugnisse unterstützen die Hypothese nicht, und ein drittes spricht von vornherein streng dagegen: la question ne peut etre resolue quem recourant aux probabilites (p. 229). Und so tritt denn der Verfasser im Folgenden auf eine Prüfung der chronologischen Daten, der Altersverhältnisse der einzelnen Personen ein, welche allerdings beim ersten Blicke, in äußerst gewandter und bestechender Kombinationsweise, wie diese Beweise vorgebracht sind, für seine Vermutung zu sprechen scheinen. - In folgenden Stücken liegen seine hauptsächlichen Einwendungen gegen die Annahme, Mathilde III. sei Konrads von Worms und Friedrichs von Ober-Lothringen Gemahlin gewesen:
    1. der jüngere Konrad hätte in diesem Falle nicht schon 1019 gegen Herzog Adalbero von Kärnten kämpfen, 1024 nicht als Mitbewerber auftreten können: er wäre noch allzu jung zu beiden gewesen
    2. was die drei Töchter Hermanns II. von Schwaben und der Gerberga, Gisela, KONRADS II. nachherige Gemahlin, Beatrix, diejeneige des Eppensteiners Adalbero, Herzogs von Kärnten, und unsere Mathilde III. betreffe, so sei es höchst auffallend, daß Gisela durch Eintritt in ihre dritte, mit KONRAD II. geschlossene Ehe die Nichte dieser ihrer zuletzt genannten Schwester geworden wäre
    3. der Umstand, daß 996 ein Bruder Konrads von Worms, Bruno, unter dem Namen Gregor V. Papst wird, in Verbindung gesetzt mit der Erwägung, daß meist jüngere Söhne den geistlichen Stand ergriffen, lasse den Altersunterschied zwischen Konrad von Worms und Mathilde III.als sehr groß erscheinen
    4. da Gisela, die Gemahlin Heinrichs des Zänkers und Mutter Kaiser HEINRICHS II. eine Mutterschwester der Mathilde III. war, ihre Tochter Gisela aber erst 1006 mit Stephan von Ungarn sich vermählt habe, so stimme das abermals nicht zu einer Ehe Mathildens III. mit Konrad von Worms [Hier irrt der Verfasser bedeutend. Gisela ist von Geisa noch vor dessen 995 erfolgtem Tode zur Gemahlin seines Sohnes Waic (als Christ Stephan) ausersehen worden und hat wohl kurz nach Geisas Tod sich vermählt; siehe Büdinger, Oesterreich, Geschichte I, p. 397.]. Schließlich, von p. 235 an, wird zu zeigen versucht, inwiefern Mathilde II. besser in diese Verhältnisse hinein passen würde.
    Diesen Ausführungen gegenüber muß an dieser Stelle der Beweis geführt werden, daß sich mit der durch die Quellen bezeugten Ehe der schwäbischen Mathilde III. mit Konrad und Friedrich die anderen, besonders die chronologischen Verhältnisse vereinigen lassen.
    König Konrad von Burgund hat in zweiter Ehe - der Name der ersten Gemahlin, deren Tochter die baierische Herzogin Gisela war, ist nicht bekannt - eine westfränkische KAROLINGERIN, Mathilde, Tochter König Ludwigs IV. und der Gerberga, einer Schwester OTTOS DES GROSSEN, gehabt. Da Gisela, die Tochter erster Ehe, ihren Sohn den späteren Kaiser HEINRICH II., schon 973 gebar, so muß Konrad sich um oder nach 950 zum ersten Male vermählt haben. Setzt man mit Hirsch den Abschluß der zweiten Ehe gegen Ende der 50-er Jahre des 10. Jh. und faßt man die Worte der Miracula s. Verenae, daß König Konrad von seiner rechtmäßigen Gemahlin anfangs keine Kinder hatte, dann aber zuerst einen Sohn erhielt, einerseits, andrerseits den Umstand in das Auge, daß Konrads Tochter zweiter Ehe, Bertha, als ihr Gemahl, Graf Odo, 995 starb, Kinder von demselben hatte, so wird man annehmen dürfen, daß Gerberga, welche nach der Stammtafel des Steynvelter Codex (SS. III, p. 215) das dritte Kind der Mathilde, jünger als Bertha war, etwa Mitte der 60-er Jahre geboren worden ist.
    Gerberga hat also schon in den 80-er Jahren ihrem Gemahl Hermann, der 997 Herzog von Schwaben wurde und erst 1003 starb, Kinder schenken können, und dieses anzunehmen ist man auch durchaus gezwungen, da ihre Tochter Gisela schon 1007 oder 1008 in zweiter Ehe einen Sohn zur Welt bringt, nachdem ihr erster Gemahl, Bruno von Braunschweig, um 1006 gestorben. Unter den anderen Töchtern aus dieser Ehe hat nun Mathilde III. hier besondere Wichtigkeit.
    Secretan sagt p. 230: Placons la naissance deMathilde III. en 983, on arrivera a peine, en supposant Conrad le jeune ne un an apes le mariage de sa mere, a pouvoir le considferer comne etant ne en 1003, a l'epoque meme ou l'empereur HENRI II. voulait attaquer le mariagne de ses parents a la diete de Thionville, und gibt so selbst die Möglichkeit davon zu, da Mathilde III. Konrads Gemahlin gewesen sei. Mathilde, Hermanns und GerbergasTochter, kann ganz gut zur Zeit der Synode von Thionville, im Januar 1003, Konrads Frau gewesen sein. Nehmen wir das von Secretan angeführte Jahre als das ihrer Geburt an [Daß die Töchter in Hermanns und Gerbergas Ehe die ältesten Kinder waren, der Sohn, der nachherige Herzog Hermann III. bedeutend später geboren wurde, bezeugen außer den Stellen welche aussagen, derselbe sei 1012 in noch sehr jugendlichem Alter gestorben (Stälin, Wirtemberg Geschichte I, p. 473 n.3).], so wurde sie Witwe im 28. Lebensjahre und vermählte sich hierauf nochmals mit Herzog Friedrich von Lothringen, der noch einige Kinder von ihr empfing [Ein Sohn starb früh; dagegen überlebten zwei Töchter den 1033 gestorbenen Vater: Beatrix und Sophie, jene später die Mutter der großen Gräfin Mathilde. Friedrich von Lothringen scheint seine Frau Mathilde überlebt zu haben, denn nach seinem Tode kamen seine Töchter an den kaiserlichen Hof. Die Stelle des Chr. s. Michaelos in pago Virdunensi c. 32 (SS. IV, p. 84), welche hiervon erzählt, enthält übrigens auch einen entscheidenden Protest gegen die Vertauschung der Mathilde III. mit Mathilde II.; es ist da von den duae puellulae Sophia et Beatrix die Rede, welche nutrien´bnantur in aula regis (KONRADS II.); nam conjunx imperatoris (Gisela), amita earum, eas sibi adoptaverat in filias.]. Würden wir dagegen die burgundische Mathilde der schwäbischen substituieren, so wäre 1011 von Konrad eine Witwe im Alter von mindestens 40 Jahren zurückgelassen worden.
    Indessen ist auch das Altersverhältnis zwischen Mathilde III. und ihrem ersten Gemahl ins Auge zu fassen, und da ergibt sich allerdings eine nicht kleine Altersdifferenz, welche hervorzuheben der Verfasser auch nicht versäumt. (p. 233).
    Otto, der Sohn des gewesenen Herzogs Konrad von Lothringen, der 955 auf dem Lechfeld gefallen war, durch seine Mutter Liudgard ein Enkel OTTOS DES GROSSEN, ist der Vater des Konrad von Worms, welcher ihm 1004 als Herzog von Kärnten folgte, gewesen Ein anderer und wohl der älteste Sohn, Heinrich, der Vater des nachherigen Kaiser KONRADS II., scheint früh, vor dem Vater, gestorben zu sein. Ein dritter ist Brun, der durch OTTO III. 996 zum Papst gemacht wurde und bis 999 als Gregor V. regierte, der erste Deutsche auf dem päpstlichen Throne. Secretan nun macht mit vollem recht darauf aufmerksam, daß meist die jüngeren Söhne zum geistlichen Stand bestimmt wurden, und daß, mag Brun bei seiner Erhebung auch noch so jung gewesen zu sein, er doch ein gewisses Alter haben mußte: Bruno ne pouvait gueres avoir moins de 30 ans, eine wohl zu hoch gegriffene Zahl. Und überdies kann Heinrich, als Bruno zum geistlichen Stand bestimmt wurde, noch gelebt haben, so daß man nicht gezwungen ist, Konrads Geburt vor derjenigen Brunos anzusetzenm, wie der Verfasser tut, indem er um 964 Konrad geboren sein läßt: dergestalt allerdings wäre Konrad ungefähr 20 Jahre älter, als Mathilde III. gewesen, beinahe 40 Jahre, falls nicht eine frühere kinderlose oder nur mit kurzlebigen Kindern gesegnete Ehe angenommen wird, unvermählt geblieben. Wenn nun auch dieses anzunehmen, wie bemerkt, nicht nötig ist, ein Altersunterschied von mindestens 10 Jahren war zwischen Konrad und Mathilde III. immerhin vorhanden.
    Konrad der Jüngere, der Sprößling dieser Ehe, mag also um 1003 zur Welt gekommen sein, vielleicht auch schon etwas früher; doch ist wohl hierbei nicht ganz außer Beachtung zu lassen, daß HEINRICH II. 1003 zu Thionville nur von der Existenz der ihm verhaßten Ehe, nicht schon von derjenigen eines Kindes aus derselben redete. Ein puer war 1012 nach Hermanns von Reichenau Ausdruck der filius Cuonradus, dem nach des Vaters Tode HEINRICH II. das von demselben innegehabte Herzogtum Kärnten nicht zuwies; als adolescens wird er durch denselben bezeichnet, als er 1019 gegen Adalbero mit seinem Vetter, Konrad den Älteren, die Waffen ergriff. Und als HEINRICH II. gestorben war, als es sich darum handelte, einen der beidenm Konrade mit der Reichsführung zu betrauen, würde der jüngere nach dieser Berechnung nicht viel über 20 Jahre gezählt haben, währen dem älteren durch Giesebrecht ein Alter von etwa 40 Jahren zugeschrieben wird.
    Auch gegen diesen ziemlich bedeutenden Altersunterschied zwischen den beiden gleichnamigen Vettern wendet Secretan p. 232 nicht mit Unrecht ein, er vertrage sich schecht mit les relations en quelque sorte fraternelles, mit denen man die Beziehungen der Konrade zueinander zu verbinden gewohnt sei. Allein was diese innigen Bande angeht, so ist die Waffengenossenschaft von 1019 jedenfalls ebenso sehr durch "die gemeinschaftlichen Interessen" als durch die "Freundschaft" zu erklären, und hat andererseits Steindorff erst kürzlich gewiß mit Recht betont, daß die Reden bei Wipo bei Anlaß des Wahlaktes ohne Zweifel erfunden sind, in denen der ältere Konrad seinem Vetter unter anderem omnium cognatorum meorum dilectissimus nennt. Gerade der bedeutende Altersunterschied der beiden läßt vielmehr eher klar werden, daß der jüngere Konrad, trotz der Partei, die für seine Erhebung war, sich von seinem älteren an Erfahrung ihm überlegenen Vetter einschüchtern und gewinnen ließ. Auch die Notiz der Annalen von Hildesheim, Konrad sei inmatura morte 1039, nur kurz nach KONRAD II. gestorben, paßt wohl zu einem Alter von etwa 36 Jahren.
    So ist denn auch nach den chronologischen Verhältnissen die schwäbische Mathilde an der bisher ihr angewiesenen Stelle in den genealogischen Tafeln ohne Frage zu behalten, und es ist die Angabe, Konrad der Jüngere sei ihr Sohn, nicht nur impossible dans toute la rigeur du mot, sondern auch nicht trespeu problable (p. 238) [Folgende zwei Momente sprechen auch noch gegen Secretans Hypothese. Einmal ist in der schon mehrfach erwähnten Steynverlter Stammtafel die angegebene, weil in den Augen des Schreibers wichtigere Mathildis Mathilde III., nicht Mathilde II. - Als zweites ist anzuführen, daß Konrad der Jüngere, wäre seine Mutter Mathilde II. gewesen, ein Neffe König Rudolfs von Burgund gewesen wäre, also dem Erblasser von 1032 noch näher gestanden hätte als KONRAD II. nach dessen Vermählung mit Gisela (in Wirklichkeit, als Sohn der Mathilde III. ist er ein Großneffe Rudolfs): als Söhne von Schwestern Rudolfs wären 1032 Graf Odo von der Champagne und er die nächsten Erben gewesen. Allerdings nun hat Konrad der Jüngere, der sich bald nach KONRADS Erhebung mit demselben entzweit hatte, 1025 offen mit dessen Stiefsohn, Ernst II. von Schwaben, dem Großneffen König Rudolfs, dem es hauptsächlich um die Ansprüche auf Burgund zu tun war, gemeinschaftliche Sache gemacht, und als 1027 Ernst sich von neuem erhob, war Konrad "dem Kaiser weder treu, noch auch sehr schädlich", sondern "hielt sich einstweilen im Hintergrund", mußte aber dafür, nachdem Ernst sich unterworfen, gleichfalls hart büßen: während jedoch besonders 1027 Ernsts Absichten auf Burgund deutlich genug hervortraten, war Konrad 1025 wohl zumeist durch seine engen Beziehungen zu seinem Stiefvater, Friedrich, und durch denselben zu den lothringischen Dingen in die Reihen der Verschwörer gezogen worden, und hielt er sich 1027, noch mehr nach Rudolfs Absterben, als Odo, Gerold von Genf, der Erzbischof Burkhard III. von Lyon die Ansprüche KONRADS II. auf Burgund mit Waffengewalt bekämpften, von den burgundischen Angelegenheiten, so weit wir erkennen können, ferne. Das läßt sich begreifen, wenn er der Großneffe Rudolfs war; der Neffe desselben hätte wohl energischer seine Anrechte geltend gemacht.].
    Eine der Haupteinwendungen des Verfassers gegen die Mathilde III. als Gemahlin Konrads und Friedrichs lag darin, daß es nicht denkbar war, daß der Name des Gemahls einer Tochter des Königs Konrad von Burgund unbekannt geblieben sei, während die Schwestern derselben die glänzendsten Heiraten gemacht haben, eine Herzogin von Bayern, Mutter eines deutschen Kaisers, die zweite Herzogin von Schwaben, die dritte erst Gemahlin eines Rivalen Hugo Capets, dann vorübergehend Königin von Frankreich geworden sei. Daß Mathilde von Burgund vermählt war, zeigt der Brief des Grafen Raynaldus, wonach sie eine Tochter Bertha, diese einen Sohn, Geraldus Genevensis, hatte. Den Namen des Gemahls freilich wissen wir nicht, und das kann bei den zerrütteten inneren Verhältnissen des burgundischen Reiches uns nicht überraschen. Wie dieselben keine Blüte der Künste des Friedens, also auch keine historiographische Tätigkeit zum Gedeihen kommen ließen, so kann auch der Vater der Bertha schon frühe in einer der zahlreichen inneren Fehden umgekommen sein. Dieses Schweigen der Quellen kann am wenigsten etwas zu besagen im Stande sein.
    Mit der Haltlosigkeit der Hypothese, die bis dahin besprochen wurde, fällt selbstverständlich auch dahin, was in Cap. VII von der Vermählung der schwäbischen Mathilde mit einem Grafen Hugo III. von Egisheim, Vetter des Eberhard III., Grafen von Nordgau, Gemahl der Bertha (von Worms, wie sie irrig benannt ist), aufgestellt ist. Dagegen ist jedenfalls der in dem Briefe genannte Urenkel des Burgundischen Königs Konrad, Geraldus Genevensis, der von Wipo im Leben KONRADS c. 32 zum Jahre 1034 erwähnte Geroldus princeps regionis illius und wohl auch der Gerolt Burgundio des Hermann von Reichenau zu 1045: jener unterwirft sich zu Genf, zugleich mit dem Erzbischof von Lyon, KONRAD II., dieser ergibt zu sich zu Solothurn HEINRICH III. Auch das Alter Gerolds stimmt zum Briefe: Graf Gerold von Genf ist gleich dem jüngeren Konrad ein Urenkel des burgundischen Konrad.
    Den Namen des Gemahls der Bertha dagegen, des Schwiegersohnes der burgundischen Mathilde, liefert uns eben die schon oben berührte Stelle des Wibert. Die Nichte des letzten burgundischen Königs Rudolf (neptis Rodulfi regis Jurensis), Bertha - denn hier ist es wohl gestattet, den Brief Raynalds mit Wiberts Bericht zu verbinden - ist die Gemahlin des Gerhard, eines Sohnes des Grafen Hugo von Egisheim, und Gerhards und Berthas Sohn ist Graf Gerold von Genf. Daß dieser gegen KONRAD II. und HEINRICH III. als Großneffe König Rudolfs und als burgundischer Großer mehrmals zu den Waffen griff, ist natürlich.

