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 Bohrer

von Paris, Odo

von Paris, Odo

männlich 858 - 899  (41 Jahre)

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Generation: 1

  1. 1.  von Paris, Odovon Paris, Odo wurde geboren in 858 (Sohn von Robert und von Tours, Adelheid); gestorben am 1 Jan 899 in La Fère [02800],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris
    • Titel/Amt/Status: Franzien,Frankreich; Herzog von Franzien
    • Titel/Amt/Status: 29.2.888-899, Westfrankenreich; Westfränkischer König

    Notizen:

    Odo Westfränkischer König (29.2.888-899)
    Herzog von Franzien
    Graf von Paris
    858-1.1.899 La Fere-sur-Oise
    Begraben: St-Denis
    Ältester Sohn des 866 gegen die Normannen gefallenen Grafen Robert IV. der Tapfere von Paris aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid von Tours, Tochter von Graf Hugo

    Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 1353

    Odo, westfränkischer König 888-898
    + 1./3. Januar 898 La Fere/Oise Begraben: St-Denis
    oo Theodrada

    Nach dem Tod Roberts des Tapferen wurden seine minderjährigen Söhne Odo und Robert bei der Nachfolgeregelung übergangen und 868 verbliebener 'honores' durch KARL DEN KAHLEN beraubt. Erst die Fürsprache Gauzlins ebnete Odos Ernennung zum Grafen von Paris den Weg. 885/86 organisierten Bischof und Graf die erfolgreiche Verteidigung der Stadt gegen die Normannen. Als Angehöriger einer Partei, die 885 den Kaiser zur Herrschaft im Westen eingeladen hatte, profilierte Odo von der kaiserlichen Gunst, vom Zerfall monarchischer Aurorität und vom Tod führender westfränkischer Adliger: 886 erhielt er die väterlichen Besitzungen an der Loire (Grafschaften Angers, Tours, Blois; Orleans; Abtei St-Martin/Tours) und vermehrte das neu entstehende Machtzentrum nach Gauzlins Tod noch um dessen Kloster St-Germain-des-Pres, St-Denis und St-Amand. Diese herausragende Stellung in Neustrien nutzte Odo schon 887 zur Einflußnahme auf Teile des Episkopates. Dies war die Basis für Odos Königswahl und seinen gestuften Herrschaftsantritt im westfränkischen Reich. Nach der Absetzung KARLS III. durch seinen Neffen ARNULF löste sich das karolingische Großreich 888 endgültig auf, udn der Adel wählte die Könige der Nachfolgereiche aus den eigenen Reihen. Während sich im W eine Partei um Erzbischof Fulco von Reims zunächst WIDO VON SPOLETO (Krönung in Langres zum westfränkischen König, Resignation und Abzug nach Italien) und dann dem ostfränkischen Herrscher ARNULF zuwandte, erhob eine andere Adelsfraktion Odo am 29. Februar 888 in Compiegne zum König; die Weihe spendete Erzbischof Walter von Sens. Ein erneuter Normannensieg am 24. Juni 888 bei Montfaucon-en-Argonne und eine persönliche Begegnung mit ARNULF in Worms sicherten Odos Position, die er mit einer erneuten Krönung (mit einer von ARNULF geschickten Krone) am 13. November 888 in Reims befestigte und Anfang 889 auf einem Aquitanienfeldzug auch im S zur Geltung brachte. Nach einem Hoftag in Orleans im Juni 889 setzte die Ausstellung erster Königsurkunden ein.
    Obwohl Odo einen Vorrang ARNULFS akzeptierte und mit ihm ein Frundschaftsbündnis einging, war damit die 843 geschaffene Einheit und Selbständigkeit des westfränkischen Reiches gewahrt. Seine Herrschaft verstand Odo in der Kontinuität seiner karolingischen Amtsvorgänger und zählte seine Regierungsjahre vom Tod KARLS III. (13. Januar 888) an. Die bei der Weihe 888 abgelegte Promissio erkannte kirchliche und adlige Rechte im Sinne eines die Herrschaft begründenden Vertragsverhältnisses an.
    Die konsequente Erweiterung der robertinischen Besitzungen über Neustrien hinaus und die Sicherung für die eigene Familie durch gezielte Förderung von Odos Bruder Robert (seit 893 marchio) sorgten seit 892 freilich für zunehmenden adligen Widerstand, gefördert durch Mißerfolge bei der Normannenabwehr. Am 28. Januar 893 erhob eine oppositionelle Adelsgruppe um Fulco von Reims und Graf Heribert I. den letzten westfränkischen KAROLINGER Karl 'den Einfältigen' gegen Odo zum König und ersuchte ARNULF um Hilfe. In langwierigen Auseinandersetzungen um die Herrschaft, in denen ARNULF 894 Karl, 895 schließlich Odo anerkannte, konnte sich Odo zwar weitgehend durchsetzen, mußte aber den Verlust königlicher Autorität und die Ausformung eigenständiger Adelsherrschaften akzeptieren. In einem Vertrag wies Odo 897 Karl ein Landgebiet und die Nachfolge im Königsamt zu, sicherte aber seinem Bruder Robert das erhebliche Machtpotential vor allem in Neustrien. Als Odo ohne Erben 898 starb, war der Grundstein für die karolingische Restitution im Königtum wie für eine robertinische Sonderstellung im Reich gelegt, die 922/23 Robert I. und schließlich 987 Hugo Capet zur Erlangung der königlichen Würde nutzten.

    Literatur:
    Dümmler ² III, 266ff., 315ff. - HEG I, 735-738 - G. Schneider, Erzbischof Fulco (883-900) und das Frankenreich, 1973 - B. Schneidmüller, Karolingische Tradition und frühes Königtum, 1979, 105-121 - K. F. Werner, Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000, 1989, 446ff. - W. Kienast, Die fränkische Vasallität, 1990, 445-492 -
    Odo wuchs in den deutschen Allodien im Wormsgau auf und stand mit dem Bruder unter der Vormundschaft des mächtigen, berühmten Halbbruders Abt Hugo von Tours, der französischer Regent wurde und die Brüder wieder in Besitz und Ämter einsetzte. Odo wurde wie schon sein Vater Graf von Paris, Graf von Aquitanien, Graf von Anjou und Touraine und mehrfacher Laienabt und Vogt wichtiger Klöster. Nach dem Sturz Kaiser KARLS III. DES DICKEN durch ostfränkische Feudalherren wurde der bewährte Heerführer Odo aus dem Hause der ROBERTINER, der sich bei der Belagerung von Paris durch die Normannen hervorgetan hatte, König des westfränkischen Reiches. Nachdem Odo in Compiegne gekrönt worden war, verfolgte er zuerst die normannischen Eindringlinge, die er am 24.6.888 bei Montfaucon besiegte. Um seine Stellung gegen einen noch unmündigen Sohn Ludwigs II. des Stammlers zu sichern, erkannte er die Lehnshoheit des ostfränkischen Königs ARNULF VON KÄRNTEN an. Odo vermochte im wesentlichen nur im Gebiet nördlich der Loire wirklichen Einfluß auszuüben. Er versuchte die königliche Gewalt zu festigen, was ihm unter dem Adel viele Feinde zuzog. Wegen ihrer endlosen Intrigen verzichtete der durch Krankheit geschwächte König 898 auf sein Amt zugunsten Karls III. des Einfältigen, der bereits 893 von einer oppositionellen Adelsgruppe zum König erhoben worden war.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Der Graf von Paris Odo, dessen unerschrockener Kampfesmut an seinen Vater Robert den Tapferen gemahnte, zeichnet sich 885 bei der Abwehr der Normannen vor Paris aus. Kaiser KARL III. verhalf dem ROBERTINER Odo zum weiteren Durchbruch, als er ihm zur Grafschaft Paris 886 nach dem Tode Hugos des Abtes auch noch dessen hinterlassene Hoheitsrechte in Neustrien und an der Loire hinzugab.
    Nach der Absetzung Kaiser KARLS III. nutzte in W-Franken der ROBERTINER Odo seine überlegene Machtstellung von der Seine bis zur Loire wie auch seinen frischen Kriegsruhm als Verteidiger von Paris, um Ende Februar oder Anfang März in Compiegne die Krone zu nehmen, wohl nur wenige Tage bevor in Langres Markgraf Wido II. von Spoleto, eingedenk der alten Verbindungen seines Geschlechts zum Westen, desgleichen tat. Allerdings räumte er vor Odo schnell das Feld und verfolgte seine Ambitionen seither in Italien weiter, während der aquitanische Süden Graf Ramnulf von Poitiers, nach dem Tode des Bernhard Plantapilosa (885/86) der Mächtigste weit und breit, zeitweilig ebenfalls seine Verselbständigung betrieb, sich dann aber doch Odo unterwarf; an seinem Hof hütete er im übrigen den 8-jährigen Karl, Ludwigs des Stammlers postumen Sohn, der vorerst freilich von keiner Seite ins Spiel gebracht wurde.
    Im Juni 888 empfing König ARNULF in Frankfurt eine Gruppe westfränkischer Gegner Odos unter dem Erzbischof Fulco von Reims, die zunächst WIDO angehangen hatten und nun ihm die Herrschaft bei ihnen antrugen. ARNULF ging nicht darauf ein und erkannte vielmehr Odo an, auf den ja auch KARL III. im Westen vertraut hatte. Der ROBERTINER fand sich, gestärkt durch einen eben errungenen Normannensieg, in Worms zur Huldigung ein und erhielt bald darauf von ARNULF eine Krone, mit der er, nunmehr in Reims, abermals gekrönt wurde, was seine inneren Widersacher einstweilen zum Schweigen brachte.
    König Odo, der nach dem Gewinn allseitiger Anerkennung (888/89) seine beträchtliche Hausmacht an Grafschaften, Kirchen und Lehen, die er formell dem Bruder Robert übereignet hatte, nach Kräften weiter ausbaute, zog sich damit den wachsenden Unmut der anderen Großen zu. Seine Widersacher, allem voran Erzbischof Fulco von Reims und der Graf Heribert von Soissons und Meaux, durch seinen Vater Pippin ein Enkel des geblendeten Königs Bernhard von Italien (+ 818), versprachen sich am meisten Wirkung davon, nicht einen der Ihren Odo entgegenzustellen, sondern einen KAROLINGER: den bis dahin als illegitim betrachteten, mittlerweile 13-jährigen Sohn Ludwigs des Stammlers, Karl mit dem späteren, an sich positiv gemeinten Beinamen "der Einfältige". Er wurde am 28.1.893, also am Jahrestag von KARLS DES GROSSEN Tod, in Reims feierlich gekrönt und fand als (Gegen-)König auf Anhieb starke Resonanz, die bis ins westfränkische Burgund und nach Aquitanien reichte, aber nicht von Dauer war. Um ihm wenigstens das Wohlwollen ARNULFS zu sichern, appellierte Fulco in einem Schreiben geschickt an die familiäre Solidarität, indem er seinen Abscheu vor der Tyrannei des "dem Königsstamm (stirps regia) fremden" Odo mit der Sorge um die Zukunft des KAROLINGER-Hauses verknüpfte, aus dem nur noch ARNULF und eben der junge Karl übrig und somit eng aufeinender angwiesen seien. Tatsächlich trafen beide im Mai 894 im Worms zusammen, wo ARNULF den Vetter (2. Grades) als Lehnsmann annahm und seine politischen Ziele zu unterstützen versprach. Doch ließ er bald davon ab, als Karl nach seiner Rückkehr gegen den wieder erstarkenden Odo weiter rapide an Boden verlor und aus der Francia ins westliche Burgund ausweichen mußte. ARNULF besann sich seiner Rolle als Oberherr beider, "befahl, dass Odo und Karl zu ihm kämen" (so der Annalist von Saint-Vaast), und als sich im Mai 895 nur Odo in Worms einstellte, erneuerte er das Bündnis mit ihm, gab also die karolingische Option im W auf.
    Nachdem König Zwentibold im Sommer 895 zugunsten Karls des Einfältigen in W-Franken eingegriffen hatte, kam 897 ohne sein Zutun, aber durch tätige Vermittlung Fulcos von Reims ein Ausgleich zwischen Odo und Karl dem Einfältigen zustande: Der siegreiche ROBERTINER, der Schritt für Schritt die Königsmacher des Gegners auf seine Seite gezogen hatte, unter anderem Graf Heribert durch Überlassung der wichtigen Grafschaft Vermandois (896), aber selber ohne legitimen Sohn geblieben war, einigte sich mit dem unterlegenen KAROLINGER auf gegenseitige Anerkennung ihres Königtums, gestand ihm ein beschränktes Hoheitsgebiet (wohl um Laon) und nach seinem Tode die Anwartschaft auf das ganze Westreich (vor dem eigenen Bruder Robert) zu, ließ sich dafür aber die beträchtlichen Machtpositionen seiner Fammilie von dem bisherigen Rivalen garantieren. Auf dieser Grundlage ergab sich eine anscheinend reibungslose Wiederherstellung der karolingischen Monarchie im Westen, als Odo am 1.1.898 in La Fere an der Oise gestorben und ganz im Stile seines Vorgänger in Saint-Denis beigesetzt worden war.

