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 Bohrer

von Lothringen, Lothar II.

von Lothringen, Lothar II.

männlich um 835 - 869  (34 Jahre)

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  • Name von Lothringen, Lothar 
    • nach ihm ist Lothringen benannt
    Suffix II. 
    Geburt um 835  [1, 2, 3
    Geschlecht männlich 
    Titel/Amt/Status 855-869  [1
    Franken-König 
    Tod 8 Aug 869  Piacenza,Piacenza,Emilia-Romagna,Italien Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1, 4
    Beerdigung Piacenza,Piacenza,Emilia-Romagna,Italien Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    • im Kloster Sant'Antonino Piacenza [3]
    Personen-Kennung I816  Mittelalter
    Zuletzt bearbeitet am 26 Dez 2015 

    Vater von Franken, Lothar I.,   geb. 795   gest. 29 Sep 855, Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 60 Jahre) 
    Mutter von Tours, Irmingard,   geb. um 805   gest. 20 Mrz 851 (Alter 46 Jahre) 
    Familien-Kennung F166  Familienblatt  |  Familientafel

    Familie 1 von Arles, Teutberga,   geb. um 835/840   gest. 25 Nov 875 (Alter 35 Jahre) 
    Eheschließung 855 
    Familien-Kennung F438  Familienblatt  |  Familientafel
    Zuletzt bearbeitet am 26 Dez 2015 

    Familie 2 Waldrada   gest. nach 869 
    Kinder 
     1. von Lothringen, Hugo,   geb. 855/860   gest. nach 900, Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 41 Jahre)
     2. von Lothringen, Gisela,   geb. 860/865   gest. 907 (Alter 42 Jahre)
    +3. von Lothringen, Berta,   geb. 863   gest. 8 Mrz 925 (Alter 62 Jahre)
     4. von Lothringen, Ermengard   gest. nach 895/898
    Familien-Kennung F439  Familienblatt  |  Familientafel
    Zuletzt bearbeitet am 27 Dez 2015 

  • Ereignis-Karte
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  • Fotos
    Siegel von Lothar II.
    Siegel von Lothar II.

  • Notizen 
    • Lothar II. Franken-König (855-869)
      835-8.8.869 Piacenza
      Begraben: Kloster St. Antonin bei Piacenza

      2. Sohn des Kaisers LOTHAR I. und der Irmingard von Tours, Tochter von Graf Hugo

      Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2124, Lothar II., fränkischer König

      + 8. August 869
      Begraben: Kloster St. Antonin bei Piacenza

      Der zweitälteste Sohn LOTHARS I. (Brüder: LUDWIG II. und Karl von der Provence) erhielt mit der Reichsteilung von 855 die nördlichen Gebiete mit Aachen als residenzartigem Vorort. Das Reich Karls von der Provence wurde bei dessen Tod 863 unter Lothar II. und LUDWIG II. aufgeteilt. Lothar II. setzte die diplomatische Tätigkeit seines Vaters fort und nahm an 29 meist in seinem Reich stattfindenden Königstreffen teil. In den Quellen wie in der Forschung steht seine Regierung ganz im Zeichen seines 'Ehestreites': Seit 855 mit Theutbarga, der Schwester des Laienabtes Hucbert von St-Maurice verheiratet, suchte Lothar II. die kinderlose Ehe seit 857 zugunsten einer Verbindung mit seiner früheren Friedelfrau Waldrada zu lösen, von der er einen Sohn (Hugo) hatte. Auf Aachener Synoden wurde die Ehe 860 geschieden und 862 als nich rechtmäßig anerkannt, so daß Lothar II. noch im gleichen Jahr heiraten konnte. Dieses Vorgehen stieß jedoch auf den erbitterten Widerstand zunächst des westfränkischen Erzbischofs Hinkmar von Reims, dann des Papstes Nikolaus I., der das Bestätigungsurteil der Metzer Synode von 863 verwarf, die federführenden Bischöfe Gunthar von Köln und Thietgaud von Trier suspendierte und Lothar II. 865 zur Wiederaufnahme Theutbergas zwang, die bald darauf aber selbst vergeblich um Annullierung ihrer Ehe bat. Unter Hadrian II. setzte Lothar II. seine Scheidungsversuche fort und erreichte auf einer Romreise ei Wiederaufnahmeverfahren, doch blieb der Streit bis zum Ende seiner Regierungszeit ungeklärt, da Lothar II. auf der Rückreise in Piacenza verstarb.
      Der Prozeß zeigt den zunehmenden kirchlichen Einfluß auf das Eherecht und den päpstlichen Autoritätsanspruch als Hüter der Moral, ist vor allem aber vor dem politischen Hintergrund der Sicherung des seit 863 erneut auch von den Normannen heimgesuchten Reichs zugunsten des eigenen Sohnes und gegen die Ansprüche der Oheime im W und O zu sehen. Während die lothringischen Großen zu Lothar II. hielten, erreichte dieser 867 von Ludwig dem Deutschen gegen Gebietsabtretungen (Elsaß) die Zusicherung der Erbfolge. Nach seinem Tod aber stritten KARL DER KAHLE, der sich am 9. September 869 in Metz zum König krönen ließ, und Ludwig der Deutscheum Lothars Reich, das sie im Vertrag von Meerssen 870 unter Ausschluß der Ansprüche LUDWIGS II. und Hugos unter sich entlang der Maas-Mosellinie aufteilten. Langfristig aber konnte Lothars aus zufälliger dynastischer Teilung entstandenes Reich (regnum Lotharii) als 'Lotharingien' eine eigenständige räumliche Tradition im Rahmen der Reichsstruktur entwickeln.

      Literatur:
      wie Lothar I.
      K. Schmid, Ein karol. Kg.seintrag im Gedenkbuch von Remiremont, FMASt 2, 1968, 96-134 - W. Schlesinger, Zur Erhebung Karls d. K. zum Kg. v. Lothringen 869 in Metz (Fschr. F. Petri, 1970), 454-475 [Ders., Ausgew. Aufsätze, 1987, 173-198] - S. Konecny, Die Frauen des karol. Hauses, 1976, 103-117 - R. Kottje, Kirchl. Recht und päpstl. Autoritätsanspruch (Fschr. F. Kempf, 1983), 97-103. -
      Beim Tode seines Vaters erhielt Lothar II. die nördlichen Gebiete zwischen Maas und Schelde einerseits und Rhein und Ems andererseits mit Aachen (nach ihm Lothringen benannt). Beim Tode seines Bruders Karl teilten sich LUDWIG II. und Lothar II. dessen Herrschaftsbereich, wobei Lothar Burgund erhielt. Seine Gemahlin wollte er zugunsten seiner Konkubine Walderada verstoßen, da die Ehe kinderlos blieb.

      Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

      Beim Tode seines Vaters erstrebte LUDWIG II. einen Gebietsanteil jenseits der Alpen, während Lothar dem minderjährigen, an Epilepsie leidenden Bruder Karl kein gesondertes Teilreich einräumen wollte. Lothar suchte und fand die Unterstützung bei Ludwig dem Deutschen, in dessen Pfalz Frankfurt er im Oktober 855 von seinen Großen zum König akklamiert wurde, bevor er wohl in Aachen Salbung und Krönung entgegennahm, vielleicht bereits durch Erzbischof Gunthar von Köln, der bei ihm als Erzkapellan dem kurz nach LOTHAR I. verstorbenen Drogo von Metz nachfolgte. Offenbar der Festigung seiner Position nach Süden hin diente auch der folgenschwere Entschluß des jungen Königs, anstelle seiner bestehenden Friedelehe mit Waldrada (wohl aus moselländischem Adel) eine rechtsförmliche Muntehe mit Theutberga, der Schwester des Abtes Hukbert von Saint-Maurice d'Agaune aus dem Hause der BOSONIDEN und wichtigsten Machthabers zwischen Jura und Alpen, einzugehen. Immerhin gelang es, LUDWIG II. vom Ausgreifen über Italien hinaus abzuhalten, aber auch Lothar II. mußte dem Drängen der provenzalischen Magnaten nachgeben, die mit Karl als nominellem König unter sich bleiben wollten und von Graf Gerhard von Vienne angeführt wurden, einem Schwager von LOTHARS I. Gemahlin Irmingard und einstigen, vor KARL DEM KAHLEN gewichenen Grafen von Paris. Auf einem Treffen in Orbe (bei Lausanne), inmitten von Hukberts Gebiet, bekräftigten die drei königlichen Brüder im Herbst 856 die vom Vater gezogenen Grenzen.
      Lothar zeigte sich bereits 857 seiner von den politischen Umständen diktierten Ehe mit Theutberga überdrüssig und strebte nach der Legalisierung der älteren Verbindung mit Waldrada, von der er mit der Zeit wenigstens vier Kinder, darunter wohl damals schon einen Sohn namens Hugo, hatte. Theutbergas Verstoßung unter der Beschuldigung der Unzucht mit ihrem Bruder Hukbert von Saint-Maurice bedeutete zugleich den Bruch Lothars mit diesem wichtigen Gebieter im Alpenraum, gegen den er 858 erfolglos zu Felde zog. Der Gegenden jenseits des Jura entledigte er sich daraufhin 859 überhaupt, indem er sie LUDWIG II. abtrat, ebenso wie er dem anderen Bruder Karl von der Provene gegen die Einsetzung zum Erben territoriale Zugeständnisse im Süden machte; auch seine rege Vermittlungspolitik im Streit Ludwigs des Deutschen mit KARL DEM KAHLEN 859/60 erscheint von dem Wunsch bestimmt, sich nach keiner Seite äußere Feinde zu schaffen. Innerhalb Lotharingens setzte er nämlich, nachdem ein von den Großen verlangtes Gottesurteil 858 zugunsten der angeschuldigten Königin ausgefallen war, Anfang 860 zu einem neuen Scheidungsverfahren auf zwei Aachener Synoden an, die er unter der Führung der Erzbischöfe Gunthar von Köln und Thietgaud von Trier dazu brachte, Theutberga auf Grund eines Geständnisses ins Kloster zu verweisen. Hauptsächlich gegen diese Verfahrensweise richtete sich bald das von zweifelnden Beobachtern erbetene ausführliche Rechtsgutachten Hinkmars von Reims, und als Theutberga noch vor Jahresende nach W-Franken floh, um dort ihr Schuldbekenntnis zu widerrufen und an den energischen Papst Nikolaus I. (858-867) zu appellieren, war nicht mehr zu übersehen, dass Lothars Eheaffäre gesamtfränkische Dimensionen angenommen hatte. Kaum zufällig eben in diesen Monaten suchte Kaiser LUDWIG II. seine seit Jahren bestehende Ehe mit Angilberga durch eine urkundlich verbürgte Ausstattung der Gattin rechtlich unanfechtbar zu machen.
      Lothar II. nahm den Bruch mit KARL DEM KAHLEN in Kauf, verbündete sich mit Ludwig dem Deutschen, dem er das Elsaß versprach, und war mit ihm stark genug, um den westfränkischen Oheim Ende 861 durch diplomatische Intervention vom beabsichtigten Griff nach dem Reich des provenzalischen Karlabzuhalten. Auf einer dritten Aachener Synode erreichte Lothar 862, dass seine Ehe mit Theutberga annulliert und ihm eine neue Heirat gestattet wurde. Auch die Aussicht auf eine vom Papst und KARL DEM KAHLEN verlangte Neuberatung in größerem synodalen Rahmen, die er bei einer Begegnung mit KARLund Ludwig dem Deutschen in Savonnieres akzeptieren mußte, konnte ihn nicht beirren, Ende 862 Waldrada in aller Form