    Hirsch Siegfried: Band 1 Seite 243-247, "Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II."

    Zu Diedenhofen, einer Pfalz an der Mosel, zwischen Metz und Trier, hielt er mit den Eingesessenen der Provinz einen Landtag. Hier nun erhob sich HEINRICH, und schalt die Prälaten mit strenger Rede, daß sie nicht tapferer das geistliche Schwert handhabten, um die untauglichen Glieder aus der Gemeinschaft der Guten auszustoßen. Alle staunten ob der heftigen Worte und wußten sie nicht zu deuten. Da löste der König ihre Zweifel mit folgenden Worten: Unter Vielem, was in den Sprengeln meines Reiches zu verbessern ist, steht es oben an, daß die nächsten Verwandten zur Ehe miteinander schreiten, ja, daß selbst die im dritten Grade Blutsverwandten ehelicher Verbindung nicht entsagen und so die Kette, welche die heiligen Bestimmungen der Kanones bis zum siebenten Geschlecht unversehrt zu erhalten befehlen, ruchloser denn Juden und Heiden schon in ihren ersten Gliedern zu zerreißen sich nicht scheuen.
    Wiederum herrschte langes Stillschweigen unter den Bischöfen. Die einen wußten gar nicht, was der König meine; die anderen hielt Neigung für die angefeindete Person oder Furcht vor derselben zurück. Der König aber, in den Wissenschaften wohl erfahren, wußte sich Mäßigung zu gebieten, und hielt es für ehrenvoller, mit Sprüchen und Beispielen aus der heiligen Schrift auf die Betroffenen einzudringen. Seht, sprach er endlich, der Herzog Konrad von Austrasien, uns durch Blutsbande, allen Edlen Deutschlands durch Verschwägerung verbunden, hat eine ihm so nahe verwandte Frau zur Gattin erwählt, daß, wie ich fürchte, nicht nur ihn, sondern das gesamte Vaterland alsbald die Strafe Gottes dafür treffen wird.
    Jetzt erhob sich Adalbero, ein Kirchenfürst aus jenem Hause, das seit langer Zeit mit den sächsischen Kaisern in enger Verbindung war. Er erklärte, die Verwandtschaft des Herzogs Konrad, des Sohnes Ottos von Kärnten - denn kein anderer war gemeint - und seiner Gemahlin Mathilde, Tochter des Herzogs Herimann von Schwaben, man muß sagen mit mönchischem Eifer, so, daß sie als Verwandte des zweiten Grades erschienen.
    Natürlich erregte diese Deduktion Unwillen und Streit in der Versammlung. Herzog Theoderich von Ober-Lothringen, der den Zorn der Welt nicht scheute, trat offen seinem Bruder bei [Persönlicher Einwurf: Pikanterweise heiratete später Theoderichs (Dietrichs) Sohn Friedrich II. Herzog von Ober-Lothringen die wegen ihrer Nahehe gescholtene Mathilde von Schwaben, mit der er als Urenkel der Hadwig, Schwester OTTOS DES GROSSEN, genau so nahe verwandt war, wie Konrad von Kärnten als Urenkel OTTOS DES GROSSEN.]. Von den weltlichen Großen scheinen viele, von den Geistlichen nur wenige seinem Beispiel gefolgt zu sein. Rücksichten für den Herzog bestimmtem gerade die Ansicht der Letzteren. Den ausgebrochenen Hader konnte auch der König nicht beilegen; im Unfrieden, mit bitterem Groll schied man.

    Bresslau, Harry: Band 1 Seite 247, "Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II."

    Von sächsischer, also feindlicher Seite wird Mieszko sorgfältige Pflege der christlichen Institutionen nachgerühmt; und sehr merkwürdig ist ein auf uns gekommenes Schreiben, das die Herzogin Mathilde von Ober-Lothringen, die Mutter des jüngeren Konrad und Gemahlin des Herzogs Friedrich, eben in diesen Jahren an ihn gerichtet hat. Aus der Bibliothek des Klosters Neu-Celle bei Frankfurt an der Oder ist ein liturgisches Buch in die der Hedwigskirche zu Berlin übergegangen, welches die Herzogin dem Polen-Fürsten als Geschenk übersandt hat, und welchem ein ziemlich umfangreicher Widmungsbrief an ihn vorangeht. Mit geradezu überschwenglichen Lobeserhebungen preist sie darin Mieszko, der in allen Zungen dem Dienst des Höchsten Verehrung spenden lasse, der mehr Kirchen erbaut habe, als irgendeiner seiner Vorgänger, der durch seine Tugenden, seinen sittlichen Lebenswandel, seine Gerechtigkeit seine Fürsorge für die Witwen und Waisen, für die Armen und die Elenden allgemeine Anerkennung erworben habe

    Weinfurter, Stefan: Seite 165, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten."

    Auf der Synode von Diedenhofen verwies HEINRICH II. auf die angebliche Nahehe des SALIERS Konrad von Worms, der mit Mathilde, einer Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben, verheiratet war. Konrad war ebenfalls in Diedenhofen anwesend, und das Vorgehen des Königs war ein harscher Affront gegen ihn. Die meisten Bischöfe hielten sich noch zurück, ja sie waren geradezu konsterniert von den Attacken des Königs. Nur der Metzer Bischof Adalbero II., so hören wir, habe die Ansicht HEINRICHS II. verteidigt und nachzuweisen versucht, daß Konrad nicht nur in einer Nahehe vierten Grades, sondern sogar zweiten Grades verheiratet sei. Diese Versammlung ging in ziemlichen Unfrieden auseinander.

    Erkens, Franz-Reiner: Seite 26,37,78, "Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers."