    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 13-21, "Die französischen Könige des Mittelalters"

    ODO 888-898

    Odo
    geboren ca. 860, gestorben am 1.1.898 im Winterlager La Fere-sur-Oise Bestattung in St-Denis

    Vater:
    Robert der Tapfere (gestorben 866)
    Bruder:
    Robert (König 922-923)

    Marchio Neustriens
    Eheschließung Frühjahr/Sommer 888 mit Theotrada, keine Kinder bezeugt
    29.2.888 Königswahl und Königserhebung in St- Corneille de Compiegne
    August 888 Herrschertreffen mit König ARNULF in Worms
    13.11.888 abermalige Krönung in Reims mit einer von ARNULF übersandten Krone
    889 Ramnulf II. von Poitiers erkennt Odo an
    28.1.893 Königserhebung Karls "des Einfältigen" in Reims auf Betreiben Erzbischofs Fulco
    Mai 895 zweites Herrschertreffen mit König ARNULF in Worms
    897 territoriales Arrangement mit Karl "dem Einfältigen"

    Als die "Völker Galliens" (Regino von Prüm) am Anfang des Jahres 888 Odo zum König wählten, werden sie sich des ambivalenten Charakters dieser Handlung wohl kaum bewußt gewesen sein. Für den Chronisten aus Prüm hatten sich die Reiche, über die Kaiser KARL III. "DER DICKE" geboten hatte, in ihre Teile aufgelöst und jeder Teil aus seinem Innern einen König gewählt. Mithin könnte mit dem von den Völkern Galliens bewohnten Teil das 843 begründete W-Frankenreich KARLS DES KAHLEN gemeint gewesen sein - ein respektables Reich, das nur in Hinblick auf das einstige fränkische Großreich als "Teil" anzusehen wäre. Aus der Fuldaer Perspektive des Fuldaer Annalisten schien Odos Reich freilich kleiner und auf das Land bis zur Loire und die aquitanische Provinz begrenzt gewesen zu sein. Die Fortsetzung der Fuldaer Annalen in der Altaicher Handschrift geht noch einen Schritt weiter, wenn sie zum Jahr 888 von "vielen kleinen Königen" redet, die in Europa oder dem Reiche KARLS III. "aufstiegen": Markgraf Berengar von Friaul in Italien, Rudolf von Hoch-Burgund, Bosos Sohn LUDWIG in der Provence und mit ihm konkurrierend Herzog Wido von Spoleto, schließlich auch der erwähnte Odo, dem Ramnulf (von Poitiers) recht bald den Anspruch streitig zu machen suchte.
    Wollte man das Problem sehr pointiert fassen, so ließe es sich zuspitzen auf die Alternativfrage, ob Odos Reich als ein fränkisches Teilreich unter mehreren anzusprechen ist oder als ein durchaus selbständiges Reich mit bereits französischer Perspektive.
    Die Wahl Odos provoziert den zurückschauenden Betrachter, eine zweite Art alternativer Orientierung herauszustellen. So läßt sich Odos Königtum als besondere Ausprägung einer frühmittelalterlichen Heerkönigsvorstellung interpretieren, während andererseits Züge einer rechtlichen Einbindung des Königs in ältere Formen eines westfränkischen Staatsverständnisses überaus deutlich hervortreten, so dass man fast von konstitutionellen Festlegungen sprechen kann. Beide Aspekte sind noch zu erläutern, vor allem zu belegen, doch um der schärferen Konturierung willen ließe sich daran festhalten, dass Odos Königtum den Typ des Heerkönigtums mit dem des konstitutionell gebundenen verknüpft, dass beide Typen hier zusammenkommen, obwohl sie letztlich kaum voll vereinbar sind.
    Was hatte Odo dazu qualifiziert, dass westfränkische Große ihn zu ihrem König wählten und erhoben? Eine Herkunft aus karolingischem Geschlecht konnte er jedenfalls nicht vorweisen. Sein Vater, Robert der Tapfere, war Graf von Tours, Blois und Anjou, der sich in Abwehrkämpfen gegen Normannen und Bretonen bewährt hatte und in der bretonischen Mark wie den erwähnten Grafschaften an der Loire seine Machtbasis besaß. Er stammte wohl vom Mittelrhein und sollte als Ahnherr der nach ihm benannten ROBERTINER auch dereinst Stammvater der KAPETINGER werden. Als Robert der Tapfere 866 fiel, waren seine beiden Söhne Odo und Robert minderjährig und wurden von der väterlichen Herrschaft ausgeschlossen - ganz gewiß war Odo noch nicht 10 Jahre alt, möglicherweise etwa 860 geboren. Seine Kindheit und Jugend sind unbekannt, ab 882 ist sein Weg erkennbar. Selbstverständlich war der Aufstieg an des jeweiligen Königs Gunst gebunden. 882 war Odo Graf von Paris; neben Gauzlin zeichnet er sich im Abwehrkampf gegen normannische Überfälle aus, vor allem 885/86 bei der Verteidigung von Paris. Als gleichwohl die Lage der Metropole hoffnungslos schien, bemühte sich Odo mit Erfolg um kaiserliche Unterstützung, die vor Ort aber kläglich versagte. Immerhin wird dabei deutlich, dass westfränkische Große Kaiser KARL III. ("DEN DICKEN") ins W-Reich zur Herrschaftsübernahme eingeladen hatten, weil sie sich so die dringend benötigte militärischen Unterstützung erhofften. Ferner war für Odo bedeutsam, dass KARL III. ihm die Übernahme des väterlichen Besitzes erleichterte. Odo verstand, diesen zusätzlich zu mehren, und verfügte bereits vor seiner Königswahl an der Loire über die Grafschaften Angers, Tours, Blois, Orleans und die bedeutende Abtei St-Martin in Tours; an der Seine gebot er mindestens über die wichtigen Klöster St-Germain-des-Pres und St-Denis, außerdem über St-Armand in Neustrien, einer weiteren Basis seiner politischen Macht. Blickt man auf die realen Grundlagen von Odos politischer Stellung, so waren diese durchaus ansehnlich, zumal militärische Kontingente in seinen Grafschaften rekrutierbar waren. Nicht weniger wichtig war Odos persönliche Eignung. Richer von St-Remi kennzeichnet den Königskandidaten ausdrücklich als kampferprobten und tatkräftigen Mann, dessen Vater Adelskrieger war. Diese Quallitäten sollte nicht einmal der Hinweis auf den Großvater mindern, der aus dem rechtsrheinischen Gebiet, fast möchte man sagen aus dem Ausland kam. Auch sonst läßt Richer keinen Zweifel an Odos militärischer Tüchtigkeit, die sich vielfach bewährt habe. Ähnlich akzenturiert äußert sich Abo von St-Germain, der die Belagerung von Paris durch Normannen als Augenzeuge erlebte und das Geschehen der Jahre 885-886 in einem umfangreichen Epos nachgestaltete: Als Schutzherrn der Stadt und künftigen Erhalter des Reiches spricht er Odo an, rühmt ihn als Sieger und unbezwungen im Kriege. Kaiser KARLS III. klägliches Versagen vor Paris, als er den Kampf scheute und in schimpflicher Weise den Abzug der Normannen teuer erkaufte, ist der bewußte Hintergrund für die Betonung von Odos Eignung: Kein Zweifel, dass die Hoffnung seiner Wähler in der Zurückdrängung normannischer Invasoren lag. Dabei verdient beachtet zu werden, dass die fehlende KAROLINGER-Abkunft im Zusammenhang mit Odos Wahl keine Erwähnung findet, vielleicht auch längst eine nur noch sekundäre Bedeutung hatte. Auch in anderen Dingen gab es kaum Hemmungen. Da beispielsweise Odo die notwendigen Herrschaftszeichen fehlten, ließ er diese aus dem Kloster St-Denis holen und sorgfältig in Listenform quittieren. Mancher sieht bereits in der Tatsache, dass Odo auf die Insignien zunächst keinen Zugriff hatte, Zeichen eines gewissen Makels, konstatiert mitunter sogar einen Rechtsmangel. Solche Wertungen sind bestimmt überzogen, und Odo dürften sie kaum berührt haben. Er verhielt sich pragmatisch, und weil "diese Gegenstände" benötigt wurden, setzte er durch, dass bei der feierlichen Königserhebung, an die sich die Salbung und Krönung anschlosssen, die Herrschaftszeichen der westfränkischen Vorgänger zur Verfügung standen. Ort der Erhebung war St-Corneille in Compiegne, wo Erzbischof Walter von Sens Odo am 29. Februar zum König salbte. Zwar hatte sich eine Weihetradition zugunsten von Reims herausgebildet, doch verstand es der Reimser Metropolit, durch seine Gegnerschaft zum ehemaligen Grafen von Paris sich selbst auszumanövrieren. Der Konkurrenzkampf zwischen Reims und Sens um das Recht der Königsweihe wurde somit erneut aufgefrischt.
    Kaum etwas ist über den Prozeß der politischen Willensbildung, der zur Wahl des Grafen von Paris führte, bekannt. Als Odos Wähler können jeweils die Mehrzahl der westfränkischen Bischöfe und die der Großen gelten, doch eine einhellige, gar unstrittige Zustimmung erhielt Odo nicht. Dies zeigte bereits das Beispiel des Reimser Erzbischofs Fulco, der zunächst für WIDO VON SPOLETO eingesetzt hatte, dann aber die Nähe zum ostfränkischen König ARNULF suchte.
    Der zeitliche Abstand von vermutlich einigen Wochen zwischen der Wahl als einem Vorgang der politischen Willensbildung mit anschließender verbindlicher Willensbekundung und der Erhebung ließ Zeit für umfangreiche Vorbereitungen, die man zu nutzen verstand.
    Schon seit Jahrhunderten gilt den Akten der Königserhebung, deren Vorbereitungen viel Sorgfalt und umsichtige Beachtung der Tradition erforderten, besondere Aufmerksamkeit. Zugrunde gelegt wurden der kirchlichen Weihe meist sogenannte Ordines, also liturgische Texte für die Gestaltung des Weihegottesdienstes, in die Verfahrensanweisungen für Salbung und Krönung, oft auch die zu leistenden Eide eingeschlossen wurden. Für Odos Krönung am 29. Februar 888 enthält der Ordo neben Gebetsformeln ein förmliches Versprechen der Bischöfe gegenüber Odo, dessen eidliches Versprechen und schließlich einen Festgesang. Bemerkenswert ist zunächst, dass dieser Odo in westfränkischer Tradition steht, also der neue König, der nicht karolingischer Abkunft war, grundsätzlich wie seine karolingischen Vorgänger angesehen, geweiht und gefeiert wurde. In dieser Tatsache ist zugleich ein gewisses Bekenntnis zur westfränkischen Reichstradition zu sehen, die 843 durch den Vertrag von Verdun begründet wurde. Darüber hinaus ist Odos Promissio von 888 besonders aufschlußreich, zumal sich auch Odo als Nicht-KAROLINGER mit diesem Königseid in die große westfränkische Staatstradition einordnete. Zwar fehlen Hinweise, dass auch er wie nahezu alle Vorgänger seit KARL DEM KAHLEN sich zum Verfassungsgefüge des Vertrages von Coulaines vom November 843 ausdrücklich bekannt hat beziehungsweise darauf verpflichtet worden ist, doch zielen einzelne Textpassagen seiner Promissio deutlich in die Nähe jener berühmten Festlegung der westfränkischen Verfassung. König KARL DER KAHLE hatte im April 845 auf der Synode von Beauvais den westfränkischen Bischöfen auf ihr Verlangen hin acht Grundsätze beschworen, die P. E. Schramm "als ein Grundgesetz der nun auf sich gestellten Westfränkischen Kirche" bezeichnete. In nahezu archaisch anmutender Form hatte der christliche König diesen Eid vor den Bischöfen auf sein eigenes Schwert geleistet. Sachlich bezog sich die Herrschende Verpflichtung von 845 zweifelsfrei auf den Vertrag von Coulains, dessen erstes Kapitel die Stellung der Kirche im Reiche als tragendes Element fixiert hatte. An die königliche Selbstverpflichtung von 845 in Beauvais knüpfte man nun 888 an, denn aus Kapitel 1 und 6 wurden deutlich einzelne Textpassagen übernommen. In der westfränkischen Reichstradition hatte es jenen anderen Verpflichtungsstrang gegeben, der in unmittelbarer Anknüpfung an Coulaines bislang sehr häufig genutzt wurde. Wenn jetzt eine sachlich korrekte Variante gewählt wurde, lag es gewiß am Erzbischof von Sens als Konsekrator Odos, der sich selbst gegenüber der bis dahin prägenden Rolle des Reimser Amtskollegen profilieren wollte. Jedenfalls bekunden die entsprechenden Passagen des Königseides eindrucksvoll, dass sich Odo auch in dieser Hinsicht voll in westfränkische Traditionen stellte und die Rechte der Kirche dieses Reiches garantierte. Ergänzend zur textlichen Anlehnung an KARL DES KAHLEN Eid von 845 hatten sich die Redaktoren von 888 auch auf die Eidesformulare Ludwigs des Stammlers von 877 und Karlmanns von 882 bezogen, also sicherheitshalber Anschluß an jene große Traditionslinie hergestellt, die vornehmlich Hinkmar von Reims fixiert hatte. Im Zusammenhang mit Odos Promissio ergeben sich zusätzliche Einblicke in die Verfassungswirklichkeit. Es läßt sich nämlich nachweisen, dass Odo vor der Königsweihe der Eidestext schriftlich vorgelegt wurde und dass er ihn unterschreiben mußte. Da Odos Königstitel und entsprechend auch seine Unterschrift später stets Odo rex lauteten, unter seiner Promissio jedoch nur Odo steht, ergibt sich recht zwingend, dass der zum König gewählte, aber noch nicht zum König geweihte Odo seinen verbindlichen Eid vor der Krönung und Weihe geleistet haben muß. Er unterschrieb die schriftlich fixierte Fassung und leistete gewiß für viele hörbar dann den geforderten Eid, dessen für seine eigene Königsherrschaft konstitutiver Charakter somit in doppelter Hinsicht sehr deutlich wird. Mit ähnlich ablaufenden Eidesleistungen wird man bei einigen Königserhebungen bereits vor 888 rechnen müssen, doch sind die knapp skizzierten Zusammenhänge hier erstmals eindeutig belegbar. Sie dokumentieren überdies eindrucksvoll die Entwicklung der Schriftlichkeit im westfränkischen Reich und die Möglichkeit von deren rechtlicher Verbindlichkeit, während ja sonst Eidesleistungen noch über lange Jahrhunderte ihren zwingenden Charakter fast ausnahmslos durch den mündlichen Rechtsakt erhielten.