zur gekrönten Königin zu erheben. Um das Einvernehmen mit seinem kaiserlichen BruderLUDWIG II.zu wahren, willigte er nach dem frühen Tode Karls von Provence (24.1.863) rasch in eine Teilung der Rhoneländer ein, die zwar nicht den gerade noch gegebenen Erbzusagen entsprach, ihm aber immerhin Lyon und Vienne einbrachte und KARL DEN KAHLEN ausschloß. Gelassen empfing Lothar mit seinen Bischöfen im Juni 863 die päpstlichen Abgesandten, die sich auf einer Synode in Metz, angeblich durch Bestechung, von der neuen Argumentation überzeugen ließen, Waldrada sei von Anfang an rechtgültig mit Lothar vermählt gewesen und Theutbergas Ehe daher nichtig. Gunthar und Thietgaud machten sich persönlich nach Rom auf und trauten sich zu, dort eine Bestätigung dieser Rechtsauffassung erlangen zu können.
      Die schroffe Zurückweisung durch Nikolaus I., der im Oktober 863 nicht nur die Metzer Beschlüsse verwarf, sondern in bis dahin ungekannter Konkretisierung seines Jurisdiktiionsprimats auch die beiden Erzbischöfe exkommunizierte und absetzte, bezeichnet den Wendepunkt des ganzen Dramas, denn sie machte erstmals - und je länger, desto stärker - die Erwartung realistisch, dass Lothar mit seinem Verlangen scheitern und angesichts von Theutbergas Kinderlosigkeit sein Reich ohne legitimen Erben lassen könnte. Der König wagte es im Unterschied zu den empörten Erzbischöfen nicht, sich dem römischen Spruch offen zu widersetzen, suchte aber die Angelegenheit möglichst weiter in der Schwebe zu halten. Er ließ die von Gunthar bekleidete Würde des Erzkapellans fortan unbesetzt, hintertrieb 864, noch gemeinsam mit den anderen Königen, die fränkische Beteiligung an einer von Nikolaus angekündigten großen Synode in Rom und intensivierte seine Beziehungen zu LUDWIG II. jenseits der Alpen, der gleich Anfang 864 von Benevent aus einen drohenden Zug vor die Ewige Stadt unternommen hatte. Anfang 865 mußte es Lothar erleben, dass sich seine bislang verfeindeten Oheime Ludwig und KARL in Tusey bei Toul über ein Bündnis verständigten und ihn von seinem eigenen lotharingischen Boden aus aufforderten, sich dem kirchlichen Eherecht zu beugen. Nikolaus I. jedenfalls sah alsbald Anlaß, die beiden brieflich zu mahnen, sie möchten "mit ihren von Gott verliehenen Erbteilen zufrieden sein und fremde Rechte nicht beeinträchtigen". Der päpstliche Legat, der dies überbrachte, konnte durchsetzen, dass Lothar im Sommer 865 Theutberga wieder aufnahm und sich von Waldrada trennte, - freilich nicht für lange, denn bereits 866 gewährte er der ungeliebten Gattin eine ansehnliche Abfindung und brachte sie dazu, ihrerseits den Papst um Auflösung der Ehe zu ersuchen, was bei diesem jedoch nicht verfing. Während Walderadas Sohn Hugo 867 ganz wie ein legitimer Thronerbe mit einer Unterherrschaft über das Elsaß ausgestattet wurde, besprachen sich Ludwig und KARL in Metz offen über eine Aufteilung der Reiche ihrer Neffen, außer dem lotharingischen also auch dem des söhnelosen LUDWIG II. Noch einmal schien sich eine Wende abzuzeichnen, als auf Papst Nikolaus der versöhnlichere Hadrian II. (867-872) folgte, der zwar weiterhin Theutbergas Scheidungswunsch zurückwies, aber doch Waldrada vom Bann löste und sich bereit fand, Lothar persönlich zu empfangen. Die Begegnung kam im Juli 869 in Montecassino und Rom zustande, führte aber zu nicht mehr als der Zusage einer neuen Untersuchung und einer neuen Synode. Da Lothar auf der Rückreise am 8.8.869 in Piacenza starb, ist es bei dieser ungewissen Lage geblieben, die Hugo und seinen Schwestern das Stigma der Illegitimität beließ und den Weg zu anerkannter Herrschaft verlegte.
      Ohne einen unanfechtbaren Leibeserben Lothars II. konnte im Rahmen der karolingischen Samtherrschaft nach seinem Tode nur das "Anwachsungsrecht" anderwärts regierender Mitglieder des Hauses Platz greifen. Erster Anwärter wäre, wie auch der Papst betonte, LUDWIG II. gewesen, der damit das Mittelreich seines Vaters LOTHAR I. wiedervereint hätte, doch der "Kaiser Italiens", wie ihn Hinkmar gern einschränkend nannte, war in langwierige, erst 871 siegreich beendete Kämpfe mit den Sarzenen vor Bari verstrickt und machte keine Anstalten, des toten Bruders wegen über die Alpen zu kommen.