    Sein Sohn Konrad, verheiratet mit Mathilde, der Tochter Hermanns II. von Schwaben, hat im übrigen eine andere Entscheidung getroffen und die Kandidatur seines Schwiegervaters unterstützt. Die Verschwägerung mit der KONRADINER-Sippe hat diesen Schritt sicherlich gefördert.
    Die Lothringer aber standen in Opposition und sprachen sich offenbar für den anderen, den jüngeren Konrad aus: Friedrich II. von Ober-Lothringen, der schon zu Lebzeiten seines Vaters Dietrich (+ 1027) den Herzogstitel führte und 1024 wohl auch die Politik im Herzogtum mitbestimmte, hatte die verwitwete Mutter des jüngeren Konrad geheiratet und unterstützte die Kandidatur seines Stiefsohnes.
    Konrad der Jüngere, dessen Mutter, die Gemahlin des oberlothringischen Herzogs Friedrich, Kontakte mit dem im Gegensatz zum Reich stehenden polnischen König Mieszko II. pflegte, hielt sich deutlich zurück, und Herzog Friedrich, dessen Vater Dietrich am 2. Januar 1027 starb, bewahrte trotz aller persönlicher Distanz zum salischen König Ruhe.

    Boshof, Egon: Seite 24,26, "Die Salier"

    Ottos Sohn Konrad hat sich nämlich dem Schritt des Vaters nicht angeschlossen, sondern für Hermann von Schwaben Partei ergriffen. Die verwandtschaftliche Bindung - Konrad war mit Hermanns Tochter Mathilde verheiratet, hat diese Entscheidung sicherlich mitbestimmt.
    Auf einer mit einem Hoftag verbundenen Synode in Diedenhofen kam es 1003 zu einem aufsehenerregenden Zusammenstoß, als HEINRICH Konrads Ehe mit Mathilde von Schwaben als unkanonisch brandmarkte und - wenn man der Quelle, der Biographie des Bischofs Adalbero II. von Metz, trauen darf - aus deiser anfechtbaren Verbindung nicht nur für Konrad selbst, sondern für das ganze Vaterland die Gefahr göttlicher Strafe erwachsen sah. Allerdings konnte der Bischof Adalbero nur durch eine rabulistische Argumentation die Behauptung zu enger Verwandtschaft der beiden Ehegatten aufrechterhalten, indem er Bruder und Schwester in der Zählung der Grade nicht berücksichtigen wollte. Tatsächlich ergibt aber die Rückführung beider Linien bis zum gemeinsamen Vorfahren, HEINRICH I., - bei Konrad über Otto von Kärnten, Liudgard und OTTO DEN GROSSEN, bei Mathilde über Hermanns II. Gemahlin Gerberga, deren Mutter Mathilde und die Großmutter Gerberga, OTTOS DES GROSSEN Schwester, - ein zulässiges Verwandtschaftsverhältnis des achten Grades.

    Weinfurter Stefan: Seite 49, "Herrschaft und Reich der Salier. Grundlinien einer Umbruchszeit."

    Diesem König Mieszko von Polen hatte noch 1025/26 Mathilde, die Mutter Konrads des Jüngeren, ein kostbares liturgisches Buch übersandt mit einem wirklich bemerkenswerten Widmungsschreiben. Sie, die Schwester der Kaiserin Gisela, preist darin geradezu überschwenglich die Würde des Polen-Königs, seine Verdienste, seine Tugenden, seine Gerechtigkeit und Fürsorge für die Armen, nennt ihn Kämpfer Christi auf Eerden und "den unbesiegbaren König, dem die Bestimmung des allmächtigen Gottes das königliche Diadem verliehen habe", und sie wünscht ihm"glücklichen Triumph über alle Feinde". Dieser Brief an den Gegner KONRADS II. und - vom salischen Herrscher aus gesehen - an den Feind der "Reichsrechte" stellt gut vor Augen, daß sich die Opposition im Inneren des Reiches in einer ähnlichen Lage befand wie der Polen-König und daß man sich daher zusammenfand. Mieszko erscheint als der "gerechte König". Die Herrschaftsweise und den Autoritätsstil KONRADS II. empfand man demzufolge als "ungerecht". Mathildes Äußerungen muß man hoch bewerten, denn sie war in diesen Jahren als Mutter des jüngeren Konrad und als Gemahlin Herzog Friedrichs II. von Ober-Lothringen das Verbindungsglied in der Opposition und spielte zweifellos eine ganz zentrale Rolle, wie ein Gedenkbucheintrag dieser Gruppe im Kloster Reichenau aus dieser Zeit erkennen läßt (Hansmartin Schwarzmaier).

    Goez Elke: Seite 11,38, "Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts."

    Spärlich sind die Nachrichten über Beatrix bis zu ihrer ersten Eheschließung. 1012 oder kurz danach hatte ihr Vater, Herzog Friedrich II. von Ober-Lothringen, die KONRADINERIN Mathilde geheiratet, die älteste Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben und Witwe Herzog Konrads von Kärnten. Diese ist letztmals 1030 bezeugt, als sie während des Osterfestes am Königshof in Ingelheim weilte [Vgl. Ekkehardi Casus s. Galli, Seite 142; Bresslau I, Seite 286f.; Reg. b. Zur komplizierten Familiengeschichte der Konradiner vgl. Wunder, Beiträge, Seite 1-15; Mertens, Rhein, Seite 227ff.; Hlawitschka, Thronwechsel, Seite 149-248.]
    Weit abseits vom alten Herrschaftszentrum Herzog Friedrichs II. von Ober-Lothringen lagen ferner Titinesheim und Lutera. Es könnte sich also hierbei möglicherweise um konradinisches Erbe aus dem Nachlaß von Beatricens Mutter Mathildegehandelt haben. Titinesheim ist mit Deidesheim an der Weinstraße zu identifizieren. Bei Lutera handelt es sich offenbar um Lauterburg.

    Schnith Karl: Seite 95-97,100-103,110-112, "Frauen des Mittelalters in Lebensbildern."

    Nach römischer Zählweise waren Konrad und Mathilde, die jeweils in der vierten Generation von HEINRICH I. abstammten, im achten Grad verwandt. HEINRICH II. sprach bei seiner Anklage auf der Synode von Diedenhofen von Ehen zwischen Verwandten dritten Grades: als solche konnte man die Verbindung von Konrad und Mathilde werten, wenn man mit der germanischen Zählung die gemeinsamen Stammeltern und deren Kinder ausklammerte. Diese Zählweise ist zeitgenössisch im Dekret Bischof Burchards von Worms belegt. Bischof Adalbero von Metz aber bezeichnete die von ihm konkret dargelegte Verwandtschaft mit eben diesem Argument überraschenderweise als eine zweiten Grades. Darauf reagierte Konrad sehr empört; er war damit keineswegs allein, so daß die Versammelten im Unfrieden schieden. Vielleicht versuchte Adalbero, auf eine Verwandtschaft zweiten Grades im Sinne von 2 : 2 zu kommen, weil zuweilen erst bei einer Verwandtschaft im vierten oder fünften römischen Grad eine Trennung schon Verheirateter gefordert wurde. Auch wenn man, wie Hoffmann fordert, nicht von vornherein bezweifelt, daß es HEINRICH II. wirklich um die Durchsetzung des Kirchenrechts ging, so legt doch die Verschärfung durch Adalbero nahe, daß hier der Versuch gemacht wurde, das Kirchenrecht politisch einzusetzen. Später hören wir nichts mehr von Angriffen auf diese Ehe von Giselas Schwester, genausowenig wie auf ihre zweite Ehe im gleichen Verwandtschaftsverhältnis.
    Das 1019 sichtbare Einvernehmen zwischen den beiden Konraden hat allerdings nur bis zur Wahl Konrads des Älteren zum König gedauert. Seitdem dürften sich auch die Schwestern Gisela und Mathilde zeitweise nicht mehr so gewogen gewesen sein.
    Verwandt mit KONRAD sowie mit Gisela war Bruno, ein Sohn aus der bereits mehrfach erwähnten ersten Ehe von Giselas Schwester Mathilde. Offenbar im Hinblick darauf, daß er als künftiger Bischof von Würzburg vorgesehen war, schenkte Gisela der Würzburger Bischofskirche ihren Anteil an ihrem bereits oben erwähnten, in seiner ursprünglichen Funktion nicht mehr benötigtem Erbgut Regenbach, dessen anderen Teil Bruno wohl über seine Mutter Mathilde geerbt hatte.
    Wir erinnern uns, daß ihre Schwester Mathilde, die Mutter Konrads des Jüngeren, in zweiter Ehe mit Friedrich von Ober-Lothringen verheiratet war, der die Wahl Konrads des Älteren deshalb nicht mitgetragen hatte. Dem Streit Konrads des Jüngeren mit dem König folgte eine gegen den König gerichtete Verschwörung zwischen Konrad dem Jüngeren, seinem Stiefvater Friedrich von Ober-Lothringen, Graf Welf und Herzog Ernst II. von Schwaben, dem Sohn Giselas aus zweiter Ehe. Angesichts der Verschwörung scheinen die beiden Schwestern Gisela und Mathilde zusammen mit Abt Bern von der Reichenau einen Vermittlungsversuch unternommen zu haben. Ob die Kontrahenten zusammenkamen, ist unsicher, aber jede der beiden Parteien fand sich auf der Reichenau ein, wie uns durch zwei entsprechende Gedenkbucheinträge wohl vom Sommer 1025 überliefert ist. Allerdings führte diese Initiative offenbar zu keiner Einigung. Die Gegner KONRADS II. nahmen sogar Verbindung nach Polen auf. Das zeigt ein Widmungsschreiben aus der 2. Hälfte des Jahres 1025, mit dem MathildeKönig Mieszko ein kostbares liturgisches Buch übersandte: der polnische Gegner KONRADS II. wird von ihr als gerechter König bezeichnet, dem sie glücklichen Triumph über seine Feinde wünsche. Eine Reaktion auf diese Kontaktaufnahme ist allerdings nicht bekannt.
    Da Konrads Mutter Mathilde zum Beispiel 1030 in der Umgebung Giselas nachweisbar ist - sie besuchte, wie Ekkehard von St. Gallen berichtet, in Ingelheim das österliche Hochamt zusammen mit Gisela und KONRAD - könnten die beiden Schwestern durchaus ausgleichend gewirkt haben.