    Überliefert ist die schriftliche Fassung von Odos Königseid in einer Handschrift des katalanischen Klosters Ripoll. Mit einiger Wahrscheinlichkeit war die Textvorlage als authentisches Exemplar von König Odo selbst verschickt worden, "um Kunde davon zu geben, dass er seine Herrschaft angetreten habe und in rechtmäßigem Sinne führen werde" (P. E. Schramm). Erst etwas später wird erkennbar, dass sich Odo zugleich in dieser Form geschickt in die Politik der Mark Barcelona und des Erzbistums Narbonne einzuschalten verstand. Damit ist zugleich angedeutet, dass sich der neue König tatkräftig um die Festigung wie auch Ausweitung seiner Herrschaft bemühte, keineswegs also ein "Kleinkönig" sein wollte. Selbst Odos Hochzeit, die nur grob auf die Zeitspanne vom Frühjahr bis Sommer 888 zu datieren ist, läßt des Königs politischen Ehrgeiz erkennen. Er heiratete eine nicht näher bekannte Theotrada, von der man allerdings weiß, dass sie nicht fränkischer Abstammung war. Im 10. Jahrhundert hätte man in einer solchen Gattenwahl eine besondere Akzentuierung der eigenen Herrschaftslegitimation gesehen. Aus Anlaß dieser Hochzeit erhielten beide Eheleute Gedichte als Gabe; sie sind keine üblichen Hochzeitsgedichte, doch spiegelt sich in ihnen ein beachtlicher rest antiken Bildungsgutes, dem sich das Herrscherpaar offenbar weiterhin verpflichtet fühlte, wenn auch die Textformen erkennen lassen, dass die karolingische Kulturblüte gegen Ende des Jahrhunderts zu verblassen begann.
    Zu den spektakulären Ereignissen in Odos erstem Königsjahr gehört eine Begegnung mit dem ostfränkischen Herrscher ARNULF, den die Stämme rechts des Rheins Ende November 887 zum König erhoben hatten. Ein solches Zusammentreffen war für den W-Franken nicht unproblematisch, politisch aber wohl zweckmäßig. Erzbischof Fulco von Reims, der an der Spitze einer nicht unbedeutenden Adelsgruppe stand, hatte König ARNULF nämlich die Herrschaft auch über W-Franken angetragen und ihm seit einem ersten Treffen Ende Mai in Worms, dann auch in Frankfurt verhandelt. Es dürfte sich bei Fulcos Initiative um eine relativ übliche "Einladung" gehandelt haben, die zwar keine Garantie zur Herrschaftsübernahme bedeuten konnte, aber mit ihrem Wahlcharakter durchaus reale Chancen zur Herrschaftsübernahme bot, die von Franken-Königen in der Regel aufgegriffen wurden. König ARNULF tat dies jedoch nicht, er entließ vielmehr Fulco sine ullo consilio vel consolatione - also wohl ohne nähere Begründung und ohne vertröstende beziehungsweise hinhaltende Worte. Über ARNULFS Motive kann man nur rätseln, doch da Verhandlungen mit Fulco bezeugt sind und in Frankfurt zugleich eine ostfränkische Reichsversammlung stattfand, läßt sich mit einiger Sicherheit schließen, dass die Ablehnung der westfränkischen Einladung von ARNULFS eigenen Wählern getragen wurde. In dieser Tatsache hat man ein Indiz dafür gesehen, dass die rechtsrheinisch-ostfränkischhe Stämme bewußt in einer eigenen politischen Organisationseinheit verbleiben wollten.
    Gerade in dieser kritischen Phase, als Gesandte von Odos politischem Gegner Fulco mit dem mächtigen ostfränkischen Herrscher verhandelten, gelangen Odo in seinem eigenen Reich Erfolge, die bewiesen, dass er der Aufgabe des Schutzes gegenüber äußeren Feinden gewachsen war. Denn als Odo in den Argonnen plötzlich auf ein Normannenheer stieß, glückte ihm am 24. Juni 888 bei Montfaucon (zwischen Aisne und Maas, in der Nähe von Verdun) ein glanzvoller Sieg. So wurde seine eigene politische Kontaktnahme mit König ARNULF gewiß erleichtert, und im August 888 trafen sich beide Herrscher in Worms: Ehrenvoll wurde der Westfranke empfangen, "bestimmte Dinge wurden von beiden Seiten zur Zufriedenheit und auf glückliche Weise geregelt" (Ann. Fuld.), ein Freundschaftsbund geschlossen.
    Die Deutung dieser relativ vagen Nachrichten ist strittig. Hatte Odo dem Ostfranken gehuldigt, seine Lehnsoberherrschaft anerkannt oder sich gar in ARNULFS Vasallität begeben? War die eigene Herrschaft durch ARNULFS Anerkennung erst legitimiert, im Innern konsolidiert und nach außen gefestigt? Diese und noch weitere Fragen werden sich jedoch kaum eindeutig beantworten lassen. Immerhin scheint sicher zu sein, dass sich die Wormser Zusammenkunft in die breit bezeugte Reihe frühmittelalterlicher Herrschertreffen einfügt, die häufig an der Grenze stattfanden, aber ohne großen Prestigeverlust für den Gast auch im Innern des Gastgeberreiches arrangiert werden konnten. Für das Wormser Trffen sind solche Vorverhandlungen bezeugt. Die zwischen beiden Königen geschlossene amicitia belegt dann eine vertragliche Einigung, die selbstverständlich Elemente gegenseitiger Anerkennung und Achtung enthielt, einen Interessenausgleich umfaßt haben kann und als ein Form zwischenstaatlicher Beziehung zu werten ist. Von einer Unterwerfung Odos unter ARNULF wird man jedoch nicht sprechen dürfen. Eine gewisse Suprematie des ostfränkischen Königs ist gleichwohl unverkennbar. Odo verpflichtete sich bei dem Wormser Treffen zusätzlich, jenen westfränkischen Großen, die gemeinsam mit Erzbischof Fulco von Reims im Frühjahr ARNULF "eingeladen" hatten, Verzeihung zu gewähren, was der Durchsetzung seines Herrschaftsanspruchs nur förderlich sein konnte. Er hatte zudem den Rücken frei zur Abwehr der permanenten Normannengefahr.
    Im Herbst 888 zog der König dann nach Reims, das sich ihm bisher verweigert hatte. Der Annalist aus St-Vaast bei Arras berichtet mit der Vorsichtsklausel vom Hörensagen, Gesandte ARNULFS hätten ihm eine Krone überbracht, mit der Odo am 13. November 888 in der Kirche Notre-Dame zu Reims gekrönt wurde. Eine solche Kronenübergabesendung ist relativ unüblich. Wenn König Odo sich mit dieser Krone krönen ließ, vermutlich durch Erzbischof Fulco von Reims, dann war dies selbstverständlich kein sein Königtum konstituierender Akt, wohl aber fügte sich die feierliche Handlung in das Königsprogramm, den bisherigen politischen Gegnern zu verzeihen und sie in den Reichsverband einzugliedern. Ohnehin konnten Krönungen wie andere Erhebungsakte grundsätzlich wiederholt werden.
    Nachdem König Odo im folgenden Jahre auch Ramnulf II. von Poitou zur Anerkennung seiner Herrschaftsansprüche hatte zwingen können, war sein Königtum im W-Frankenreich recht gefestigt, sogar unter Einschluß Aquitaniens. Sicherhertshalber hatte er Ramnulf durch Schwur verpflichtet, sich für König Ludwigs des Stammlers noch unmündigen Sohn Karl ("den Einfältigen") zu verbürgen. Eine Königskonkurrenz durch diesen KAROLINGER-Sproß war offenbar nicht auszuschließen. Und in der Tat wurde seit Herbst 892 Karls Erhebung geplant. Ihr Betreiber war ausgerechnet Fulco von Reims, der es erreichte, dass am 28. Januar 893 der nunmehr 13-jährige Karl auf einer Synode zu Reims gewählt, gekrönt und gesalbt wurde.
    Karls Königserhebung zwang Odo zu Gegenaktionen, dies seine Kräfte zu zersplittern drohten. Denn noch wurde Gallien von Normannen geplagt. Die königlichen Truppen zogen ihnen zwar beharrlich hinterher, konnten sie jedoch nur selten zum Kampf stellen. Auch die organisatorische Absicherung der Königsherrschaft band Energien, so geschickt man auch karolingische Verwaltungs- und Herrschaftsstrukturen wieder aufgriff und stärkte. Odo behauptete sich, während Karls "des Einfältigen" Machtplattform eher schmäler wurde. Im Hin und Her der Kämpfe, die zeitweilig durch Waffenstillstände unterbrochen wurden, verdient ein zweites Zusammentreffen Odos mit ARNULF im Mai 895 besonderes Interesse. Offenbar hatte der ostfränkische König Karl und Odo zu sich geladen, vermutlich um zwischen ihnen zu vermitteln. Doch Karls Seite sah übergroße Risiken, und nur Odo kam mit respektablem Gefolge nach Worms, wo eine Reichsversammlung tagte, die dem Herrschertreffen einen repräsentativen Rahmen bot. Odo erhielt einen ehrenvollen Empfang, verhandelte mit ARNULF und trennte sich von ihm in Frieden. Die wechselseitige, schon 888 begründete Freundschaft bekräftigten beide Herrscher durch Gabentausch. Odo hatte außer einem mit Juwelen besetzten Becher ein besonders kostbares Geschenk mitgebracht: KARLS DES KAHLEN prachtvollen Codex Aureus, der sich heute in München befindet.
    Da auf der Wormser Reichsversammlung vom Mai 895 ARNULFS Sohn Zwentibold zum König von Burgund und ganz Lotharingien erhoben und gekrönt wurde, ergaben sich für das Herrschertreffen wohl auch zwischenstaatliche Verhandlungspunkte, über die jedoch nichts Näheres bekannt ist. Für Odos Position gegenüber Karl "dem Einfältigen" wirkte sich die Wormser Begegnung ohnehin positiv aus; es gelang, die Widerstände, die sich auf die Reimser Kirchenprovinz konzentrierten, niederzuhalten, und schließlich erreichte Odos Seite im Jahre 897 mit dem KAROLINGER ein "Arrangement", das diesen Namen jedoch kaum verdient. Es wurde keine Reichsteilung vorgenommen, auch Karl nicht nur "mit einem kleinen Stück Land abgefunden" (Brühl), sondern Odo billigte dem Konkurrenten einen Teil des westfränkischen Reiches zu, der wohl mit den größeren Teil der Kirchenprovinz Reims identisch sein dürfte (G. Schneider).
    Das territoriale Arrangement bleibt gleichwohl rätselhaft. Dass Odo söhnelos war, ist bekannt, doch angesichts seiner für heutige Verhältnisse noch reifen Jugend von ca. 37 Jahren kein überaus gewichtiges Argument. Vielleicht lag es an den fortdauernden gefährlichen Einfällen normannischer Scharen, die ihm seine Söhnelosigkeit im Falle eines plötzlichen Todes als politisches Risiko bewußt bleiben ließen. In diese vermuteten Zusammenhänge gehört dann jedenfalls die Nachricht, Odo habe kurz vor seinem Tode seine Anhänger dringend gebeten, "dass sie Karl ("dem Einfältigen") die Treue halten möchten". Vermutlich meinte der Annalist aus St-Vaast, der zu 897 schrieb, Odo habe Karl "soviel vom Reich gegeben, als ihm angemessen schien, und noch mehr in Aussicht gestellt", gerade diese Erbanwartschaft für den Todesfall. Dies wäre ein eindrucksvolles Zeugnis für König Odos Haltung zur Staatlichkeit des W-Frankenreiches. In seinem Winterlager an der Oise, in La Fere-sur-Oise, starb König Odo am 1. Januar 898. Seinen Leichnam überführte man nach St-Denis, wo er ehrenvoll bestattet wurde. Der Herrschaftsübergang zu Köng Karl vollzog sich dann reibungslos.
    Auffällig ist, dass Odos Bruder Robert im Zusammenhang der Herrschaftsnachfolge keine nennenswerte Rolle spielte. Es hätte durchaus in fränkischer und nicht nur karolingischer Tradition gelegen, wenn Robert seinem Bruder als König nachgefolgt wäre. Aber nichts deutet auf solche Überlegungen. Dies mag überraschen, weil gerade Robert viel später von den robertinisch gesonnenen Großen Neustriens zum König gegen Karl "den Einfältigen" erhoben wurde. Am 29. Juni 922 wurde er in St-Remi vor Reims gesalbt und auch gekrönt. Als Coronator fungierte Erzbischof Walter von Sens, der schon seinen Bruder Odo geweiht hatte - Walter durfte dies am traditionellen Ort der westfränkischen Königsweihe tun, weil der in Reims zuständige Amtskollege kurz zuvor tödlich erkrankt war. Doch auch König Robert schaffte es nicht, seiner Familie die Königsherrschaft im W-Reich zu erhalten. Erst Hugo und seinen Nachkommen aus dem Hause der ROBERTINER-KAPETINGER sollte dies 987 gelingen.
    Die relativ kurze, aber doch sehr ereignisreiche Königsherrschaft Odos fällt in eine Zeit stürmischer Entwicklungen, eine Zeit zumal, in der sich Europas Völker und reiche neu formierten. Aus den Trümmern des karolingischen Großreiches entstanden neue politische Verbände, deren Entwicklung sprunghaft verlief und zahlreiche Brüche aufwies. Je nach der eigenen Perspektive wird man diejenigen Ereigniss und Strukturen stärker beachten und gewichten, die das Einstige noch erkennen lassen, oder jene, die aus der historischen Rückschau das neu sich Formierende dokumentieren. Damit soll behutsam angedeutet werden, wie strittig die Beurteilung der westfränkischen Könige oder Teilkönige ist, ob sie zue Reihe französischer Könige mit einigem recht gezählt werden können oder ob schon der Gedanke daran absurd ist.
    Im Fall Odos, der stets nur den absoluten Königstitel (Odo rex) ohne ethnische Bereichsbezeichnung führte, scheint kein Zweifel zu sein, dass er sich als König eines selbständigen westfränkischen Reiches verstand und die Tradition des Reiches achtete. Durch den Teilungsvertrag von Verdun (August 843) und den Herrschaftsvertrag von Coulaines (November 843) war es im Innern und nach außen konstituiert worden, hatte diesen Verfassungsrahmen auch nie vergessen. In den Augen des lotharingischen Chronisten waren es nun "Galliens Völker", die Odo 888 zum König wählten, und der Regensburger Fortsetzer der Fuldaer Annalen berichtet zum Jahre 895, dass Odo rex Galliae zum Wormser Treffen mit König ARNULF gekommen sei. Wenn auch herrscherliche Selbstaussagen entsprechender Art für Odo fehlen, so rechtfertigen die Fremdaussagen aus Lotharingien und dem O-Reich noch deutlich genug, Odo in die gewiß noch schwierigen Anfänge der französischen Königsreihe zu stellen.