      Hlawitschka Eduard: Seite14-19, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

      Lothar II. hingegen wurde von seinem Vater mit dem übrigen auch die Residenzstadt Aachen einschließenden Land - von den Alpen und Burgund bis zur Nordsee - bedacht. Dieser hatte sich in seinem Teilreich überraschend schnell Anerkennung verschafften können und seine Herrschaft durch geschicktes Paktieren - einmal mt Ludwig dem Deutschen im Osten, dann wieder mit KARL DEM KAHLEN im W - zu sichern gewußt. Das Entstehen eines festen und dauerhaften Teilreiches war gar nicht so unmöglich und ausgeschlossen, wie es oftmals dargestellt zu werden pflegt. Gerade dieser Bereich war ja der historische Kernraum des Frankenreiches gewesen. In ihm konzentrierte sich die Masse des karolingischen Krongutes, hier lagen so manche wichtige Klöster des einstigen Reiches wie Prüm, Echternach, Malmedy-Stablo, Nivelles und Lobbes, Gorze, Senones, Moyenmoutier und Remiremont und ebenso die für die damaligen Zeitzen angesehenen Städte Köln, Trier, Metz, Toul, Verdun und Straßburg, Utrecht, Lüttich und Cambrai, die zugleich Bischöfe, Domkirchen und bedeutende Klöster beherbergten usw.
      Durch die langjährige Herrschaft LOTHARS I. schon vorbereitet, begann sich nun die Bezeichnung Lotharii regnum im Lande zu vertiefen, um nach Lothars II. Tode sogar noch bewußter daran haftenzubleiben. Das persönliche Schicksal eines Mannes verquickte sich hier wie kaum an einer anderen Stelle mit der allgemeinen Geschichte; unvorhersehbare Dinge ließen Lothar II. als Menschen und als Regenten scheitern.
      Lothar II. hatte noch zu Lebzeiten seines Vaters mit einer virgo nobilis namens Waldrada eine Friedelehe geschlossen; das heißt Waldrada hatte sich ihm freiwillig verbunden und war nicht in seine Munt übergeben worden. Im Zuge der stärkeren Verchristlichung des fränkischen Reiches hatte die Kirche auch allen solchen Ehen, die nach germanischer Auffassung durchaus neben einer echten Muntehe bestehen konnten, den Kampf angesagt und sie in das abwertende Licht des Konkubinats zu rücken sich bemüht. Kinder einer solchen Friedelehe wurden dabei mehr und mehr den außerehelichen Nachkommen gleichgestellt, und ihr Erbrecht wurde - was im Jahrhundert davor noch undenkbar war - bestritten. Lothar II. sollte das selbst feststellen müssen. - Bald nach seines Vaters Tode war nämlich Lothar II. noch eine Muntehe mit einer edlen Dame aus dem Geschlecht der BOSONIDEN, Theutberga, eingegangen; diese blieb aber, wie er wohl schon 857 erkennen mußte, kinderlos [Die Frage der Unfruchtbarkeit Theutbargas muß - trotz oftmals geäußerter gegenteiliger Ansicht - gleich 857 eine Rolle gespielt haben. Inzest mit ihrem Bruder und Abtreibung (mit Folge der dauernden Unfruhtbarkeit) war doch damals schon der Anklagepunkt; vgl. E. Dümmler, Gesch. d. ostfränk. Reiches II² Seite 6f, besonders Seite 7 mit Anmerkung 1.] . Politische Spannungen mit Theutbergas Bruder Hucbert kamen hinzu. Sein Bemühen war fortan, die Scheidung von Theutberga und die Erhebung der Friedelehe mit Waldrada zur rechtsgültigen Muntehe zu erwirken - samt aller kirchlichen und weltlichen Folgen für seinen und Walderadas Sohn Hugo. Die Frage der Vollbürtigkeit und Erbberechtigung Hugos - auch hinsichtlich der väterlichen Herrschaft - war nunmehr das Kardinalproblem, an dessen Lösung die Weiterexistenz des regnum Lotharii sich entschied.
      Diesem Bemühen Lothars II. war kein Erfolg beschieden, obgleich er hierfür sogar eine Verkleinerung seines Herrschafstbereiches im Süden, in Burgund, hinzunehmen bereit war, indem er seinem Bruder Karl von der Provence die Bistümer Belley und Tarantaise abtrat (858) und seinem Bruder LUDWIG II. (VON ITALIEN) die Grafschaften und Bistümer Genf, Lausanne und Sitten überließ (859), nur um sie für diese Sache zu gewinnen [Auch war Lothar II. bereit, das Elsaß Ludwig dem Deutschen für entsprechende Hilfe zuzusichern (Vergabung auf den Todesfall); BM² nr. 1293a.]. Die Einzelheiten dieses wahrhaft dramatischen Ringens brauchen nicht genannt zu werden. Das kirchliche Rechtsdenken, die Autorität des Papstes Nikolaus I.und der Wille des Metropoliten Hinkmar von Reims im Kampf um die grundsätzliche Unauflösbarkeit einer rechten Ehe erwiesen sich - begünstigt auch durch die in der Hoffnung auf einen vorteilhaften Erbfall gewährte politische Unterstützung seitens KARLS DES KAHLEN für Theutberga und ihren Bruder Hucbert - als stärker denn alle Willfährigkeit der Erzbischöfe von Köln und Trier sowie ihrer Anhänger, die Lothars Trachten zu decken und zu rechtfertigen suchten. Dabei stand nicht allein das Schicksal des Teilreiches Lothars II. in dem sich seit 860 mehr und mehr versteifenden Konflikt auf dem Spiel. Da Karl von der Provence kränklich war und 863 unverehelicht verschied, wonach sein Reich zwischen seinen Brüdern Lothar II. und LUDWIG II. geteilt wurde - was eine erneute Erweiterung des Reiches Lothars II. nach S herbeiführte - und da auch LUDWIG II. ohne männliche Nachkommen blieb, sein Reich also einmal Lothar II. anfallen mußte, war ja die Aussicht auf das gesamte 843 geschaffene Teilreich LOTHARS I. offen.
      Es gelang aber nicht, Waldrada und Hugo zu legitimieren und damit die Voraussetzung für das Entstehen einer lotharingischen Dynastie zu schaffen. Lothar II. muß sich wenigstens 867 über die schlechten Aussichten, die Anerkennung Walderadas und die Nachfolge Hugos doch noch zu erreichen, selbst im klaren gewesen sein [Damals verlieh er nämlich das Elsaß als Herzogtum seinem Sohne Hugo, das er für den Todesfall an Ludwig den Deutschen vergabt hatte und empfahl diesen dem Schutz Ludwigs; Ann. Bertin. ad 867, MG SS rer. Germ., ed. G. Waitz (1883) Seite 87.] .

      Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 302, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

      Lothars Tod
      "Freudig" jedoch, kaum in Kenntnis dieser Maßnahmen und im Bewußtsein, seine Ehesache in günstiges Fahrwasser gebracht zu haben, ging Lothar von Rom fort, um wieder heimwärts zu kehren. In Lucca - es war die heißeste Jahreszeit - packte ihn das Fieber. Die Seuche begann unter seinem Gefolge zu wüten; "haufenweise" sanken seine Begleiter vor seinen Augen hin. In angstbeflügelter Hast eilte er vorwärts. Er gelangte bis Piacanza. Er konnte nicht mehr weiter, die tückische Krankheit warf den Erschöpften nieder. Bewußtlosigkeit umfing seinen Geist. Am 8. August 869 verschied er. Seine Leiche wurde in dem Klösterlein St. Antonin außerhalb der Stadt beigesetzt. Die Leichen der dahingerafften lothringischen Großen wurden größtenteils nach Köln gebracht.