    Hilsch, Peter: Seite 57, "Regenbach und die Schenkung der Kaiserin Gisela"

    Eines scheint kaum zweifelhaft: daß Giselas Schenkung bereits auf den am Königshof für Würzburg vorgesehenen Bischof Bruno, ihren Verwandten, zielte und ihr Zeitpunkt mag auf diesen im Sommer 1033 am Hof erfolgten Entschluß zurückgehen. Aber noch ein anderes familiäres Ereignis war dafür entscheidend: am 18. oder 20. Mai 1033, zweieinhalb Monate vor Ausstellung unserer Urkunde, war der einzige Sohn Mathildes aus ihrer zweiten Ehe mit Herzog Friedrich II. von Ober-Lothringen (+ 1026/27), Herzog Friedrich III., kinderlos gestorben. Mathilde selbst kann zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht mehr gelebt haben; denn Kaiserin Gisela adoptierte nun, 1033, die einzigen hinterbliebenen Kinder aus dieser Ehe ihrer Schwester und ließ sie am Königshof erziehen. Dieser bemerkenswerte Vorgang, die einzige uns bekannte "Frauenadoption" im Königshaus, bezeugt uns wiederum das große Interesse Giselasan den Kindern Mathildes [Chronik des Klosters St. Mihiel/Maas, Kap. 32, MGH SS 4, Seite 84: exceptis duabus puellulis Sophia et Beatrice, quae nutriebantur in aula regis, nam coniunx imperatoris, amita earum, was sibi adoptaverat in filias. Dazu Breßlau Jbb. Band 2, Seite 72 Anmerkung 4. Über diese Adoption im Königshaus Eduard Hlawitschka: Wer waren 'Kuno und Richlind von Öhningen? Kritische Überlegungen zu einem neuen Identifizierungsvorschlag. In: ZGO 128 (1980) Anmerkung 115, Seite 24f. Mathilde selbst ist zum letzten Mal 1030 am Königshof bezeugt; siehe zu den betreffenden genealogischen Fragen Leidinger Seite 51-58, 65f. ].
    Nach dem Tode seiner Mutter (vermutlich Juli 1031 oder 1032) und jetzt seines Stiefbruders muß Brun (neben Konrad der einzige überlebende Sohn aus den beiden ersten Ehen der Mathilde) ihr Erbe angetreten haben, soweit es nicht über seinen nun adoptierten Stiefschwestern an Gisela gekommen war. Nun liegt es nahe, anzunehmen, daß Mathildeebensowie ihre Schwester Giselaeinen Teil jener immunitzas um Regenbach geerbt hatte.




    Heinzelmann Josef, "Der Name Sophia als genealogisches Indiz und Problem"

    Sophia von Lothringen/Mousson

    Eine Sophia, die ihrem Manne Ludwig von Mousson-Bar-Mömpelgard die Hälfte der Allode des Herzogs Friedrich II. von (Ober-)Lothringen zubrachte, ist nach der Tochter und der Enkelin Theophanus die zeitlich nächste Namensträgerin. Auch sie hat den damals besonders auffälligen Namen unter ihrer Nachkommenschaft verbreitet. Wenn es eine Leitnamensitte gab, muss sie auch hier – in der Crême de la crême des damaligen Reichsadels - gegolten haben. Hat sie aber gegolten, drängt sich eine überraschende Erklärung auf, die ich hier vorstellen will, wobei ich sie gegen den Vorwurf des Zirkelschlusses abzusichern suche.
    Kein Forscher hat bisher erklärt oder auch nur zu erklären versucht, woher Sophia ihren Namen hat. Niemand hat vermutet, sie könne eine Theophanu-Nachkommin sein. Alle Forscher haben bisher angenommen, dass sie eine Schwester des als Kind verstorbenen Herzogs Friedrich III. und der Beatrix von Tuszien und eine Tochter Friedrichs II. und der Mathilde von Schwaben war. Suchen wir dort nach einer Herleitung des Namens.

    Exkurs: Hermann II. und seine angebliche Ottonen-Verwandtschaft

    Da wir bei Friedrichs II. durchaus bekannten Eltern und Großeltern keinen Anhaltspunkt und keine Sophie in der Verwandtschaft finden, müsste Sophie ihren Namen nicht von Vater-, sondern von Mutterseite haben. Als ihre Mutter gilt Mathilde, die in erster Ehe mit dem Herzog Konrad von Kärnten, dem SALIER, in dritter Ehe mit Graf Esiko von Ballenstedt (einem ASKANIER) verheiratet war.
    Mathilde war als Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben und der Gerberga von Burgund (Witwe von Graf Hermann von Werl) etwa 988/990 geboren worden, war 1002 schon mit dem SALIER Konrad, Herzog von Kärnten, († 1011 Dezember 12) verheiratet, hatte mit ihm die Kinder Konrad (der jüngere Thronkandidat von 1024) und Bruno (1034 Bischof von Würzburg, † 1045 Mai 27). In zweiter Ehe heiratete sie (laut Poull erst etwa 1016) Herzog Friedrich II. von (Ober)-Lothringen, der 1026 Mai 18 (noch vor seinem Vater, der mit ihm die Regierung teilte), starb. Recht eindeutig ist jedenfalls die Meldung Wipos, Fridericus dux Liutharingorum, vitricus praedicti Chuononis, imperatori inimicando morte propria praeventus est. Dieser Ehe sollen Friedrich III., Sophie und Beatrix entsprossen sein.
    Erwähnen wir kurz, dass Mathildes Vater, Herzog Hermann II. von Schwaben, ein in seiner Zeit sehr mächtiger Fürst war, der gegen HEINRICH II. um die Nachfolge OTTOS III. kandidiert haben soll. Er steht heute im Mittelpunkt eines erbitterten Historikerstreits, da einzelne Forscher eine fragwürdige Meldung der unzuverlässigen Welfen-Chroniken zum Anlass genealogischer Spekulationen nahmen: Ein Graf Kuno von Öhningen habe Richlind, eine Tochter Kaiser OTTOS I., zur Frau gehabt. Mit Kuno dürfte Hermanns Vater Herzog Konrad gemeint sein, Richlind wird von den Parteigängern dieser Meinung meistens als Enkelin OTTOS I. uminterpretiert. Grundsätzlich ist diese Diskussion um Hermanns II. Thron-Erbrecht meiner Ansicht entschieden: “Wenn man schon um jeden Preis einen ,geblütsrechtlichen‘ Anspruch Hermanns” (II., Herzog von Schwaben) “postulieren will, dann läge es wohl doch näher, die unbestreitbare, allgemein bekannte ottonisch-karolingische Deszendenz von dessen Gemahlin Gerberga ins Feld zu führen (Anmerkung: Unter ihren Ahnen bis zur vierten Generation befinden sich neun (!) Könige, darunter drei KAROLINGER…).” Zu Herzog Konrad von Schwaben konnte ich aus dem Blickwinkel der Spanheimer-Forschung sehr viel deutlicher machen, dass er mit dem dux Kuno de Beckilnheim, der mit einer Jutta verheiratet war, identisch ist, was die behauptete Ehe mit einer OTTONIN Richlind so gut wie unmöglich macht.
    Dass Hermanns II. und der Gerberga Tochter Mathilde einer Tochter den Namen Sophia aus der Nachkommenschaft Theophanus vermittelte, ist auch aus anderen Gründen auszuschließen. Mathildes erster Mann, der SALIER Konrad, war ein Urenkel Kaiser OTTOS DES GROSSEN. Sie kann also nicht eine Enkelin Theophanus und OTTOS II. gewesen sein. Konrads und ihre Ehe wäre auf der Synode in Diedenhofen/Thionville noch heftiger angegriffen worden, als sie es wegen des genau belegten siebenten kanonischen (achten römischen) Grades 1003 wurde. “Herzog Otto, der Vater des unter uns sitzenden ehrenwerten Herzogs Konrad, war der Sohn einer Tochter des großen OTTO, welch letzteres Schwester Gerberga ihre Tochter dem König der Burgunder Konrad gab. Konrads Tochter gebar aber Mathilde, eben des hier unter uns weilenden Konrads Frau.” Grafisch dargestellt und um die selbstverständlichen Namen ergänzt:

    ? Ks .Otto I. ?[Liutgard ? Hz. Otto ? Hz. Konrad
    ? ? 8 ? [v. Kärnten] ? [v. Kärnten]
    ? ? Konrad d. Rote] ? ?
    ? 8
    ? Gerberga ? [Mathilde ? [Gerberga ?
    ? [8 Ludwig IV ? 8 Konrad II. ? 8 ? Mathilde
    ? Kg. Frkr.] ? Kg. v. Burg] ? Hz. Hermann II.] ?

    Die durch diesen gewiss zwischen Bischof Adalbero und König HEINRICH II. abgesprochenen Angriff ausgelöste Empörung richtete sich nicht gegen die unbestreitbare Darstellung gemeinsamer Abstammung von König HEINRICH I., sondern nur gegen die Anwendung einer neuen kanonischen Zählung, die zwischen Geschwistern nur einen Schritt berechnete (quia frater sororque in supputatione non admittitur), nicht zwei (je einer zum gemeinsamen Elternteil) wie im römischen Recht und auch in unserem Verständnis. Diese Verschärfung der kanonischen Regeln konnte auf Dauer nicht durchgesetzt werden, bzw. wurde bald durch exzessive Dispensationen umgangen.
    Hier wird auch deutlich, weshalb diese Vorschriften so oft missverstanden wurden: HEINRICH II. spricht vom Frevel von Ehen tertii loci consanguinitatis, da doch nach den heiligen Bestimmungen des Kanons solche ad septimam usque generationem untersagt seien. Generatio ist hier im klassischen lateinischen Sinn als “Zeugung, Geburt” zu verstehen, nicht als Abstand zum gemeinsamen Ahnherrn (das ist der locus consanguinitatis). Die Inzest-Verbote sind ja sowieso keine Glaubensinhalte. Im Neuen Testament findet sich nichts dergleichen, und im Alten (auch weiterhin im Judentum) waren Heiraten z. B. zwischen Onkel und Nichte erlaubt. Sie entstammen dem römischen Recht und sind mithin ein weiterer Beweis für die Rechtskontinuität zwischen dem spätrömischen Reich und dem Mittelalter, die Aufgabe der Bischöfe war. Sie dienten zur Friedenswahrung (wie jede Exogamie) und Verhinderung von Machtkonzentrationen, darum wurden die zumindest bei Theodosius zu findenden Verbote in exzessiver Weise immer mehr ausgedehnt. Darin hat man auch kirchliche “Erbschleicherei” (je weniger legitime Erben, desto mehr fiel an die “tote Hand”) gesehen.
    Als Enkelin OTTOS II. wäre Mathilde im fünften “kanonischen” Verwandtschaftsgrad mit Konrad verwandt gewesen. Natürlich könnte Jackman auch hier behaupten, dass Bischof Adalbero diese nahe Verwandtschaft “geheimgehalten” hätte. Ich bin mir sicher, eine solche Geheimhaltung einer nahen Verwandtschaft mit den OTTONEN, auf die sich der doch im ganzen Reich bekannte Thronfolgeanspruch Herzog Hermanns gegründet haben soll, konnte damals vor den Großen des Reichs nicht unentlarvt durchgehen, sondern nur bei verrannten Historikern unserer Tage.
    So bleibt für Phantasten die Möglichkeit offen, dass Mathilde “eins” nach kurzer zweiter Ehe starb und Herzog Friedrich II. eine zweite Gattin genommen hat, die auch Mathilde hieß und auch eine Tochter Hermanns II. war, aber aus einer anderen Ehe mit einer Theophanu-blütigen Frau stammte.
    Leidingers gründliche Untersuchung über Mathildes Mutter und ihre Familie erster Ehe genügt, um Gerbergas Lebensdaten zu klären. Sie ist im Jahre 1000 zum letzten Mal erwähnt, erstaunlicher Weise als matrona, obwohl sie doch verheiratet war und die letzten Kinder noch unmündig waren. Hermann II. hätte vielleicht in den letzten Jahren seines Lebens (1000–1004) eine zweite Gattin nehmen können. Aber welche Theophanu-Tochter oder -Enkelin wäre infragegekommen? Keine belegbare, keine denkbare sogar. Und warum hätte kein Chronist eine so vornehme Verbindung erwähnt? Wo wäre die Witwe abgeblieben? Außerdem wird eine Meldung über Hermanns Tod ausdrücklich von der Bemerkung begleitet, dass er von Gerberga drei Töchter und einen Sohn seines Namens hinterließ. Von einer zweiten Ehe und einer Tochter daraus ist keine Rede.
    Entscheidend ist bereits ein einziges Argument: Herzog Friedrich hätte eine Halbschwester seiner ersten Gemahlin nicht heiraten dürfen. Das war nach kanonischem Recht damals ausgeschlossen. Vollends zunichte gemacht wird dieses hypothetische Hirngespinst durch den Reichenauer Gedenkbucheintrag von 1025, von dem gleich zu reden sein wird.
    Hätten wir ein paar Quellen weniger, ließe sich trefflich kombinieren und die Diskussion über Erbrecht oder Wahlrecht für die Bestimmung des Thronnachfolgers um weitere Hypothesen bereichern. Insgesamt ist die Spekulation gescheitert, doch gibt es noch einen Spalt, durch den man einen Fuß in die Tür der Hypothese bekommen kann. Denn die Richtung, in der wir Theophanu von Sophie aus suchten, war falsch.