    888 oo Theodrada von Troyes, Tochter des Grafen Aledram, - nach 890

    Kinder:
    - Rudolf König von Aquitanien
    - Arnulf 885 - 898

    Literatur:
    Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 18-20 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 36,83,88,102-105,107,110 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 262,267-269,273,279,315-317,321-323,332,345, 358,381-383,385,405-407,409,433-435,476,517 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 15-20,22,45,48,61,95 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 7,11,13-21,23,26-29,36,45,62,76,86 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 17,43,74,97,125 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 51,56-59,61 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 256-260,271-280,288,356,408 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 158,180,184-186,188,190-194,198,203,212 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 67,69,71,74,76,79 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 78,95,105 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 27-30,34,52,55,230 Anm. 876, 233,236 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 444,446,465,470,475,482,486,501 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989 Seite 49 -

    Begraben:
    Saint-Denis

    Odo heiratete von Troyes, Theodrada in 888. Theodrada gestorben nach 890. [Familienblatt] [Familientafel]


Generation: 2

  1. 2.  Robert wurde geboren um 820; gestorben in 866 in Brissarthe [49330],Maine-et-Loire,Pays de la Loire,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris
    • Titel/Amt/Status: Tours [37000],Indre-et-Loire,Centre-Val de Loire,Frankreich; Graf von Tours

    Notizen:

    Robert der Tapfere
    Graf von Paris und Tours
    - 866 gefallen Brissarthe
    Sohn des Grafen Robert III. im Worms- und Oberrheingau und der Wiltrud von Orleans, Tochter von Graf Hadrian
    Nach Merlet/Glöckner Sohn des 834 mit seinem Bruder, Odo Graf von Orleans, Stammvater der KONRADINER, gefallenen Grafen Wilhelm von Blois

    Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 883
    Robert der Tapfere
    * ca. 820, + 866 gefallen
    Vater der westfränkischen Könige Odo (888-898) und Robert I. (922-923)
    Stammvater der ROBERTINER (KAPETINGER)

    Aus bedeutendem rheinfränkischen Grafenhaus der ‚RUPERTINER‘ (Gründer des Klosters Lorsch), trat er um 840 in die Dienste KARLS DES KAHLEN, der ihn unter anderem aus Reimser Kirchengut versorgte und den mit seiner Gattin Ermentrud versippten Vasallen 852 zum Laienabt von Marmoutier und Graf von Angers, 853 zum Missus in Raum Anjou/Touraine/Maine erhob. Neben vorübergehender Verwendung in der Bourgogne hatte Robert der Tapfere lange den militärischen Oberbefehl "zwischen Seine und Loire" inne, mit den Grafschaften von Orleans bis Anjou, zuletzt auch die Abtei St-Martin in Tours. In Auseinandersetzungen mit rivalisierendem Adel und dem neustrischen Unterkönig Ludwig dem Stammler, Sohn KARLS DES KAHLEN) kam es neben einer Auflehnung Ludwigs gegen den Vater auch zu einer Erhebung Roberts gegen KARL (857-861). Robert der Tapfere hat Bretonen, Normannen und Aquitanier erfolgreich bekämpft, wobei er sie geschickt gegeneinander ausspielte. Er fiel 866, zusammen mit Graf Ramnulf von Poitou, bei Brissarthe (nördlich Angers) im Kampf gegen die Normannen. Den Gefallenen verglich man in der rheinfränkischen Heimat mit den MAKKABÄERN ("Robert fortis").

    Literatur:
    K. Glöckner, Lorsch und Lothringen, Robertiner und Capetinger, ZGO NF 50, 1936, 301-354 - K. F. Werner, Rotberti complices. Die Vasallen Roberts des Tapferen, WaG 19, 1959, 146-193 -
    Robert IV. der Tapfere folgte um 834 dem Vater in allen Allodien und beiden Gauen als Graf. Er ging in den verheerenden Bruderkriegen der KAROLINGER um 837 zu KARL II. VON FRANKREICH über und verlor deshalb die alten Hausgrafschaften seiner Familie, nicht aber die deutschen Allodien. In den Hausgrafschaften folgten ihm die KONRADINER bzw. SALIER, die mit seiner Familie verschwägert waren. Er machte wohl 841 die Schlacht bei Fontenay mit, jedoch auf Seiten Kaiser LOTHARS I., weil er entschiedener Verfechter der Reichseinheit war, die nur der fränkische Reichsadel, der in allen Reichsteilen Besitz hatte, garantieren konnte. Robert wurde von KARL II. DEM KAHLEN gefördert, bekam die wichtigen Grafenrechte in Anjou, Touraine, Maine und Blois, und wurde Graf von Tours und Paris, auch Laienabt und Vogt von St. Martin/Tours, Marmoutier, Angers und Comery. Er beherrschte weitgehend das Gebiet des ehemaligen "Neustrien" und stieg damit zum mächtigsten Kronvasallen auf und war zeitweise auch Königsbote. Er geriet mit dem Haus SEPTIMANIEN-AQUITANIEN in Streit, gewann von diesem vorübergehend Autun dazu, geriet 858 mehrmals in Streit mit KARL II., weil er sich weigerte, ihm verliehene Benefizien zurückzugeben, so stark war er.
    Robert war der Anführer von Adelsbünden und zeigte als erstes Mitglied der Sippe das Geschick, den richtigen Augenblick abzupassen und die Fähigkeit zur Mäßigung. In der Zeit übelster Plünderungen durch die Normannen, die von allen Flüssen her ins Land eindrangen, wurde er der Chef der Abwehr der Normannen und fiel heldenhaft kämpfend bei Brissarthe. Mit seinem unerschrockenen Widerstand begründete er seinen Ruhm und das Ansehen seiner Familie in Frankreich, die bald als einheimischer empfunden wurde als die KAROLINGER.
    Robert ist der Ahnherr der ROBERTINER, aus denen später die KAPETINGER hervorgingen.

    Friese Alfred: Seite 104, "Studien zur Herrschaftsgeschichte des fränkischen Adels"

    Als durch die Schlacht von Fontenay (bei Auxerre) 841 die Entscheidung gegen Kaiser LOTHAR I. gefallen war und zwei Jahre später im Vertrag von Verdun besiegelt wurde, mußten im Ostreich viele von ihnen abtreten. Das Beispiel der ROBERTINER ist ebenso aufschlußreich wie das der HATTONEN. Robert IV., dessen Vater Königsbote im Mainzer Sprengel und Graf im Oberrhein- und Wormsgau war, hat schon 837 den Machtbereich Ludwigs des Deutschen verlassen und über Freunde im Lager des Kaisers Anschluß an den Hof KARLS DES KAHLEN gefunden. Mit ihm ging auch Graf Hraban, ein Vetter des Fuldaer Abtes Hrabanus Maurus.

    Mitterauer Michael: Seite 209, “Karolingische Markgrafen im Südosten”