      855 oo Teutberga, Tochter des Grafen Boso, -25.11.875

      Kinder: von Walderada illegitim
      - Hugo Herzog im Elsaß 855/60- nach 900
      - Gisela Äbtissin von Nivelles und Fosses 860/65 26.10./12.5.907
      882 oo Gottfried Herzog von Friesland - Mai 885 ermordet
      - Berta 863-8.3.925
      1. oo Theotbald Graf von Arles - 887/895
      2. oo Adalbert Markgraf von Tuszien -17.8.915
      - Ermengard Nonne

      Literatur:
      Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 120,124,130,132,252 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 11, 20 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 25,98,100,107,163,167,244 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 124,214,215,216,255 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 349,355 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 97,223,397 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 10,12,13,16-22,24-26,28-31,33,36-38,41-43,75,76 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865Band I; Band II Seite 33,61,69, 71,95,119,135,387,407,464-471,498,537,568, 576,584 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 59,62 - Erbe Michael: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Geschichte des niederländischen Raumes. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1993, Seite 43 - Gregorovius Ferdinand: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter. dtv-Bibliothek 1978 Band I Seite 527,530,541,542 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 23,34,74,134,158,162-165,171 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto. in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 14,17-19,22,27,29,48,68, 89,92,95,166,200,207, 226,231,237,240 - Hlawitschka Eduard: Studien zur Äbtissinnenreihe von Remiremont. Buchdruckerei und Verlag Karl Funk, Saarbrücken 1963, Seite 37 - Hlawitschka, Eduard: Waren die Kaiser Wido und Lambert Nachkommen Karls des Großen?, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 227-247 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 15,42,48,74,98 - Illig Heribert: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 190,292 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 103-111 - Lebe Reinhard: Ein Königreich als Mitgift. Heiratspolitik in der Geschichte. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1998, Seite 37 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 Band II Seite 113 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 208-210,213,218,222,235,237,251,364,383,388, 399 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 139,147,152-155, 159-164,172,175,180,183,195 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 65,66 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 57,63,66,78,105 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 442,476 - Wies Ernst W. Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf um die Weltherrschaft. Bechtle Verlag Esslingen 1996, Seite 30,70,194 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 27,233 - [1]
    • Neue Deutsche Biographie
      Lothar II.
      fränkischer König, * circa 835 wohl in Italien, † 8.8.869 Piacenza, ⚰ Sant'Antonino Piacenza.

      Für die Urenkel Karls d. Gr. hatte die Samtherrschaft in einem noch nicht verfestigten Teilungsgefüge des fränk. Großreiches noch ernstliche Geltung, aber als Gegengewichte zur Dynastie hatten Hochadel und Episkopat unter Ludwig d. Frommen und Lothar I. sehr an aktiver Bedeutung gewonnen. So haben politische Mitsprache des Adels und kirchliche „Normenkontrolle“ L.s Regierung und persönliches Schicksal entscheidend bestimmt.

      L. wird zu 841 beiläufig als parvulus erwähnt; im übrigen ist über seine Jugend und Erziehung nichts bekannt. Noch zu Lebzeiten des Vaters ging er die Verbindung mit Waldrada ein. Daß es sich um eine nicht vollgültige sog. Friedelehe handelte, ist ohnehin zu unterstellen und wird gesichert durch den Namen des Sohnes, offensichtlich des ersten Kindes, der sich Ende 861 erstmals bezeugt findet, aller Wahrscheinlichkeit nach aber bereits mehrere Jahre vorher geboren war: der Name Hugo begegnet nicht bei vollbürtigen karoling. Prinzen, wohl aber hieß so ein Friedelsohn Karls d. Gr.

      Mit der Erbteilung von Ende Sept. 855 fiel an L. der gesamte nördliche Raum des Mittelreiches von 843. Die Dreiteilung von 855 – Italien an den dort bereits seit 850 als Kaiser regierenden Ludwig II., die „Francia“ an L., die „Provincia“ an den jüngsten Sohn Karl – wurde innerhalb der Dynastie keineswegs widerspruchslos hingenommen. Ludwig II. verlangte einen Anteil an den fränk. Kernlanden des Reiches. Der junge|Karl dagegen scheint wegen Krankheit (Epilepsie) kaum regierungsfähig gewesen zu sein; ihn suchte L. von der Herrschaft auszuschließen und zum Eintritt in den geistlichen Stand zu bewegen. In dieser ungefestigten Situation war für jeden Teilherrscher der Rückhalt an den älteren Königen, d. h. den Brüdern Lothars I., und an den Großen seines Reichteils von beträchtlichem Gewicht. L. und seine Anhänger nahmen daher zunächst Kontakt mit dem Ostkönig Ludwig auf. In Frankfurt, also auf ostfränk. Boden und im Beisein Ludwigs, wurde L. wohl im Okt. 855 von den principes et optimates seines regnum zum König proklamiert. Auch von Salbung (und Krönung) ist die Rede, freilich ohne nähere Angaben. Die Zeremonie dürfte sich in Aachen abgespielt haben, wo L. Ende Nov./Anf. Dez. 855 bezeugt ist, und könnte sehr wohl von EB Gunther von Köln vollzogen worden sein, der alsbald dem Metzer EB Drogo († 8.12.855) als Erzkaplan L.s folgte. Noch im selben Jahre 855 schloß L. „mit Zustimmung und Willen seiner Getreuen“ (später ließ er erklären: unter Druck und Zwang) die Ehe mit Theutberga. Den Laienabt Hukbert von St. Maurice, der ihm seine Schwester übergab, bestellte er zum Amtsherzog zwischen (Schweizer) Jura und Alpen. L. hatte also, offenkundig aus politischen Rücksichten, seine Friedelehe durch eine rechtsförmliche sog. Muntehe mit einer Frau aus dem Hochadel seines Reichsteils ersetzt und seinen neuen Schwager mit einer politisch-militärischen Aufgabe betraut, die vermutlich der Absicherung gegen Italien dienen sollte. Diese Spannungen wurden jedoch vorerst beigelegt. In Orbe, inmitten von Hukberts Gebiet, kamen etwa im Herbst 856 Ludwig II., L. und Karl zusammen. Hier erzwangen die optimates aus dem Reichsteil Karls, daß diesem die Provence mitsamt dem Dukat von Lyon überlassen, die von Lothar I. verfügte Teilung also in Geltung blieb.