    Sophia als Tochter Herzog Friedrichs III.

    Adolf Hofmeister hat erstmals die Abfolge der letzten Herzöge aus dem ersten oberlothringischen Hause klargestellt. Ich diskutiere die Ergebnisse nicht lang, sie sind unabweisbar, sind von Parisse, Poull und anderen selbstverständlich übernommen worden; doch sind die dort angeführten Nachrichten der Chronisten noch konkreter.
    Wenn die Chronik von Saint-Mihiel im Zusammenhang mit langjährigen Restitutionsbemühungen des Abtes Nanther, direkt nach den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Graf Eudes/Odo (von Blois und der Champagne) und KONRAD II. berichtet: …cunctis morbo absumptis duce Tiedrico, filio ejus, et filio filii, exceptis duabus puellulis Sophya et Beatrice, quae nutriebantur in aula regis, nam conjunx imperatoris, amita earum, eas sibi adob(!)ta-verat in filias… muss dieses im Ablativus absolutus als Vergangenheit erzählte Wegsterben fast einer ganzen Drei-Generationen-Familie, das, wie wir wissen, 1026 mit dem Tod Friedrichs II. begann, eindeutig im Jahr 1033, vermutlich im Mai, geendet haben, da Friedrich III., der “Sohn des Sohnes”, erst jetzt starb. Puellula gilt für diesen Zeitpunkt. Das Wort kann nicht für 14-jährige, also deutlich ehemündige Mädchen verwendet werden, was die Forschung bisher übersehen hat. Wenn laut der sehr zuverlässigen Chronik eines Augenzeugen dann später der Abt seine Bitte an den Kaiser über die beiden Erbinnen richtet, heißt es puellas adiit; sie sind inzwischen schon etwas älter.
    Bei Sigebert de Gembloux wird die Situation anders, aber in selbem Sinne geschildert. Dabei muss es sich wieder um 1033 (Sigebert, der mehrere Angaben ein Jahr zu spät datiert, meldet es unter 1034) und Friedrich III. handeln: Friderico Mosellanorum duce mortus, quia mares filios non habebat… “Nach dem Tode Herzog Friedrichs, der keine männlichen Kinder hatte…”, also hinterließ er wohl (mindestens) eine Tochter. Sein Vater Friedrich II. kann nicht gemeint sein, denn der war 1026 gestorben und hinterließ mindestens einen Sohn, eben Friedrich III. Die beiden Friedriche sind leicht zu verwechseln, auch bei der Interpretation eines Textes wie Constat me Beatrice lege vivente Saliga, filia bonae Memoriae Federighi qui fuit Dux … Nach diesem Text kann Beatrix ebenso Tochter Friedrichs II. wie III. sein. Aber kann sie, kann Sophia, überhaupt Friedrichs III. Tochter sein?
    Für ihre Geburtsjahre gibt es jedenfalls ein post quem, das Poull übersieht, denn Beatrice (Beatrix) und Sophie erscheinen nicht im Gedenkbucheintrag Mathildes auf der Reichenau, den Schwarzmaier überzeugend auf 1025 datiert. Selbst für den Laien sind die paläograph(o-lo-g)ischen Zusammenhänge dieser Namengruppe evident. Hier nun die Reihenfolge:
    CVONRADVS DVX ? HEREMANNVS DVX ? GERBIRCH ? MATHILTH ? FRIDERICH DVX ? CuonradvS DVX ? BRVN ? FRIDERICH ? RVUODOLF ? ADALHEID.
    Die beiden (oder drei) ersten Personen sind verstorben. Dabei ist der erste Name von besonderer Bedeutung, auch für die Bestimmung der übrigen. Bis jetzt dachten Schwarzmaier, Hlawitschka, Zotz, Jackman und Wolf bei CVONRADVS DVX nur an den Herzog Konrad von Schwaben, wohl weil er der Vater der zweiten genannten Person war. Weil sonst kein anderer Großelternteil Mathildes genannt wird und ausgerechnet ihr ältester Sohn, Konrad “der jüngere”, der Thronprätendent, in diesem Eintrag fehlen würde, glaube ich, dass hier Mathildes erster Mann, Konrad, Herzog von Kärnten gemeint war. Natürlich ist das zweite dux für Konrad den Jüngeren, der 1011 der Herzogswürde privatus wurde und erst Jahre später im Amt seines Vaters eingesetzt werden sollte, angemaßt. Allerdings nennt ihn auch Wipo cap. 21 dux Chuono, für einen Termin, da Konrad das Herzogtum Kärnten noch nicht innehatte. Außerdem steht dieser CuonradvS DVX genau an der Stelle, wo von der Logik des Eintrags der jüngere Konrad stehen muss.
    Gemeint sind also: Die Herzöge Konrad (von Kärnten, † 1011) und Hermann (II. von Schwaben), Gerberga (von Burgund, Hermanns Frau oder Witwe), dann kommen Mathilde selber, Herzog Friedrich II. von Ober-Lothringen, Konrad von Kärnten als Aspirant auf das Herzogtum, Brun, der spätere Bischof von Würzburg, Friedrich, später als Herzog “III.”, ein noch nicht identifizierter Rudolf, schließlich eine Adelheid. Alles bezieht sich auf Mathilde: Erster Gatte (†) – Vater (†) – Mutter (wohl auch †) - sie selber - ihr derzeitiger Gatte – ihr ältester Sohn – ihr zweiter Sohn – ihr dritter Sohn (der erste aus zweiter Ehe) - ein vierter Sohn? - die Schwägerin oder eine Tochter oder gar eine Schwiegertochter.
    Das ist ein derart genaues “Familienfoto” Mathildes, dass wir daraus ableiten können, es habe 1025, zum wahrscheinlichen Zeitpunkt des Eintrags, keine weiteren lebenden Kinder Mathildes und Friedrichs II. gegeben. Wenn Rudolf (und evtl. Adelheid) zu diesen gehören sollte, wäre auch er ein Sohn Friedrichs II., wenig später (vor 1033) gestorben und sein Name hätte an seine Abstammung vom burgundischen Königshaus erinnert.
    Mir scheint, nebenbei gesagt, dass der langjährige Dissens der schwäbischen und oberlothringischen Herzogsfamilie mit HEINRICH II. und KONRAD II. eher um das burgundische Erbe als um die deutsche Krone ging. Wenn Hermann II. laut den Annales Sangallenses maiores zum Jahr 1002 daran dachte, mit HEINRICH II. das Reich zu teilen, wollte er wohl schon die Nachfolge in Burgund garantiert haben… Dass Eudes/Odo von Blois und der Champagne im “burgundischen Erbfolgekrieg” gerade Lothringen so verheerte, hat auch damit zu tun.
    Doch kommen wir wieder zur Genealogie. Ermitteln wir ein genaueres Geburtsdatum der beiden lothringischen Erbinnen als das durch den Gedenkeintrag und den Tod Friedrichs III. ermittelte “zwischen 1025 und 1033”. Wenn Poull die beiden ausdrücklich als Schwestern bezeichnet, gibt er hierfür keine Quelle an. Man mag eine indirekte in Bernoldi Chronicon A. 1092 finden, wo (nicht in allen Handschriften) Domna Sophia (“von Mousson”) bezeichnet wird als quae erat matertera comitissae Mathildis, quae cum domino suo Welfone duce in Italia contra scismaticos multum laboravit. Matertera wird indessen nicht immer im strengsten Sinne (Schwester der Mutter) gebraucht, häufig steht der Begriff auch für die matertera magna der Arbores consanguinitatis. Dass er – nicht nur von Bernold – in Umkehrung zu nepos/neptis auch für eine ältere Verwandte über die Mutterlinie gebraucht wurde, lässt sich annehmen, vor allem wenn man die komplizierten Verhältnisse 60 Jahre später nicht mehr genau kannte. Auch wenn der Sohn Sophias in Italien als Fredericus comes, nepos Beatricis ducissae, filius Lodovici comitis bezeichnet wird, muss man das nepos nicht als “Neffe ersten Grades” einengen, und Beatrix und Sophia zu Schwestern machen.

    Ein Seitenblick auf Beatrice

    Beatrice/Beatrix, laut Poull die jüngere der beiden, wurde 1037 mit Bonifacio di Canossa verlobt, und begab sich im Juni dieses Jahres nach Italien, die Hochzeit wurde in “Marego” gefeiert. Bonifacio de Canossa ist etwa 985 geboren, er stirbt 1052. Zwei Kinder Beatrices - Federico und Beatrice - sterben jung, das dritte, die berühmte Markgräfin Mathilde von Canossa, ist 1046 geboren. Beatrices zweite Ehe mit Gottfried dem Bärtigen war kanonisch unproblematisch (4:4 oder 4:5 nach römischer Zählung): Gottfried ? Gozelo (1033 Herzog O’Lothringen) ? Gottfried (Gf. Verdun) ? Gozlin (Gf. Verdun) ? Wigerich ? Friedrich I. ? Dietrich ? Friedrich II. [?Friedrich III.] ? Beatrice.
    Wenn Beatrice 1037 ehemündig war, muss sie spätestens 1026 geboren worden sein. Wenn die Ehe aber erst später rechtskräftig, also vollzogen wurde, kann man auch ihr Geburtsdatum entsprechend später datieren. Aber arg gequält ist das schon. Auch kann man die drei Namen ihrer Kinder von der lothringischen Familie ohne Zwischenglied ableiten. Ihr eigner Name ist aus der Vorfahrenschaft erklärbar, obwohl andere Namen nähergelegen hätten. Gerberga, Richlint waren ihre Großmütter, Giselaihre Tante. Vermutlich gab es ältere Schwestern mit diesen Namen, die früh gestorben waren. Beatrice hieß aber die robertinische Stamm- und Erbmutter des oberlothringischen Hauses, Tochter von Hugo dem Großen und Gattin von Friedrich I., also Urgroßmutter der jungen Beatrice. Übrigens ist der Name Beatrix/Beatrice selber rätselhaft, denn die Annahme, er sei ein Diminutiv von Bertais (Berta, Bertrada), der auch Settipani anhängt, erscheint mir keineswegs sicher. Soweit ich sehe, sind alle Namensträgerinnen von einer einzigen abzuleiten, der Tochter Heriberts I. von Vermandois und einer unbekannten Mutter. Sie wurde Gattin des späteren Königs Robert und Großmutter der nach Lothringen verheirateten Beatrice. Es gibt übrigens eine – freilich rein zufällige – Übereinstimmung zwischen dieser und ihrer berühmteren Urenkelin, der “canusinischen” Beatrice: Auch sie führte nach dem Tod des Gatten (Herzog Friedrich I. starb 978 Mai 18) bis zu ihrem Tode (September 23 nach 987) allein und erfolgreich die Herrschaft.
    In den Zwischengenerationen sind Trägerinnen des Namens nicht belegt, aber doch zu vermuten. Trotzdem spricht diese Namengebung eher dafür, dass nur zwei und nicht drei Generationen zwischen den beiden Beatricen liegen. Es fällt schwer zu glauben, dass Beatrice von Tuszien nicht ein spätes Kind Mathildes und Friedrichs II. war. Außerdem hätte Friedrich III. einer ersten oder zweiten Tochter mit höchster Wahrscheinlichkeit den Namen Mathilde gegeben, vor allem wenn, wie ich glaube, nicht nur die väterliche Großmutter so hieß.
    Im Besitz und der Hinterlassenschaft Mathildes von Canossa finden sich Komplexe in der heutigen Pfalz (Stetten, Lutera, Quellen der (Wies?)Lauter, Deidesheim), die sich mit größter Wahrscheinlichkeit auf ihre Großmutter Mathilde und weiter zurück auf konradinischen Ursprung zurückführen lassen, da er weder über ihren Mann (Bonifacio) noch über die oberlothringischen Herzöge noch über ihre Urgroßmutter Gerberga von Burgund herzuleiten ist. Einzige Alternative ist die väterliche Großmutter Richilde, die Tochter des Grafen Folmar, eine Familie, die später nachweislich Besitz in der heutigen Pfalz besaß. Gerade diese Linie, die auf den BOSONIDEN Bivin führen dürfte, ist noch wenig erforscht.