    Neben Guntram hatte Graf Rutpert III. noch einen zweiten Sohn, der den Namen des Vaters trug. Er wird 836 in einer Lorscher Urkunde genannt. Glöckner hat es wahrscheinlich gemacht, dass es sich bei ihm um den unter dem Namen Robert "der Tapfere" bekannten Ahnherrn der westfränkischen ROBERTINER handelt. Er nimmt an, dass sich Rutpert wie viele andere ostfränkische Große beim Tod Kaiser LUDWIGS für dessen Sohn LOTHAR entschied und dadurch in Gegensatz zu König Ludwig dem Deutschen geriet. War Rutpert wirklich ein Neffe des Hrabanus Maurus, dann findet diese Annahme neue Stützung. Auch Hrabanus Maurus nahm gegen König Ludwig Stellung. Er verlor aus diesem Grunde seine Fuldaer Abteiwürde. Durch seine Haltung wurde sicherlich auch die seines damals noch ziemlich jugendlichen Neffen bestimmt.
    Nach dem Sieg König Ludwigs ging Rutpert ins W-Reich, wo er sich rasch eine neue Ausgangsbasis schuf. Die rupertinische Grafschaft im Wormsgau sowie der größte Teile der rheinischen Güter dieses Geschlechts gingen auf einen Graf Megingoz über. Daraus, dass er als nepos König Odos bezeichnet wird, schloß Glöckner, dass er der Sohn einer Schwester Roberts des Tapferen war. Sein Vater hieß Walacho, sein Bruder Robert.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 439,441,500,502, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Unter den Großen im Rheingebiet gab es einige, die nach der Reichsteilung von Verdun nicht unter der Herrschaft des ungeliebten Ludwig leben wollten, aber auch für LOTHAR nichts übrig hatten. Zu ihnen gehörten Hrabanus und Robert, zwei Männer gräflicher Abstammung. Hrabanus war ein Verwandter des späteren Erzbischofs Hrabanus Maurus von Mainz, Robert war kein anderer als Robert der Tapfere, der Ahnherr der KAPETINGER. Sie zogen in KARLS Reich und wurden mit Gütern der Reimser Kirche ausgestattet. Dieses Bistum war in den ersten Jahren der Herrschaft KARLS vakant geblieben, um den König die Einkünfte zu sicherm. Bald nach seiner Wahl zum Erzbischof von Reims erreichte aber Hinkmar die Rückgabe seiner Güter. Robert konnte sich auf seine Verwandtschaft mit Königin Ermentrud und dem einflußreichen Grafen Adalhard stützen. Im Jahre 852 ernannte ihn KARL zum Grafen von Anjou und der Touraine. Nach dem Verlust von Nantes und Rennes sollte dieses Gebiet die Grundlage einer neuen Bretonischen Mark bilden. Gleichzeitig wurde Robert Laienabt des Klosters Marmoutier bei Tours. Später erhielt er dann noch die Grafschaften Blois und Orleans, dazu die Laienabtwürde von Saint-Martin in Tours, einen der Grundpfeiler für die Macht der ROBERTINER, der späteren KAPETINGER.
    Im Jahre 858 trat eine weit gefährlichere Oppositionsbewegung auf, der ein Großteil des fränkischen Adels im Königreich KARLS DES KAHLEN angehörte, darunter Robert der Tapfere und Erzbischof Wenilo von Sens. Diese Partei machte Ludwig dem Deutschen das Angebot, die Krone von KARLS westfränkischem Reich zu übernehmen. Ludwig nahm an, besetzte mühelos einen großen Teil des Königreichs und vergab schon honores an Große, die ihn gerufen hatten. Ludwig der Deutsche fühlte sich seiner Anhänger so sicher, daß er seine Truppen nach Hause entlassen hatte. KARL nützte das aus und zwang seinen Bruder durch eine rasche Militäraktion zum übersturzten Abzug. Dieser Erfolg in einer äöußerst kritisch erscheinenden Lage begründete KARLS Aufstieg in der fränkischen Welt. Freilich blieb die Verurteilung der Verschwörer von 858 durch die Synode zu Gondreville weitgehend wirkungslos, an der im Jahr darauf die "lothringischen" und westfränkischen Bischöfe teuilnahmen: KARLS Gegner waren in die Bretragne geflohen, die damals von der Opposition als Aufenthaltsort bevorzugt wurde. KARL mußte im Jahr 861 diesen Großen, voran Robert dem Tapferen, ihre Besitzungen und honores zurückgeben, sie dabei sogar noch vermehren.
    Die ROBERTINER dagegen, die "frühesten" KAPETINGER, deren Name auf Robert den Tapferen, ihren Ahnherrn und ihre eigentliche Heldengestalt zurückgeht, erhielten wesentlich weniger Beifall.
    Robert der Tapfere und Hugo Abbas, der einer feindlichen Familie angehörte, aber Roberts Werk fortsetzte, verkörpern die Vorbereitungsphase von 852 bis 866: Eine beträchtliche Vasallenklientel entstand auf der Grundlage eines Militärkommandos, das die KAROLINGER für Robert im Loiregebiet zwischen Orleans und Angers eingerichtet hatten, um die Bretonen und Normannen zu bekämpfen. Von dieser Basis ausgehend, sicherten sich Robert beziehungsweise Hugo der Abt (Abbas) auch einige große Klöster, voran Saint-Martin in Tours, und wurden dort Laienäbte. Das ermöglichte ihnen, zahlreiche Vasallen auf Klosterbesitz anzusiedeln.

    Ehlers Joachim: Seite 13-15, "Die Kapetinger"

    Zur frühen Geschichte der Familie gibt es keine eindeutigen Quellenzeugnisse; die Sammelbezeichnung "ROBERTINER" ist neuzeitlich und bezieht sich auf Robert, ihren ersten faßbaren Angehörigen, der aufgrund seiner vor allem im Kampf gegen die Normannen bewiesenen militärischen Tüchtigkeit schon von den Zeitgenossen als "der Tapfere" anerkannt wurde. Wegen seiner Leistungen im Dienst KARLS DES KAHLEN, der Eigenherrschaft, die er früh begründen konnte und durch seine königlichen Nachkommen erregte er das Interesse zeitgenössischer und späterer Geschichtsschreiber, die auch Nachrichten über seine Vorfahren überliefert haben. Roberts Vater sei ein gewisser Witichinus gewesen, der aus den ostrheinischen Ländern gekommen sei, schreibt am Ende des 10. Jahrhunderts der Mönch Richer aus dem Reimser Kloster des Heiluigen Remigius (I, 5), und sein Zeitgenosse Aimoin von Fleury präzisiert das, wenn er Robert einen Mann sächsischer Herkunft (Saxonici generis) nennt (II, 1). Gegenüber diesen Meldungen, die den Ursprung des ersten französischen Königshauses außerhalb Frankreichs sehen, berichten zeitnähere Aufzeichnungen wie die Annales Xantenses zum Jahr 867 (gemeint ist 866), daß damals ein Heerführer KARLS DES KAHLEN gegen die Normannen gefallen sei, ein sehr tapferer Mann aus der Francia namens Robert, und die Fuldaer Annalen nennen ihn einen Grafen König KARLS, der "wie ein Judas Makabäus unserer Zeit" (alter quodammodo nostris temporibus Machabeus) kämpfend den Tod gefunden habe.
    Zwischen sächsischer Herkunft und westfränkischem Königsdienst Roberts sah die ältere Forschung einen Widerspruch. Er sollte dadurch beseitigt werden, daß dem notorisch phantasievollen Richer, der den namen Widukind seinem gelehrten Wissen von den Sachsenkriegen KARLS DES GROSSEN mühelos hätte entnehmen können, Erfindung unterstellt wurde; für Aimoin glaubte man an einen Reflex späterer Vorgänge, nämlich der Heirat des dux Hugo Magnus, Roberts Enkel, im Jahre 937 mit Hadwig, der Tochter König HEINRICHS I. und Schwester OTTOS I., über die der Name Heinrich in das französische Königshaus gekommen ist.
    Ein solcher Widerspruch besteht indessen keineswegs zwingend, denn die fränkische Reichsaristokratie, zu der Robert gehörte, definierte sich gesamtfränkisch und darf demzufolge nicht nachträglich auf eine einzige Herkunftsregion beschränkt werden. Ein intensives gentiles Bewußtsein, das diese Familien ursprünglich zweifellos gehabt haben, wurde seit der Zeit KARLS DES GROSSEN im reichsweiten Aktionsraum so intensiv fränkisch überlagert, daß ein Großer zwar individuell aus der Francia kommen, durch Familientradition aber sächsischer Herkunft sein konnte. Die Quellenzeugnisse müssen sich demnach im Falle Roberts nicht gegenseitig ausschließen, sondern können einander ergänzen; angesichts der Fluidität weiträumiger Adelsbeziehungen und der Verbreitung des Personennamens verbietet sich aber jede präzise Bestimmung schon deshalb, weil sie dem damals noch sehr offenen System gesellschaftlich-familiärer Beziehungen nicht angemessen wäre. In einer Welt breitgelagerter Traditiionsverbände dürfen "die" ROBERTINER nicht als abgrenzbare, stammtafelfähige Größe gesucht werden, denn Einheiten dieser Art waren erst im Entsehen begriffen und können deshalb als solche in den Quellen nicht gefunden werden. Aus diesem Grund ist der Versuch gescheitert, Roberts Verwandtschaft mit dem mittelrheinischen Grafen Cancor nachzuweisen, der um 762/63 das Kloster Lorsch gegründet hatte und seinerzeit zur Familie des Bischofs Chrodegang von Metz gehört haben soll, des neben Fulrad von St- Denis wichtigsten Beraters des späteren Königs Pippin. Angesichts der bekannten überregionalen Verbindungen der fränkischen Reichsaristokratie ist die Verbindung Chrodegang/Robert/Cancor zwar möglich, aber ebensowenig belegbar wir die These einer neustrischen Herkunft der Familie Roberts. Sie wurde aus Verwandtschaft Hrotberts, eines Refendars König Chlothars III., mit dem Heiligen Lantbert gefolgert, dem die mittelrheinischen RUPERTINER zwei Kirchen geweiht haben; hierbei ist allerdings Lantbert, Abt von St-Wandrille und Bischof von Lyon (+ 683/88), verwechselt worden, dem die Kirchen in Donk (Provinz Limburg) und in Mainz geweiht waren.
    Mit dem Vertrauen in die Rekonstruierbarkeit verwandtschaftlicher Beziehungen Roberts zur Familie Chrodegangs von Metz schwindet aber auch die Möglichkeit, seinen Zugang zum Hof KARLS DES KAHLEN plausibel zu erklären. Robert muß dort frühzeitig Erfolg gehabt haben, denn 852 erhielt er das Kloster Marmoutier (Dep. Indre-et-Loire) übertragen, eine Gründung des fränkischen Reichsheiligen Martin. Solche Ausstattungen waren letzte Mittel der spätkarolingischen Könige, Große an sich zu binden und für die Dynastie zu gewinnen. Ein Teil des Klostergutes verblieb den Konventen, aus dem größeren Bestand konnte der Laienabt eigenen Vasallen Dienstgüter geben. 861, nach einer Phase der Opposition Roberts als Parteigänger Ludwigs des Deutschen, vertraute KARL ihm den militärischen Oberbefehl im Westen zwischen Loire und Seine an, den ducatus inter Ligerim et sequanam adversus Brittones (Regino zu 861). Es ist bemerkenswert, daß die künftige Basislandschaft der ROBERTINER zugleich die gefährdetste Region des W-Fränkischen Reiches war, bedroht durch Normannen und Bretonen: Die künftigen Könige verdankten ihren Aufstieg zu einem guten Teil militärischer Bewährung. Robert muß KARL DEM KAHLEN so wichtig gewesen sein, daß er ihm gegen den Willen des Erzbischofs Hinkmar von Reims 866 die ehrwürdigste Kirche des Frankenreichs überließ, das Kanonikerstift St-Martin in Tours.
    Nach dem Tod Roberts, der 866 bei Brissarthe (Dep. Maine-et-Loire) im Kampf gegen die Normannen gefallen war, konnte der König nur einen Teil der mitterweile erworbenen honores an Roberts minderjährigen Sohn Odo weitergeben.

    Mexandeau Louis: Seite 50-51, "Die Kapetinger"

    So war es bei Robert dem Tapferen (oder dem Starken), dem ersten bekannten Vorfahren der KAPETINGER. Er war ein Zeitgenosse KARLS DES KAHLEN, seine Herkunft liegt im Dunkel und ist umstritten, und es hat ganz den Anschein, als ob er sein Glück nicht - wie es französische Historiker behauptet haben, um seiner Nachkommenschaft zu schmeicheln und um sie zu rechtfertigen - einer gediegenen aristokratischen Abstammung verdankte, sondern der Beharrlichkeit, mit der dem Mißgeschick trotzte. Einerseits versuchte der energische KAROLINGER das Eindringen der Wikinger durch Brückenbefestigung aufzuhalten, andererseits bemühte er sich, sie aus dem flachen Land zurückzuzdrängen. Einer seiner tüchtigsten Stellvertreter, wenn nicht überhaupt der bewährteste, war eben jener Robert, der Urgroßvater Hugo Capets. Um ihm seine Treue zu lohnen, übertrug ihm KARL große Vollmachten und ausgedehnte Ländereien im Gebiet zwischen Seine und Loire, das man damals noch Neustrien nannte. Schon im Jahre 860 fühlte sich Robert stark genug, um sich gegen den Herrscher zu empören und es abzulehnen, ihm die Benefizien zurückzugeben, die ihm seine tapferen Taten eingebracht hatten. Eine erste Bekundung der Unabhängigkeit, auf die in dem Maße, wie sich diese stolze Familie festigte, noch viele andere folgen sollten. Die Auflehnung währte nicht lange, und Robert erhielt daher seine Güter und seine Vorrecht zurück. Er stellte so eine andere Eigenschaft unter Beweis, die zur ersten Tugend des Geschlechtes werden sollte, die Mäßigung ... vorausgesetzt, daß sie etwas einbrachte Vor den KAPETINGERN wußten schon die ROBERTINER, wie weit man gehen durfte und wo man haltmachen mußte.
    Robert der Tapfere starb frühzeitig im Jahr 866 am Ende eines siegreichen Kampfes, den er einer Normanschar geliefert hatte. Die Erinnerung an seinen ruhmreichen Tod auf den Stufen der Kirche von Brissarthe nahe bei Le Mans blieb unvergessen. Er hinterließ zwei Söhne, Odo und Robert; der ältere war noch nicht zehn Jahre alt.