      L. gebot über einen ansehnlichen Länderkomplex zwischen Alpen und Nordsee, von der Schelde und der Maas bis zur Rheinlinie, d. h. über einen Kernraum der alten Francia. Er übernahm die Kanzlei seines Vaters; 36 von ihm ausgestellte Diplome sind im Wortlaut erhalten, 11 weitere aus späteren Spuren zu erschließen. Als bedeutsame Begegnung mit dem geistigen Leben verdient Erwähnung, daß der in Lüttich lehrende Ire Sedulius Scotus seinen Fürstenspiegel Liber de rectoribus christianis ca. 855/59 L. gewidmet hat. L.s regnum war als Teilreich im System der karoling. Samtherrschaft nicht minder lebensfähig als West- und Ostfranken auch, vorausgesetzt daß es hier wie dort zu dynastischer Kontinuität kam. Die Sorge um diese dynastische Erbfolge wurde für L. das alles bestimmende Leitthema, politisch und persönlich. An einer Kontinuität einvernehmlicher Samtherrschaft mußte ihm dabei besonders gelegen sein. Ähnlich wie sein Vater es gehalten hatte, traf er sich alsbald erneut mit Ludwig dem Deutschen (Febr. 857 in Koblenz) und mit Karl dem Kahlen (1.3.857 in St. Quentin).

      Seit 857 wird deutlich, daß L. von der Unfruchtbarkeit Theutbergas überzeugt war und sich von ihr zu lösen suchte. Die Hartnäckigkeit, mit der er auf eine Legalisierung seiner Verbindung mit Waldrada drängte, legt die Vermutung nahe, daß er von ihr bereits in diesen Jahren den Sohn Hugo hatte. Es wurde ein menschlicher, rechtlicher und politisch-kirchlicher Konflikt mit sehr grundsätzlichen Akzenten. L. versuchte es zunächst mit einer Verstoßung Theutbergas, was er jedoch nur bei einer schweren Schuld der Königin wagen konnte. Daher wurde die Behauptung verbreitet, Theutberga habe sich der Unzucht mit ihrem Bruder Hukbert schuldig gemacht. Das bedeutete den Bruch mit Hukbert. Ihn suchte L. Anfang 858 durch eine militärische Aktion auszuschalten, aber das Unternehmen schlug fehl, doch erwirkte L. einen Erbvertrag mit seinem provenzalischen Bruder Karl, dem er dafür freilich burgund. Alpenland abtrat. Dagegen zwang ihn der Widerspruch im eigenen Lande, seine Eheangelegenheit gerichtlich prüfen zu lassen. Dabei siegte Theutberga durch ihren Vertreter im Gottesurteil des siedenden Wassers; L. mußte sie wieder als Gattin und Königin anerkennen (ca. Mai-Juli 858).

      Diese Angelegenheit trat dann für einige Zeit hinter Problemen der karoling. Samtherrschaft zurück. L. leistete seinem Oheim Karl dem Kahlen im Sommer 858 Hilfe gegen die Normannen, aber Karls schwankende Herrschaft in seinem von innen und außen erschütterten Westreich, ja das ganze Teilungswerk von 843 schien einzustürzen, als eine Gruppe des westfränk. Adels Ludwig d. D., den Senior der Dynastie, zum Eingreifen aufforderte und der Ostkönig 858 tief nach Westfranken vorstieß. In dieser gefährlichen Situation, die sich durch den eiligen Rückzug Ludwigs (15.1.859) noch keineswegs bereinigte, wirkte L. als Vermittler. Er machte zwar zunächst Miene, sich auf die Seite Ludwigs zu schlagen, den er im Dez. 858 in der Pfalz Attigny aufsuchte, aber|schon im Febr. 859 traf er sich (in der Pfalz Arcis-le-Ponsart b. Reims?) wieder mit Karl. Unter seiner aktiven Förderung bemühten sich die Bischöfe des West- und des Mittelreiches um eine Wiederherstellung wenn nicht der Einheit, so doch der Einigkeit. Es bedurfte aber noch wiederholter Zusammenkünfte und langwieriger Verhandlungen: Synode in Metz am 28.5.859; Synode in Savonnières bei Toul in Anwesenheit L.s, Karls d. K. und Karls von der Provence am 14.6.859; Begegnung Ludwigs, Karls d. K. und L.s auf einer Rheininsel bei Andernach, wohl im Herbst 859. Bei einer abermaligen Zusammenkunft dieser drei Könige kam dann im Juni 860 der Friede von Koblenz zustande, der das Vertragswerk von 843 noch einmal sanktionierte.

      Um in diesem Ordnungsgefüge auch seinem eigenen Mittelreich Rang und Platz zu sichern, hatte L. unterdessen die Bemühungen um eine Neuregelung seiner Ehe wieder aufgenommen. Seinem Bruder Ludwig II., den er Ende 859 in Italien aufsuchte, trat er die „transjuranischen“ Gebiete Hukberts ab, um ihn als Verbündeten zu gewinnen und ihm den Kampf gegen Hukbert zu überlassen. (Der Kaiser vertraute diese Länder dem westfränk. Welfen Konrad an; im Kampf mit ihm fand Hukbert, der zunächst im Westreich Karls Aufnahme und Ausstattung gefunden hatte, 864 den Tod.) In der Meinung, sich innerhalb des regnum Francorum allseitig politisch abgesichert zu haben, wagte L. es, seinen Eheprozeß vor ein geistliches Forum zu bringen.