    Endlich: Sophia

    Sophia tritt erst “vers 1040”, drei Jahre nach Beatrice, die Erbschaft an und in die Ehe. Ihr zweiter Sohn soll etwa 1045 geboren sein. Demnach wäre sie jünger als Beatrice. Trotzdem wird sie in der Chronik von St. Mihiel vor Beatrice genannt. Vielleicht geschah dies nur, weil zu ihrem Erbe die Vogtei der Abtei gehörte. Wir müssen aber annehmen, dass die Erbschaft erst nach der Abfassung der Chronik geteilt wurde, weshalb diese Begründung wenig verfängt.
    Eher aber wurde Sophia zuerst genannt, weil sie eine (erste und einzige) Tochter Friedrichs III. war. Als Tochter des letzten regierenden Herzogs war sie jünger, aber im Erbanspruch ranghöher als Beatrice, ihre kaum ältere Tante, die wie sie noch als Säugling oder Kleinkind den Vater und wohl auch die Mutter verloren hatte.
    Gegen die Annahme einer späten Geburt spricht nur scheinbar die Meldung von ihrem Todesalter in Bernoldi Chronicon zum Jahr 1093: Nobilissima comitissa Sophia, vidua Ludowici comitis, mater piae memoriae Beatricis ducis et Friderici marchionis, in senectute bona. Dieses gute Alter wird nämlich durch eine biblische Ergänzung näher definiert: cum iam multos filiorum filios videret, diem clausit extremum. Eine Menge Kindeskinder gesehen zu haben, bedeutet schon ein “gutes” Alter. Dazu musste sie nicht 75 Jahre alt geworden sein.
    Die Vorausetzung, dass Friedrich III. geheiratet haben muss, um sie in der Ehe mindestens zu zeugen, ist gegeben. Wenn er (spätestens 1032!) die Regierung angetreten hat (wie Urkunden bezeugen), wird er auch geheiratet haben. Er war ja der letzte Spross seines Hauses und sollte rasch für einen Erben sorgen. Da es aber überhaupt keine Belege für einen Herzog von Ober-Lothringen zwischen 1027 und 1032 zu geben scheint, kann er schon früher (herrschafts- und ehe-)mündig geworden sein. Warum Poull die Heirat seiner Eltern erst auf “sans doute vers 1016” datiert und befindet, Friedrich III. “semble avoir vu le jour vers 1017”, begründet er nicht. Selbst wenn Mathildes Ehen nicht so rasch aufeinanderfolgten wie die ihrer Schwester Gisela, könnte sie nach dem Tod des ersten Mannes Ende 1011 schon Ende 1012 zum zweiten Mal geheiratet und im nächsten Jahr den ersten Sohn bekommen haben. Friedrich II. konnte dazu jedenfalls alt genug sein, seine Eltern waren belegtermaßen spätestens 992 verheiratet. Friedrich III. hätte also schon relativ bald nach dem Tod des Großvaters – sagen wir 1029 und mit 16 Jahren – dessen Nachfolge übernehmen und eine Ehe schließen können. Aber mit wem? Dieser ihrer Mutter hätte Sophie ihren Namen zu verdanken.

    Wer war Sophias Mutter?

    Der junge Friedrich III. heiratete gewiss unter Anleitung seiner Mutter, die ja wohl immer hinter der Fronde gegen KONRAD II. steckte und in eben jener Zeit den König Mieszko (II.) von Polen auszeichnete, einen wichtigen Gegner KONRADS. Zuletzt hat Mathilde noch Esiko von Ballenstedt - einen Verbündeten Mieszkos - geheiratet und ihm einen Adalbert und eine Adelheid geboren. 1030 feiert sie freilich das Osterfest am kaiserlichen Hofe in Ingelheim, sie starb im Juni, vor 1033, also 1030…1032.
    Ein ganz ungewöhnliches Indiz habe ich mir nämlich aufgespart: Mathildes Verbindung zu König Mieszko. Im Kloster Neuzelle bei Frankfurt an der Oder wurde eine Handschrift von des Pseudo-Alkuin Liber de divinis officiis (von 1026/27) aufbewahrt. Bevor sie 1857 in Berlin verschollen ging, wurde Blatt 3v in einer Farbtafel festgehalten. Sie zeigt die durchaus noch junge Dedikantin (weist der Schleier auf Witwenstand?) und den Empfänger, mit der Beischrift in Hexametern oder einem Distichon: Hunc librum regi Mahthiltdonat Misegoni/quam genuit clarus Suevorum dux Herimannus. (Mechthild macht dieses Buch zum Geschenk dem König Mieszko, sie, des berühmten Hermann, des Schwaben-Herzoges, Tochter.) Diese Schenkung weist meiner Meinung auf eine enge – bestehende oder geplante – familiäre Bindung hin. Mahthilt/Mathilde bezeichnet sich ausdrücklich als Tochter Hermanns II. Warum sie nicht ihre ebenso herzoglichen Männer nennt, von denen der zweite zur mutmaßlichen Schenkungszeit vielleicht noch lebte oder wahrscheinlicher gerade gestorben war, bleibt mir unklar; ebenso, warum sie sich nicht auf ihren ältesten Sohn Konrad bezieht, der doch wohl gemeinsame Sache mit Mieszko machte. Dass dieser auf dem Dedikationsbild als König dargestellt ist, entspricht der Widmung, wo der Titel bedeutsam vorangestellt ist. Natürlich können auch die Zwänge des Metrums das verursacht haben. Am plausibelsten ist das alles, wenn Mathilde mit Mieszko eine Verschwägerung anbahnen wollte.
    Was lag für Mathilde damals näher, als ihren Sohn zweiter Ehe mit einer nahen Verwandten Mieskos zu vermählen? Mieszko war (wohl seit 1013) mit der EZZONIN Richeza verheiratet und von 1025 bis zu seinem Tod 1034 Mai 10 König von Polen (ab 1032 aus Polen vertrieben). Sein späterer Nachfolger Kazimierz I. war 1016 Juli 25 geboren. Möglicherweise hatte Mieszko eine etwas ältere oder nur wenig jüngere Tochter (wir haben keinen Beleg dafür!), die im genau richtigen Heiratsalter für Friedrich III. gewesen wäre. Wenn es sie nicht gab, gibt es eine Alternative: Eine Schwägerin Mieszkos… Mutter Sophias wäre dann nicht eine Enkelin, sondern eine Tochter des Pfalzgrafen Ezzo; es kann durchaus eine von denen sein, die in der hagiographischen Chronik von Brauweiler als im geistlichen Stand verstorben bezeichnet werden; am ehesten die vermutlich jüngste, Sophie, die 1025/1026 mit ihrer Schwester Ida und drei weiteren Mädchen aus dem Stift Gandersheim, wo sie zur Erziehung bei ihrer gleichnamigen Tante war, nach Mainz ins (St. Marien-)Kloster Altmünster geflüchtet war, nach kurzzeitiger Rückkehr nochmals “entführt” wurde und die zwischen 1031 und 1038 gestorben sein muss, bestimmt nicht als Äbtissin, weder in Mainz, wie die Brauweiler Überlieferung will, noch anderswo. Die Brunwilarensis monasterii fundatorum actus sind keinesfalls so zuverlässig, wie sie von den Erforschern der EZZONEN gerne angesehen werden, zumindest sind sie nicht vollständig. So werden z. B. zwei Töchter der Königin Richeza nicht erwähnt, die eine selber Königin (von Ungarn), die andere Großfürstin. Die geistlichen Bezüge stehen – zuweilen sogar entgegen den Tatsachen – im Vordergrund. Dabei entstanden die actus ca. 1070, also kaum ein Menschenalter nach unseren Begebnissen. Der Autor sagt, er könne die Genealogie Ezzos antiquitate temporum et maiorum neglectu nicht referieren. Zeitlicher Abstand und Vernachlässigung durch die Vorgänger - überzeugend klingt das nicht. Insgesamt gehört eine gründliche Untersuchung über die sogenannten EZZONEN und HEZELINIDEN zu den großen Desiderata der Mittelalter-Genealogie.
    Meine genealogische Rekonstruktion erklärt mithin mehr als nur den Namen der Sophie, später “von Mousson”. Eine eher kirchengeschichtliche Implikation besteht in dem Objekt, das Mathildedem Polen-König schenkte: Der Inhalt (der unter dem Namen Pseudo-Alkuin bekannte Liber de divinis officiis) hat ja eine besondere Bedeutung in der Mainzer Liturgie. Gerade der gekürzte und veränderte zweite Teil des Traktats beeinflusste das in der Mitte des 10. Jahrhunderts in Mainz entstandene Pontificale Romano-Germanicum entscheidend. Ob Erzbischof Aribo, der ja mit Kaiserin Gisela wahrhaftig nicht zum Besten stand, besondere Beziehungen zu ihrer Schwester Mathilde hatte? Zu der EZZONEN-Tochter Sophie hatte er gewiss welche. Denn wie des Bischofs Godehard von Hildesheim parteiischer Biograph Wolfher berichtet, war in dem Kloster, wo Aribo diese mit ihrer Schwester Ida und drei anderen Mädchen aus Gandersheim “unterbrachte”, seine Schwester Äbtissin. Ob dies das Mainzer Altmünsterkloster und Wigburg war, oder Göss und Kunigunde, lasse ich dahingestellt. Nach der Beilegung des Streits kehrten die Mädchen nach Gandersheim zurück, um bald darauf wieder zu entfliehen und schließlich im Kloster bei Aribos Schwester Nonne zu werden. Erst Aribos Nachfolger Bardo stellte in Nörten zwei der fünf jungen Damen wieder der Gandersheimer Äbtissin Sophia zurück. Die junge Sophia war inzwischen verstorben (quae prima earum erat Mogonciae defunctae), die beiden anderen durfte Bardo “auf demütiges Bitten hin” zurückbehalten. Nach Gandersheim zurück kam jedenfalls Ida, die dann dort später als Äbtissin belegt ist. Immerhin könnte Ida auch als Witwe zurückgekehrt sein. Um die Hypothesen vollzumachen: Unter den drei anderen Mädchen könnte auch eine Tochter Mieszkos gewesen sein…
    Der Zeitpunkt für die Rückgabe durch Bardo (und damit ein terminus ad quem für den Tod der jungen Sophia) kann nicht genau bestimmt werden. Er lag “frühestens zu Weihnachten 1031”. 1031 Juni 29 war Bardo zum Erzbischof geweiht worden, Weihnachten 1031 verbrachte er nachweislich bei KONRAD II. und Gisela in der Pfalz Goslar. Spätester, sehr unwahrscheinlicher Termin dürfte der Tod Godehards 1038 sein, der Ida noch zur Äbtissin weihte. Ein halbwegs lückenloses Itinerar Bardos lässt sich nicht erstellen; darum liegt es nahe, den Vorfall ganz allgemein in seine ersten Amtsjahre zu datieren.
    Ob und wann genau die jungen Frauen das ewige Gelübde abgelegt haben, was natürlich eine spätere, aber nicht eine vorhergehende Heirat ausschließt, scheint mir genau so auslegbar wie die Begriffe amita (für beide Mädchen, Sophia und Beatrice, zur Kaiserin Gisela) statt matertera (bzw. matertera magna) und avus (Herzog Dietrich zu Sophie). Dies mit “Groß”tante und “Ur”großvater zu übersetzen, ist erlaubt, nicht einmal ungewöhnlich; die vage Generationendefinition ist im Falle der “Tante” geradezu zwingend, wenn Beatrix Nichte, Sophia aber Großnichte gewesen wäre.