    Dümmler Ernst: Band I Seite 591, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches"

    Als nämlich im Herbst 866 eine Schar von nur etwa 400 Loiredänen und Britten der Stadt Le Mans unter der Führung Hastings zu Pferde einen zweiten Besuch gemacht hatte [Der Tod Roberts und Ramnulfs wird kurz von Hinkmar erzählt, ausführlich von Regino a. 867.], wurden sie auf dem Rückwege bei Brissarthe von den Grafen Roert, Ramnulf, Gotfrid unf Heriveus angegriffen und in den Ort zusammengedrängt, wo die Mehrzahl von ihnen in einer steinernen Kirche Zuflucht fand. Bei einem Ausfalle aus derselben gelang es ihnen Robert, der unvorsichtig der Kühlung wegen Helm und Harnisch abgelegt, im Gewühle zu erschlagen, Ramnulf aber ward durch einen Pfeilschuß aus der Kirche so schwer getroffen, daß er drei Tage darauf starb

    Dümmler Ernst: Seite 15,34,35, "Die Chronik des Abtes Regino von Prüm"

    861
    KARL hielt eine Reichsversammlung zu Compendium [Compiegne] und dort vertraute er mit dem Beirate seiner Großen dem Grafen Robert die Herzogswürde zwischen Liger und Sequana wider die Brittonen an [Robert der Starke wurde im November 853 zu Servais zum Sendgrafen für Maine, Anjou, Touraine und die spätere Normandie ernannt.], die derselbe längere Zeit hindurch mit außerordentlichem Eifer verwaltete.

    867
    Die Nordmannen besetzten die Mündungen des Flusses Liger und fingen von neuem an, die namnetische, andegavische, pictavische und turonische Landschaft grausam zu verheeren; gegen diese führen Ruotbert, welcher die Mark verwaltete, und Herzog Ramnulf von Aquitanien [Seit 852 neben Robert als Kämpfer gegen die Normannen erwähnt.] die von ihnen gesammelten Mannschaften ins Treffen [Im Herbst 866 plünderten 400 Normannen die Stadt Le Mans, auf dem Rückmarsche von dort zur Loire wurden sie bei Brissarthe von dem fränkischen Heere angegriffen, wobei Robert seinen Tod fand.]. Jene, als sie sich von einem Heere verfolgt sahen, eilen in größter Hast ihre Flotte zu erreichen; doch da sie bemerkten, daß die Schar der Verfolger ihnen nahe sei und sie erkannten, daß Entkommen nicht mehr möglich wäre, dringen sie in einen Flecken ein, wo sie sich befestigen, so gut es die Zeit erlaubt. An diesem Orte befand sich aber eine sehr große aus Stein erbaute Kirche, in welche der größte Teil der Nordmannen nebst ihrem Füherer Namens Hasting sich hineinbegab. Routbert und Ramnulf mit ihren Genossen fallen über sie her und hauen unverweilt alle die nieder, welche sie außerhalb der Kirche auffanden. Als sie zur Kirche kommend, den Ort befestigt sahen und eine sehr bedeutende Schar von Heiden darin verborgen fanden, schlagen sie nach kurzer Beratung rings umher ihr Lager auf und errichten Zelte, damit sie am morgenden Tage durch Aufwerfung von Wällen und Anwendung von Maschinen die Feinde mit aller Kraft belagern könnten; denn schon neigte die Sonne zum Untergange. Ruotbert, der durch die starke Hitze in Schweiß geraten war, legte Helm und Harnisch ab, um sich ein wenig von der frischen Luft abzukühlen; und während alle mit der Aufschlagung des Lagers beschäftigt sind, stürzen plötzlich die Nordmannen aus ihrer Befestigung hervor und werfen sich unter gewaltigem Geschrei auf Ruotbert und seine Genossen. Doch wiewohl plötzliche und unvorhergesehene Zufälle auch die tapfersten Männer im Kriege in Verwirrung zu dringen pflegen, so ergreifen sie dennoch so schnell wie möglich ihre Waffen, nehmen den Feind mannhaft in Empfang und zwingen die Weichenden, in die Kirche zurückzukehren. Ruotbert, der ohne Helm und Panzer herbeieilte, wurde, da er allzu unvorsichtig kämpfte und noch dazu den Feinden nachsetzte, in der Pforte der Kirche selbst erschlagen; seinen schon leblosen Körper ziehen sie hinein. Ramnulf ferner, als er aus einiger Entfernung dem Ausgange der Sache zusah, wurde von einem Nordmann durch das Kirchenfenster mit einem Pfeilschuß tödlich verwundet, den er, von den Seinigen aus dem Treffen geführt, kaum drei Tage überlebte. Mit so schlimmen Mißgeschick wurde die Schlacht geliefert und beendigt; das Heer, das nach Verlust seines Hauptes zugleich von Verwirrung und Trauer erfüllt war, hebt die Belagerung in derselben Stunde auf und kehrt in die Heimat zurück; die Nordmannen lenken ihre Schritte jubelnd zu ihrer Flotte.

    1. oo Agane
    2. oo Adelheid von Tours, Tochter des Grafen Hugo (ETICHONE) - nach 866 Schwägerin Kaiser LOTHARS I.

    nach G. Tellenbach kaum möglich !!

    Kinder:
    2. Ehe
    - Robert I. von Neustrien um 860-15.6.923
    - Odo Graf von Paris 858-1.1.899
    - Richilde Erbin von Blois
    oo Theobald Graf von Tours
    Stammeltern der Grafen von Blois-Champagne

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 15,34-36,54,83,88 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 428,431,465,469, 480,483,546,558,585,589 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 11,13-15,46,48 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 13,36,76 - Friese Alfred: Studien zur Herrschaftsgeschichte des fränkischen Adels. Der mainländisch-thüringische Raum vom 7. bis 11. Jahrhundert. Klett-Cotta Stuttgart 1979 Seite 104 - Glöckner K: Lorsch und Lothringen, Robertiner und Capetinger. in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins Band 50 Heft 1, 1936, Seite 300-354 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 66 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 43 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 50-51 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963 Seite 209 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 235,256,277 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 154,158,180,184 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 65,66,67,69,71 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 27,34,52,230 Anm. 876 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 439,444,446,500,502 -

    Gestorben:
    gefallen

    Robert heiratete von Tours, Adelheid. Adelheid (Tochter von von Tours, Hugo und Ava) gestorben nach 866. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 3.  von Tours, Adelheid (Tochter von von Tours, Hugo und Ava); gestorben nach 866.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Argengau,Baden-Württemberg,Deutschland
    • Titel/Amt/Status: Linzgau,Baden-Württemberg,Deutschland; Gräfin im Argen- und Linzgau

    Notizen:

    Adelheid von Tours Gräfin im Argen- und Linzgau
    + nach 866
    2. Tochter des Grafen Hugo von Tours aus dem Hause der ETICHONEN und der Ava; Schwägerin des Kaisers LOTHAR I.

    Vollmer Franz: Seite 168, "Die Etichonen. Ein Beitrag zur Frage der Kontinuität früher Adelsfamilien." in: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels

    Hugo von Tours zweite Tochter Adelais heiratet zuerst den WELFEN Konrad, dessen eine Schwester Judith 819 zweite Gemahlin LUDWIGS DES FROMMEN geworden ist, während die zweite, Emma, 827 Frau Ludwigs des Deutschen wird. So bringt Adelais (Adelheid) auch die fortan bei den WELFEN verfolgbaren Familiennamen Adelais und Hugo zu den WELFEN. Dass Aelis/Adelais in zweiter Ehe Robert den Starken heiratet, ist von der neueren Forschung wiederholt angenommen worden.

    Tellenbach Gerd: Seite 338, "Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des großfränkischen und frühdeutschen Adels"

    Nach dem Wortlaut der Brüsseler Handschrift sind wohl Mutter und Kind (Hrudulf) bei der Geburt gestorben. Nun findet man allerdings in der früheren Forschung die Theorie von einer zweiten Heirat der Adelheid mit dem KAPETINGER Robert dem Tapferen [Mit der politischen Lage läßt sich eine Ehe Roberts mit Adelheid ganz schwer zusammenreimen. Robert erhielt nämlich 865 die Grafschaft Auxerre, die KARL DER KAHLE kurz zuvor dem Sohn Adelheids, Konrad, genommen hatte]. Sie erweckt jedoch schon bei chronologischen Erwägungen Bedenken. Wenn Konrad 862 zuletzt erwähnt, also in einem der folgenden Jahre gestorben, Robert der Tapfere 866 gefallen ist, bleibt für eine solche zweite Ehe, aus der vor dem Tode Roberts die beiden Söhne Odo und Robert hervorgegangen sein sollen, nicht viel Zeit. Eine verwandtschaftliche Verknüpfung zwischen WELFEN und KAPETINGERN ist wahrscheinlich, muß aber nicht über Adelheid gehen.

    Schneidmüller Bernd: Seite 50,61,62, "Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung."

    Eine grenz- und völkerüberschreitende Aristokratenfamilie trat durch zwei Ehen in doppelte Nähe zur karolingischen Herrscherfamilie. Und das wurde noch weiter bekräftigt, als Konrad der Ältere, Bruder Judiths und Hemmas, mit Adelheid die Schwester der Gemahlin Kaiser LOTHARS I. heiratete, des Sohnes Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN aus erster Ehe, des Bruders König Ludwigs II. und Stiefsohns derJudith.
    Konrad (der Ältere, + nach 862) war mit Adelheid, der Schwester von LOTHARS I. Gemahlin Irmingard, verheiratet und damit so vielfältig mit der karolingischen Herrscherfamilie versippt, daß eine komplizierte Aufzählung nötig wird.
    Von Heiric von St-Germain/Auxerre (+ nach 875) stammte der erste Fürstenpreis auf ein welfisches Ehepaar. Diese Erinnerung an Konrad den Älteren und an seine Gattin Adelheid wurde aus Dankbarkeit für die welfische Friegebigkeit formuliert und nannte Konrad einen "hochberühmten Fürsten, Genossen der Könige, ganz besonders ausgezeichnet unter den Ersten bei Hof." Adelheid glänzte durch vornehmste Herkunft. Vor anderen genannten Tugenden zeichne eheliche Liebe und Verbundenheit das Paar aus.

    Literatur:
    Ay, Karl-Ludwig/Maier, Lorenz/Jahn Joachim: Die Welfen. Landesgeschichtliche Aspekte ihrer Herrschaft. Universitätsverlag Konstanz GmbH 1998 Seite 59 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prososopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986 Seite 147,167,291 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Seite 422 - Fleckenstein Josef: Über die Herkunft der Welfen und ihre Anfänge in Süddeutschland.in: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1957, Seite 71-136 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Tascheenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 185 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 120 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Kölln 2000 Seite 50,61,62 - Tellenbach Gerd: Exkurs Über die ältesten Welfen im West- und Ostfrankenreich. in: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1957, Seitite 338 - Vollmer Franz: Die Etichonen. Ein Beitrag zur Frage der Kontinuität früher Adelsfamilien. in: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1957, Seite 168 -

    Notizen:

    nach G. Tellenbach kaum möglich !!

    Kinder:
    1. 1. von Paris, Odo wurde geboren in 858; gestorben am 1 Jan 899 in La Fère [02800],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich.
    2. von Neustrien, Robert I. wurde geboren um 866; gestorben am 15 Jun 923 in Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich.


Generation: 3

  1. 6.  von Tours, Hugo wurde geboren um 780; gestorben am 20 Okt 837; wurde beigesetzt in Monza [20900],Monza und Brianza,Lombardia,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Tours [37000],Indre-et-Loire,Centre-Val de Loire,Frankreich; Graf von Tours

    Notizen:

    Hugo Graf von Tours
    um 780-20.10.837
    Begraben: Kirche zu Monza

    Eventuell Sohn des Grafen Haicho und damit Ur-Ur-Enkel des Herzogs Eticho vom Elsaß
    Er könnte auch der Neffe des Abtes Thetibalds von Ebersheim sein.

    Lexikon des Mittelalters: Band 162 Seite 162, Hugo, Graf von Tours, 1. Hälfte 9. Jh.

    Karolingischer Amtsträger, ETICHONE

    811 zusammen mit Bischof Heito von Basel und Aito von Friaul Gesandter KARLS DES GROSSEN in Byzanz, trat Hugo mit dem karolingischen Herrscherhaus in engste Verbindung, als 821 LOTHAR, Sohn LUDWIGS DES FROMMEN, Hugos Tochter Irmingard zur Frau nnahm; durch die Heirat der anderen Tochter Adelheid war Hugo mit den WELFEN verschwägert. Hugos bedeutende Stellung im Reich zeigt sich daran, dass er unter den um 824 im Reichenauer Verbrüderungsbuch eingetragenen 'nomina amicorum viventium' didie Reihe der Grafen eröffnete und bei der Taufe des Dänen-Königs Harald Klak in Ingelheim 826 mit Matfrid von Orleans Kaiserin Judith geleitete. 824 und 827 an Feldzügen gegen die Bretonen und die Sarazenen beteiligt, wurde Hugo 828 seiner Ämter enthoben, da wegen seiner Säumigkeit das fränkische Ersatzheer zu spät an der spanischen Grenze eingetroffen war. Nach Thegan galt Hugo von Tours als besonders ängstlich; überdies soll er Kaiser LOTHAR zur Untreue gegen seinen Vater angestachelt haben.