      Unter der Führung der Erzbischöfe Gunther von Köln und Theutgaud von Trier tagte im Jan. 860 eine Aachener Synode, dann im Februar am selben Ort eine erneute Synode und Reichsversammlung. Vor diesen Gremien legte Theutberga ein mündliches, dann gar schriftliches Geständnis ab, daß sie von ihrem Bruder vergewaltigt worden und der Ehe unwürdig sei. Das Urteil lautete auf Verweisung der Königin in ein Kloster; die Fortsetzung der Ehe wurde untersagt. Aber noch im selben Jahre wurde der Kampf um L.s Ehe zu einer gesamtfränk. und gesamtkirchlichen Angelegenheit. EB Hinkmar von Reims, der eine Teilnahme an der zweiten Aachener Synode abgelehnt hatte, äußerte sich in einer ausführlichen Denkschrift (De divortio Lotharii). Er behauptete nicht schlechthin die Unschuld Theutbergas, kritisierte aber aufs schärfste das Verfahren und verlangte geistliche Sanktionen auch gegen L. als Ehebrecher. Hinkmar, als Verfasser der Annales Bertiniani (ab 861) zugleich wichtigster Chronist dieses Geschehens, ist es überhaupt gewesen, der für die Nachwelt ein sehr negatives Bild von L. und erst recht von Waldrada vermittelt hat, das in jüngerer Zeit – nicht zum wenigsten dank dem Begriff der Friedelehe – doch differenzierter gesehen wird. Hinkmars rechtlich-moralischer Protest hatte im übrigen auch eine politische Note, denn er war der Ratgeber Karls d. K., dessen Verhältnis zu L. sich sehr abkühlte (zumal um eben diese Zeit seine Tochter Judith mit ihrem Entführer, dem Grafen Balduin I. von Flandern, in L.s Reich Aufnahme fand), der überdies territoriale Zukunftsaussichten vor sich sah, wenn L.s kinderlose Ehe gültig blieb. Der Konflikt flammte zu gesteigerter Schärfe auf, da Theutberga aus ihrer Klosterhaft nach Westfranken floh, ihr Geständnis als erpreßt widerrief und an den Papst Nikolaus I. appellierte.

      L., inzwischen formell mit Ludwig von Ostfranken verbündet, dem er eine Anwartschaft auf das Elsaß zugesagt hatte und den er, wohl Ende 861 – in Gesellschaft Waldradas und Hugos – im Vogesenkloster Remiremont traf, suchte die Gefahr durch eine eigene Botschaft an den Papst abzufangen. Als eifriger Vermittler in L.s Sache nach allen Seiten wird von jetzt an der Bischof Adventius von Metz sichtbar.

      Eine dritte Aachener Synode erklärte am 29.4.862 Theutbergas Ehe für ungültig und erlaubte dem König eine neue Vermählung. L. ließ dies durch eine Gesandtschaft dem Papst mitteilen und traf dann in Mainz wieder mit Ludwig zusammen. Es folgte am 3.11.862 eine erneute Begegnung der drei Könige in Savonnières mit Verlautbarungen einer – in Wirklichkeit sehr vom Mißtrauen überschatteten – gesamtherrschaftlichen Eintracht. Hier mußte L. die Forderung Karls und des Papstes nach einer gesamtfränkischen Synode entgegennehmen, doch scheint er – des Rückhaltes an seinem (seiber söhnelosen) Bruder Ludwig II. und eines Einvernehmens mit dem ostfränk. Ludwig sicher – die Gefahr gering eingeschätzt zu haben. Vielleicht schon im Sommer, spätestens aber Ende 862 feierte er Vermählung mit Waldrada und ließ sie zur Königin krönen. In einer Urkunde vom 18.5.863 wird sie als coniunx zusammen mit dem Sohn Hugo namentlich erwähnt. Es wird deutlich, daß L., unter Ausnutzung der fließenden Grenzen zwischen Muntehe und Friedelehe, mittlerweile beanspruchte, von seinem Vater rechtsgültig mit Waldrada vermählt worden zu sein, also von vornherein in vollgültiger Muntehe gelebt zu haben, so daß die Vermählung mit Theutberga ungültig gewesen sei. Dieser neue Anspruch dokumentiert sich mit aller Deutlichkeit in der Benennung seiner Töchter: Gisela, Berta und Irmingard waren charakteristische Namen karoling. Prinzessinnen und Königinnen.

      L. schien nunmehr Erfolg zu haben. Er kämpfte Anfang 863 gegen die Normannen am Niederrhein und einigte sich nach dem Tode des Bruders Karl (24.1.863) mit Ludwig II. über eine Teilung der Rhoneländer, die er bis zur Grenze der Provence, also mit Lyon und Vienne, für seinen Reichsteil gewann. Unterdessen hatte Nikolaus I. im Nov. 862 die Bischöfe Radoald von Porto und Johannes von Cervia als Legaten abgeordnet. Sie sollten auf einer fränk. Synode über L.s Ehefrage zu Gericht sitzen. Dieses Konzil trat im Juni 863 in Metz zusammen, aber es war wieder der Kreis von Bischöfen, die nach den Entscheidungen von 860 und 862 nicht mehr zurück konnten und wollten, und selbst die päpstlichen Legaten ließen sich für die These von der Rechtsgültigkeit der Ehe mit Waldrada gewinnen.

      Die überaus heftige Reaktion Nikolaus' I. Ende Okt. 863 auf einer röm. Synode ist das berühmteste Ereignis des ganzen Konfliktes. Nicht nur, daß er die Entscheidung von Metz kassierte: In einer bis dahin und noch auf lange unerhörten Konsequenz aus dem Jurisdiktionsprimat sprach er die Exkommunikation und Absetzung der Erzbischöfe Gunther von Köln und Theutgaud von Trier aus, die nach Rom gekommen waren, um die Metzer Entscheidung vom Papst bestätigen zu lassen. L. und seine Bischöfe – ihnen voran Adventius von Metz –, die ihre Position mittlerweile als moralisch unhaltbar empfinden mußten, fügten sich dem Spruch des Papstes. (Der fries. Normannen wußte sich L. unterdessen – wie so oft auch Karl d. K. – nur durch eine hohe Tributzahlung zu erwehren.) Nikolaus berief auf den 1.11.864 nach Rom ein Konzil ein, sicherlich um dort die Entscheidung über L.s Ehe und die Bestrafung der beiden Metropoliten zu sanktionieren, aber die Karolingerkönige ließen den Besuch dieser Synode durch ihre Bischöfe nicht zu. Von einvernehmlicher Samtherrschaft war jedoch nicht mehr viel übrig. Während L. sich auf einer Begegnung in Orbe des Rückhaltes an seinem Bruder Ludwig II. versicherte, stattete Karl d. K. Theutberga mit dem Kloster Avenay (bei Reims) aus und nahm Kontakt mit Ludwig d. D. auf. Beide schlossen im Febr. 865 in Tusey (bei Toul) ein Bündnis und richteten strenge Vermahnungen an L., für den damit neue Gefahren heraufzogen.