    Finale

    Auch dass keine Quelle von der sehr kurzen Ehe Friedrichs III. berichtet, macht sie nicht unmöglich, nicht einmal unwahrscheinlich. Dass wir von seiner Gattin nichts erfahren, ist nicht ungewöhnlich. Wenn sie nicht schon vor ihrem Mann gestorben war, könnte sie als Witwe ins Kloster gegangen sein. Wahrscheinlicher ist aber ihr Tod (vielleicht bei der Geburt der jungen Sophia), sonst hätte sie wohl einen zweiten Mann genommen, um die Herrschaft in Lothringen und die Sorge für die Hinterbliebenen zu übernehmen. Falls es sich um die EZZONIN Sophia und nicht eine Tochter Mieszkos handelt, erübrigt sich diese Überlegung, da sie bei Bardos Ausgleich mit Bischof Godehard und der Äbtissin Sophia von Gandersheim nachweislich bereits tot war. Wenn die spätere Erbin Sophia schon bei der Geburt die Mutter verlor, liegt es besonders nahe, dass sie deren Namen bekam. An und für sich hätte ja der Name Mathilde am nächsten gelegen. So hießen die beiden Großmütter (eventuell ging es mütterlicherseits um die Urgroßmutter, aber die war eine Kaisertochter). Selbst wenn Friedrichs III. Gattin eine Tochter Mieszkos war, hieß diese also wohl auch Sophia. Oder wollte man mit der Namengebung die gestrenge (Ur-)großtante in Gandersheim besänftigen?
    Der Tod Friedrichs III., aber auch seiner Mutter und wohl auch seiner jungen Frau, bald auch König Mieszkos, beendeten alle Ambitionen. (Es ist schon auffällig, wieviele Konkurrenten HEINRICHS II. und KONRADS II. vor oder bald nach deren Thronbesteigung aus dem Leben schieden.) Kaiserin Gisela nahm die beiden sehr kleinen Mädchen und Erbinnen Beatrice und Sophie an ihren Hof; gewiss als deren nächste Verwandte, aber auch, um später einmal treue Gefolgsleute mit einer so reichen und ehrenvollen Partie auszuzeichnen. Die Fürsorge für die verwaisten (Groß)-Nichten war zugleich eine Art Geiselnahme.
    “Hier zeichnete sich eine großräumige antisalisch-ezzonische Oppositionsbewegung ab…” urteilt Helmuth Kluger über Vorgänge in den 50-er Jahren, als der Bayern-Herzog Kuno (ein Neffe der Königin Richeza) sich gegen HEINRICH III. empörte und schließlich nach Ungarn zu seiner Kusine fliehen musste, einer Tochter Richezas und Mieszkos II., die vermutlich Ryksa hieß.
    Ob sich die Beziehungen zwischen Mathilde und dem kaiserlichen Paar in Mathildesletzten Lebensjahren verbessert haben, lasse ich dahingestellt. 1030 feierte sie jedenfalls in Ingelheim bei Schwester und Schwager Ostern und als KONRAD II. 1034 Januar 30 den Wormser Dom beschenkte, damit dort eine Messe für die dort bestatteten Angehörigen des salischen Hauses gelesen werde, geschah dies auch für Mathildeund ihren verstorbenen ersten Mann, Herzog Konrad von Kärnten. Man hat die Sarkophage beider im Wormser Dom, der Grablege der vorköniglichen SALIER, bestimmen zu können geglaubt. Man darf annehmen, dass Mathilde nicht weit von Worms starb, vielleicht in Mainz, jedenfalls nicht in Ballenstedt oder Lothringen. Schwarzmaier, der doch den Reichenauer Eintrag von 1025 so überzeugend als ein Dokument der Entzweiung interpretiert hat, hat inzwischen stillschweigend diese Ansicht geändert: “…es besteht auch kein Grund, aus heutiger Sicht einen Dissens in das so kompakte Familiengefüge der SALIER um die Jahrtausendwende hineinzutragen.” Vielleicht akzeptierte KONRAD II., insbesondere nach den Erfahrungen mit OTTO III. und HEINRICH II., seinen Neffen Konrad den Jüngeren jetzt als potentiellen Thronfolger für den Fall, dass sein einziger, für Krankheiten anfälliger Sohn HEINRICH (als König und Kaiser der Dritte) wegen Tod oder Aufstand ausfiele. Dabei bedang er sich vielleicht aus, dass Konrad noch immer nicht heiraten dürfe. Dessen mutmaßliche Ehelosigkeit ist ja wahrhaftig ein genealogisches und historisches Problem.
    Um abschließend meine eigenen Ergebnisse zu werten: Ich halte es für unumstößlich, dass Sophie die Tochter Friedrichs III. und nicht des II. war. Dass ihre Mutter eine Tochter oder Enkelin Ezzos und der Theophanu-Tochter Mathilde war, ist in hohem Grade wahrscheinlich, aber keinesfalls völlig sicher. Freilich ist der Name Sophia im deutschen Sprachraum unter der Voraussetzung der Leitnamensitte kaum anders erklärbar, wenn man nicht für die Mutter eine Herkunft aus Frankreich oder Italien oder gar Byzanz annehmen will. Während es für Beatrice und ihre Tochter intensive Untersuchungen auch zur Besitzgeschichte gibt, ist dies für Sophia noch zu leisten. Vielleicht ergäben sich Anhaltspunkte in Richtung auch ezzonischen Vorbesitzes (freilich dürfte er nicht viel größer als eine standesgemäße Mitgift gewesen sein).
    Hätten wir weniger Nachrichten über Sophias Familie, wäre es natürlich leichter, das genealogische Netz so oder anders zu knüpfen. Darum habe ich meine anfänglichen irrwegigen Mutmaßungen so ausführlich dargelegt und selber widerlegt. Man sieht, wie vorsichtig man sein muss.
    Ich habe auch die anderen Sophien des 11. Jahrhunderts daraufhin untersucht, ob sich an ihnen die Namensvererbung nachweisen lässt. Mir sind eine Menge Ungereimtheiten in den bisherigen Auffassungen begegnet. Aber wirkliche Lösungen fand ich bisher in keinem dieser Fälle. Ohne mich in eine Sophiasophie verlieren zu wollen, werde ich in einem zweiten Teil gleichwohl auch diese Damen Revue passieren lassen.

    um 1002 1. oo Konrad I. Herzog von Kärnten um 975-12.12.1011
    um 1014 2. oo Friedrich II. Herzog von Ober-Lothringen -13.5.1026/27
    um 1026/27 3. oo Esiko Graf von Ballenstedt - um 1059/60

    Kinder:
    1. Ehe
    - Konrad II. der Jüngere Herzog von Kärnten um 1003-20.7.1039
    - Bruno Bischof von Würzburg (1034-1045) um 1004-27.5.1045
    - Tochter
    oo Hezelin Graf im Bonngau (Bruder Ezzos) - nach 1033
    - Wolfram ?

    2. Ehe
    - Friedrich III. -18./20.5.1033
    - Sophia ca 1020/25- 1092
    vor 1034 oo Ludwig Graf von Mömpelgard - nach 1070
    - Beatrix ca 1020/25-18.4.1076
    1036/40 1. oo Bonifaz Markgraf von Tuszien-Canossa -6.5.1052
    1054 2. oo 2. Gottfried II. der Bärtige Herzog von Nieder-Lothringen -21.12.1069

    3. Ehe
    - Adalbert ca 1030- um 1080
    oo 1. Adelheid von Weimar-Orlamünde, Tochter des Grafen Otto, -28.3.1100
    - Adelheid ca 1030-
    oo Thiemo Edler von Schraplau

    Literatur:
    Bollnow, Hermann: Die Grafen von Werl. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte des 10. bis 12. Jahrhunderts. Dissertation Stettin 1930 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 24,26,29,66 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 6,129 - Bresslau, Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II., Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1879 Band 1 Seite 247 ff./Band 2 Seite 72 f.- Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 66,226, 230,232,239-244,248/Band II Seite 200 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 26,36,37, 78,160 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 10,11,38,195 - Golinello, Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf 1998, Seite 73 - Heinzelmann Josef: Der Name Sophia als genealogisches Indiz und Problem - Hilsch, Peter: Regenbach und die Schenkung der Kaiserin Gisela, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 42 1983 Seite 52-81 - Hirsch Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II. Band 1, Seite 243-247 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 63,84,104,152 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 51,68,104, 137,158,169 - Hlawitschka, Eduard: Wer waren Kuno und Richlind von Öhningen? Kritische Überlegungen zu einem neuen Identifizierungsvorschlag. In: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 128 1980 Seite 1-49 - Lechner Karl: Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246, Böhlau Verlag Wien-Köln-Weimar 1992, Seite 66,70 - Ludat, Herbert: An Elbe und Oder um das Jahr 1000. Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Mächte in Mitteleuropa, Böhlau Verlag Weimar Köln Wien 1995, Seite 89,500 - Meyer von Knonau, Gerold: Die Heiraten der burgundischen Mathilde, Tochter König Konrads von Burgund, und der schwäbischen Mathilde, Enkelin derselben, in: Forschung zur deutschen Geschichte Band 8, 1968, Seite 149-159 - Partenheimer Lutz: Albrecht der Bär. Gründer der Mark Brandenburg und des Fürstentums Anhalt. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2001 Seite 21,207 - Pohl Walter: Die Welt der Babenberger. Schleier, Kreuz und Schwert, hg. von Brigitta Vacha, Verlag Styria, Seite 83,94 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 90 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 91,95-97,100-103,105,110-112,115,154,156 - Schwarzmaier Hansmartin: Von Speyer nach Rom. Wegstationen und Lebensspuren der Salier. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992, Seite 17,45,47,51,56 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 165,202 - Weinfurter Stefan: Herrschaft und Reich der Salier. Grundlinien einer Umbruchszeit. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992, Seite 13, 17,47,49 -



    Neue Deutsche Biographie - Mathilde von Schwaben

    Herzogin von Kärnten und Oberlothringen, * 988/89, † 29.7.1032.