    Hugo, seit 821 Schwiegervater des Kaisers LOTHAR I., und Graf Matfrid wurden 828 auf einem Hoftag in Aachen abgesetzt, da ihnen Versagen in Spanien vorgeworfen wurde. Durch das zögerliche Vorrücken des fränkischen Hauptheeres waren die plündernden Feinde schon vom Schlachtfeld verschwunden, als dieses erst eintraf.

    Büttner Heinrich: "Geschichte des Elsaß I" 1991

    Auf der Reichsversammlung des September 820 in Quierzy war bereits Graf Hugo von Tours, der im Elsaß reich begütert war, wie sein Tausch mit Weißenburg in Quierzy bezeugt, mit dem Bischof Adaloch von Straßburg erschienen. Ob damals bereits die Heirat LOTHARS mit der Tochter Graf Hugos in Aussicht war, steht dahin. Im Oktober 821 wurde auf der Reichsversammlung in Diedenhofen die Vermählung LOTHARS I., der seit 817 Mitregent des Kaisers war, und der Grafentochter Irmingard, die durch ihre Herkunft dem ETICHONEN-Geschlecht verwandt war, vollzogen. Als Morgengabe erhielt Irmingard den Herrenhof in Erstein an der Ill mit 60 abhängigen Hufen überwiesen. In Worms wurde im Jahre 829 an KARL das Elsaß, Alamannien und ein Teil des burgundischen Gebietes übertragen. LOTHARS Teil war durch das Herausbrechen dieses wichtigen Gebietes bedeutend geschmälert; seine Verärgerung wurde durch die Grafen Hugo, der große Interessen im Elsaß hatte, und Matfrid, der über eine angesehene Stellung im Moselgebiet verfügte, noch geschürt. Denn beide waren in ihrem Einfluß bei LUDWIG DEM FROMMEN gestürzt worden; LOTHAR wurde nach Italien gesandt, um der widerstrebenden Partei die Spitze zu nehmen. Nach der Absetzung Kaiser LUDWIGS auf dem Lügenfeld zu Colmar erhielt Ludwig der Deutsche das Elsaß. Nach der Freilassung LUDWIGS DES FROMMEN 834 begleitete Graf Hugo mit anderen Großen LOTHAR I. nach Italien. Nach der 839 erfolgten Aussöhnung zwischen LUDWIG und LOTHAR kam das Elsaß wieder an Kaiser LOTHAR; seine Anhänger erhielten ihren Besitz und teilweise ihre Lehen wieder zurück.

    Tellenbach Gerd: Seite 57 "Der großfränkische Adel"

    Die Anhänger LOTHARS I., die ihre Lehen und Eigengüter jenseits der Alpen verloren hatten, mußten in Italien versorgt werden. Hugo von Tours und seine Gattin Ava erhielten unter anderem den alten Königshof Leocate am Lambro. Aber Hugo konnte in Italien keine Rolle mehr spielen, da er, wie viele seiner Genossen, bereits 836 von einer katastrophalen Seuche dahingerafft wurde. Wenige Jahre später starb auch Ava.

    Vollmer Franz: Seite 139, 163, "Die Etichonen"

    Möglicherweise sind einzelne ETICHONEN von KARL DEM GROSSEN zu besonderen Königsdiensten herangezogen worden; auch der Aufstieg Hugos von Tours beginnt ja bereits unter KARL DEM GROSSEN selbst. Es ist aber sicher kein Zufall, dass dieser ETICHONE nach des Kaisers Tod so einflußreich wird und machtvoll in der allgemeinen Politik agieren kann. Hugos Familie rechnet jetzt zu den vornehmsten des Reiches und den ältesten, die in sich die Reichseinheitstradition verkörpern und vertreten, aber andererseits die Schwäche der Zentralgewalt benutzen, sich selbst in den Vordergrund zu schieben. Hugo wird Schwiegervater des Kaisers, und LOTHARS Gunst und Vertrauen bringen ihn nach Oberitalien, wo eine Nachkommenslinie noch im 10. Jahrhundndert zu verfolgen ist. Die vornehme Stellung Hugos spiegelt sich auch in den Ehen seiner beiden Töchter Adelais/Aelis und Bertha. Adelais heiratet in erster Ehe den WELFEN Konrad, den Bruder der Kaiserin Judith, Gemahlin LUDWIGS DES FROMMEN, des WELFEN Rudolf und Ludwigs des Deutschen Gemahlin Emma. Bertha wird die Gemahlin Girards "von Roussillon", der zuerst Graf von Paris, dann Verwalter von Burgund (Vienne) ist. Verkörperte Hugo noch einmal in seiner Person die die Grenzen der Teilreiche negierende alte Reichseinheit, so zeigt sich bereits in der nächsten Generation eine bemerkenswerte Beschränkung auf einzelne Landschaften. Sein Sohn Liutfrid ist nur noch im Elsaß und in Oberitalien interessiert, seine Töchter Bertha und Aelis scheinen dagegen den burgundischen Besitz Hugos geerbt zu haben.
    Während sich so Ende des 8. Jahrhunderts langsam fast über alle Nachkommen Etichos ein bisher nicht erhelltes Dunkel legt, tritt zu Beginn des 9. Jahrhunderts mit "Hugo von Tours" eine politisch höchst aktive Persönlichkeit auf, die unmißverständlich als Nachkomme Etichos gekennzeichnet ist.
    Hugo "timidus" wird 811 von KARL DEM GROSSEN als Gesandter nach Konstantinopel geschickt. Bereits 807 trat unter KARL DEM GROSSEN ein Hugo comes auf, der möglicherweise mit dem ETICHONEN zu identifizieren ist. Vor allem aber unter LUDWIG DEM FROROMMEN sehen wir ihn unter den Mächtigen des Reiches. Jetzt ist Hugo Graf von Tours; er ist es wahrscheinlich auch von Sens und hat damit zwei der wichtigsten westfränkischen Positionen in seiner Hand. Ältere ETICHONEN-Rechte an diesen Positionen sind nicht bekannt; die Verleihung ist also wohl der besonderen persönlichen Gunst LUDWIGS DES FROMMEN zu verdanken. Von Kaiser LUDWIG hat Hugo vor allem auch das Nonnenkloster S. Julian d'Auxerre zu Lehen. 821 erreicht die enge Verbindung Hugos mit dem Herrscherhause ihren Höhepunkt: LUDWIGS DES FROMMEN Sohn LOTHAR I. heiratet Hugos Tochter Irmgard. Hugo bleibt auch in diesen Jahren der größten Hofnähe im Elsaß begütert und interessiert, wie sein Weißenburger Gütergeschäft von 820 ausweist. Er muß aber wichtige Kampfaufgaben des Reiches übernehmen: 824 ist er Führer im Feldzug gegen die Bretonen, 827 gegen die Sarazenen. Dass hiermit die Grenze seiner Einsatzbereitschaft für das Reichsinteresse erreicht ist, stellt sich nur zu deutlich heraus: 828 muß er von LUDWIG DEM FROMMEN wegen Hilfeverweigerung für den Grafen Bernhard von Barcelona gegen die Sarazenen abgesetzt werden; er verliert damit die vom Kaiser empfangenen Lehen wie die Grafschaft Tours und das Kloster S. Julien d'Auxerre und damit wohl auch die Grafenrechte in Sens. Bei seinem Schwiegersohn LOTHAR I. bleibt aber Hugo auch in den Jahren 830 bis 836 führend und von bestimmenden Einfluß . Um 834/35 taucht Hugo in Oberitalien auf. Er ist hierin wohl LOTHAR gefolgt und wird von diesem für seine Verluste nördlich der Alpen entschädigt worden sein. In Italien hat er - sicher über seinen kaiserlichen Schwiegersohn LOTHAR - eine beachtliche Stellung und rechnet zu den "primores" des Landedes. Seine Besitzbasis liegt im Gebiet von Mailand; nach dem Königsgut Leocate am Lambro, das er nun innehat, wird er "dux de Locate" genannt. Hier im Süden überraschte ihn auch der Tod; in der Kirche von Monza, die von Hugo reich mit Schenkungen bedacht worden war, findet er sein Grab.
    Hugo war nach Herzog Eticho/Adalricus der bedeutendste Angehörige dieses Hauses, der sich am nachhaltigsten in der großen, alle landschaftlichen Rahmen sprengenden Politik betätigt hat. Sein hoher Adel wie auch seine außergewöhnlich einflußreiche Stellung unter LUDWIG und LOTHAR werden von den zeitgenössischen Schriftstellern gebührend hervorgehoben.
    Dass Hugo wirklich ETICHONE ist, wissen wir durch Thegans ausdrückliches Zeugnis. Bestätigt wird dies durch die Übereinstimmung der Namen der unmittelbaren Nachkommenschaft Etichos und der Nachkommen Hugos: die Namen Liutfrid, Eberhard und Hugo finden sich hier wie dort. Überdies sprechen die vielfältigen Beziehungen Hugos zum Elsaß für seine ETICHONEN-Stämmigkeit.
    820 tauscht Hugo mit der Abtei Weißenburg seine nordgauische Eigengüter in Niederbronn, Preuschdorf, Walf, Barr und Fröschweiler gegen Güter in Dettweiler. Auf Hugos Schenkung soll auch ein Kreuz des Odilienberg-Klosters Niedermünster zurückgehen. Auch Hugos Kinder stehen in engen Beziehungen zum Oberrheingebiet.
    So erhält Hugos Tochter Ermengard von ihrem kaiserlichen Gemahl LOTHAR I. ihre Morgengabe im elsässischen Erstein, worauf sie 849 ein Kloster stiftet. Der Sohn Liutfrid und dessen Söhne Hugo und Liutfrid sind Laienäbte von Münster-Granfelden. AuAuch der Urenkel Hugo, Lothars II. Sohn, wird nochmals Herzog des Elsaß. Bei besitzgeschichtlichen Vergleichen ergibt es sich rasch, dass Hugos und seiner Nachkommenschaft Besitz durchwegs im gleichen elsässischen Gebiet liegt, in dem auch Herzog Eticho und seine unmittelbaren Nachkommen begütert waren.

    Dümmler Ernst: Band I Seite 44-46,90,100,120, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches"

    Diese Männer, unter denen besonders der Kanzler Elisachar, Abt von St. Maximin und anderer Klöster, der Erzkaplan Hilduin Abt von St. Denis, der Graf Matfrid von Orleans, LOTHARS Schwiegervater Hugo und über allen andern die kaiserlichen Vetterrn Adalhard und Wala von Corbie hervorragen, hatten die Erbfolgeordnung vom Jahre 817 entweder selbst mit zustande gebracht oder suchten doch im Sinne der zu erhaltenden Einheit des Reiches und der Kirche, mithin für deren künftigen Träger LOTHAR zu wirken. Die Nachfolge desselben verbürgte zugleich die Fortdauer ihrer eigenen Macht und Politik.
    LOTHAR wurde hierin von der Partei unter den fränkischen Großen bestärkt, die, sei es aus kirchlichen und politischen Gründen allgemeiner Art, sei es aus selbstischem Interesse sich die Erhaltung der Reichseinheit ui ihrwer besonderen Aufgabe gemacht hatte, zumal von seinem Schwiegervater Hugo von Tours und dem Grafen Matfrid, des Kaisers rechter Hand, einem Manne nicht von dem lautersten Charakter. Ihre Umtriebe blieben Judith nicht verborgen und sie ersah sich bald eine treffliche Gelegenheit, dieser beiden unbequemen Widersacher auf einmal loszuwerden. Ein gefährlicher Aufstand in der spanischen Mark nämlich, der im Jahre 826 unter der Führung des Goten Aizo ausgebrochen war, veranlaßte im folgenden Jahr die Absendung Hugoos und Matfrids an der Spitze sehr bedeutsamer Streitkräfte, die sie dem König Pippin zuführten, doch kanmen sie zu spät, um den Rückzug des von Aizo herbeigerufenen arabischen Hilfsheeres nach Saragossa zu verhindern und die Verwüstungen, welche die Ungläubigen angerichtet, blieben ungeahndet. Die Schuld an diesem Unglücke, welches das größte Aufsehen erregte, wurde der Nachlässigkeit und Saumseligkeit der beiden Grafen beigemessen, die sich vielleicht hierbei auch durch ihre Abneigung gegen den von den Sarazenen bedrängten Markgrafen Bernhard von Barcelona hatten leiten lassen; in Folge dessen hielt eine Reichsversammlung zu Aachen im Februar 828 über sie Gericht und sprach ihnen - gleichzeitig mit der aus ähnlichen Gründen verfügten Entsetzung des Markgrafen Balderich von Friaul - zur Strafe ihre Lehen und Grafschaften ab: ein Triumpg für die Kaiserin, die wenig nach dem heftigen Grolle dieser gefallen Größen fragte.
    Während bei den geringen Herrschergaben LOTHARS sein Schwiegervater Hugo mit den Grafen Lambert und Matfrid um die erste Stelle im Rat haderten, blieben die mahnenden Worte eines Wala ungehört.
    In einem Zelte vor dem Lager, das auf einem erhöhten Platz, allen sichtbar aufgerichtet war, empfing LUDWIG DER FROMME auf seinem Throne sitzend, die beiden getreuen Söhne zur Seite, die reuigen Sünder, die fußfällig seine Vergabung erflehten. Zuerst LOTHAR selbst, dann dessen Schwiegervater, den furchtsamen Hugo, dann Matfrid und alle übrigen.
    Daßdies in feindlichem Sinne geschehen sollte, konnte nicht zweifelhaft sein und bedenklich genug war LOTHARS Lage, zumal dadurch die Begnadigung der Erzbischöfe Agobard und Bernhard und des Bischofs Heribald von Auxerre, wahrscheinlich aufgrunund der mit Wala geschlossenen Übereinkunft, ihm mehrere ergebene Anhänger abwendig gemacht wurden und von den früheren zahlreichen Todesfällen in seiner Partei bald auch das Hinscheiden seines Schwiegervaters Hugo und des tapferen Grafen Lambert nachfolgte.