      Nikolaus I. gedachte durch eine neue Legation die Situation zu bereinigen, zugleich aber einem politischen Mißbrauch seiner Autorität vorzubeugen. Der Bischof Arsenius von Orte überbrachte an Ludwig und Karl die Mahnung, die Integrität der Reiche Ludwigs II. und L.s zu respektieren, an L. aber, unter Androhung der Exkommunikation, das strikte Gebot, Theutberga wieder aufzunehmen und sich von Waldrada zu trennen (Ende Juni/Anf. Juli 865). In der Tat stellte Arsenius den Frieden zwischen den Königen wieder her und führte Theutberga zurück, ohne aber auf einer Kirchenbuße L.s für seinen Ehebruch zu bestehen. Am 15.8.865 nahm das Königspaar in Gondreville (bei Toul) unter Krone an einer vom Legaten zelebrierten Messe teil. Sechs Grafen und sechs Vasallen verbürgten sich eidlich für Recht und Ehre der Königin. Waldrada sollte im Gefolge des Legaten nach Rom verbracht werden. Damit hatten päpstl. Autorität und strenges Eherecht formal gesiegt.

      L. aber resignierte keineswegs. Er hielt an der Verbindung mit Waldrada fest, die aus der Obhut des Legaten entwich, von Pavia aus über die Alpen zurückkehrte, vom Papst aber am 2.2.866 exkommuniziert wurde. L. hatte Gunther von Köln formell als Erzkaplan und Erzbischof fallen gelassen, aber am 15.1.866 stellte er ihm als dem gubernator et rector der Kölner Kirche eine Urkunde aus, in deren Gebetspassus – ohne Namensnennung – von der proles, also Hugo, nicht aber von der coniunx die Rede war. Zwei Tage darauf erhielt Theutberga – als dilectissima nostra, nicht als coniunx bezeichnet – eine ausgiebige Schenkung, die fraglos als Abfindung gedacht war, denn vom Bemühen, sich aus dieser Ehe zu lösen, ließ L. nicht ab. Er näherte sich wieder Karl d. K., den er 866 und 867 traf, besprach sich im Nov. 866 in Trier mit Bischöfen, um den Prozeß wieder aufzurollen, und wandte sich wiederholt an den Papst. Aber Nikolaus I. blieb unerbittlich.

      Die unabwendbaren politischen Konsequenzen blieben nicht aus, obwohl L. sich weiterhin um Kontakte nach Ost und West bemühte. Seinem Sohn Hugo übertrug er in Frankfurt 867 die Herzogsgewalt im Elsaß unter dem Schutz Ludwigs d. D. Aber Dreierbegegnungen, Ende 866 und Anfang 867 geplant, kamen nicht mehr zustande. Stattdessen vereinbarten Ludwig und Karl, wahrscheinlich im selben Jahre 867, in Metz eine künftige Teilung der Reiche „ihrer Neffen“ – denn auch das Erbe Ludwigs II. in Italien war offen. Ohne Zusammenhang mit diesen Problemen steht zu 867 eine Nachricht über eine – angeblich erfolgreiche – Heerfahrt gegen die Normannen; dieser steten Bedrohung (die allerdings mehr auf dem Westreich lastete) konnte L. nur mit vereinzelten Stößen entgegentreten.

      Auf Nikolaus I. folgte der nachgiebigere Hadrian II. (867–72). L. schöpfte neue Hoffnung. Er nahm Verbindung zum neuen Papst auf und schickte Theutberga nach Rom, wo sie, offenbar seelisch zermürbt, selber den Wunsch auf Annullierung ihrer Ehe vorbrachte. Hadrian II. lehnte dieses Ansuchen ab, aber auf Verwendung des Kaisers Ludwig II. löste er Waldrada aus der Exkommunikation (Febr. 868) und gewährte L. die – von Nikolaus verweigerte – Erlaubnis, selber in Rom seine Sache vorzutragen. L. versicherte sich durch neuerliche Begegnungen des Einvernehmens mit beiden Oheimen und erneuerte die Schenkung an Theutberga (24.11.868), wagte es aber schon, in einer Urkunde vom 22.1.869 Waldrada als dilectissima nobis erwähnen zu lassen und traf sich zunächst in Benevent mit seinem Bruder Ludwig II. Der Papst empfing ihn im Juli, zuerst in Montecassino, dann im Lateran, und ließ auch Gunther von Köln wieder zur Laienkommunion zu. Er ordnete eine erneute Untersuchung an, über deren Ergebnis eine römische Synode am 1.3.870 befinden sollte.

      Der rasche Tod L.s setzte allem ein Ende und sanktionierte die Entscheidung von 865. Waldrada zog sich nach Remiremont zurück, Theutberga vermutlich nach St. Glodesindis in Metz. In weiblicher Deszendenz hat es doch noch eine Dynastie L.s. gegeben. Seiner Tochter Berta Sohn aus erster Ehe, Hugo von Arles und Vienne, ließ sich 926 zum König in Italien ausrufen († 948); mit seinem Sohn Lothar, dem ersten Gemahl der späteren Kaiserin Adelheid, erlosch 950 diese Linie. – L.s und Waldradas Sohn Hugo aber war ein Illegitimus ohne Erbrecht geblieben. Sein 880 einsetzender Versuch, das Reich des Vaters zu erkämpfen, endete 895 mit seiner Gefangennahme und Blendung. Aber auch über die Erbansprüche Ludwigs II. setzten sich die Oheime hinweg. Das regnum Lotharii wurde nach mancherlei Wechselfällen endgültig 925 dem Ostfränkisch-Deutschen Reich angegliedert. An diesen Ländern zwischen Rhein und Scheide aber blieb der Name L.s haften: Lotharicum regnum, Lotharingia, Lotharienses begegnen seit dem späten 9. und vollends seit dem 10. Jh. als gängige Bezeichnungen; auf den Süden reduziert, lebt der Landschaftsname „Lothringen“ bis heute fort.

      [3]

  • Quellen 
    1. [S3] Karl-Heinz Schreiber, Genealogie-Mittelalter.de, .

    2. [S7] Wikipedia, Lothar II. (Lothringen).

    3. [S21] Neue Deutsche Biographie Onlinefassung, Schieffer, Theodor, "Lothar II." in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 216-220 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd118826816.html.

    4. [S3] Karl-Heinz Schreiber, Genealogie-Mittelalter.de, .