    Mathilde gehörte – nicht zuletzt durch ihre Abstammung mütterlicherseits von Ottonen, westfränk. Karolingern und burgund. Königen – wie ihre jüngere Schwester Gisela, die spätere Kaiserin, zu den dynastisch wichtigsten und politisch maßgeblichen Frauen im Reich des frühen 11. Jh. Herkunft und Ehen führten sie jedoch zumeist in Opposition zu den jeweiligen Herrschern. Noch vor der Thronkandidatur ihres Vaters, des Konradiners Hermann II. von Schwaben (1002), war M. mit einem Sohn des salischen Hzg. Otto von Kärnten verheiratet worden; der Schwiegersohn des Schwabenherzogs unterstützte dessen Ambitionen und half bei der Eroberung Straßburgs. Die gefährliche Verbindung wurde vom gerade zum König gewählten Heinrich II. auf der Synode von Diedenhofen (Januar 1003) als unerlaubte Verwandtenehe heftig angegriffen. Nach Tumulten kam es aber nicht zu einer förmlichen Klage auf Ehetrennung, zumal der von Bischof →Adalbero II. von Metz erhobene Vorwurf einer Blutsverwandtschaft der Ehepartner in 3./2. Grade überzogen war; zum gemeinsamen Vorfahren Heinrich I. ließen sich vier Generationen zurückrechnen. Abt Siegfried von Gorze spielte in seinen Mahnschreiben über verbotene Ehen (1043/46) auf den von otton. und burgund. Königinnen weitergegebenen Namen M. an. Die erste Ehe M.s wurde erst durch den Tod Konrads gelöst, der, zuvor schon als „Herzog der Austrasier“ (Rheinfranken) bezeichnet, nach 1004 das Kärntner Herzogsamt seines Vaters übernommen hatte; der zu dieser Zeit noch unmündige Sohn Konrad wurde 1012 bei der Vergabe Kärntens übergangen. M. heiratete sehr bald ein zweites Mal, den moselländischen Adeligen Friedrich aus dem Hause Bar, der 1019 als (Mit-) Herzog von Oberlothringen (neben seinem Vater Dietrich I.) bezeugt ist.

    Der politische Konnex zu den Saliern verstärkte sich, als M.s Schwester Gisela sich 1016 in anfechtbarer 3. Ehe mit dem gleichnamigen Neffen Konrads I. von Kärnten verband. M.s Schwager half ihrem Sohn Konrad (aus 1. Ehe) bei dem erfolglosen Versuch, Kärnten für sich zu gewinnen (Schlacht von Ulm 1019). Die salisch-lothring. Koalition zerbrach 1024 bei der Königserhebung des älteren Konrad, der sich gegen seinen jüngeren Vetter durchsetzte, angeblich mit dessen Einverständnis. M. verließ wegen Hintansetzung ihres Sohnes mit der lothring. Partei den Wahlort Kamba und verharrte im Widerstand. Ostern 1025 kam es zum Zerwürfnis zwischen dem König und Konrad dem Jüngeren, wohl wegen nicht eingehaltener Wahlversprechen (Rückgabe Kärntens?). Ein vermittelndes Treffen mit dem Königspaar könnte im Frühsommer 1025 auf der Reichenau arrangiert worden sein, freilich ohne Erfolg: Friedrich II. von Oberlothringen und|Konrad der Jüngere schlugen sich im Sommer 1025 auf die Seite der Aufständischen. M. selbst dürfte hieran aktiven Anteil gehabt haben. Ihr herzoglicher Ehemann soll bis zu seinem frühen Tode (Mai 1027) ein unversöhnlicher Gegner Konrads II. geblieben sein. In derselben Zeit schenkte M. dem 1025 erhobenen König Mieszko II. von Polen einen „Liber officiorum“ (Ordo Romanus); vorangestellt sind ein Dedikationsbild mit Stifterin und ein persönlich gehaltenes Widmungsschreiben. Hierin werden dem – von Konrad II. nicht als König anerkannten – Polenherrscher alle Attribute des Königtums zugebilligt und das Altslawische des methodian. Ritus als Kirchensprache ausdrücklich bestätigt. M. bezeichnete sich selbst als „Tochter des berühmten Schwabenherzogs Hermann“. Die Überreichung des Codex wird neuerdings als Akt der Opposition gegenüber dem salischen König interpretiert.

    Ob M. nach 1027 noch eine dritte Ehe – mit Gf. Esiko von Ballenstedt – einging und somit Stammutter der Askanier wurde, hängt von der Glaubwürdigkeit des „Annalista Saxo“ (um 1144/52) ab, dessen genealogische Notizen in diesem Punkte nicht stimmig sind. Um 1030 ist M. als Stifterin von S. Evre/Toul bezeugt. Auf dem Hoftag Ostern 1030 zu Ingelheim ist ihr gutes Einvernehmen mit dem Kaiserpaar überliefert. Nach dem Tode M.s (Juli 1032) und ihres jugendlichen Sohnes, Hzg. Friedrichs III. von Oberlothringen (Mai 1033), wurden ihre verwaisten Töchter Beatrix und Sophie von der kaiserlichen Tante Gisela adoptiert und erzogen. Konrad II. gedachte in einer Wormser Memorialstiftung (Januar 1034) für seine Vorfahren und Familie auch seines Onkels Konrad I. von Kärnten und dessen Gemahlin M. in besonderem Maße.

    Literatur
    Quelle(n): Wipo, Gesta Chuonradi II. imp., ed. H. Bresslau, MGH SS rer. Germ., 31915, c. 2, S. 15 ff.; Constantin, Vita Adalberonis II. Mettensis ep., ed. G. H. Pertz, MGH SS 4, 1841, c. 16 ff., S. 663 f.; Hermann v. Reichenau, Chronicon, ed. G. H. Pertz, MGH SS 5, 1844, a. 997, 1012, 1019, 1024, 1034, S. 118 ff.; Ekkehard IV., Casus s. Galli, bearb. v. H. F. Haefele, 1980, c. 66, S. 140 ff.; Brief M.s an Kg. Mieszko II. v. Polen, ed. A. Bielowski, Monumenta Poloniae Historica I, 1864, S. 323 f. (nebst Umzeichnung d. Dedikationsbildes), jetzt Kürbis (1989, s. L, S. 337 f.); Verbrüderungsbuch d. Abtei Reichenau, p. 158, ed. J. Autenrieth, D. Geuenich, K. Schmid, MGH Libri memoriales et Necrologia NS 1, 1979; A. Calmet, Hist. ecclésiastique et civile de Lorraine II, 21747, Preuves, S. 260 (Urk. S. Evre/Toul, um 1030); D Ko II Nr. 204 (1034); Brief Siegfrieds v. Gorze an Poppo v. Stablo (1043), b. W. Giesebrecht, Gesch. d. dt. Kaiserzeit II, 51885, S. 714 ff.; Stemma Ottonum, MGH SS 3, 1839, S. 215, SS 6, 1844, S. 32; Jahrzeitbuch Einsiedeln, b. H. Keller, Kloster Einsiedeln im otton. Schwaben, 1964, S. 161 (29.7.: soror imperatricis Gislae); Necr. Merseburg, ed. G. Althoff, J. Wollasch, MGH Libri memoriales et Necrologia NS 2, 1983 (29.7.); Necr. Johannisberg/Fulda, ed. K. Schmid, Die Klostergemeinschaft v. Fulda im früheren MA I, 1978, S. 255 (29.7.: nobilis matrona); Fuldaer Totenannalen a. 1032, ebd. S. 356; Chronicon s. Michaelis in pago Virdunensi, ed. G. Waitz. MGH SS 4, 1841, c. 32, S. 84. – Nicht ident. mit M. v. Werl, b. Annalista Saxo, ed. G. Waitz. MGH SS 6, 1844, a. 1026, 1130, S. 676, 767 (anders Leidinger, Glocker, s. u.). – Darstellung(en): S. Hirsch, Jbb. Heinrichs II, 1, 1862, S. 243 ff.: H. Bresslau, Jbb. Konrads II., 1, 1879, S. 4, 10 ff., 94, 202 ff., 286, 460 ff.; 2, 1884, S. 72 f., 190 f., 404; E. Brandenburg, Probleme um d. Kaiserin Gisela, in: Berr. üb. d. Verhh. d. Sächs. Ak. d. Wiss. Leipzig, Phil.-Hist. Kl. 80, 4, 1928, S. 29 ff.; A. Hofmeister, in: MIÖG 38, 1920, S. 504 ff.; H. Bollnow, Die Grafen v. Werl, 1930, S. 29 ff.; H. Schreibmüller, Die Ahnen Kaiser Konrads II. u. Bischof Brunos v. Würzburg, in: Würzburger Diözesangesch.bll. 14/15, 1952/53, S. 173-233; A. Wendehorst, Das Bistum Würzburg, Bd. 1.1962, S. 93 f.; P. Leidinger, Unterss. z. Gesch. d. Grafen v. Werl, 1965, S. 51 ff.; H. Schwarzmaier, Reichenauer Gedenkbucheinträge aus d. Anfangszeit d. Regierung Kg. Konrads II., in: Zs. f. Württ. Landesgesch. 22, 1963, S. 19-28; M. Parisse, La noblesse lorraine, XIe-XIIIe siècle, 1976, S. 841 f.; E. Hlawitschka, Wer waren Kuno u. Richlind v. Öhningen?, in: ZGORh 128, 1980, S. 1-50; ders., Unterss. zu d. Thronwechseln d. ersten Hälfte d. 11. Jh. u. z. Adelsgesch. Süddtld.s. 1987, S. 51 ff., 137 ff.; J. Pietrusiński, Epistola Mathildis Suevae, in: Studia Zródłoznawcze 26, 1981, S. 53-72; F. Mütherich, ebd. S. 73-78; B. Kürbis, Studia nad Kodeksem Matyldy, ebd. 27, 1983, S. 97-112; dies., Die Epistola Mathildis Suevae an Mieszko II. in neuer Sicht, Ein Forschungsber., in: Frühma. Stud. 23, 1989, S. 318-43; W. Glocker, Die Verwandten d. Ottonen u. ihre Bedeutung in d. Pol., 1989, S. 321 ff., 339 f.

    Gestorben:
    29.7.

    Kinder:
    1. von Oberlothringen, Friedrich III. wurde geboren um 1012; gestorben in Mai 1033.
    2. von Oberlothringen, Sophie wurde geboren um 1020/1025; gestorben in 1093.
    3. 7. von Lothringen, Beatrix wurde geboren um 1020/1025; gestorben am 18 Apr 1076 in Pisa [56121],Pisa,Toskana,Italien.