    Riche Pierre: Seite 173,182,184-187,235, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Die Sippe der ETICHONEN kam, wie schon erwähnt, aus dem Elsaß. Ihr entstammte Graf Hugo von Tours, der König LUDWIG bei der Eroberung von Barcelona unterstützte und Schwiegervater von dessen ältestem Soh wurde. Er besaß Güter in Italien, und im Jahre 811 betraute man ihn mit einer Gesandtschaft nach Konstantinopel.
    LUDWIG DER FROMME verheiratete dann seinen Sohn LOTHAR mit Ermengard, Tochter des Grafen Hugo von Tours aus dem Hause der ETICHONEN.
    Für ihren zweiten Bruder, Konrad, erlangte Judith Sankt Gallen, und sie konnte auch für seine Eheschließung mit Adelheid sorgen, der Tochter des Grafen Hugo von Tours, des Schwiegervaters LOTHARS I. Auf der "imperialen Partei" befanden sich Graf Matfrid von Orleans, der sich rühmte, das Vertrauen des Kaisers zu besitzen, und Graf Hugo von Tours, der Schwiegervater LOTHARS.
    LUDWIG wollte 827 Bernhard Verstärkungen schicken, aber weder der in den Quellen als besonders furchtsam geschilderte Graf Hugo von Tours noch Graf Matfrid von Orleans brachen rechtzeitig auf. So wurde Barcelona von Bernhard allein aus der Gefahr befreit. Hugo und Matfrid wurden des Verrats beschuldigt und zum Tod verurteilt. Zwar wurden sie auf Fürbitten Walas begnadigt, doch verloren sie ihre Grafschaften und Besitzungen.
    Der Aufstand brach aus, als LUDWIG im April 830 einen Feldzug gegen die Bretonen vorbereitete, Pippin von Aquitanien, die Grafen Hugo und Matfrid, dazu noch Ludwig der Deutsche waren entschlossen, den Kaiser aus der Macht Judiths und Bernhards zu "befreien". Pippin und Ludwig hatten darauf gedrängt, der Kaiser solle sich in ein Kloster zurückziehen, aber LOTHAR, schnell aus Italien herbeigeeilt, beschränkte sich darauf, die Beschlüsse der Wormser Reichsversammlung aufzuheben.

    Schieffer Rudolf: Seite 120,124,126-128,134, "Die Karolinger"

    Dem Vater folgte 821 der junge Kaiser LOTHAR durch seine Heirat mit Irmingard, der Tochter des Grafen Hugo von Tours aus dem alten elsässischen Herzogshaus der ETICHONEN.
    Zwar konnte der Graf Bernhard von Barcelona das Ärgste verhindern, aber das von den Grafen Hugo und Matfrid geführte fränkische Hauptheer rückte dann so schleppend heran, daß es den plündernden Feind gar nicht mehr zu fassen bekam, und auch der 828 ausgesandte LOTHAR drehte frühzeitig ab.
    Sichtbar zutage traten die latenten Gegensätze erst, als es galt, auf die akute Bedrohung an den Grenzen zu reagieren. LUDWIG DER FROMME ordnete dazu Anfang 828 nicht nur ein allgemeines Fasten an, sondern verfügte auch auf einem Hoftag in Aachen die Absetzung des Markgrafen Balderich von Friaul, der die Bulgaren nicht hatte abwehren können, sowie der Grafen Hugo und Matfrid, denen Versagen in Spanien vorgeworfen wurde. Mögen dies nach Lage der Dinge nicht unbegründete Entscheidungen gewesen sein, so griffen sie doch rigoros in die labile Balance unter den führenden Magnaten ein, denn jeder der Entmachteten stand in mannigfachen Bindungen zu anderen Großen, deren Ergebenheit durch solche Sanktionen auf eine harte Probe gestellt wurde. LOTHAR zum Beispiel konnte es nicht gleichgültig sein, daß sein Schwiegervater Hugo um allen Einfluß gebracht und Matfrid in der Grafschaft Orleans ausgerechnet durch Odo, einen Vetter des vor Barcelona suegreichen Grafen Bernhard, ersetzt wurde.
    LOTHAR unterwarf sich und rettete damit immerhin seine Herrschaft über Italien freilich nur unter der eidlichen Zusage, das Land nicht mehr eigenmächtig zu verlassen; dorthin wurde auch den wichtigsten seiner geistlichen und weltlichen Parteigänger, also Wala von Corbie, Agobard und mindestens fünf weiteren Bischöfen sowie den Grafen Hugo, Matfrid, Lambert und ihrem Anhang, freier Abzug gestattet.

    Boshof Egon: Seite 158,169,173,178,179,204,234, "Ludwig der Fromme"

    LOTHAR vermählte sich mit Irmingard, der Tochter des dem alten elsässischen Herzogsgeschlecht der ETICHONEN entstammenden Grafen Hugo von Tours. Neben Matfrid von Orleans hat Hugo in diesen Jahren unter den Vertretern der Laienaristokratie in der Umgebung LUDWIGS eine führende Rolle gespielt. Thegan, der bekanntlich Polemik und prononcierte Urteile nicht scheute, charakterisiert ihn sarkastisch als den furchtsamsten Menschen unter der Sonne. Seiner Gemahlin übertrug LOTHAR als Wittum Güter im Elsaß um die villa Erstein, in der Irmingard später ein Kanonissenstift errichtete.
    Aizo suchte Rückendeckung bei Abd ar-Rahman II., und tatsächlich brach 827 ein muslimisches Heer in die Spanische Mark ein. Barcelona wurde vom Grafen Bernhard erfolgreich verteidigt. LUDWIG aber reagierte eigentümlich unentschlossen. Er ordnete zunächst den Abt Helisachar und die Grafen Hildebrand und Donatus als Königsboten ab, um die Ruhe wiederherzustellen, und gab dann erst Pippin den Auftrag, dem hart bedrängten Bernhard zur Hilfe zu eilen. Die fränkischen Truppen, die von den GGrafen Hugo von Tours und Matfrid von Orleans befehligt wurden, operierten jedoch so langsam, daß die Sarazenen nach Verheerung des flachen Landes mit großer Beute unbehelligt abziehen konnten. Es scheint, daß wiederum Rivalitäten im Hochadel füür diese blamable Vorstellung mitverantwortlich waren, doch blieb dies nicht ohne Folgen. Diese Ereignisse bildeten den Auftakt zu einer neuen Säuberungsaktion in der kaiserlichen Umgebung, damit aber auch zu den inneren Auseinandersetzungen, die das Reich und die Herrschaft LUDWIGS in eine tiefe Krise stürzten.
    Im Februar des Jahres 828 wurden die Grafen Matfrid von Orleans und Hugo von Tours auf einer Reichsversammlung in Aachen für ihr Versagen beim Aufstand in der Spanischen Mark mit dem Verlust ihrer Ämter und Lehen bestraft. Mochte sich Matfrid auuch durch seine notorische Korruption Feinde geschaffen haben, sein Sturz dürfte zumindest jenen Teil der Reichsaristokratie, der in ihm den Sachwalter seiner Interessen am Hofe gesehen hatte, verstimmt haben, und durch die Entmachtung Hugos ward er Mitkaiser LOTHAR, sein Schwiegersohn, unmittelbar mitbetroffen.
    Nach dem Sturz Hugos und Matfrids schien sich die Lage zunächst beruhigt haben; die führende Rolle am Hofe hatte der Erzkaplan Hilduin von St. Denis übernommen.
    Auch LOTHAR hatte unter dem Einfluß Hugos und Matfrids bereits begonnen, sich aus den gegenüber Judith und KARL bei dessen Taufe übernommenen Verpflichtungen zu lösen.
    Die harte Behandlung jedoch, die er dem Vater zukommen ließ, den er von St. Medard nach Compiegne holte, dann im November 834 nach St. Denis mit sich führte, der Mißbrauch der eben erst gewonnenen Macht durch LOTHAR selbst und seine Günstlingen, unter denen Hugo, Lambert umd ie Führungsrolle stritten, alles das führte zu einem Umschwung der Stimmung im Volk zugunsten des gestürzten Kaisers.
    Die Ausgleichsbemühungen waren in eine Sackgasse geraten. Da führte ein schweres Unglück eine überraschende Wende herbei: Eine Fieberseuche raffte in Italien einen großen Teil der Gefolgsleute LOTHARS hinweg. Namentlich werden in den Quellen genannt Hugo von Tours, der in Monza bestattet wurde, Matfrid, Lambert, Gottfried und sein gleichnamiger Sohn, der Graf Agimbert von Perthois, der ehemalige königliche Oberjägermeister Burgarit und de Bischöfe Jesse von Amiens und Elias von Troyes.

    oo Ava um 780/85-4.11.839
    Kinder:
    - Irmingard um 805-20.3.851
    821 oo LOTHAR I. 795-29.9.855
    - Adelheid
    oo Konrad I. Graf im Argen- und Linzgau -16.2.863
    - Liutfrid um 800/05- um 864
    - Bertha
    819 oo Gerhard Graf von Vienne 800 - 878/79
    - Hugo - vor 25.1.835

    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986 Seite 41,147,167,177,208 - Boshof Egon: Ludwig der Fromme. Primus Verlag Darmstadt 1996 Seite 158,169,173, 178,179,204,234 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 26 Anm. 21,44,90,100,120 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 109,157,167 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 173,182,184,187,235 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 120,124,126-128,134 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 50,57 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 426 -

    Begraben:
    in der Kirche zu Monza

    Hugo heiratete Ava. Ava wurde geboren um 780; gestorben am 4 Nov 839. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 7.  Ava wurde geboren um 780; gestorben am 4 Nov 839.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Tours [37000],Indre-et-Loire,Centre-Val de Loire,Frankreich; Gräfin von Tours

    Notizen:

    Ava/Abba Gräfin von Tours
    um 780/85-4.11.839

    Vollmer Franz: Seite 167, "Die Etichonen"

    Hugos Gemahlin war Ava/Abba. Ihre Herkunft wird von den zeitgenössischen Quellen nicht bestimmt; moderne genealogische Kombinationen suchen sie bei den MATFRIDEN. Ava wird vor allem in Italien, wo ja ihr Gemahl eine Besitzbasis um Monza hatte, n nach dem Tod Hugos als Nachfolgerin in dessen Besitzungen genannt. So erhält sie von Kaiser LOTHAR am 10. August 836 den Fiskalhof Leocaste am Lambro, der bereits Amtsgut ihres jetzt verstorbenen Mannes gewesen war, da dieser als "dux de Locate" angesprochen worden war. Ava verschenkt diesen Besitz aber sogleich an die Kirche von Monza. Als ihr Todesdatum ist der 4. November 839 festgestellt.

    oo Hugo Graf von Tours um 780-20.10.837

    Kinder:
    - Irmingard um 805-20.3.851
    821 oo LOTHAR I. 795-29.9.855
    - Adelheid
    oo Konrad I. Graf im Argen- und Linzgau -16.2.863
    - Liutfrid um 800/05- um 864
    - Bertha
    819 oo Gerhard Graf von Vienne 800 - 878/79
    - Hugo - vor 25.1.835

    Kinder:
    1. 3. von Tours, Adelheid gestorben nach 866.
    2. von Tours, Bertha wurde geboren um 805; gestorben nach 870.
    3. von Tours, Hugo gestorben vor 25 Jan 835; wurde beigesetzt in Mailand [20100],Lombardia,Italien.
    4. von Tours, Liutfrid wurde geboren um 800/805; gestorben in 865/866.
    5. von Tours, Irmingard wurde geboren um 805; gestorben am 20 Mrz 851.